Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Minderjährige ist das außereheliche, am 15.4.1987 geborene Kind der Cordula T*****.
Dr.Otto R***** und Ilse R***** sind die Eltern von Johannes R*****, Andreas R*****, Michaela R***** und Paulus R*****; letzterer ist am 2.9.1986 verstorben; sein Nachlaß wurde seinem Vater Dr.Otto R***** am 5.11.1986 an Zahlungsstatt überlassen (4 A 501/86 des BG Salzburg). Dieser ist am 19.10.1990 verstorben, sein Nachlaß wurde seiner Witwe Ilse R***** (verstorben am 14.3.1992) zur Gänze eingeantwortet.
Das Bezirksgericht Salzburg bestellte mit Beschluß vom 2.6.1987 (4 A 501/86) Dr.Otto R***** zum Verlassenschaftskurator im Verlassenschaftsverfahren nach Paulus R*****, insbesondere zur Vertretung der Verlassenschaft in Angelegenheit Feststellung der Vaterschaft und Unterhaltsverpflichtung von Paulus R***** gegenüber der mj.Chiara T*****. Dr.R***** anerkannte als Verlassenschaftskurator die Vaterschaft von Paulus R***** gegenüber dieser Minderjährigen am 8.7.1987 vor dem Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg.
Das Bezirksgericht Salzburg bestellt - nach Abweisung der von Johannes R***** und Andreas R***** erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Vaterschaftserkenntnisses mangels Aktivlegitimation der Kläger (1 C 56/94p des BG Neumarkt bei Salzburg) - Johannes R***** zum Verlassenschaftskurator der Verlassenschaft nach Paulus R*****, und zwar inbesondere zur Vertretung der Verlassenschaft im Verfahren zur Anfechtung des bereits erwähnten Vaterschaftsanerkenntnisses (4 A 501/86 des BG Salzburg).
Johannes R***** als Verlassenschaftskurator in der Verlassenschaft nach Paulus R***** erhob die vorliegende Klage, in welcher die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des bereits mehrfach erwähnten Vaterschaftsanerkenntnisses mit der Begründung begehrt wird, die Vaterschaft sei damals anerkannt worden, weil Paulus R***** von Cordula T***** als Vater bezeichnet worden sei. Nunmehr habe jedoch in Erfahrung gebracht werden können, daß Cordula T***** bereits im Februar 1991 einen anderen Mann als Vater bezeichnet habe. Daraufhin eingeleitete Nachforschungen und Untersuchungen mittels DNA-Methode hätten Hinweise erbracht, daß Paulus R***** mit einer 50 % übersteigenden Wahrscheinlichkeit nicht der leibliche Vater der Beklagten sei. Die Ergebnisse der Untersuchungen und des erwähnten Gutachtens lägen seit Frühjahr 1994 vor.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.3.1995 wurde die Bezeichnung der klagenden Partei auf "Verlassenschaft nach Paulus R*****, verstorben am 2.9.1986, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Johannes R*****", berichtigt, gegen welche "Umstellung" sich die Beklagte aber aussprach, weil keine Parteienidentität zwischen Verlassenschaftskurator und Verlassenschaft bestehe.
Im übrigen trat die Beklagte dem Begehren mit der Begründung entgegen, die Klägerin sei nicht Rechtsnachfolger im Sinn des § 164 d ABGB nach Paulus R*****; auch sei die Klagsführung verfristet, weil bereits im November 1992 ausreichend Verdachtsmomente für eine mögliche Nichtvaterschaft des Paulus R***** vorgelegen hätten.
Dem replizierte die Klägerin, vor März 1994 habe es lediglich Gerüchte gegeben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, das Verlassenschaftsverfahren nach Paulus R***** habe durch Überlassung an Zahlungsstatt geendet, weshalb der Verlassenschaftskurator - trotz seiner Bestellung durch das Verlassenschaftsgericht - nicht zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses berechtigt gewesen wäre. Vielmehr wäre es Sache der Minderjährigen gewesen, die Verlassenschaft nach Paulus R***** auf Feststellung der Vaterschaft zu klagen. Da nach § 164 d iVm § 164 d ABGB nur Gesamtrechtsnachfolger des Anerkennenden klagslegitimiert seien, mangels Einantwortung der Verlassenschaft nach Paulus R***** aber nie eine Gesamtrechtsnachfolge stattgefunden habe, sei die Verlassenschaft nach Paulus R***** nicht berechtigt, die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses zu begehren.
Im Urteil selbst wird - ohne diesbezüglichen Berichtigungsbeschluß - die Verlassenschaft nach Paulus R*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Johannes R*****, als Klägerin angeführt.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Rekursgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
Nach § 163 b ABGB idF KindRÄG 1989 werde die Vaterschaft durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt. Nach § 163 c Abs 1 ABGB werde die Vaterschaft durch persönliche Erklärung in inländischer öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde anerkannt, wobei nach § 41 JWG dieses Anerkenntnis auch vor dem Jugendwohlfahrtsträger abgegeben werden könne. Nach § 164 d könnten die in § 163 c ABGB angeführten Rechtshandlungen auch von den Rechtsnachfolgern der genannten Personen gesetzt werden.
