Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Antragsteller erwarb durch Kauf am 25.2.1982 das in einem Geschäftsraum im Haus der Antragsgegner in 1180 Wien, Währinger Straße 100, betriebene Kleinhandelsunternehmen und führte es im Mietgegenstand weiter. Nach der Verständigung des Hausverwalters von dem übergang der Hauptmietrechte auf den Erwerber des Unternehmens begehrten die Vermieter im April 1982 die Erhöhung des bisherigen niedrigeren Hauptmietzinses auf den ihrer Ansicht nach angemessenen Monatsbetrag von S 16.000,--.
Der Mieter machte die Sache bei der Gemeinde anhängig, weil er meinte, der nun begehrte Hauptmietzins für den Geschäftsraum sei nicht angemessen sondern viel zu hoch. Er verlange die Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses. Die Entscheidung der Gemeinde, für das Bestandobjekt mit der Nutzfläche von 20,88 m 2 sei ein monatlicher Hauptmietzins von S 2.505,50 angemessen, trat außer Kraft, weil die Vermieter rechtzeitig das Gericht anriefen. Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluß fest, daß für das Mietobjekt ab dem 1.5.1982 ein nach dem Verbraucherpreisindex 1967 ohne Berücksichtigung von Schwankungen bis zu 5 % wertgesicherter monatlicher Hauptmietzins von S 6.000,-- angemessen ist. Es beschränkte sich auf die Feststellungen, daß den Vermietern Anbote vorlägen, wonach Unternehmer für den Geschäftsraum einen monatlichen Hauptmietzins von S 14.500,-- und S 16.000,-- zu bezahlen bereit seien, daß aber für ein Geschäftslokal dieser Größe, Lage und Ausstattung ein monatlicher Hauptmietzins von S 6.000,-- angemessen sei, und berief sich unter anderem auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen aus dem Realitätenfach.
Gegen diesen Sachbeschluß erhob nur der Mieter Rekurs. Er bemängelte, daß das Erstgericht eigene Feststellungen unterlassen habe, die erst den rechtlichen Schluß auf die Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses ermöglichten. Die Mietzinsbildung sei nicht dem freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage zu überlassen, sondern einer Kontrolle zu unterwerfen. Dafür komme der Vergleich mit ortsüblichen Entgelten für nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage entsprechenden Bestandobjekten, sonst aber eine Ertragsrechnung in Betracht, vor allem aber eine Messung an den dem Kostendeckungsprinzip unterworfenen an Neubauten als Obergrenze zu beobachtenden Kosten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Mieters Folge. Es hob den erstrichterlichen Sachbeschluß unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug die neue Entscheidung auf, weil die zur Lösung der Rechtsfrage nach dem angemessenen Hauptmietzins erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht getroffen wurden. Die Angemessenheit des Hauptmietzinses sei an Hand der im Gesetz (§ 16 Abs 1 und § 12 Abs 3 MRG) genannten Komponenten der Größe, Art, Beschaffenheit, Lage wie des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes zu beurteilen. Die Heranziehung betriebswirtschaftlicher überlegungen im Sinne einer Kostenmiete sei abzulehnen. Die darauf hinweisenden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Mietrechtsgesetzes (RV 425 Blg NR 15.GP A II 3) hätten in das Gesetz nicht Eingang gefunden. Es bedürfe zunächst der Feststellung, welcher Mietzins für nach Art, Größe und Lage vergleichbare Bestandobjekte ortsüblich ist und sodann der Einbindung der weiteren im Gesetz bezeichneten Wertfaktoren der Beschaffenheit und des Ausstattungszustandes sowie des Erhaltungszustandes. Wem ein bestimmter Erhaltungszustand zum Verschulden oder Verdienst zuzurechnen ist, habe außer Betracht zu bleiben. Es bedürfe nur der Feststellung, welchen Einfluß die Beschaffenheit wie der Ausstattungs- und Erhaltungszustand des Bestandobjektes auf die Preisgestaltung am Markt üblicherweise bei einem nach Art, Größe und Lage vergleichbaren Mietgegenstand zeitigen. Das vom Erstgericht eingeholte aber ergänzungsbedürftige Gutachten des Sachverständigen biete vom Lösungsansatz her durchaus Entscheidungsgrundlagen für die gebotenen Tatsachenfeststellungen, deren Nachholung durch das Rekursgericht an der Regelung des § 37 Abs 3 Z 17 lit f MRG scheitere. Da das Erstgericht die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen habe, habe sie der Mieter auch nicht bekämpfen können. Es sei Aufgabe des Erstgerichtes, den Sachverhalt festzustellen und dabei die vom Rekursgericht als entscheidungserheblich angesehenen Tatsachengrundlagen für die Lösung der Rechtsfrage nach der Angemessenheit des Hauptmietzinses zu schaffen.
