Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin erwarb mit Kaufvertrag vom 16./21./26.6.1989 (Beilage./3) aus einer Konkursmasse die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** mit dem Haus E***** Nr.8. Laut Punkt X. des Kaufvertrages gehen mit dem Tag der konkursgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages (19.6.1989) alle Rechte und Besitzvorteile, aber auch Lasten sowie Gefahr und Zufall auf die Käuferin über. Dieser Kaufvertrag, dessen Echtheit und Richtigkeit nicht bestritten ist (ON 5), wurde nicht verbüchert. Die Antragstellerin verkaufte vielmehr mit Übergang von Nutzungen und Lasten per 1.1.1990 diese Liegenschaft mit unverbücherten Kaufvertrag vom 21.12.1989 (Beilage./2; Echtheit und Richtigkeit nur hinsichtlich des Datums der Eigentumsübertragung bestritten) weiter.
Mit Antrag vom 18.10.1989 begehrte die Antragstellerin, das Gericht möge gemäß § 12 Abs 3 MRG für das Mietobjekt der Antragsgegnerin im Haus ***** E***** Nr.8 (links vom Hauseingang im Erdgeschoß gelegen) ab 1.7.1989 eine Erhöhung des Hauptmietzinses auf den nach Lage und Ausstattung angemessenen ortsüblichen Hauptmietzins festsetzen. Das zuletzt von der Anton Qu***** Moden- und Schuhhaus KG betriebene Unternehmen (Schuhhandel) sei an die Antragsgegnerin veräußert worden. Der angemessene Hauptmietzins betrage mindestens S 25.000,-. Von der Unternehmensveräußerung habe die Antragstellerin durch Zufall erfahren.
Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen einer Unternehmensveräußerung und behauptete die Angemessenheit des derzeit begehrten Mietzinses. Demnach sei der Antrag der Antragstellerin abzuweisen.
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin im wesentlichen mit der Begründung ab, es liege keine Unternehmensveräußerung, sondern lediglich ein nach § 12 Abs.3 MRG nicht relevanter Gesellschafterwechsel in der Anton Qu***** Moden- und Schuhhaus KG vor.
Das Rekursgericht hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht stellte nach Beweiswiederholung folgenden Sachverhalt fest:
Am 29.11.1988 errichteten Günther Qu*****, Monika Qu***** und Dkfm.Dr.Josef M***** die Qu***** Schuh Gesellschaft mbH (= Antragsgegnerin) mit dem Sitz in *****. Gegenstand des Unternehmens ist die Produktion von und der Handel mit Schuhen, die Ausübung des Handelsgewerbes, die Geschäftsführung von und die Beteiligung an anderen Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art.
Die Anton Qu***** Moden- und Schuhhaus KG (zuletzt Mieterin des eingangs genannten Objektes) verkaufte am 31.12.1988 ihr gesamtes Schuhwarenlager an die Antragsgegnerin um S 1,231.453,- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, wobei der Wert dieser Waren nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung durch das Finanzamt um S 1,200.000,- höher war.
Die Angestellten der KG im Geschäft E***** Nr. 8 wurden von der Antragsgegnerin als Dienstnehmer übernommen (durch Schlußfolgerung im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Feststellung auf Grund der in den Feststellungen des Rekursgerichtes angeführten Daten aus den Bilanzen sowie den Gewinn- und Verlustrechnungen der KG und der Antragsgegnerin).
Die Antragsgegnerin besitzt auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.5.1989 die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs 1 lit.b Z 25 GewO, beschränkt auf den Einzelhandel für den Gewerbestandort *****, W*****straße Nr. 2 und führt seit 28.12.1988 in *****, E***** Nr. 8, eine weitere Betriebsstätte. Die Gewerbeberechtigung der Anton Qu***** Moden- und Schuhhaus KG für die Betriebsstätte in *****, E***** Nr. 8, endete auf Grund der Anzeige des Gewerbeinhabers über die Einstellung der Gewerbeausübung mit 27.12.1988. Die Antragsgegnerin besitzt seit 28.12.1988 die Berechtigung für die Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 103 Abs 1 lit.b Z 25 GewO 1973 beschränkt auf den Einzelhandel im Standort der Betriebsstätte *****, E***** Nr. 8.
