Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im Verfahren über den Antrag auf Scheidung der Ehe der Eltern verpflichtete sich der Vater am 29.September 1986, monatlich zum Unterhalt der Tochter S 3.000,- und des Sohnes S 2.700,- ab dem 1. Oktober 1986 zu leisten. Dabei war ein Monatseinkommen des Vaters von rund S 14.000,- angenommen worden. Dieser Vergleich wurde am 23. Dezember 1986 genehmigt.
Am 31.Jänner 1989 beantragten die durch die Mutter vertretenen Kinder, diese Unterhaltsbeträge ab dem 1.Jänner 1988 zu erhöhen. Das Erstgericht verpflichtete den Vater, rückwirkend ab dem 1. Jänner 1988 für die Tochter den zusätzlichen Unterhaltsbetrag von S 700,- und für den Sohn von S 1.000,- zusammen also je Kind im Monat S 3.700,- zu bezahlen, weil er (seit 1988) monatlich durchschnittlich etwa S 23.000,- verdiene.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der sich nur gegen die Erhöhung im Zeitraum vom 1.Jänner 1988 bis zum 31.Jänner 1989 wandte, nicht Folge. Die Änderung der Verhältnisse seit Abschluß des Vergleiches durch die eingetretene Einkommenssteigerung rechtfertige die Neubemessung des Unterhalts. Nach der neuen Rechtsprechung könnten Unterhaltsansprüche auch für die Vergangenheit gestellt werden (OGH 9.6.1988 verstärkter Senat = EvBl 1988/123 = JBl 1988, 586 = ÖA 1988, 79). Eine Einschränkung auf Fälle, in denen kein Vortitel bestand, sei nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes hat der Vater Revisionsrekurs erhoben, dessen Zulässigkeit sich nach der Übergangsregelung des Art XLI Z 5 WGN BGBl 1989/343 nach dem § 14 und dem § 16 AußStrG in der vor der Änderung durch Art II WGN 1989 geltenden Fassung richtet. Die Frage, wie sich der Unterhaltsvergleich auf die neue Unterhaltsbemessung auswirkt, ist kein Bemessungsproblem (EFSlg 55.597 ua), sondern betrifft den Grund des Unterhaltsanspruches (EFSlg 55.600 ua). Gleiches gilt für die Lösung der hier aufgeworfenen Frage, ob eine Änderung der mit Vergleich geregelten Unterhaltsleistung erst ab dem Zeitpunkt der darauf gerichteten Antragstellung oder auch rückwirkend seit der eingetretenen Änderung der Bemessungsgrundlagen stattfinden kann. Der Rechtsmittelausschluß des § 14 Abs 2 AußStrG hindert nicht die Bekämpfung der rekursgerichtlichen Ansicht, wohl aber kann der bestätigende Beschluß nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität angefochten werden (§ 16 Abs 1 AußStrG).
Die behauptete offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung liegt nicht vor. Wie der Rechtsmittelwerber selbst einräumt, gilt auch für den Unterhaltsverlgeich die Umstandsklausel (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8a zu § 901; Koziol-Welser8 I, 128; SZ 34/96; EFSlg 53.728 uva); eine nicht bloß unbedeutende Änderung in den für den Unterhaltsanspruch maßgebenden Verhältnissen seit dem Zeitpunkt der einverständlichen Regelung ist daher zu berücksichtigen. Die Wirkung des Vergleiches hält ebenso wie die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung der Änderung der Verhältnisse nicht stand, das Abgehen von der früheren Unterhaltsregelung ist daher schon zulässig, sobald die wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ohne daß es etwa einer Anfechtung des führer geschlossenen Vergleiches bedarf. Solange die Rechtsprechung daran festhielt, daß Unterhalt für die Vergangenheit nicht gefordert werden kann (JB 40), und daher eine rückwirkende Festsetzung oder Erhöhung des nach dem Gesetz zu leistenden Unterhalts ablehnte, konnte auch die Anwendung der Umstandsklausel auf den gerichtlichen Unterhaltsvergleich nur zu einer Neubemessung ab dem darauf abzielenden Verfahrensschritt (Antragstellung im Verfahren außer Streitsachen oder Erhebung der Klage) führen. Da aber diese Rechtsprechung nicht aufrecht gehalten wurde und grundsätzlich auch für vor Stellung des Begehrens verstrichene Zeiträume Unterhaltsansprüche gestellt werden können (EvBl 1988/123 = JBl 1988, 586 = ÖA 1988, 79), kann eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit auch dann erfolgen, wenn für diese Zeit eine gerichtliche Festsetzung oder eine vergleichsweise Regelung vorlag, die aber wegen Änderung der Verhältnisse, etwa einer nicht bloß unbedeutenden Verbesserung der fianziellen Leistungsfähigkeit des zum Unterhalt verpflichteten Elternteiles, zufolge der ihr innewohnenden Umstandsklausel nicht mehr bindend blieb. Die Befürchtung des Rechtsmittelwerbers, jeder Unterhaltsvergleich könne durch eine Neufestsetzung unterlaufen werden, verkennt das Wesen der Umstandsklausel. Die Bindung besteht eben nur so lange, bis eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt. Ab diesem Zeitpunkt bindet der Vergleich die Parteien nicht mehr. Es kann daher auch noch später die Neufestsetzung der Unterhaltsleistung ab der wesentlichen Änderung der Verhältnisse auch für den vor der Antragstellung liegenden Zeitraum erfolgen. Würde die Regelung mittels Vergleiches anders behandelt als eine gerichtliche Entscheidung, die ebenso auch für die Vergangenheit in Anwendung der Umstandsklausel abgeändert werden kann, wäre eine sachlich nicht zu rechtfertigende Unterscheidung zwischen der gerichtlichen Festsetzung und der zu bevorzugenden Bereinigung durch Vergleich gegeben.
Die Ansicht der Vorinstanzen, daß die durch die Änderung der Verhältnisse überholte Unterhaltsregelung im Vergleich auch für die Vergangenheit geändert werden kann, ist jedenfalls nicht offenbar gesetzwidrig.
Mangels eines die Anfechtung nach § 16 Abs 1 AußStrG zulassenden Rechtsmittelgrundes ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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