Spruch:
Die Vereinbarung, daß Gewährleistungsansprüche den Vertragspartner nicht zur Zurückbehaltung seiner Leistung berechtigen, ist zulässig, schließt aber eine Zurückbehaltung unter den Voraussetzungen des § 1052 Satz 2 ABGB nicht aus Wählt der beklagte Gewährleistungsberechtigte nicht, welchen von mehreren Ansprüchen er geltend machen will und/oder beharrt er auf einem nicht durchsetzbaren Anspruch (hier: Verbesserung unbehebbarer Mängel), so ist er zur Zahlung des Kaufpreises zu verurteilen und auf die aktive Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches zu verweisen
OGH 2. März 1982, 5 Ob 696/81 (LGZ Wien 45 R 34/81; BG Innere Stadt Wien 24 C 47/79)
Text
Am 2. 8. 1975 bestellten die Beklagte und ihr in der Zwischenzeit verstorbener Ehegatte bei der Klägerin acht Fenster samt Balken und eine zweiflügelige Balkontüre zum Gesamtpreis von 52 557 S (43 436 S zuzüglich 16% Umsatzsteuer und 5% Zustellungskosten, ds. 9121 S). In dem zur Bestellung dieser Gegenstände verwendeten Formular der Klägerin ("Werksauftrag") sind auf der Vorderseite links neben der Angabe der Gegenstände, ihrer Maße und ihres Preises in fünf Absätzen kleingedruckt, aber für den normalsichtigen Betrachter ohne Schwierigkeiten lesbar, die "Auftragsbedingungen" der Klägerin angebracht. Eine dieser Bedingungen lautet: "Eventuelle Reklamationen berechtigen nicht zur Zurückhaltung des Werklohns". Am Ende des vorgedruckten Textes des Bestellformulars befindet sich der Vermerk: "Ich (wir) habe(n) die obigen Auftragsbedingungen zur Kenntnis genommen." Darunter befindet sich das handschriftlich angegebene Datum der Bestellung, eine nicht lesbare Unterschrift des "Sachbearbeiters" (der Klägerin) und die Unterschrift des Ehegatten der Beklagten.
Mit der am 18. 1. 1979 beim Erstgericht überreichten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des angeblich noch unberichtigten Restkaufpreises von 22 350.20 S samt der vereinbarten Verzugszinsen von 18% p.a. seit 1. 7. 1977.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß die unverzüglich gerügten Mängel der Türe und der Fenster bisher nicht behoben worden seien.
Die Klägerin erwiderte, daß die Mängel behoben worden seien, und verwies unmittelbar vor Schluß der Verhandlung erster Instanz auf die Klausel in den Auftragsbedingungen, daß eventuelle Reklamationen nicht zur Zurückhaltung des Werklohnes berechtigen.
Diese Klausel wurde von der Beklagten mit dem Einwand der Sittenwidrigkeit bekämpft - "insbesondere da sie klein gedruckt sei".
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 20 251.25 S samt 18% Zinsen seit 1. 1. 1980 und wies das Mehrbegehren ab. Es nahm im wesentlichen folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Vereinbarungsgemäß sollten die Türe und die Fenster von der Klägerin auch montiert werden. Etwa eineinhalb Monate nach Ablauf der vereinbarten Lieferzeit brachte die Klägerin die Türe und die Fenster - diese allerdings ohne die dazugehörigen Balken - zu den Bestellern. Da die Montage dieser Gegenstände unterblieb, mauerte der Mann der Beklagten sie ein. Er rügte aber sofort nach Lieferung der Gegenstände das Fehlen der Fensterbalken, das Unterbleiben der Montage, die mangelhafte Montierung der Feinbeschläge auf den Gegenständen sowie den Insektenbefall und die Risse im Holz. Im Oktober 1976 wurden von Arbeitern der Klägerin einige Mängel, aber nicht alle, behoben. Die Beklagte und ihr Ehemann zahlten hernach 20 000 S an die Klägerin und erklärten dieser, den Restbetrag nach Lieferung der Balken und nach Behebung der noch vorhandenen Mängel zu begleichen.
