OGH 5Ob7/96

OGH5Ob7/9613.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Urkundenhinterlegungssache der Antragstellerin Hotel O*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Peter Zdesar, öffentlicher Notar in Villach, wegen Hinterlegung einer den Eigentumserwerb an Superädifikaten auf der Liegenschaft EZ ***** GB ***** Feistritz an der Gail betreffenden Urkunde, infolge Revisionsrekurses der Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB ***** Agrargemeinschaft N*****, vertreten durch deren Obmann, Franz H*****, dieser vertreten durch Dr.Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15.November 1995, GZ 2 R 343/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 1.August 1995, Uh 13/95, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landesgericht Klagenfurt als Rekursgericht die vom Erstgericht bewilligte Hinterlegung der den derivativen Eigentumserwerb der Antragstellerin an den Superädifikaten

a) Touristenhaus auf Grundstück 292 Baufläche KG F***** und

b) Kapelle Maria Schnee auf Grundstück 2317/167 Alpe KG F*****

dokumentierenden Kaufvertragsurkunde vom 2.11.1994 samt Nachtrag vom 13.7.1995 bestätigt. Verkäufer dieser Superädifikate war Herbert K*****, der sich in der zu hinterlegenden Urkunde als deren Alleineigentümer bezeichnet hatte. Außerdem enthielt die Urkunde den Hinweis, daß hinsichtlich der beiden Superädifikate eine Anerkennung der Grundeigentümerin hinsichtlich des rechten Bestandes vorliege; die N***** habe den Bestand der Superädifikate mit Schreiben vom 6.7. und 12.9.1988 ausdrücklich anerkannt.

Mit dieser Entscheidung wurde das Argument der nunmehrigen Rechtsmittelwerberin (sie ist die Eigentümerin jener Liegenschaft, zu deren Gutsbestand die Grundstücke 292 Baufläche und 2317/167 Alpe gehören) verworfen, die Hinterlegung hätte ihrer (notariell beglaubigten) Zustimmung oder zumindest des urkundlichen Nachweises des Eigentums des Verkäufers bedurft. Dazu führte das Rekursgericht aus:

Es sei herrschende Rechtsprechung, daß das Grundbuchsgericht bei der ihm nach § 9 Abs 1 Z 2 UHG obliegenden Prüfung, ob die zum derivativen Erwerb des Eigentumsrechtes an einem Superädifikat nach §§ 1 f UHG, §§ 434, 435 ABGB erforderliche und beantragte gerichtliche Urkundenhinterlegung durch den Inhalt der hierüber beigebrachten Urkunden begründet erscheint, keine materielle Überprüfung der Verhältnisse vornehmen und demgemäß die mit den Urkundenbeweisen nachgewiesenen tatsächlichen Umstände und Erklärungen nicht weiter auf ihre Richtigkeit untersuchen dürfe (vgl auch § 9 Abs 2 UHG). Sei also Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Verfügung ein Superädifikat bzw Überbau im Sinne des § 435 ABGB, bedeute dies, daß sich das Grundbuchsgericht für die Beurteilung der Berechtigung des Urkundenhinter- legungsbegehrens im Sinne der §§ 1 f UHG bei Vorliegen entsprechender Vertragserklärungen der Parteien, die auf die Existenz eines solchen Bauwerks mit der Qualifikation des § 435 ABGB hinweisen, nicht weiter damit befassen könne und dürfe, ob die hierüber abgegebenen Parteienerklärungen dem wahren Sachverhalt entsprechen (RPflSlgG 2206 = 2 R 193/87 des Landesgerichtes Klagenfurt).

Während der ursprüngliche Erwerb durch Errichtung des Bauwerks auch ohne Urkundenhinterlegung eintrete, sei zur Übertragung des Eigentums am Superädifikat die Urkundenhinterlegung erforderlich. Im Urkundenhinter- legungsverfahren bleibe aber unerörtert, ob das Bauwerk überhaupt rechtlich existent ist, auf das in der zu hinterlegenden Urkunde Bezug genommen wird (SZ 66/86; NZ 1985, 93; 1988, 47). Das Rekursgericht habe dazu in der zitierten Entscheidung 2 R 193/87 = RPflSlgG 2206 noch die Auffassung vertreten, daß es aber Sache des Gerichtes bleiben müsse, die in der zu hinterlegenden Urkunde abgegebenen Parteienerklärungen als rechtserzeugende Tatsachen in der Richtung selbständig einer Beurteilung zu unterziehen, ob die Angaben über das Objekt des Erwerbsgeschäftes rechtlich das Bestehen eines Sondereigentums an einem Superädifikat gemäß § 435 ABGB und nicht etwa die gegensätzliche Rechtslage, nämlich das Vorhandensein eines dem Grundeigentum zuzuordnenden Bauwerkes im Sinne des § 297 ABGB, überhaupt und zumindest abstrakt annehmen lassen. Diese rechtlichen Schlußfolgerungen seien dem Grundbuchsgericht durchaus nicht verwehrt, sondern nur - wie allgemein im Grundbuchsverfahren - die materielle Nachprüfung der urkundlichen belegten rechtserzeugenden Tatsachen. In diesem Sinn müsse das in der Judikatur teilweise widersprüchlich behandelte Problem gelöst werden, inwieweit das Gericht für die Bewilligung der Urkundenhinterlegung den wahren Bestand eines Bauwerks im Sinne des § 435 ABGB anhand der zur Verfügung stehenden Urkundenbeweise zu ergründen habe (vgl NZ 1961, 172; RPflSlgG 1428; zum Teil zu weit gehend RPflSlgG 1567; NZ 1984, 115, letztere mit kritischer Bemerkung von Hofmeister in NZ 1984, 117; Bartsch, Grundbuchsrecht7, 788; Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht, 299).

