Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Vollzug dieses Beschlusses und die Vornahme der erforderlichen Verständigungen obliegt dem Erstgericht.
Text
Begründung
Der Antragsteller begehrte auf Grund des notariellen Schenkungsvertrages vom 28.12.1992 unter gleichzeitiger Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes sowie des Rangordnungsbeschlusses vom 29.12.1992 die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft im Range der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, und zwar trotz des unter C-LNR 11a für die J***** Gesellschaft mbH einverleibten Vorkaufsrechtes gemäß Punkt II der Vereinbarung vom 26.11.1990 (im Falle eines Verkaufes oder anderer Veräußerungsarten wirksames Vorkaufsrecht, jedoch ohne weitere Bestimmungen).
Das Erstgericht gab diesem Antrag unter Aufrechterhaltung des eingetragenen Vorkaufsrechtes statt.
Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Vorkaufsberechtigten den erstgerichtlichen Beschluß in antragsabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht lehnte die von einem Teil der Lehre gebilligte Rechtsprechung (SZ 55/57) ab, wonach bei einer Schenkung einer Liegenschaft ein Vorkaufsrecht, das vereinbarungsgemäß für alle Veräußerungsfälle gelten soll, nicht ausgeübt werden könne, wenn nicht schon bei der Einräumung des Vorkaufsrechtes ein bestimmter oder auf eine festgelegte Weise bestimmbarer Preis vereinbart worden sei. In einem solchen Fall müsse die Vereinbarung des Vorkaufsrechtes als Einigung auf den durch Schätzung zu ermittelnden gemeinen Wert der Vorkaufssache verstanden werden, sodaß ein auf alle Veräußerungsarten ausgedehntes Vorkaufsrecht auch im Fall der Schenkung ausübbar sei (Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 8 zu § 1078; Bydlinski in Klang2 IV/2 880; Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil2 60). Ohne Nachweis, die Liegenschaft in diesem Sinn der Vorkaufsberechtigten zur Einlösung angeboten zu haben, oder ohne Zustimmung der Vorkaufsberechtigten dürfe daher der Schenkungsvertrag nicht verbüchert werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht - einem Teil der Lehre folgend - von der von einem anderen Teil der Lehre gebilligten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
In der in SZ 55/57 veröffentlichten Entscheidung sprach der Oberste Gerichtshof aus, daß bei Schenkung einer Liegenschaft ein Vorkaufsrecht, das vereinbarungsgemäß für alle Veräußerungsfälle gelten soll, für das jedoch nicht bereits bei der Einräumung des Vorkaufsrechts ein bestimmter oder auf eine festgelegte Weise bestimmbarer Preis vereinbart wurde, nicht ausgeübt werden könne; es sei auf den Beschenkten zu übertragen. Diese Entscheidung folgte Faistenberger (Das Vorkaufsrecht 115), wonach bei einer unentgeltlichen Veräußerungsart das nach § 1078 ABGB auf andere Veräußerungsarten ausgedehnte Vorkaufsrecht dann nicht ausgeübt werden könne, wenn der Einlösungspreis nicht im vorhinein fixiert werde, weil es eben vollständig an einem Wertmaßstab für den Einlösungspreis fehle, nicht hingegen der Meinung Bydlinskis (in Klang2 IV/2 880), wonach die erweiterte Vorkaufsabrede zugleich als Einigung auf den durch Schätzung zu ermittelnden gemeinen Wert der Vorkaufssache zu verstehen sei. Der Oberste Gerichtshof begründete seine Ansicht seinerzeit damit, gegen die Annahme des gemeinen Wertes der Sache spreche, daß der Geschenkgeber einen in Geld ausdrückbaren "Gegenwert" für seine unentgeltliche Leistung in aller Regel nicht im Auge habe (sondern vielmehr Freude, Dankbarkeit, Wohlwollen, gute Meinung und ähnliches); käme es nämlich dem Geschenkgeber auf einen in Geld ausdrückbaren Gegenwert an, dann würde er nicht schenken, sondern verkaufen oder tauschen. Wenn überhaupt, so könnten nur subjektive Wertvorstellungen des Geschenkgebers maßgebend sein, die aber nicht durchschaubar seien.
An dieser, von einem Teil der Lehre (Binder in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1078; Koziol-Welser, Grundriß9 I 332; implizit Gschnitzer, Österr. Schuldrecht, Besonderer Teil2 60) gebilligten Meinung hält der erkennende Senat fest, zumal ihn die oben wiedergegebene Ansicht Bydlinskis nicht zu überzeugen vermochte und in der Folge überzeugende Argumente dagegen gleichfalls nicht vorgebracht wurden:
Bydlinski schreibt, daß man dann die erweiterte Vorkaufsabrede zugleich als Einigung auf den durch Schätzung zu ermittelnden gemeinen Wert der Vorkaufssache verstehen müsse, wenn sich das Vorkaufsrecht auch auf die Schenkung oder sonstige unentgeltliche Veräußerungen erstrecke. Einer solchen Annahme könnte aber unter gleichzeitiger Anwendung der §§ 863 und 914 ABGB nur dann näher getreten werden, wenn die Vertragspartner das Vorkaufsrecht ausdrücklich auch für den Fall der Schenkung vereinbart hätten. Wird der Schenkungsfall aber lediglich durch die gebrauchte Wendung "andere Veräußerungsarten" mitumfaßt und besteht daher kein Anhaltspunkt dafür, daß die Vertragspartner den Fall unentgeltlicher Veräußerung durch Schenkung auch nur in Erwägung gezogen hätten, so enthält die von ihnen getroffene Vorkaufsabrede eben auch einen unausführbaren Fall, weil dem Veräußerer keine von ihm gar nicht gewollte Geldleistung statt der von ihm angestrebten (oder schon erhaltenen) nicht in Geld ausdrückbaren "Gegenleistung" aufgezwungen werden darf.
Aicher (in Rummel ABGB2, Rz 8 zu § 1078) folgt zwar der Meinung Bydlinskis, ohne sich aber mit der von ihm (unrichtig mit SZ 57/77) zitierten Entscheidung SZ 55/57 näher auseinanderzusetzen. Auch er vertritt aber ganz allgemein die Meinung, daß dann, wenn die Gegenleistung auf Grund ihrer individuellen Eigenart nicht schätzbar sei, das Vorkaufsrecht als nicht ausübbar betrachtet werden müsse. Gerade dies trifft aber auf die "Gegenleistung" im Falle einer Schenkung zu.
Da andere Gründe der Bewilligung des Eintragungsgesuches nicht entgegenstehen, war der Beschluß des Erstgericht wiederherzustellen.
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