OGH 5Ob83/93

OGH5Ob83/9327.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1) Andreas Braun, top Nr 5, 2.) V***** H***** A*****, top Nr 9, 3) Franz H*****, top Nr 12, 4) Johann S*****, top Nr 14-15,

5) Andrea S*****, top Nr 16-18, 6) Ludwig H*****, top Nr 19-20, Mieter im Hause *****, alle vertreten durch Mag.Martin Neuburger, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Brünner Straße 34-38, 1210 Wien, wider den Antragsgegner Gerhard N*****, vertreten durch Dr.Norbert Kosch ua Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1993, GZ 41 R 545/92-17, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 28.Feber 1992, GZ 6 Msch 16/91-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zu Schli 1/84 des MBA Floridsdorf wurde mit Entscheidung vom 21.10.1986 der Hauseigentümerin Therese P***** die Erhöhung der Hauptmietzinse zur Deckung der Kosten von Erhaltungsarbeiten bewilligt, deren Durchführung bis 19.11.1987 erfolgen sollte.

Ein Teil der Mieter begehrte in dem gegen die Rechtsnachfolgerin der Therese P***** im Eigentum der Liegenschaft, Frau Hermine C*****, am 15.4.1988 eingeleiteten Verfahren nach § 19 Abs 2 MRG die Rückzahlung zuviel bezahlten Mietzinses (Schli 1/88). Während dieses Verfahrens verstarb die Liegenschaftseigentümerin Hermine C***** (23.11.1988, Blatt 27 verso des Schli-Aktes).

Antragsgegnerin war daher die Verlassenschaft nach Hermine C*****, die durch einen Verlassenschaftskurator vertreten wurde. Im Laufe dieses Verfahrens stellte ein Teil der Antragsteller (11.2.1991; Blatt 31 des Schli-Aktes) den Antrag, zum Zwecke der Durchführung der in der Entscheidung Schli 1/84 angeführten Erhaltungsarbeiten einen Zwangsverwalter gemäß § 6 Abs 2 MRG zu bestellen.

Schließlich stellten die im Kopf dieser Entscheidung angeführten Antragsteller zu Schli 1/91 den Antrag, einen namentlich genannten Zwangsverwalter zu bestellen und diesem aufzutragen, die Arbeiten laut Schli 1/84 - ausgenommen die bereits durchgeführten Dachdeckerarbeiten - innerhalb einer angemessenen Frist durchführen zu lassen (Blattzahl 33 des Schli-Aktes). Die Schlichtungsstelle gab diesem Antrag mit Entscheidung vom 8.4.1991 statt.

Die frühere Antragsgegnerin Verlassenschaft nach Hermine C***** rief nach dieser Entscheidung der Schlichtungsstelle fristgerecht das Gericht an.

Während des Verfahrens beim Erstgericht wurde in dem zu 8 E 42/90 des Erstgerichtes gegen die Verlassenschaft nach Hermine C***** anhängigen Verfahren zur Zwangsversteigerung der Liegenschaft der Zuschlag dem Antragsgegner erteilt. Die Verlassenschaft nach Hermine C***** wendete daher den Mangel ihrer Passivlegitimation ein (AS 11) und beteiligte sich in der Folge nicht mehr am erstgerichtlichen Verfahren. Der dem Verfahren als Antragsgegner beigezogene Ersteher der Liegenschaft bestritt jegliche Passivlegitimation. Er habe originäres Eigentum durch Zuschlag erworben und hafte für keinerlei Verbindlichkeiten der Voreigentümer. Er ziehe jedoch selbst die Sanierung des Hauses und ein neuerliches Verfahren nach § 18 MRG in Erwägung (ON 6).

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller mit der wesentlichen Begründung ab, die Versteigerungsbedingungen hätten nicht die Verpflichtung des Erstehers enthalten, die gegenständlichen Erhaltungsarbeiten durchzuführen. Dieser habe daher die Liegenschaft frei von dieser Last erworben. Die Verlassenschaft nach Hermine C***** könne infolge Eigentumswechsels die Arbeiten aber nicht mehr durchführen. Der Antrag sei daher sowohl hinsichtlich der Verlassenschaft nach Hermine C***** als auch hinsichtlich des Erstehers abzuweisen.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Antragsteller den Sachbeschluß des Erstgerichtes in dem antragstattgebenden Sinn ab, wobei Auswahl und Bestellung des Zwangsverwalters sowie alle im Zusammenhang damit stehenden Verfügungen (§§ 98 ff EO) dem Erstgericht vorbehalten blieben, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:

Zwar fehle dem MRG eine etwa mit § 129 b der Wiener Bauordnung vergleichbare, dem Auftrag nach § 6 Abs 1 MRG dingliche Wirkung zuerkennende Bestimmung, doch führe auch die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen der EO über die Rechtsnachfolge unter Berücksichtigung der besonderen Bestimmung des § 1121 ABGB zum Ergebnis, daß der Einzelrechtsnachfolger des vermietenden Liegenschaftseigentümers, und zwar auch der sonst originär Eigentum erwerbende Ersteher der Liegenschaft, an den gegen seinen Rechtsvorgänger ergangenen Exekutionstitel nach § 6 Abs 1 MRG gebunden sei, unabhängig von allfälligen diesbezüglichen Hinweisen in den Versteigerungsbedingungen.

§ 150 EO regle nur die Übernahme von Dienstbarkeiten, Ausgedingen und anderen Reallasten. Nur insofern gelte der Grundsatz, daß der Ersteher nicht das belastete Eigentum des Verpflichteten, sondern nur die ihm in den Versteigerungsbedingungen auferlegten Lasten übernehme. Bei der titelmäßig aufgetragenen Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers nach § 6 Abs 1 MRG handle es sich aber nicht um Lasten im Sinne des § 150 EO.