Nach Lieferung der Balken und Montage der Fensterläden durch die Klägerin bezahlten die Beklagte und ihr Ehemann 11 466.95 S. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 1979 unternahmen Arbeiter der Klägerin weitere Mängelbehebungsversuche. Die nachstehend bezeichneten Mängel bestehen aber noch immer:
Vereinzelte Harzperlen am äußeren Rahmen des westseitigen Fensters und ein deutlich sichtbarer Sprung des linken Flügelfrieses;
schlechte Schließbarkeit eines Kinderzimmerfensters und ein Sprung des linken Flügelfrieses beim anderen Kinderzimmerfenster;
mangelhafte Versiegelung an der linken äußeren Ecke des Schlafzimmerfensters und ein zirka 5 cm langer Sprung des Holzes an der Innenseite; Schleifen des Flügels des Küchenfensters am unteren Auslaufblock beim Schließen; ein zirka 15 mm breiter Kittstreifen am großen Rahmenfenster; eine erneuerungs- bzw. reparaturbedürftige Schlagleiste und sichtbare Sprünge der zweiflügeligen Balkontüre; Durchbiegung des Drehkippflügels der Balkontüre um zirka 6 mm mangels exakten Aufliegens am Stockfalz, Insektenbefall des Holzes und "zu viel Luft" des linken Flügels, sodaß die Gummidichtung wirkungslos bleibt. Die Mängel beruhen auf Herstellungsfehlern. Von diesen Mängeln sind unbehebbar: Die Verharzungen, die Sprünge im Holz, der Insektenbefall und das Durchbiegen des Drehkippflügels der Balkontüre (3 Fenster lt. Pos. 1 und Türe lt. Pos. 5 der Beilage A). Die übrigen Mängel sind behebbar.
Aus diesem Sachverhalt folgerte das Erstgericht: Die Vertragsklausel, daß Reklamationen den Kunden nicht zur Zurückbehaltung des Werklohnes berechtigen, sei sittenwidrig. Die an den Fenstern und an der Tür noch vorhandenen Mängel seien ganz unerheblich und mit einfachen Handgriffen behebbar; sie berechtigten die Beklagte nicht, ihre Gegenleistung zurückzubehalten, denn sie begrundeten weder einen Preisminderungs- noch einen Verbesserungsanspruch. Der Fälligkeitszeitpunkt sei mit 1. 1. 1980 anzusetzen, weil die letzten Verbesserungsarbeiten der Klägerin zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 1979 stattgefunden hätten. Wegen der unbehebbaren Mängel sei eine Preisminderung im Ausmaß von 5% des Preises der betroffenen Gegenstände angemessen, das seien insgesamt 838.80 S. Unter Berücksichtigung dieses Preisminderungsanspruches und der Teilzahlungen von insgesamt 31 468.95 S reduziere sich die offene Forderung der Klägerin auf 20 251.25 S, wenn man von der vereinbarten Kaufpreisforderung von 52 557 S ausgehe.
Das von der Beklagten angerufene Gericht zweiter Instanz wies in Abänderung des Urteiles des Erstgerichtes auch das gesamte restliche Klagebegehren - die Teilabweisung war unbekämpft geblieben - ab.
Die Vereinbarung der Unstatthaftigkeit der "Zurückhaltung von Zahlungen wegen Gewährleistungsansprüchen" stelle einen zulässigen Kompensationsausschluß dar. Die vorliegende Form dieser Vereinbarung schließe jedoch aus, daß der "Vordruck Gegenstand der Willensübereinstimmung bei den Beklagten" geworden sei. Derartige, mit "freiem Auge" kaum erfaßbare Bedingungen stellten außerordentlich harte und unübliche Einschränkungen der Rechte des Bestellers dar. Das "unbesehene Unterzeichnen" eines Vertragsformulars mit einem solchen Text könne diesen noch nicht zum Vertragsinhalt machen. Geschäftsbedingungen müßten sich im Rahmen des Üblichen halten und dürften nichts bestimmen, was in ihnen nicht vermutet werden könne.
Für die Annahme des Erstgerichtes, daß es sich bei den festgestellten Mängeln, soweit sie behebbar seien, um unbedeutende Bagatellmängel handle, fehle jeder Anhaltspunkt in den Sachverhaltsfeststellungen. Schon die festgestellte "Luft" bei der Außentür schließe diese Annahme aus, denn die Funktion dieser Tür sei es, eine gewisse "Abdichtung" gegenüber der Umwelt herbeizuführen, damit Schmutz, Feuchtigkeit und Zugluft vom Innenraum ferngehalten werden. Die Funktion eines Küchenfensters sei nicht ordnungsgemäß, wenn es beim Schließen am Auflaufblock schleife. Fenster müßten sich mit normalem Kraftaufwand öffnen und schließen lassen.