Auf Grund des Antrages vom 27.11.1989 wurde die Antragsgegnerin am 6.4.1990 als persönlich haftende Gesellschafterin der Anton Qu***** Moden- und Schuhhaus KG in das Firmenbuch eingetragen (HRA ***** des Kreisgerichtes Wels). Am 16.9.1991 wurde auf Grund des Antrages vom 5.9.1991 der Beitritt der Firma Qu***** Textil Gesellschaft mbH als weitere Komplementärin zur genannten Kommanditgesellschaft in das Firmenbuch eingetragen.
Überdies traf das Rekursgericht aus den Steuerakten folgende Feststellungen über das geschäftliche Verhalten der Kommanditgesellschaft und der Antragsgegnerin:
In der Bilanz der KG zum 28.2.1989 schienen auf der Passivseite unter Punkt VI (Verbindlichkeiten u.a. "Lohnsteuer Schuhe, Lohnsteuer Aussee und Gutscheine Humanic"), in der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.3.1988 bis 28.2.1989 unter Personalaufwand u.a. "Gehälter Schuhe" und "Gehälter Bad Aussee", "Instandhaltung E***** Schuhgeschäft" (S 5.204,99) und "Umbau E*****" (S 1.200,-), sowie "erlösberichtigende Schuhe S 555.326,19"; unter den Erlösen "Erlöse Schuhe I" (S 4,559.204,26), "Erlöse Schuhe II" (S 3,278.038,18) und "Erlöse Schuhe III" (S 2,040.285,31) auf . Unter den Rechnungsabgrenzungsposten "nicht konsumierte Urlaube zum 28.2.1989" sind auch Monika B***** und Waltraud K*****, die im Schuhgeschäft *****, E***** Nr. 8 arbeiten, aufgenommen. In der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.3.1989 bis zum 28.2.1990 der KG scheinen unter den Aufwendungen Gehälter "Textil", Wareneinkäufe von S 4,292.226,79 (im Vorjahr S 7,882.033,18), keine Auslagen für Miete und Pacht, und unter den Warenerlösen S 7,137.745,76 unter der Bezeichnung "Textilien" auf (Gewinnfeststellungsakt der KG).
Nach dem Jahresabschluß der Antragsgegnerin sind in der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.1.1989 bis zum 31.12.1989 unter den Aufwendungen I Wareneinsatz u.a. folgende Beträge aufgenommen:
Einkauf Schuhe Inland S 6,143.414,86
Einkauf Schuhe Ausland S 615.165,76
Nachtragsrechnung (Rückstellung) S 1,200.000,--
Unter II Personalaufwand scheinen u.a. Gehälter in der Höhe von S 2,018.711,42 auf. Unter Punkt I "Erlöse" sind u.a. S 9,506.035,95 für "Schuhe 20 % Umsatzsteuer" angeführt. Die Nummer 6 beschäftigt sich mit der Aufgliederung der nicht konsumierten Urlaube zum 31.12.1989. In dieser Liste scheinen wieder Monika B***** und Waltraud K***** auf. Nach der Umsatzsteuererklärung der Antragsgegnerin 1989 betrug der Gesamtbetrag der umsatzsteuerpflichtigen Entgelte ohne Umsatzsteuer S 8,855.349,73. Unter Berücksichtigung der abziehbaren Vorsteuern ergab sich eine Zahllast von S 221.044,-.
Auch der Jahresabschluß 1990 der Antragsgegnerin enthält unter den Aufwendungen für den Einkauf von Schuhen im Inland bzw. Ausland die Beträge von S 5,161.085,40 und S 485.409,61. Unter den Erlösen "Schuhe 20 % Umsatzsteuer" scheint ein Betrag von S 10,846.713,94 auf. In der Gliederung der "nicht konsumierten Urlaube zum 31.12.1990" sind Monika B***** und Waltraud K***** wieder aufgenommen. Die Antragsgegnerin hat auch für Februar und September 1991 Umsatzsteuervoranmeldungen getätigt (Steuerakt der Antragsgegnerin).
