Normen
AußStrG §125
ZPO §57 Abs2 Z2
AußStrG §125
ZPO §57 Abs2 Z2
Spruch:
Unbewegliches Vermögen kann die Leistung einer Sicherheit für Prozeßkosten (§ 57 Abs. 2 Z 2 ZPO) nur ersetzen, wenn es dem Zugriff zur Hereinbringung einer Prozeßkostenforderung zugängig ist
Die nach Zuweisung der Klägerrolle nach § 125 AußStrG erhobene Erbrechtsklage ist keine infolge einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung angestellte Klage, bei der Sicherheit für Prozeßkosten nicht geleistet werden muß (§ 57 Abs. 2 Z 4 letzter Fall ZPO)
OGH 23. März 1982, 5 Ob 568/82 (OLG Linz 1 R 6/82; LG Salzburg 7 Cg 504/81)
Text
Das Erstgericht wies den in der ersten Tagsatzung gestellten Antrag der Beklagten auf Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten ab. Die Klägerin mit Venezolanischer Staatsbürgerschaft sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ 72 und EZ 282 in der KG B und besitze daher in Österreich ein zur Deckung der Prozeßkosten hinreichendes Vermögen an unbeweglichen Gütern. Eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung trete nach § 57 Abs. 2 Z 2 ZPO nicht ein.
Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge des Rekurses der Beklagten diesen Beschluß ab und trug der Klägerin auf, binnen drei Monaten eine Sicherheit für die Prozeßkosten von 50 000 S zu erlegen, widrigens auf Antrag der Beklagten die Klage für zurückgenommen erklärt werde. Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, es sei auf Verlangen der Beklagten die Sicherheit zu leisten, weil Gegenseitigkeit in bezug auf Venezuela nicht verbürgt sei und Staatsverträge nichts anderes festsetzten. Die Klägerin könne sich aber auch nicht auf ihren Grundbesitz in Österreich als Befreiungstatbestand nach § 57 Abs. 2 Z 2 ZPO berufen, weil sie im Grundbuch noch mit ihrem durch die Scheidung ihrer Ehe verlorenen Familiennamen S eingetragen sei und daher ihre Liegenschaften nicht ohne weiteres einer Exekutionsführung zur Hereinbringung einer allenfalls künftig der Beklagten entstehenden Prozeßkostenersatzforderung zugänglich seien. Es wäre an der Klägerin gelegen gewesen, ihren Familiennamen im Grundbuchsverfahren richtigzustellen und damit die Liegenschaften verläßlich dem Zugriff der Beklagten zu öffnen. Die Klägerin sei auch nicht nach § 57 Abs. 2 Z 4 ZPO von der Sicherheitsleistung frei, weil die Erbrechtsklage nicht auf Grund einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung angestellt werde. Die Zuweisung der Klägerrolle nach § 125 AußStrG erfülle diese Voraussetzung nicht. Eine allfällige Pflichtteilsforderung der Klägerin bleibe außer Betracht, weil nur auf im Inland gelegenen Liegenschaften sichergestellte Forderungen von der Verpflichtung zum Erlag der Sicherheit befreien.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Daß die Klägerin Staatsangehörige von Venezuela ist und in Beziehung auf diesen Staat nur bei inländischem Wohnsitz oder hinreichendem Vermögen sowie in Handelssachen Gegenseitigkeit bei der Befreiung von einer Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten besteht (Leipold in Stein - Jonas, Komm. z. dZPO[20], 3. Lieferung, 477 FN 158 zu § 110 III; Rau, RIW/AWD 77, 339), wie das Fehlen diesbezüglicher staatsvertraglicher Regelungen (Länderübersicht zu § 38 Abs. 2 RHEZiv. 1971, JABl. 1970/9, idF JABl. 1976/19), wird von der Klägerin nicht mehr bestritten und trifft zu.
Der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes ist beizutreten. Der gesetzgeberische Grund für die allerdings ohnedies stark zurückgedrängte aktorische Kaution liegt in der Schwierigkeit, die gegen den abgewiesenen ausländischen Kläger ergangene Kostenentscheidung im Ausland zu vollstrecken (Leipold in Stein - Jonas, Komm. z. dZPO[20], 3. Lieferung, 465, Anm. 1 zu § 110 I). Dies gilt für § 57 ZPO ebenso wie für die sehr ähnliche Regelung des § 110 dZPO, die allerdings den Befreiungstatbestand zur Deckung der Prozeßkosten hinreichenden im Inland gelegenen Vermögens an unbeweglichen Gütern oder an Forderungen, die auf solchen Gütern sichergestellt sind, nicht kennt. Soll unbewegliches Vermögen die Leistung einer Sicherheit ersetzen, muß es dem Zugriff zur Hereinbringung einer allfälligen Prozeßkostenersatzforderung der Beklagten zugänglich sein. So ist erforderlich, daß die bücherlichen Rechte klar ersichtlich sind und die Klägerin als Berechtigte im Grundbuch aufscheint. Die Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung macht die Liegenschaft als Befreiungsgrund ebenso ungeeignet (Fasching II 392) wie Hindernisse, die einer Exekutionsführung auf die Liegenschaft im Wege stehen, wie etwa ein Veräußerungs- und Belastungsverbot. Es trifft daher auch zu, daß die Liegenschaften, deren Besitz die Klägerin durch Vorlage des Grundbuchsauszuges des Bezirksgerichtes G vom 17. 11. 1981 dargetan hat, so lange nicht dieselbe Sicherheit bieten wie die sonst aufzuerlegende Kaution, als die Klägerin im Hauptbuch mit einem früheren Namen S eingetragen ist. Es wurde auch schon ausgesprochen, daß ein Ausländer, der die Befreiung von der aktorischen Kaution erreichen will, vorerst dafür Sorge zu tragen hat, daß er im Grundbuch mit demselben Namen als Berechtigter aufscheint, mit dem er im Rechtsstreit auftritt (2 Ob 678/53). Die Ansicht, daß die Verschiedenheit des Familiennamens und die Schwierigkeit, die sich daraus ergibt, daß die Beklagte bei Verfolgung eines Prozeßkostenersatzanspruches die zur Nachweisung der Identität erforderlichen Originalurkunden kaum zur Verfügung haben wird, den beiden Liegenschaften der Klägerin die Eignung nimmt, den Befreiungsgrund des § 57 Abs. 2 Z 2 ZPO zu bilden, solange die Klägerin nicht die Eintragung ihres nunmehrigen Familiennamens im Hauptbuch erwirkt hat, kann nicht als rechtsirrig betrachtet werden.
Verfehlt ist aber auch die Meinung der Rechtsmittelwerberin, sie könne sich auf § 57 Abs. 2 Z 4 ZPO berufen, der einen Entfall der Pflicht zur Sicherheitsleistung aus der Eigenart des Streitgegenstandes her vorsieht. Die Klägerin meint, dies daraus ableiten zu können, daß Fasching in seinem Kommentar (II 393) als Klagen, die infolge einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung angestellt werden, unter anderem solche nach § 128 AußStrG anführe, sich dabei aber offenbar auf § 125 AußStrG beziehe, weil § 128 AußStrG (Vorladung der unbekannten Erben mittels Ediktes) eine Klagsführung nicht vorsehe.
Der Befreiungstatbestand für Klagen, die auf Grund einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung angestellt werden, ist auch in § 110 Z 4 dZPO vorgesehen. Die österreichische Literatur enthält zu den aus der Eigenart des Streitgegenstandes abgeleiteten Befreiungen teils keine näheren Ausführungen (Schrutka - Rechtenstamm, Grundriß[2] 133; Petschek - Stagel, System 172), zum anderen scheinen Hinweise auf die §§ 128, 139 und 142 AußStrG (Edikte bei unbekannten Erben und im Ausfolgeverfahren, § 142 AußStrG nach Art. 10 BGBl. 392/1924 gegenstandslos), die §§ 118 ff. GBG 1871 (Grundbuchsrichtigstellungsverfahren), die §§ 6 und 14 des Gesetzes RGBl. 96/1871 bzw. die §§ 38 und 46 AllGAG (Edikte im Richtigstellungsverfahren) auf, denen jeweils gemeinsam ist, daß ein Ediktalverfahren vorgesehen ist (Neumann, Komm[4] I 573 FN 5; Schuster, Österreichisches Zivilprozeßrecht[4], 247 FN 12; Sperl, Lehrbuch I 743; Fasching II 393 Anm. 12). Sperl verweist auch auf § 110 Z 4 dZPO. Dort wird die Vorschrift auf die nach den §§ 946 ff. dZPO geregelten als Aufgebotsverfahren mit einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung an unbestimmte Gegner oder unbekannte Beteiligte zur Anmeldung von Rechten mit der Folge des Ausschlusses der nicht angemeldeten ausgestalteten Verfahren bezogen (Leipold in Stein - Jonas, Komm z. dZPO[20], 3. Lieferung, 468 Anm. 14 zu § 110 II), in denen nach § 957 Abs. 2 dZPO das Ausschlußurteil bei dem Landgericht, in dessen Bezirk das Aufgebotsgericht seinen Sitz hat, mittels einer gegen den Antragsteller zu erhebenden Klage unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden kann (Schlosser in Stein - Jonas, Komm. z. dZPO[20], 6. Lieferung, 4 und 13). Wesentlich ist, daß die Klage auf Grund einer öffentlichen gerichtlichen Aufforderung - also eines Ediktes - angebracht wird. Dies trifft auf die Erbrechtsklage, die nach Entscheidung des Nachlaßgerichtes, welcher Teil gegen den anderen nach widersprechenden Erbserklärungen als Kläger aufzutreten habe, angebracht wird, nicht zu. Die vorliegende Klage gehört nicht zu den im § 57 Abs. 2 Z 4 ZPO bezeichneten.
Soweit schließlich die Höhe der auferlegten Sicherheit bekämpft wird, ist auf die Rechtsprechung zu verweisen, wonach der Rekurs gegen die abändernde Entscheidung der zweiten Instanz zulässig ist, wenn der Streit um die Frage geht, ob überhaupt eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten besteht, die bloße Anfechtung der Höhe der Sicherheit aber nach § 528 Abs. 1 ZPO unzulässig ist (SZ 14/78; SZ 21/65; JBl. 1962, 386; EvBl. 1967/422; aM Novak, JBl. 1962, 386, Fasching II 400). Davon abzugehen, besteht kein Anlaß, weil die Bemessung der Sicherheit nach den zu erwartenden Prozeßkosten erfolgt und die Unanfechtbarkeit jeder Entscheidung der zweiten Instanz über den Kostenpunkt die Beurteilung der voraussichtlich der Beklagten auflaufenden Kosten dem OGH entzieht.
Abschließend ist festzuhalten, daß die Kautionsverpflichtung fortfällt, wenn dem Prozeßgericht nachträglich ein Befreiungstatbestand zur Kenntnis gelangt, also etwa die Klägerin nachweist, daß sie mit ihrem nunmehrigen Familiennamen im Grundbuch als Eigentümerin im Inland gelegener unbeweglicher Güter ausgewiesen ist und diese sodann ein zur Deckung der Prozeßkosten der Beklagten hinreichendes Vermögen darstellen (Fasching II 396).
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