Im vorliegenden Fall enthalte der Kaufvertrag die Behauptung, daß der Verkäufer Eigentümer der beiden Bauwerke sei. Eine Urkundenhinterlegung hinsichtlich dieser beiden Bauwerke sei zwar nach der Aktenlage noch nicht vorgenommen worden, doch liege ein Anhaltspunkt dafür, daß der Verkäufer daran nicht originär Eigentum erworben habe, nicht vor. Das Vorbringen der Rechtsmittelwerberin, es handle sich beim Touristenhaus um ein altes, bereits zusammengefallenes Bauwerk, und die Kapelle sei vermutlich lange vor 1900 erworben (gemeint ist wohl: errichtet) worden, sei unbeachtlich, weil allein vom Inhalt der zu hinterlegenden Urkunde auszugehen sei und darin eine Angabe über das Datum der Errichtung der Bauwerke fehle. Eine Schlußfolgerung, daß der Verkäufer an den beiden Superädifikaten gar nicht originär Eigentum erworben habe, lasse daher der Urkundeninhalt nicht zu. Das gelte auch für den Hinweis im Kaufvertrag, daß die Liegenschaftseigentümerin "den Bestand der Superädifikate ausdrücklich anerkannt habe". Nach den Parteienerklärungen in der Urkunde habe das Grundbuchsgericht vielmehr davon ausgehen müssen, daß der Verkäufer - durch originären Erwerb - Eigentümer der beiden Superädifikate sei, wozu es keiner Urkundenhinterlegung bedurft habe, andererseits könne das Eigentum daran nach dem klaren Wortlaut des § 435 ABGB nur durch Hinterlegung einer Urkunde übertragen werden; diesem Urkundenhinterlegungsantrag habe das Erstgericht - ausgehend vom Inhalt der Urkunde - mit Recht stattgegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage, inwieweit das Grundbuchsgericht im Urkundenhinter- legungsverfahren die Parteienerklärungen über den Bestand des zu übereignenden Superädifikats zu überprüfen habe, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs beharrt die Eigentümerin der Grundstücke, auf denen sich die beiden Superädifikate befinden sollen, auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß das Grundbuchsgericht deren Bestand bzw das Eigentum des Verkäufers hätte nachprüfen müssen. § 7 Abs 1 Z 2 UHG ordne nämlich ausdrücklich gerichtliche Erhebungen darüber an, ob das vom Hinterlegungsantrag betroffene Bauwerk im Grundbuch bereits ersichtlich gemacht ist. Aus § 19 UHG sei überdies herauszulesen, daß das Gericht die Behauptung eines originären Eigentumserwerbes verifizieren und eine diesbezügliche Urkundenhinterlegung von einer Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers abhängig machen müsse. Unabhängig davon hätte das gegenständliche Urkundenhinterlegungsgesuch nicht bewilligt werden dürfen, weil sich die grundverkehrsbehördliche Negativbestätigung nur auf den im Kaufvertrag vom 2.11.1994 enthaltenen Erwerb eines Hotels, nicht aber auf die Übereignung der beiden Superädifikate bezogen habe, und weil es darüber hinaus an einer Genehmigung des Kaufvertrages durch die Agrarbezirksbehörde iSd § 50 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes fehle. Letztere wäre notwendig gewesen, weil durch die Superädifikate eine Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke gegeben sei. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder im Sinne einer Abweisung des Urkundenhinterlegungsantrages abzuändern, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens (und neuerlichen Entscheidung) an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig, weil die vom Rekursgericht als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage - soweit sie für die Entscheidung über den gegenständlichen Urkundenhinterlegungsantrag von Bedeutung ist - vom Obersten Gerichtshof bereits gelöst wurde; andere erhebliche Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG werden auch im vorliegenden Rechtsmittel nicht aufgezeigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, daß in der Rechtsprechung der Instanzgerichte unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden haben, ob das Gericht auch die Bauwerkseigenschaft iSd § 435 ABGB zu prüfen hat, wenn die Hinterlegung einer Urkunde zur Übertragung des Eigentumsrechtes an einem Superädifikat beantragt wird (vgl RPflSlgG 1428; RPflSlgG 1567; NZ 1984, 115/15; RPflSlgG 2206 ua). Dazu hat jedoch mittlerweile der Oberste Gerichtshof klargestellt, daß im Urkundenhinterlegungsverfahren zunächst ungeprüft bleibt, ob das Bauwerk, auf das in der zu hinterlegenden Urkunde Bezug genommen wird, überhaupt rechtlich existent ist. Das Hinterlegungsbegehren ist allerdings als durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden nicht begründet anzusehen und daher gemäß § 9 Abs 1 Z 2 UHG abzuweisen, wenn aus diesen Urkunden selbst unzweifelhaft die Nichtexistenz des Bauwerkes hervorgeht (NZ 1992, 257/243; vgl auch SZ 66/86). Demnach genügt die in der Urkunde enthaltene Behauptung, daß das zu übereignende Objekt als Bauwerk iSd § 435 ABGB bereits errichtet wurde. Die Lehre hat dieses Verständnis der gerichtlichen Prüfungspflicht als "richtigen Mittelweg" gebilligt (Hofmeister, NZ 1992, 260, in der Anmerkung zu NZ 1992, 257/243), weshalb kein Grund besteht, ihn im gegenständlichen, vom Rekursgericht ohnehin im Sinn der höchstgerichtlichen Judikatur gelösten Fall zu verlassen. Der Kaufvertrag vom 2.11.1994 bezieht sich eindeutig auf bestehende, also bereits errichtete Superädifikate und erweist sich damit im Sinne der Judikatur als hinterlegungsfähig; einer zusätzlichen Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zum aufgezeigten Problem bedarf es nicht.

