OGH 5Ob74/84

OGH5Ob74/8411.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Manuela G*****, vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Professor Lucie H*****, und 2. Edmund H*****, beide vertreten durch Dr. Helmut Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zustimmung gemäß § 9 Abs 1 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Dezember 1983, GZ 41 R 808/83-12, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 22. Juni 1983, GZ 4 Msch 8/83-6, und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben wurden und der Antrag selbst zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses und des ihm vorangegangenen Verfahrens als nichtig bestätigt und bezüglich des Ausspruchs auf Zurückweisung des Sachantrags dahin abgeändert, dass die Rechtssache an das Erstgericht mit dem Auftrag zurückverwiesen wird, das gesetzmäßige (streitige) Verfahren über diesen Sachantrag einzuleiten.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung ***** im 16. Wiener Gemeindebezirk. In ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle beim Magistratischen Bezirksamt für den 16. Bezirk, anstelle der Antragsgegner als Hauseigentümer gemäß § 9 MRG „die Zusage“ zur Umgestaltung der gemieteten Wohnung „laut Einreichungsplan“ (Herstellung eines kleinen Vorraumes und einer Duschnische mit Zugang von der Küche durch Aufstellung eines Raumteilers bzw einer Leichtbauwand in der Küche bzw im Kabinett) zu erteilen, berief sich die antragstellende Mieterin ausdrücklich auf eine ihr im Juni 1981 „von den damaligen Hauseigentümern und deren Hausverwaltung“ erteilte Bewilligung zu dieser Maßnahme, zu der „die jetzige Mehrheitseigentümerin Professor Lucie H*****“ nicht stehen wolle.

Die Schlichtungsstelle sprach aus, dass die Verweigerung der Zustimmung durch die Vermieter zu der geplanten Veränderung der Wohnung der Antragstellerin unzulässig sei.

Das von den Antragsgegnern in offener Frist angerufene Erstgericht entschied im gleichen Sinne und sprach darüber hinaus aus, dass die mangelnde Zustimmung der Antragsgegner dahin ersetzt werde, dass mit Rechtskraft dieser Entscheidung der Einreichplan, der integrierender Bestandteil der Entscheidung sei, als von den Antragsgegnern unterfertigt gelte. Es verneinte das Vorhandensein einer für die Antragsgegner verbindlichen Zusage der Hausverwaltung, weil diese nur den damaligen Mehrheitseigentümer Dr. Bruno S***** vertreten habe, nicht aber die nunmehrigen Antragsgegner als damalige Minderheitseigentümer, erachtete aber die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zustimmungspflicht der Antragsgegner nach § 9 MRG als gegeben.

Das von den Antragsgegnern angerufene Rekursgericht hob den Sachbeschluss des Erstgerichts und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies den Sachantrag zurück. Es begründete diese Entscheidung damit, dass hier eine auch die nunmehrigen Antragsgegner bindende Zustimmung zu den angeführten Veränderungen des Mietgegenstands vorliege, weil diese in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Verwaltung des Hauses gehöre und deshalb auch der vom Mehrheitseigentümer bestellte Hausverwalter die Minderheitseigentümer binden konnte, aber der auf dieser Zusage beruhende Antrag nur im streitigen Verfahren durchgesetzt werden könne; für eine rechtsgestaltende Regelung durch den Außerstreitrichter sei hier keine Grundlage vorhanden, der Antrag der Mieterin sei auch ausdrücklich auf die seinerzeit erteilte Zustimmung der Vermieter abgestellt.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, diesen Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht aufzutragen, in der Sache selbst zu entscheiden.

Die Antragsgegner begehren, dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

Das Rekursgericht hat in Ergänzung seiner Entscheidung ausgesprochen, dass der Wert des betroffenen Streitgegenstands 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zugelassen werde, weil in der hier bedeutungsvollen Frage, ob ein auf Zuhaltung einer Vereinbarung über Veränderungen des Mietgegenstands nach § 9 MRG gerichtetes Begehren im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren durchzusetzen ist, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und der Lösung dieser Frage erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nur teilweise berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht schon darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin von Anbeginn eine Zustimmung der Hausverwaltung zu der Veränderung des Mietgegenstands behauptete und dass eine solche hier auch vorliege, weil der vom Mehrheitseigentümer bestellte Verwalter im Rahmen der ordentlichen Verwaltung, zu der diese Maßnahme zähle, auch die Minderheitseigentümer vertrete und in diesem Rahmen wirksam verbinden könne, und dass vertragliche Veränderungsansprüche ausschließlich auf den (streitigen) Rechtsweg gehören (vgl auch Würth-Zingher, MRG² Anm 14 zu § 37 Abs 1 Z 6 MRG). In diesem Sinne hat auch bereits der 6. Senat des Obersten Gerichtshof am 19. 1. 1984 zur AZ 6 Ob 823/83 erkannt. Insoweit kann dem Revisionsrekurs der Antragstellerin kein Erfolg beschieden sein.

Es kann jedoch nicht die Ansicht des Rekursgerichts geteilt werden, diesfalls komme eine Abgabe der Sache an den Streitrichter erster Instanz nicht in Betracht, weil die Mieterin ihren Antrag in einem dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahren gestellt habe und dieser niemals Bestandteil eines gerichtlichen Verfahrens sein könne; es müsste nämlich in einem solchen Falle der Verwaltungsakt und der darin erliegende Antrag in den zu bildenden Streitakt einbezogen werden, „was aber bei dieser sukzessiven Verfahrenszuständigkeit nicht möglich“ sei.

Das Rekursgericht übersieht dabei, dass im Falle der sukzessiven Zuständigkeit über eine und dieselbe Sache auch in dem an das Verwaltungsverfahren anschließenden Gerichtsverfahren die Identität der Rechtssache in jeder Beziehung erhalten bleibt, also auch der das (gesamte) Verfahren einleitende Sachantrag dem Gerichtsverfahren zugrundeliegt, mag er nun in einem zum Aktenbestand der vorgeschaltet gewesenen Verwaltungsbehörde (Schlichtungsstelle des Magistrats) gehörigen Aktenband enthalten oder in dem anschließend eingeleiteten gerichtlichen Verfahren wiederholt worden sein. An der materialmäßigen Zuordnung des Geschäftsstücks, in dem der allen bedeutungsvolle inhaltliche Sachantrag enthalten ist, darf doch die zur Vermeidung bürokratischer Umständlichkeiten und zur einfacheren Verwirklichung materieller Rechtsansprüche gebotene Überleitung des außerstreitigen ins streitige Verfahren im Sinne der Entscheidung SZ 54/129 nicht scheitern, denn es kann dieses Problem durch Ablichtung der entscheidenden Geschäftsstücke des Verwaltungsakts im Fotokopierverfahren leicht gelöst werden.

Aus diesem Grunde ist in Abänderung des Zurückweisungsausspruchs dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen (streitigen) Verfahrens über den Sachantrag der Mieterin aufzutragen, der freilich noch einer entsprechenden Formulierung bedarf, wie sie § 226 Abs 1 ZPO für das Klagebegehren fordert.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte