European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00577.840.1002.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsleistungspflicht des Vaters des mj Kristian Norbert K***** über Antrag der Mutter und Vormünderin des Kindes ab dem 12. 9. 1983 auf monatlich 3.600 S. Davon ausgehend, dass sich das vermögenslose Kind im Haushalt der Mutter befinde, die über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 21.400 S verfüge, und dass der noch für seine nicht berufstätige Ehegattin und zwei eheliche Kinder sorgepflichtige Vater mit seiner Familie eine Dienstwohnung bewohne, ein Grundstück (Baugrund) im Ausmaß von 1.800 m 2 besitze sowie unter Einrechnung der Sonderzahlungen ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 24.619 S erziele, erachtete es den begehrten monatlichen Unterhalt für angemessen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass der Vater dem Kind ab dem 12. 9. 1983 einen monatlichen Unterhalt von (nur) 2.500 S zu leisten habe, während das darüber hinausgehende Erhöhungsbegehren von monatlich weiteren 1.100 S abgewiesen werde. Es führte im Wesentlichen aus:
Eine Gegenüberstellung der Lebensverhältnisse der Eltern ‑ das monatliche durchschnittliche Nettoeinkommen des Vaters betrage nicht 24.619 S, sondern 26.900 S ‑ ergebe, dass die Mutter die weitaus besseren Lebens‑ und insbesondere Einkommensverhältnisse aufweise. Danach komme § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB zur Anwendung, wonach der Elternteil, der den Haushalt führe, in dem er das Kind betreue, auch noch zum Geldunterhaltsbedarf seines Kindes beizutragen habe, soweit der andere Elternteil mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Es obliege daher im vorliegenden Fall der Mutter, die das Kind in ihrem Haushalt betreue, zum restlichen Geldunterhaltsbedarf des Kindes, das als Volksschüler in einem Halbinternat untergebracht sei, beizutragen. Mit einem monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.500 S nehme das Kind angemessen an den Lebensverhältnissen seines Vaters teil. Gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses (Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens von 1.100 S monatlich) richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter und Vormünderin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionsrekurswerberin wendet sich gegen die Auffassung des Rekursgerichts, dass sie gemäß § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB zum Unterhalt des Kindes beizutragen habe, und macht geltend, dass sie damit nicht bloß die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts anfechte, sondern den Grund des Unterhaltsanspruchs berühre sowie aufzeige, dass das Rekursgericht einen gesetzlichen Grundsatz der Unterhaltsbemessung infolge Verkennung der Rechtslage nicht beachtet und daher in die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Ermessenserwägungen nicht mit einbezogen habe. Die Berücksichtigung des Rekursvorbringens des Vaters, die Lebens‑ und Einkommensverhältnisse der Mutter seien günstiger als jene des Vaters, sodass die Mutter gemäß § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB zusätzlich zu dem in natura geleisteten Unterhalt noch Geldunterhalt zu erbringen habe, verstoße überdies gegen das Neuerungsverbot.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus nachstehenden Erwägungen unzulässig:
Gemäß § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig.
Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (wie Vermögen, Einkommen, Arbeitsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten und Leistungen anderer Personen), und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Punkt II des Jud 60 neu = SZ 27/177). Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist es eine reine Bemessungsfrage, inwieweit sich die bestehende Unterhaltspflicht des einen Elternteils auf die Höhe der Unterhaltsverpflichtung des anderen Elternteils auswirkt; es handelt sich dabei im Sinne des Punktes II des Jud 60 neu um die Beurteilung der zur Deckung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (EFSlg 36.768, 39.733, 42.277 ua, zuletzt etwa 3 Ob 595/83, 5 Ob 703, 704/83). Die Anfechtung einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung wird durch § 14 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge (EFSlg 42.261 ua, zuletzt etwa 5 Ob 703, 704/83); selbst Beschwerdegründe im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG sind in einem solchen Fall bei Bekämpfung bloßer Bemessungskriterien nicht zu prüfen (EFSlg 30.514, 37.332 f, ua, zuletzt etwa 3 Ob 595/83, 5 Ob 703, 704/83).
Im vorliegenden Fall geht es darum, ob der Vater zur vollen Deckung der von der Mutter geltend gemachten Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder bei einer vollen Deckung dieser Bedürfnisse mehr leisten müsste, als seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre, und daher die die Unterhaltspflicht des Vaters mindernde, bei deren Bemessung zu berücksichtigende Unterhaltspflicht der Mutter im Sinne des § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB Platz greift, und inwieweit dies zutrifft. Die Ausführungen des Revisionsrekurses berühren also nach dem oben Gesagten ausschließlich des Bemessungskomplex. Eine Verletzung gesetzlicher Grundsätze der Unterhaltsbemessung durch das Rekursgericht vermag die Revisionsrekurswerberin nicht darzutun. Der angebliche Verstoß gegen das Neuerungsverbot ist im Bemessungsbereich nicht wahrnehmbar und läge im Übrigen nicht vor, weil der Vater dem Erhöhungsbegehren der Mutter schon in erster Instanz nicht nur unter Hnweis auf seine Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten sowie auf die Bedürfnisse des Kindes, sondern auch auf den sehr guten Verdienst der Mutter entgegengetreten ist (AS 50).
Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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