OGH 5Ob70/61

OGH5Ob70/618.3.1961

SZ 34/36

Normen

Mietengesetz §1 Abs2 Z7
Mietengesetz §1 Abs2 Z7

 

Spruch:

Nach § 1 Abs. 2 Z. 7 MietG. ist nur das Hauptmietverhältnis, nicht aber ein Untermietverhältnis vom Mieterschutz ausgenommen.

Entscheidung vom 8. März 1961, 5 Ob 70/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Hauses in Wien, die Antragsgegnerin ist Mieterin der im dritten Stock dieses Hauses gelegenen Werkstättenräume. Dieses Mietverhältnis unterliegt hinsichtlich der Zinsbildung nicht den Bestimmungen des Mietengesetzes, da die Räume am 1. Juli 1929 vom damaligen Hauseigentümer selbst benützt wurden.

Am 2. Mai 1957 schloß die Antragstellerin mit dem gerichtlich bestellten Zwangsverwalter der Antragsgegnerin hinsichtlich dieser Räumlichkeiten einen Untermietvertrag ab, auf Grund dessen sie den gesetzlichen Mietzins sowie einen weiteren Betrag von 450 S monatlich als Untermietzins vorgeschrieben erhielt.

Das Erstgericht sprach aus, die Antragsgegnerin habe durch die Vorschreibung des Betrages von 450 S monatlich in der Zeit vom 1. Mai 1957 bis 1. Mai 1960 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten. Daß das Untermietverhältnis hinsichtlich der Mietzinsbildung dem Mietengesetz nicht unterliege, sei nicht behauptet worden. Daß das Hauptmietverhältnis diesem Gesetz nicht unterliege, sei ohne Belang. Die von der Antragsgegnerin allein eingewendete Verjährung könne im Verfahren nach § 12 Abs. 3 MietG. nicht geprüft werden, sondern müsse einem allfälligen Rückforderungsprozeß vorbehalten werden.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es den Antrag zurückwies. Ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Unter Aufgabe seiner neueren Rechtsprechung (MietSlg. 2252) kehrte das Rekursgericht zu seinem früheren Standpunkt (MietSlg. 10.311) zurück, wonach die Mieterschutzfreiheit nach § 1 Abs. 2 Z. 7 MietG. sich auf sämtliche Mietverhältnisse hinsichtlich der betreffenden Räume, somit auch auf Untermietverhältnisse, erstrecke. Da das Hauptmietverhältnis den Bestimmungen des Mietengesetzes nicht unterliege, treffe dies auch für das Untermietverhältnis zu; die Zulässigkeit des begehrten Mietzinses könne daher nicht überprüft werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und hob die Beschlüsse der beiden Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Frage, ob die Mieterschutzfreiheit des Hauptmietverhältnisses nach § 1 Abs. 2 Z. 7 MietG. auch die des Untermietverhältnisses zur Folge hat oder ob Untermietverhältnisse nur nach Z. 8 dieser Gesetzesstelle vom Mietengesetz ausgenommen sein können, ist - wie das Rekursgericht unter Anführung der Lehre und Rechtsprechung dargelegt hat - bestritten. Überblickt man aber die Stimmen für die eine und für die andere Ansicht, so muß die des Erstgerichtes und nicht die des Rekursgerichtes als herrschende Meinung bezeichnet werden. Das Rekursgericht kann für seinen Standpunkt nur seine eigene Entscheidung MietSlg. 10.311 sowie die beiden unter MietSlg. 10.334 abgedruckten oberstgerichtlichen Entscheidungen ins Treffen führen. Hingegen wird der gegenteilige Standpunkt von Swoboda in seinem Kommentar zum Mietengesetz, 2. Aufl. S. 97, von Ohmeyer in RiZ. 1928 S. 177 ff. und RiZ. 1930 S. 77 ff., in der rekursgerichtlichen Entscheidung MietSlg. 2252, ferner in den oberstgerichtlichen Entscheidungen MietSlg. 10.332, 10.333 sowie MietSlg. VIII, 2. Teil Nr. 6, vertreten.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes bieten keinen Anlaß, von diesem vom Obersten Gerichtshof zuletzt eingenommenen Standpunkt abzugehen. Schon der von Swoboda angenommene Fall, daß das Hauptbestandverhältnis ein Pachtverhältnis wäre und daher nicht dem Mietengesetz unterläge, während dies für einen Wohnraum, den der Pächter untervermiete, nach § 1 Abs. 2 Z. 8 MietG. doch der Fall sein könnte, zeigt, daß Haupt- und Untermietverhältnis in bezug auf das Mietengesetz nicht das gleiche rechtliche Schicksal haben müssen.