Die Versiegelung verhindere ein Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in die Kittfuge. Diese Mängel könnten nur von einem Fachmann behoben werden; es sei deshalb bedeutungslos, ob aus der Sicht des Fachmannes der Verbesserungsaufwand in ein paar Handgriffen bestehe. Es komme darauf an, in welchem Verhältnis der Verbesserungsaufwand zu dem vom Kunden durch die Verbesserung erzielten Vorteil stehe. Solange die festgestellten verbesserungsfähigen Mängel nicht behoben seien, sei auch das vereinbarte Entgelt nicht fällig. Schließlich bemerkte das Berufungsgericht ("lediglich am Rande"), daß die vom Erstgericht vorgenommene Preisminderung nicht nach der relativen Berechnungsmethode erfolgt sei und unter anderem nicht berücksichtige, daß "in den Preisen der klagenden Partei" auch eine von ihr nicht erbrachte Montage veranschlagt gewesen sei.
Die Bemängelung der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellungen blieb unerledigt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und trug diesem auf, über die Berufung der Beklagten neuerlich zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Berufungsgericht ist zunächst in der Ansicht beizustimmen, daß die in dem Vertragsformular der Klägerin, das zur Bestellung der Fenster und der Türe Verwendung gefunden hat, enthaltene Klausel:
"Eventuelle Reklamationen berechtigen nicht zur Zurückhaltung des Werklohnes" nach der hier allein bedeutungsvollen Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist (§ 879 Abs. 1 ABGB). Es war wohl bei der Inhaltskontrolle von Vertragsformblättern - sofern diese im Einzelfall infolge der mit der Vorformulierung verbundenen Überlegenheit des Verwenders und der dadurch bedingten "verdünnten Willensfreiheit" des Vertragspartners den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" gleich zu behandeln sind (vgl. Krejci, Handbuch des Konsumentenschutzgesetzes 99 ff., insbesondere 107; BGH in NJW 1974, 1135; Löwe, ebendort 1108; Locher, ebendort 1544 f.) - schon nach der damaligen Rechtslage mit dem Maßstab der Anordnung des § 879 Abs. 1 ABGB am dispositiven Recht als dem Leitbild eines abgewogenen und gerechten Interessenausgleiches Orientierung zu nehmen (vgl. dazu Bydlinski in FS-Kastner 45, insbesondere 63 und die dort zitierte Literatur; in diesem Sinne auch 5 Ob 538/81). Eine weitgehende Abweichung vom dispositiven Recht, das für den "Durchschnittsfall" eine ausgewogene, gerechte Rechtslage anstrebt, kann unter den besonderen Verhältnissen der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" rechtlich nicht toleriert werden; die auffallende Inäquivalenz der beiderseitigen Rechtspositionen begrundet dann die Sittenwidrigkeit der abweichenden Regelung (Bydlinski aaO 63 und die zuletzt angegebene Entscheidung des OGH). Davon kann aber hier nicht die Rede sein.
Das Gesetz selbst sieht nicht nur - und dies ist der offenbar in Aussicht genommene Regelfall - Barzahlung Zug um Zug gegen Übergabe der Ware oder des Werkes vor (§§ 1062, 1170 ABGB), sodaß der Käufer bzw. Besteller seine Gewährleistungsansprüche aktiv, also nötigenfalls durch Klage verfolgen muß, wenn er der Störung der subjektiven Äquivalenz begegnen will; es billigt auch die Vorausleistungspflicht des Käufers oder Bestellers, wobei es allerdings dessen Risiko, daß die Gegenleistung durch schlechte Vermögensverhältnisse des Partners, die nicht schon bei Vertragsschluß dem Vorausleistungspflichtigen bekannt sein mußten, durch die Gewährung der "Unsicherheitseinrede" eine Schranke setzt. Es ist daher durchaus gestattet, daß durch Vereinbarung dem Käufer oder dem Besteller die Zurückbehaltung des Entgeltes wegen Bemängelung der übernommenen Ware bzw. des übernommenen Werkes verwehrt wird.
Freilich müßte diesem dann auch unter den Voraussetzungen des § 1052 Satz 2 ABGB die Zurückhaltung des Entgelts gestattet werden, weil er infolge der mangelhaften Erbringung der Gegenleistung noch nicht mit seiner Forderung befriedigt ist und deshalb ebenfalls als Vorausleistungsverpflichteter angesehen und geschützt werden muß.