Rechtlich beurteilte das Rekursgericht diesen Sachverhalt wie folgt:
Als Veräußerung eines Unternehmens im Sinne des § 12 Abs 3 MRG sei die endgültige Übertragung der Rechte an diesem im Wege der Einzelrechtsnachfolge anzusehen (MietSlg 40.288 ua). Durch diese Bestimmung solle das Entstehen eines sogenannten gespaltenen Mietverhältnisses verhindert werden. Die Bestimmung des § 12 Abs 3 MRG gelte auch dann, wenn zwar das Mietverhältnis (wie hier) vor dem Inkrafttreten des MRG begründet wurde, die Veräußerung aber erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgte (MietSlg 40.293). Unter Veräußerung seien alle Fälle der Einzelrechtsnachfolge zu verstehen, nicht nur entgeltliche (MietSlg 40.287 mwN).
Kauf des Warenlagers, Übernahme der Dienstnehmer und Weiterführung des Schuhhandels durch die Antragsgegnerin - wie sich aus den Umsatzsteuervoranmeldungen sowie den Bilanzen und den Verlust- und Gewinnrechnungen ergebe - nach Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch die frühere Mieterin und Erlangung einer eigenen Gewerbeberechtigung für diesen Standort in unmittelbarem Anschluß durch die Antragsgegnerin stellten eine Unternehmensveräußerung dar. Das Fehlen eines schriftlichen Vertrages über die Veräußerung sei ohne Einfluß auf diese Beurteilung.
Von einem bloßen Gesellschafterwechsel in der Kommanditgesellschaft, der Mieterin vor der Unternehmensveräußerung, könne daher im Gegensatz zu der vom Erstgericht vertretenen Rechtsmeinung keine Rede sein.
Die Tatsache, daß die Antragstellerin später als Komplementärin in die Kommanditgesellschaft eingetreten sei, habe auf die durch die Unternehmensveräußerung allein bewirkte Auslösung der Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 MRG keinen Einfluß.
Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren davon auszugehen haben, daß grundsätzlich die Voraussetzungen nach § 12 Abs 3 MRG gegeben seien. Es werde im Sinne der Rechtsprechung den angemessenen Mietzins zu ermitteln haben.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu klären sei, inwiefern der später erfolgte Eintritt der Antragsgegnerin in die Kommanditgesellschaft die bereits erfolgte Unternehmensveräußerung, auf die aus den Steuerakten zu schließen sei, nachträglich wieder relativieren könne.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Antrag der Antragstellerin abgewiesen werde; hilfsweise begehrt die Antragsgegnerin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht.
Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorerst ist festzuhalten, daß das Rekursgericht zutreffend die Voraussetzungen für die Berechtigung des Vermieters, nach § 12 Abs 3 MRG statt des bisher vereinbarten den (höheren) angemessenen Mietzins zu begehren, entsprechend der in der angefochtenen Entscheidung zitierten Rechtsprechung darlegte.
Im Revisionsrekurs macht die Antragsgegnerin - abgesehen von nicht gegebenen Verfahrensmängeln (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 528 a und 510 Abs 3 ZPO) - geltend, daß
a) keine Unternehmensveräußerung vorliege, und zwar insbesondere schon deswegen nicht, weil es keinen Veräußerungspreis gebe und kein schriftlicher Vertrag errichtet worden sei, sondern weil die Gründung der Antragsgegnerin und ihr Eintritt in die Kommanditgesellschaft als Geschäftsführer-GesmbH nur aus steuerlichen Gründen erfolgt sei. Auch das Rekursgericht habe nur unklar davon gesprochen, daß "grundsätzlich" die Voraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG vorlägen: Es könne aber nur so sein, daß diese Voraussetzungen entweder gegeben oder nicht gegeben seien;
b) der Antragstellerin die Aktivlegitimation fehle, weil sie mangels Eintragung in das Grundbuch nicht Eigentümerin geworden sei und überdies die Liegenschaft schon wieder weiterverkauft habe.