Aber auch die Darlegungen Ohmeyers in den angeführten Aufsätzen sind überzeugend, daß § 1 Abs. 2 Z. 7 MietG. nur von einer Vermietung durch den Hauseigentümer spricht und daher nur auf Hauptmietverhältnisse zur Anwendung kommen kann, während die Herausnahme von Untermietverhältnissen aus der Geltung des Mietengesetzes ausschließlich in der Z. 8 dieser Gesetzesstelle geregelt ist, die nur von Wohn- und nicht von Geschäftsräumen spricht.

Dem Argument, daß nach § 1 Abs. 2 MietG. "Räume" aus dem Anwendungsbereich des Mietengesetzes herausgenommen sind, woraus zu folgern sei, es sei gleichgültig, ob über diese Räume Haupt- oder Untermietverträge geschlossen würden, muß entgegengehalten werden, daß es sich dabei offenkundig um eine textliche Ungenauigkeit handelt. Denn nach § 1 Abs. 1 MietG. finden die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die "Miete" von Wohnungen usw. Anwendung; Abs. 2 müßte daher richtigerweise auch die Miete von Räumen unter den folgenden Bedingungen von der Anwendung ausnehmen, zumal begrifflich nur Mietverhältnisse und nicht Räume dem Mietengesetz unterstellt oder von ihm ausgenommen werden können. Damit fällt aber die einzige Grundlage für die Annahme, § 1 Abs. 2 Z. 7 MietG. enthalte eine absolute und Z. 8 zusätzlich eine relative Herausnahme von Untermietverhältnissen aus dem Anwendungsbereich des Mietengesetzes. Von Untermietverhältnissen spricht vielmehr nur die Z. 8, während Z. 7 auf sie überhaupt nicht zur Anwendung kommt. Der Bestimmung der Z. 8 ist auch nach ihrer Diktion in keiner Weise zu entnehmen, daß sie nur eine Erweiterung der schon in Z. 7 bestimmten Exemtion der Untermietverhältnisse enthalte. Sie stellt sich vielmehr als eine in sich geschlossene, ausschließliche Regelung dieser Frage dar.

Gegenüber dieser sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebenden Rechtslage vermögen die Erwägungen des Rekursgerichtes über die angebliche Absicht des Gesetzgebers der Mietengesetznovelle 1925, durch welche die Z. 7 und 8 des § 1 Abs. 2 MietG. eingefügt wurden, nicht zu überzeugen. Es muß vielmehr angenommen werden, daß durch die Z. 7 dem Hauseigentümer lediglich eine gewisse, beschränkte Verwertungsmöglichkeit der in seinem Haus befindlichen Mietobjekte eingeräumt werden sollte, ohne daß hiedurch bezweckt wurde, seine Anwendbarkeit auf Untermietverträge auszudehnen.

Auf das strittige Untermietverhältnis ist demnach das Mietengesetz anzuwenden.

Damit ist aber für den Rekurswerber noch nichts gewonnen, denn nach § 14 Abs. 1 MietG. besteht der zulässige Mietzins für einen im wesentlichen ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen untervermieteten Bestandgegenstand aus dem vom Hauptmieter zu entrichtenden, gesetzlich zulässigen Mietzins. Die Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich des Untermietzinses hängt somit vom Bestehen eines gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses ab.

Da im vorliegenden Fall das Hauptmietverhältnis hinsichtlich der Zinsbildung unbestrittenermaßen nicht dem Mietengesetz unterliegt und daher ein Mietzins im Sinne der §§ 2 ff. MietG. nicht in Betracht kommt, könnte der gesetzlich zulässige Zins nur ein solcher nach dem Zinsstoppgesetz sein. Es muß daher festgestellt werden, ob der von der Antragsgegnerin entrichtete Hauptmietzins ein nach § 1 ZinsstoppG. erstarrter oder allenfalls nach § 2 dieses Gesetzes erhöhter und daher in diesem Sinne ein gesetzlich zulässiger Mietzins ist. Nach diesem wäre sodann der Überprüfungsantrag der Antragstellerin zu beurteilen.

Fiele hingegen der Zins des Hauptmietverhältnisses auch nicht unter das Zinsstoppgesetz, sondern wäre er frei vereinbart (vgl. JB. 64 neu = MietSlg. 4794), dann könnte mangels eines vom Hauptmieter zu entrichtenden "gesetzlich zulässigen Mietzinses" auch die Zulässigkeit des Untermietzinses nicht geprüft, und es müßte der Antrag zurückgewiesen werden.

Da hierüber die erforderlichen Feststellungen fehlen mußten beide untergerichtlichen Entscheidungen aufgehoben und die Sache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

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