Es kann nicht außer acht gelassen werden, daß dem Verkäufer bzw. dem Unternehmer ein schutzwürdiges Interesse daran zuzubilligen ist, daß Reklamationen angeblicher Mängel zumindest vor deren Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung den Käufer bzw. Besteller nicht zur Zurückbehaltung des vereinbarten Entgelts berechtigen sollen.
Der Meinung des Berufungsgerichtes, die Klausel sei auf Grund der Form der Vereinbarung - "mit "freiem Auge" kaum erfaßbar"; "unbesehene Unterzeichnung" - und infolge der außerordentlich harten und unüblichen Einschränkung der Rechte des Bestellers nicht "Gegenstand der Willensübereinstimmung" geworden, kann auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes nicht zugestimmt werden.
Die Beklagte hat das Zustandekommen des Vertrages mit der Klägerin nach dem Inhalt der - nur von ihrem in der Zwischenzeit verstorbenen Ehegatten unterfertigten - schriftlichen Bestellung ("Werksauftrag") nie in Frage gestellt. Sie muß deshalb auch die (gültigen) Nebenbestimmungen des durch die Annahme dieses Anbots durch die Klägerin zustande gekommenen Vertrages gegen sich gelten lassen.
Diese Urkunde enthält in nur fünf Absätzen in einer für normalsichtige Betrachter ohne Schwierigkeiten lesbaren Druckschrift die "Auftragsbedingungen" der Klägerin unmittelbar links neben der Rubrik, in der die Kaufgegenstände, ihre Maße und Preise handschriftlich angegeben wurden. Diese Bedingungen sind nicht zu zahlreich und können in verhältnismäßig kurzer Zeit gelesen werden. Es kann also der Form der Urkunde nach noch nicht gesagt werden, daß die Kenntnisnahme der darin abgedruckten "Auftragsbedingungen" von vornherein nach dem gewöhnlichen Ablauf derartiger Geschäftsabschlüsse als ausgeschlossen betrachtet werden darf. Die Behauptung des Berufungsgerichtes, das Vertragsformular sei "unbesehen" unterzeichnet worden, ist durch die Aktenlage in keiner Weise gedeckt. Die Klausel, daß Reklamationen nicht zur Zurückbehaltung des Entgeltes berechtigen, mag bei Geschäften mit Verbrauchern ungewöhnlich sein, sodaß die Beklagte nicht damit zu rechnen brauchte; außergewöhnlich hart ist sie wohl nicht, wie die oben angeführten vergleichsweisen Überlegungen zeigen. Es steht jedoch keineswegs fest, ob nicht die Beklagte - und/oder ihr inzwischen verstorbener Ehemann - sie bei Vertragsschluß gekannt hat oder doch zumindest von der klagenden Partei darauf hingewiesen wurde. In Anbetracht der leichten Überschaubarkeit der ganzen Urkunde und der verhältnismäßig geringen Anzahl der darauf gut lesbar angebrachten "Auftragsbedingungen" der Klägerin muß hier wohl der Beklagten die Behauptungs- und Beweislast zugewiesen werden, daß diese Urkunde von ihrem Ehemann unbesehen unterfertigt bzw. deren Inhalt von ihr selbst unbesehen genehmigt wurde. Derartige Behauptungen wurden jedoch von der Beklagten nicht vorgebracht.
Es ist allerdings dem Sittenwidrigkeitseinwand der Beklagten in anderer Beziehung Beachtung zu schenken. Steht, wie im vorliegenden Verfahren, nach gerichtlichem Sachverständigenbefund bereits fest, daß die übernommene Ware bzw. das übernommene Werk - es ist ungeklärt geblieben, ob die Fenster und die Türe Serienerzeugnisse oder individuell nach den Bedürfnissen der Beklagten und ihres Mannes angefertigte Gegenstände sind, sodaß auch nicht gesagt werden kann, ob der Vertrag der Parteien Kauf- oder Werkvertrag ist - mangelhaft ist und Gewährleistungsansprüche begrundet sind, dann ist von diesem Zeitpunkt an die Berufung des gewährleistungspflichtigen Verkäufers bzw. Unternehmers auf den vertraglichen Ausschluß des Rechtes auf Zurückbehaltung des Entgeltes sittenwidrig und unbeachtlich. Hier hat sich die Klägerin erst unmittelbar vor Schluß der Verhandlung erster Instanz auf die erwähnte Ausschlußklausel berufen und die Beklagte hat dagegen mit dem Sittenwidrigkeitseinwand geantwortet; auch wenn dieser Einwand sich direkt (unberechtigt) gegen die Gültigkeit der Klausel richtet, muß ihm doch Erfolg in Beziehung auf die Ausübung des (gültig) vereinbarten Ausschlusses der Zahlungsverweigerung zuerkannt werden.