Den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes bekämpfen die Vermieter mit ihrem Rekurs. Sie verlangen die Beseitigung des Aufhebungsbeschlusses und die Wiederherstellung des Sachbeschlusses des Erstrichters, hilfsweise den Auftrag an das Rekursgericht, in der Sache selbst nach Beweisergänzung zu entscheiden. Der Mieter hat sich an diesem Rekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ist nicht berechtigt. Vor allem meinen die Vermieter, der vom Rekursgericht wahrgenommene Mangel von Tatsachenfeststellungen sei durch Heranziehung des Inhalts des Sachverständigengutachtens zu überbrücken und rechtfertige nicht die Aufhebung des erstrichterlichen Sachbeschlusses sondern sei durch eigene Feststellungen des Rekursgerichtes zu beheben.
Der Ansicht der Rekurswerber, durch den Hinweis auf das eingeholte Gutachten als eine der Entscheidungsgrundlagen sei dieses zum Bestandteil und zum Inhalt der erstrichterlichen Entscheidung geworden, kann nicht beigetreten werden. Der Erstrichter hat - abgesehen von den unstrittigen Tatsachen der Vertragsstellung der Parteien und dem Mietrechtsübergang - tatsächlich nur die rechtliche Folgerung aus dem Gutachten zum Inhalt der Entscheidung erhoben, für das Geschäftslokal sei ein monatlicher Hauptmietzins von S 6.000,-- angemessen. Die durch § 37 Abs 3 Z 17 lit f MRG in Angleichung des besonderen Verfahrens an den Zivilprozeß eingeführte Möglichkeit der effektiven Kontrolle der Beweiswürdigung durch eine zweite Tatsacheninstanz (Würth-Zingher, MRG 2 Anm.60 zu § 37 MRG) rechtfertigt wohl eine ergänzende Beweisaufnahme durch das Rekursgericht, dient aber nicht dazu, die Aufgaben des Erstgerichtes auf das Rekursgericht zu verlagern, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt überhaupt nicht festgestellt wurde. Der Aufhebungsbeschluß ist daher zu Recht ergangen.
Gegen die darin zum Ausdruck gebrachten Rechtsansichten über die Vorgangsweise zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses wehren sich die Vermieter nur insoweit, als sie meinen, der angemessene Hauptmietzins werde auch davon bestimmt, wer für einen schlechten Erhaltungszustand des Mietgegenstandes verantwortlich sei. Sei nämlich die Hauptmieterin, die das im Bestandobjekt betriebene Unternehmen veräußerte, nach Inhalt des Mietvertrages unter Ausschluß der Vorschrift des § 1096 ABGB zur Instandhaltung des Mietgegenstandes verpflichtet gewesen, könnten Schäden an dem Geschäftsraum nicht zum Nachteil des Vermieters zu einer Minderung des vom Unternehmenserwerber zu leistenden angemessenen Hauptmietzinses führen.
Damit haben die Vermieter in ihrem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß immerhin die vom Rekursgericht dargelegte rechtliche Beurteilung bekämpft und ermöglichen deren überprüfung durch den Obersten Gerichtshof, die ja durch den beigesetzten Rechtskraftvorbehalt eröffnet werden sollte. Die Ablehnung der Einbindung einer auf den dem Vermieter bekannten betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten seines Hauses aufbauenden Kalkulation (RV 425 Blg NR 15.GP A II 3) ist berechtigt. Auch Zingher (Mietrechtsübergang bei Unternehmensveräußerung, ÖJZ 1982,116) muß zugeben, daß das Gesetz sich in Anlehnung an die Diktion der deutschen Gesetzgebung auf eine Aufzählung der die Mietzinshöhe bestimmenden Faktoren beschränkte, aber keinen Hinweis über die anzuwendende Berechnungsmethode zur Feststellung des angemessenen Mietzinses enthält und daß eine allfällige Absicht des Gesetzgebers im Gesetzestext nicht Ausdruck gefunden hat. Abgesehen von den bedeutenden Veränderungen, denen der Entwurf zur Regierungsvorlage im Zuge der Gesetzwerdung unterworfen war, kann aus den allgemeinen Hinweisen zur Begründung der Fortdauer einer Beschränkung der Vertragsfreiheit, ja zur Erweiterung der Einschränkungen kein brauchbarer Ansatzpunkt für die Lösung des Problems des Angemessenheitsprinzips gewonnen werden, wird doch schon der Nachteil der Methode in der mangelnden Eignung zur raschen überbrückung und Lösung unterschiedlicher Auffassungen und in der Handhabung für die Mieterschichten eingestanden und deshalb für die Miete von Wohnungen weitgehend an Obergrenzen der Mietzinshöhe festgehalten (RV 425 BlgNR 15.GP A II 3). Das Gesetz definiert die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses nicht, nennt aber die zur Ermittlung der Angemessenheit heranzuziehenden wertbestimmenden Faktoren, die daher stets nur im Einzelfall an Hand der im Gesetz bezeichneten Komponenten beurteilt werden kann (vgl.Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 24 zu § 1152 ABGB). Der Ansicht, daß dies nach kritischer Ermittlung des für vergleichbare Mietgegenstände nach Art, Größe und Lage üblichen Mietzinses durch entsprechende Auf- oder Abschläge zu geschehen hat, die der Beschaffenheit, dem Ausstattungszustand und dem Erhaltungszustand des Objektes gebührend Rechnung tragen, wird beigepflichtet (so schon Würth in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 16 MRG; Würth in Korinek-Krejci, HBzMRG,346). Als Vergleichsobjekte kommen dabei Mietgegenstände in Betracht, die ihrerseits den mietzinsrechtlichen Schranken des § 16 Abs 1 MRG unterworfen sind und bei deren Vermietung daher auf die Angemessenheit der Höhe des vereinbarten Mietzinses Bedacht genommen wurde.
Die Lösung nach § 12 Abs 3 MRG, zur Verhinderung des Entstehens gespaltener Mietverhältnisse einen Eintritt des Unternehmenserwerbers in das Mietverhältnis über die Geschäftsräumlichkeiten als Folge der Unternehmensveräußerung zu bewirken, ermöglicht dem Vermieter, dem der Mieterwechsel aufgezwungen wird, das Begehren auf Anhebung des Hauptmietzinses auf den angemessenen Betrag zu stellen. Ab dem auf den Zugang des Begehrens folgenden Zinstermin hat der in den Mietvertrag eingetretene Unternehmenserwerber den für den Geschäftsraum angemessenen Hauptmietzins zu entrichten. Die dem Vermieter eingeräumte Befugnis der Anhebung des Hauptmietzinses bis auf den die Obergrenze nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG bildenden angemessenen Betrag, soll ihn im Falle der Unternehmensveräußerung zumindest in Ansehung der Mietzinshöhe nicht schlechter stellen, als wäre er zu einer Neuvermietung in der Lage. Der angemessene Betrag nach § 12 Abs 3 und nach § 16 Abs 1 MRG ist daher gleich hoch. Damit fehlt der Forderung der Vermieter jede Berechtigung, bei Ermittlung der Höhe des angemessenen Betrages eine Verletzung der Instandhaltungspflicht des Unternehmensveräußerers zu berücksichtigen. Entscheidend ist, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, der Zustand des Mietgegenstandes im maßgebenden Zeitpunkt des Mietrechtsüberganges. Denn auch bei einer Neuvermietung könnte der angemessene Betrag nach § 16 Abs 1 MRG nicht dadurch beeinflußt werden, daß der Vormieter für einen schlechten Erhaltungszustand verantwortlich war. Rechtsansprüche, die sich aus der Vertragsbeziehung ergeben, werden dadurch nicht berührt, können aber über die objektiv abzuklärenden Ermittlungskriterien nach § 12 Abs 2 und § 16 Abs 1 MRG hinaus die Mietzinshöhe nicht verändern.
Der im Mietrechtsgesetz zum Ausdruck kommende Gedanke, eine Versteinerung der Mietzinsobergrenzen zu vermeiden, sondern eine Anpassung an den Geldwert vorzusehen, damit es nicht zu einem Auseinanderklaffen von Reparaturkosten und Mietzinseingängen kommt (Rieder, Mietrechtsgesetz,23), rechtfertigt es auch, daß der angemessene Betrag des Hauptmietzinses einer Wertsicherung unterworfen wird (Zingher, Mietrechtsübergang bei Unternehmensveräußerung, ÖJZ 1982,117; in diesem Sinne auch 5 Ob 66/84).
Da der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ohne Erfolg blieb, kann ein Kostenersatzanspruch der Rechtsmittelwerber insoweit auch im fortgesetzten Verfahren nicht mehr in Betracht kommen (§ 37 Abs 3 Z 19 MRG; § 40 und 50 ZPO).
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