Dieser Argumentation ist folgendes entgegenzuhalten:
Das Rekursgericht stellte das von der Antragsgegnerin und der Kommanditgesellschaft beobachtete geschäftliche Verhalten (Kauf der Warenlagers; Übernahme der Bediensteten der KG durch die Antragsgegnerin; Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch die KG und unmittelbar im Anschluß daran Erwerb eines solchen gleichen Inhaltes durch die Antragsgegnerin für diesen Standort; Handel mit Schuhen durch die Antragsgegnerin im eigenen Namen auf Grund der im Steuerakt erliegenden Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen) fest und zog daraus den Schluß, es liege eine Veräußerung des Unternehmens seitens der KG an die Antragsgegnerin im Sinne eines Eigentumsüberganges vor (s MietSlg 40.288). Auf Schlußfolgerungen beruhende Tatsachenfeststellungen können aber mittels Rechtsrüge nur angefochten werden, wenn sie mit den Gesetzen der Logik unvereinbar sind (MGA JN-ZPO14 § 503 ZPO/E 106). Unvereinbar mit den Gesetzen der Logik ist die Schlußfolgerung des Rekursgerichtes keineswegs. Im Gegenteil: Es gibt kaum ein Argument dafür, daß ein solcher Eigentümerwechsel nicht eintrat. Das Argument der Antragsgegnerin, die festgestellte Konstruktion sei aus steuerlichen Gründen gewählt worden, verfängt nicht, weil eben mit der im Steuerrecht möglicherweise vorteilhaften rechtlichen Gestaltung (sonst wäre sie wohl nicht so vorgenommen worden) durchaus mietrechtliche Nachteile verbunden sein können.
Selbst wenn man aber das festgestellte geschäftliche Verhalten - wie oben kurz wiedergegeben - schlicht rechtlich beurteilt, ist es unschwer als Unternehmensveräußerung zu qualifizieren.
Das Rekursgericht sprach zwar aus, daß die Voraussetzungen für die Bestimmung eines angemessenen Mietzinses nach § 12 Abs 3 MRG grundsätzlich gegeben seien. Damit wollte es aber nichts anderes zum Ausdruck bringen, als daß eine Unternehmensveräußerung vorliegt, aber noch - entsprechend seinem Aufhebungsbeschluß - zu prüfen sei, ob die weitere Voraussetzung, (= ein höherer angemessener Mietzins als der derzeit vereinbarte) gegeben sei.
Auch die Aktivlegitimation der Antragstellerin ist gegeben. Die Antragstellerin wurde zwar mangels Verbücherung des Kaufvertrages nicht Eigentümerin der Liegenschaft, wohl aber auf Grund der eingangs wiedergegebenen Bestimmung des Punktes X. des Kaufvertrages betreffend den Übergang von Rechten und Besitzvorteilen mit 19.Juni 1989 Vermieter. Die ständige Rechtsprechung räumt nämlich auch dem außerbücherlichen Erwerber Vermieterstellung ein, wenn ihm vom Veräußerer der Besitz und die Verwaltung der Liegenschaft übertragen und er in den vom bisherigen Eigentümer abgeschlossenen Bestandvertrag eingetreten ist bzw. diesen erneuerte. Dabei genügt es, daß der Erwerber den physischen Besitz und die Verwaltung des Hauses erhielt. Im Zweifel ist nämlich anzunehmen, daß derjenige, der den Besitz übertragen hat, mit dem Grundstück nichts mehr zu schaffen hat. Eine Besitzergreifungshandlung trägt in der Regel den Besitzwillen in sich, sodaß nicht der Beweis des Besitzwillens nötig, sondern nur der Gegenbeweis seines Nichtvorhandenseins zulässig ist (MietSlg 35.207, 36.199 und 38.218). Der Oberste Gerichtshof sieht sich trotz der Kritik der Lehre (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 1120) nicht veranlaßt, davon abzugehen.
Die spätere Veräußerung der Liegenschaft durch die Antragstellerin vermag ihre vorher erlangte Rechtsstellung für die Zeit, in der sie als Vermieterin anzusehen ist, nicht zu beeinträchtigen.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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