Geklärt ist weiters, daß es zur Übertragung eines Bauwerkes durch Urkundenhinterlegung - entgegen der im Revisionsrekurs vorgetragenen Rechtsmeinung - einer Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nicht bedarf (NZ 1986, 93/68; NZ 1988, 47; SZ 63/100 ua). Es ist auch nicht zu prüfen, ob die Behauptung des Veräußerers, Eigentümer des Bauwerkes zu sein, richtig ist. Die Verfügungsberechtigung des Hinterlegungs-Vormannes ist nämlich durch § 9 Abs 2 UHG ausdrücklich von der Nachweispflicht ausgenommen (vgl Hofmeister, NZ 1984, 117, in der Anmerkung zu NZ 1984, 115/15). Das von der Revisionsrekurswerberin in diesem Zusammenhang befürchtete Rechtsschutzdefizit (von einem Nichtberechtigten plötzlich mit Superädifikaten "belastet" zu werden) besteht in Wahrheit nicht, weil ihr § 19 UHG ohnehin die (im gegenständlichen Fall genützte) Handhabe bietet, die Ersichtlichmachung des Bauwerks im Grundbuch zu verhindern bzw wieder zu beseitigen. Ob einem bestehenden Bauwerk die Superädifikatseigenschaft iSd § 435 ABGB zukommt (und damit einen vom Grundstückseigentümer verschiedenen Eigentümer haben könnte), ließe sich ohnedies nur im Rechtsweg klären. Ein weiteres Eingehen auf die diesbezügliche Argumentation der Rechtsmittelwerberin, die für ihre gegenteilige Rechtsansicht keinerlei Belege anführt, verbietet die Rechtsmittelbeschränkung des § 14 Abs 1 AußStrG (§ 126 Abs 2 GBG).

Die Behauptung, die dem Erstgericht vorgelegte Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde beziehe sich nicht auf die Übereignung der beiden Superädifikate, ist überhaupt aktenwidrig. Der diesbezügliche Vermerk befindet sich nämlich auf dem Kaufvertrag vom 2.11.1994, der unmißverständlich den Verkauf der beiden Superädifikate dokumentiert (der Nachtrag enthält insoweit keine Änderungen), und besagt, daß "für das gegenständliche Rechtsgeschäft eine Genehmigung gemäß § 1 Abs 1 des Grundverkehrsgesetztes, LGBl Nr. 70/1974, in der derzeit geltenden Fassung, nicht erforderlich ist". Für das Erstgericht war also insoweit kein Hinterlegungshindernis erkennbar.

Gleiches, nämlich die mangelnde Erkennbarkeit eines Hinterlegungshindernisses, gilt schließlich noch für die von der Revisionsrekurswerberin reklamierte agrarbehördliche Genehmigungspflicht des Kaufvertrages vom 2.11.1994. § 50 Abs 1 KFLG 1979 schreibt eine solche Genehmigungspflicht nur für die Veräußerung und Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke vor. Zu einer Belastung der Grundstücke der Revisionsrekurswerberin ist es jedoch nach dem Urkundeninhalt nicht gekommen, weil bereits bestehende Superädifikate übereignet wurden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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