Der Ersteher trete in die vom Verpflichteten abgeschlossenen Mietverträge gemäß § 1121 ABGB ein. Diese Bestimmung, die die Vorschrift des § 1120 ABGB auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren ausdehne, durchbreche insofern den originären Charakter des Eigentumserwerbes durch Zuschlag (MietSlg 34.276, 40.184). In Ansehung der bestehenden Bestandrechte sei daher der Ersteher jedenfalls als Einzelrechtsnachfolger anzusehen. Damit erstrecke sich aber auch die Rechtskraft eines Urteiles oder sonstigen Exekutionstitels auf ihn (SZ 28/265; JBl 1958, 75), soweit diese Bindung nicht durch Bestimmungen über den Schutz des gutgläubigen Erwerbes beschränkt sei (Heller-Berger-Stix I 241 f). Derartige Bestimmungen enthalte wohl § 42 Abs 2 MRG bezüglich die Abtretung der Hauptmietzinse, doch fehle eine gleichartige Bestimmung hinsichtlich des Auftrages nach § 6 Abs 1 MRG, sodaß sich unter Berücksichtigung des oben Gesagten die Rechtskraft eines solchen Exekutionstitels auch auf den Ersteher der Liegenschaft erstrecke und die Exekution damit bei feststehender Rechtsnachfolge auch gegen den Ersteher bewilligt werden dürfe, sodaß dieser ab dem Eintritt der Rechtsnachfolge dem Verfahren beizuziehen sei.

Da auf Grund des Rekursvorbringens der Antragsteller klar feststehe, daß sich ihr nicht ausdrücklich umgestellter Antrag gegen den jeweiligen Hauseigentümer und damit auch gegen den Ersteher der Liegenschaft richten solle, könne die Entscheidung des Rekursgerichtes auf diese Basis erfolgen.

Die Rechtsnachfolge des vom Rekursgericht nur noch als Antragsgegner behandelten Erstehers der Liegenschaft ergebe sich aus dem eingeholten Grundbuchsauszug samt Verzeichnis der gelöschten Eintragungen und dem vorliegenden Exekutionsakt. Es stehe daher auf Grund öffentlicher Urkunden die Rechtsnachfolge auf Seiten der verpflichteten Partei fest, so daß die im seinerzeitigen Exekutionstitel festgestellte Verpflichtung auf den Antragsgegner übergegangen sei, der zutreffend vom Erstgericht dem Verfahren beigezogen worden wäre (MietSlg 38.049).

Da der Antragsgegner im Verfahren erster Instanz lediglich seine Passivlegitimation bestritten, im übrigen aber gegen das Vorbringen der Antragsteller keine Einwendungen erhoben habe, sei dem Antrag der Antragsteller Folge zu geben gewesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob sich die Rechtskraft eines Auftrages nach § 6 Abs 2 MRG (richtig wohl: § 6 Abs 1 MRG) auch auf den Ersteher einer Liegenschaft erstreckt, nicht vorliege.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die Entscheidung des Rekursgerichtes im antragsabweisendem Sinn abzuändern.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der im Verfahren Schli 1/84 wegen §§ 18 ff MRG gemäß § 19 Abs 2 MRG der damaligen Vermieterin erteilte Auftrag, bestimmte Erhaltungsarbeiten innerhalb eines Jahres durchzuführen, ist ein Auftrag nach § 6 Abs 1 MRG (Arg: Zitat des § 6 Abs 1 MRG in § 19 Abs 2 MRG), der demnach einen Exekutionstitel nach § 6 Abs 2 MRG darstellt. Der Auftrag ist überdies zwingender Bestandteil der Entscheidung über die zulässige Erhöhung des Hauptmietzinses. Diese Entscheidung greift rechtsgestaltend in die bestehenden Mietverträge ein (SZ 58/158) und gilt auch gegenüber künftigen Mietern (s Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 18 MRG Rz 1). Die Entscheidung stellt also prinzipiell auf Vermieter einerseits und Mieter andererseits einer bestimmten Liegenschaft ab. Die Geltung gegenüber künftigen Mietern erfordert aber auch die Bindung späterer Vermieter, hier des Erstehers der Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren, an eine solche Entscheidung. Dies folgt überdies daraus, daß der Ersteher einer Liegenschaft, der infolge Bestehens der Kündigungsbeschränkungen nach dem MRG auch in den Fällen, in denen das Bestandrecht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, von der in § 1121 ABGB eingeräumten Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen kann, das Bestandverhältnis in seiner konkreten Ausgestaltung, daher auch mit dem durch die rechtskräftige Entscheidung nach § 19 MRG gegebenen Inhalt, zu übernehmen hat. Insofern bildet § 1120 ABGB auch eine Durchbrechung des originären Charakters des Eigentumserwerbes durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung (MietSlg 34.276). Daraus ergibt sich weiters, daß der in der Entscheidung der Schlichtungsstelle (Schli 1/84) gelegene Exekutionstitel betreffend die Durchführung von Erhaltungsarbeiten unter den in § 9 EO genannten Bedingungen, an deren Vorliegen nach der Aktenlage nicht zu zweifeln ist, vollstreckt werden kann.

Im gegenständlichen Verfahren, das sich als besonderes Exekutionsverfahren nach § 6 Abs 2 MRG darstellt, war der Ersteher der Liegenschaft beteiligt, er hat darin aber keine andere als die nicht zielführende Einwendung der mangelnden Passivlegitimation erhoben.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 40 ZPO.

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