Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des mj. Friedrich K***, geboren 3.8.1980, und des mj. Robert K***, geboren 7.8.1984, wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 3.4.1987 gemäß § 55 a EheG geschieden. In der als Voraussetzung für diese Ehescheidung gemäß § 55 Abs 2 EheG in Form eines gerichtlichen Vergleiches geschlossenen Vereinbarung legten die Eltern fest, daß die elterlichen Rechte bezüglich dieser Kinder dem Vater Herbert K*** allein zustehen sollen (Punkt II.), die Besuchsrechtsregelung vorbehalten wird (Punkt III.) und die Mutter Friederike K*** zum Unterhalt der beiden Minderjährigen bestimmte Beträge zu leisten hat (Punkt IV.). Die Vereinbarungen betreffend die auch aus dieser Ehe stammende minderjährige Eva K***, geboren 17.11.1982, ist nicht Gegenstand dieses Pflegschaftsverfahrens. Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (Jugendamt), die vom Erstgericht um Erhebungen darüber ersucht worden war, ob hinsichtlich der beiden Minderjährigen pflegschaftsbehördliche Maßnahmen erforderlich wären sowie ob die Vereinbarung ihrer Eltern laut den Punkten II. bis IV. des Vergleiches vom 3.4.1987 im Interesse der Kinder gelegen sei, erstattete anläßlich der Aktenrückstellung keine Äußerung (ON 3). Mit Eingabe vom 19.5.1987 (ON 4) stellten die Eltern in Abänderung des seinerzeitigen Vergleiches übereinstimmend den Antrag, ihnen "die Beibehaltung der Rechte zur Pflege und Erziehung sowie zur Vertretung der Kinder gemeinsam auch nach Scheidung der Ehe zu bewilligen." Dies entspreche besser dem Wohl der Kinder, die sich abwechselnd zeitmäßig gleichteilig bei jedem der Antragsteller aufhielten und dort versorgt würden. Die Eltern stünden zur Besprechung von Angelegenheiten der Erziehung, Pflege und Sorge für die Kinder in ständigem Kontakt und seien gegenseitig über allenfalls auftretende Probleme immer informiert. Bei keinem der Kinder sei in irgendeiner Weise eine Präferenz für einen Elternteil erkennbar.
Das Erstgericht genehmigte den von den Eltern vor dem Bezirksgericht Fünfhaus geschlossenen Vergleich und wies ihren Antrag "auf Genehmigung der Beibehaltung der elterlichen Erziehungsrechte entsprechend der Regelung bei aufrechter Ehe" (entsprechend der von den Eltern im Rubrum ihres Antrages gebrauchten Formulierung) unter Berufung auf § 177 ABGB, der nur die Zuteilung der elterlichen Rechte allein an einen Elternteil im Fall der Scheidung der Ehe derselben vorsehe, ab.
Das Rekursgericht bestätigte mit dem angefochtenen Beschluß diese Entscheidung und hatte auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 177 ABGB im Sinne eines von den Rekurswerbern behaupteten Verstoßes dieser Regelung gegen Art.8 MRK. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Eltern, in dem ausschließlich die Verfassungswidrigkeit des § 177 ABGB insofern geltend gemacht wird, als dieser die Übertragung der elterlichen Rechte an nur einen Elternteil auch dann vorsieht, wenn sich die Eltern darauf geeinigt haben, die elterlichen Rechte und Pflichten gemeinsam zu tragen und das Wohl des Kindes dieser Regelung nicht widerspricht. Eine in einem solchen Fall dem Elternwillen widersprechende zwingend vorgesehene gerichtliche Regelung stelle einen unzulässigen Eingriff in das durch Art.8 MRK (verfassungsrechtlich) geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Obgleich die Rekurswerber weder im Rubrum ihres an das Erstgericht gerichteten Antrages noch im Antrag selbst begehren, daß alle elterlichen Rechte ihnen gemeinsam zustehen sollten, sondern nur von den "elterlichen Erziehungsrechten" (Rubrum) bzw. von der Pflege und Erziehung sowie gesetzlichen Vertretung (Antragsformulierung) sprechen, ist ihr Antrag doch unter Berücksichtigung der Norm des § 2 Abs 3 Z 10 AußStrG als ein solcher auf Belassung aller elterlichen Rechte bei beiden Eltern gemeinsam zu verstehen.
Der Oberste Gerichtshof hatte Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Wortes "allein" in § 177 Abs 1 ABGB und stellte demgemäß an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, dieser wolle gemäß Art 140 Abs 1 B-VG aussprechen, daß das Wort "allein" in § 177 Abs 1 ABGB als verfassungswidrig aufgehoben werde. Diesem Antrag wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22.Juni 1989, G 142/88-11, nicht Folge gegeben. Die geltend gemachte offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung der Vorinstanzen, die dem verfassungsgemäßen Wortlaut des § 177 Abs 1 ABGB folgten, ist daher nicht gegeben.
Es ist allerdings zu bemerken, daß das Erstgericht eine von den Eltern seinerzeit abgeschlossene Vereinbarung betreffend die Ausübung der elterlichen Rechte genehmigte, welche im Zeitpunkt dieser Genehmigung infolge des inzwischen eingelangten anders lautenden Antrages der Eltern gar nicht mehr bestand. Dieser Beschluß muß daher im Sinne einer Zuteilung der elterlichen Rechte an den Elternteil, dem sie nach dem seinerzeitigen Vergleich zukommen sollten, gedeutet werden.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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