Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird - abgesehen von der unbekämpft gebliebenen Zurückweisung der Eingabe vom 21. 10. 2010 (ON 193) - aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies den am 1. 10. 2007 erhobenen Sachantrag der am 3. 10. 1992 geborenen Antragstellerin auf Endabrechnung hinsichtlich des § 18 MRG-Verfahrens betreffend das Haus *****, mit Sachbeschluss vom 3. 8. 2010 (ON 186) ab. Die Zustellung dieses Sachbeschlusses an die Antragstellerin erfolgte am 10. 8. 2010 an den Parteivertreter Rechtsanwalt Mag. Andreas W*****.
Gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts erhob die Antragstellerin, „vertreten durch (deren Vater) Emmerich M*****, vertreten durch Mag. Andreas W*****“, mit dem am 6. 9. 2010 im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Rechtsmittelschriftsatz (ON 187) Rekurs.
Mit einer am 10. 12. 2010 eingebrachten Eingabe (ON 197) teilte die Antragstellerin dem Erstgericht mit, dass sie das Vollmachtsverhältnis „mit dem Beklagtenvertreter“ (gemeint offenbar: mit dem bisherigen Vertreter Mag. Andreas W*****) aufgelöst habe.
Nach der Aktenvorlage an das Rekursgericht stellte dieses die Akten dem Erstgericht mit folgendem „Ersuchen“ vom 9. 12. 2010 (ON 198) zurück:
„Nach dem Aktenvermerk ON 26 ist die Antragstellerin am 3. 10. 1992 geboren. Sie ist daher offensichtlich nicht mehr minderjährig. Mag. W***** vertritt Herrn Emmerich M*****. Es fehlt daher die nach 2. 10. 2010 erteilte schriftliche Vollmacht oder die Berufung des Einschreiters Mag. W***** auf eine ihm von der Antragstellerin erteilte Vollmacht. Bitte den Verbesserungsauftrag unter Fristsetzung zu erteilen.“
Das Erstgericht erteilte mit dem - Rechtsanwalt Mag. Andreas W***** zugestellten - Beschluss vom 16. 12. 2010 (ON 199) den Auftrag, „binnen 14 Tagen den Rekurs durch Vorlage einer nach dem 2. 10. 2010 erteilten schriftlichen Vollmacht der mittlerweile großjährigen Antragstellerin oder die Berufung auf eine ihm erteilte Vollmacht der Antragstellerin zu verbessern“.
Nach fruchtlosem Verstreichen der gesetzten Frist und nach zwischenzeitig erfolgter Vollmachtsbekanntgabe durch den nunmehrigen Vertreter der Antragstellerin legte das Erstgericht die Akten neuerlich dem Rekursgericht vor.
Das Rekursgericht wies mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ua) den von der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts erhobenen Rekurs zurück. Die am 3. 10. 1992 geborene Antragstellerin sei im Verfahren bisher von ihrem Vater und gesetzlichen Vertreter Emmerich M***** und dieser wiederum zuletzt von Rechtsanwalt Mag. Andreas W***** vertreten worden. Dieser habe nach Volljährigkeit der Antragstellerin namens ihres Vaters Rekurs erhoben. Der Rekurs habe nur für den vom Rechtsanwalt vertretenen Vater gewirkt, weil eine Vollmacht der großjährigen Antragstellerin an ihren Vater nicht vorgelegt worden sei. Dem wirkungslos einschreitenden Rechtsanwalt habe das Erstgericht erfolglos die Vorlage der noch fehlenden schriftlichen Vollmacht der Antragstellerin an ihren Vater oder aber die Berufung auf eine ihm von der Antragstellerin direkt erteilte Vollmacht aufgetragen. „Mangels geschlossener Vollmachtskette“ sei daher der Rekurs zurückzuweisen gewesen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil sich keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Qualität gestellt hätten.
Gegen die ihr Rechtsmittel zurückweisende Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts aufzuheben und diesem die Sachentscheidung über den Rekurs aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts auf einer aktenwidrigen Annahme beruht und Grundsätze des Vertretungsrechts verkennt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
1. Das Revisionsrekursverfahren ist hier einseitig (§ 48 Abs 1 AußStrG iVm § 71 Abs 4 AußStrG; 6 Ob 195/10k).
2. Die Annahme des Rekursgerichts, der Rekurs gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts sei erst nach Volljährigkeit der Antragstellerin erfolgt, ist aktenwidrig. Rechtsanwalt Mag. Andreas W***** hat den Rekurs mit dem im elektronischen Rechtsverkehr am 6. 9. 2010 eingebrachten Rechtsmittelschriftsatz (ON 197), somit vor dem 3. 10. 2010 erhoben. Schon aus diesem Grund bestand der vom Rekursgericht erkannte Vollmachtsmangel nicht.
3. Die hier im Rekurs benutzte Wendung „vertreten durch den gesetzlichen Vertreter, vertreten durch den Rechtsanwalt“ kann bei naheliegendem Verständnis (nur) als Ausdruck einer Vollmachtserteilung des gesetzlichen Vertreters zum Einschreiten für die Minderjährige gewertet werden, die nicht durch und bei Erreichen der Volljährigkeit, sondern erst durch Widerruf der inzwischen Volljährigen erlischt (6 Ob 127/10k; RIS-Justiz RS0035654 [T1]; Zib in Fasching² § 35 ZPO Rz 29 mwN).
4. Es ist schließlich auch nicht nachvollziehbar, warum der - überflüssige - Verbesserungsauftrag ON 199 noch nach bekanntgegebener Vollmachtsauflösung zu Mag. Andreas W***** (ON 197) an diesen ergangen ist, obwohl gemäß § 37 Abs 3 Z 9 MRG die Parteien in erster und zweiter Instanz selbst vor Gericht handeln und daher die Antragstellerin auch selbst eine - hier freilich nicht nötige - Genehmigung einer früheren Verfahrenshandlung vornehmen hätte können.
In Stattgebung des berechtigten Revisionsrekurses war dem Rekursgericht daher die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS-Justiz RS0123011 [T1]).
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