Dies hat hier allerdings, wie noch darzulegen ist, nur in Ansehung der Forderung auf das Entgelt für die auch oder nur mit behebbaren Mängeln versehenen Fenster und der mit beiden Arten von Mängeln behafteten Türe, nicht aber der nur mit unbehebbaren Mängeln versehenen Fenster Bedeutung.
Die Beklagte hat der Zahlungsklage nur die Einwendung entgegengesetzt, daß die verschiedenen, sofort gerügten Mängel der übernommenen Gegenstände bisher nicht behoben wurden. Diese Einwendung kann nur so verstanden werden, daß sie auf Verbesserung der Mängel beharrt, also den Resterfüllungsanspruch geltend macht.
Spätestens nach Erstattung des Sachverständigengutachtens mußte der Beklagten aber klar sein, daß auch nicht behebbare Mängel vorliegen. Es wäre daher ihre Pflicht gewesen, zu entscheiden, ob sie wegen dieser Mängel Preisminderung begehrt - dies ist bei Werkverträgen nach der Anordnung des § 1167 Satz 2 ABGB möglich und wird von der Rechtsprechung unter besonderen Voraussetzungen dann auch dem Käufer gewährt, wenn die mangelhafte Sache für ihn bloß subjektiv brauchbar ist (vgl. EvBl. 1982/17 unter Berufung auf Jabornegg, JBl. 1976, 184 ff.), in der Regel also, wenn der Käufer die Sache trotz des Mangels behalten will - oder Vertragsaufhebung (Wandelung) will. Da die Beklagte ihre Gewährleistungseinrede nicht in der einen oder anderen der aufgezeigten Richtungen änderte, sondern trotz Unmöglichkeit dieser Leistung unverändert auf Verbesserung beharrte, muß sie bezüglich der nur mit unbehebbaren Mängeln behafteten Fenster zur Zahlung des Kaufpreisrestes verurteilt werden. Es war nicht Aufgabe des Erstrichters, sie auf die eine oder andere Möglichkeit hinzuweisen; die Pflicht zur materiellen Prozeßleitung nach den Bestimmungen der §§ 180 Abs. 3 und 182 Abs. 1 ZPO deckt nicht die Belehrung, welche materiellrechtlichen Ansprüche aus einem bestimmten Sachverhalt ableitbar sind, und die Anordnung des § 432 ZPO gilt nicht für rechtsanwaltlich vertretene Parteien. Wählt der beklagte Gewährleistungsanspruchsberechtigte nicht, welchen von mehreren Ansprüchen er geltend machen will und/oder beharrt er ungeachtet geänderter Tatsachenvoraussetzungen auf einem nicht durchsetzbaren Gewährleistungsanspruch, so muß er zur Zahlung verurteilt und auf die aktive Geltendmachung des berechtigten Gewährleistungsanspruches verwiesen werden, sofern dieser nicht inzwischen bereits durch Zeitablauf erloschen ist.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes liefe nämlich, billigte man sie, im Ergebnis darauf hinaus, daß die Beklagte die mit unbehebbaren Mängeln versehenen Fenster behalten dürfte und dafür nichts bezahlen müßte.
Bezüglich der (auch) mit behebbaren Mängeln versehenen Türe und der (auch oder nur) mit behebbaren Mängeln behafteten Fenster wäre nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt das Zahlungsbegehren nicht berechtigt, denn diese Mängel wären unzweifelhaft nicht bloß unerheblich, wie das Erstgericht irrig angenommen hat, sodaß - ob sie nun im einzelnen wesentlich oder unwesentlich sein mögen, das ist für diesen Anspruch gleichgültig - jedenfalls der Beklagten bis zu ihrer Behebung das Recht zur Zahlungsverweigerung zustunde.
Die Sache kann indessen vom OGH keineswegs abschließend entschieden werden, weil das Berufungsgericht nicht über die Berufungsgrunde unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige Tatsachenfeststellungen abgesprochen und nicht erklärt hat, welche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes es übernimmt.
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