Das Berufungsgericht vermöge der Auffassung des Erstgerichtes, die Verlassenschaft nach Paulus R***** sei nicht als Gesamtrechtsnachfolger nach diesem anzusehen, sodaß Dr.Otto R***** auch nicht berechtigt gewesen sei, als Verlassenschaftskurator in der Verlassenschaft nach Paulus R***** dessen Vaterschaft zu der mj.Chiara anzuerkennen, nicht anzuschließen. Diese Vaterschaft sei Dr.Otto R***** an Zahlungsstatt überlassen worden. Der Gläubiger werde jedoch nur hinsichtlich der überlassenen Aktiva Einzelrechtsnachfolger. Bis zur Einantwortung sei nur die (ruhende) Verlassenschaft parteifähig (EvBl 1993/112 mwN). Es bestehe also nach wie vor die ruhende Verlassenschaft nach Paulus R***** als Rechtssubjekt weiter, wobei diese ruhende Verlassenschaft auch als Rechtsnachfolger iSd § 164 d ABGB anzusehen sei (Klein/Strauß/Brosch, Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 und Kindschaftrecht-Änderungsgesetz, ÖA 1989, 81 unter Hinweis auf JBl 1978, 371 = ÖStA 1978, 29 = EFSlg 29142). Das Anerkenntnis habe in einem solchen Fall ein hiezu bestellter Kurator abzugeben.
Obwohl das gegenständliche Anerkenntnis schon vor dem Inkrafttreten des KindRÄG abgegeben worden sei, brauche nicht näher auf die frühere Rechtslage eingegangen werden, weil nach Art VI § 5 KindRÄG die Voraussetzungen und das Verfahren für das Wirksamwerden oder Unwirksamwerden von Vaterschaftsanerkenntnissen, über die die Niederschrift vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes aufgenommen worden ist, sich nach dem bisher geltenden Recht bestimmten, es sei denn, das Anerkenntnis wäre nach diesem Bundesgesetz (KindRÄG) rechtswirskam. Davon sei aber vorliegendenfalls auszugehen.
Nach § 164 b ABGB sei die Rechtsunwirksamkeit des Ankenntnisses auf Klage des Anerkennenden ua festzustellen, wenn der Ankennende beweist, daß solche Umstände vorliegen, die die Vermutung seiner Vaterschaft entkräften und die er zur Zeit der Anerkennung nicht gekannt hat, im gegenständlichen Fall sohin, daß die Mutter der mj. Chiara in der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt hat. Auch hinsichtlich der Rechte nach § 164 b ABGB würden die Rechtsnachfolger im Hinblick auf § 164 d ABGB an die Stelle des Anerkennenden treten. Da nach Art VI § 5 KindRÄG für Klagen nach § 164 b ABGB die bisherigen Vorschriften nur dann gelten würden, wenn die Klagen vor dem Inkrafttreten des KindRÄG eingebracht worden sind, seien auf das vorliegende Verfahren die §§ 164 b, 164 d ABGB idF des KindRÄG anzuwenden. Auch hier sei somit die Verlassenschaft nach dem Anerkennenden so lange als Rechtsnachfolger anzusehen, bis die ruhende Verlassenschaft durch Einantwortung erloschen sei. Somit könne auch die Verlassenschaft nach dem Anerkennenden durch den hiezu bestellten Kurator einen Prozeß auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses führen (Klein/Strauß/Brosch aaO S 82). Das Erstgericht habe daher zu Unrecht die gegenständliche Klage wegen fehlender aktiver Klagslegitimation abgewiesen.
Da bereits aus der Klage mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehe, daß Johannes R***** nicht in eigener Sache die gegenständliche Klage eingebracht habe, sondern nur als Verlassenschaftskurator für die Verlassenschaft nach Paulus R*****, habe eine dem § 235 Abs 5 ZPO zu unterstellende Parteienberichtigung gar nicht stattgefunden.
Das angefochtene Urteil sei jedoch aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Verfahrens- ergänzung zu fällende Entscheidung aufzutragen gewesen, weil in der Sache selbst noch keinerlei Beweise aufgenommen bzw Feststellungen getroffen worden seien. Betreffend den Einwand der Verfristung der Klage, sei darauf hinzuweisen, daß nach den Klagsbehauptungen die Ergebnisse der Untersuchungen und des DNA-Gutachtens erst im Frühjahr 1994 vorgelegen seien, die vorliegende Klage aber schon am 1.2.1995 beim Erstgericht, sohin innerhalb, der Einjahresfrist des § 164 b Satz 2 ABGB, überreicht worden sei.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob unter Rechtsnachfolgern im Sinne des § 164 d ABGB auch die Verlassenschaft nach dem bezeichneten Vater bzw dem Anerkennenden zumindest dann zu verstehen ist, wenn eine Einantwortung noch nicht stattgefunden hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aus jüngerer Zeit fehle.
Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.
Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte macht in ihrem Rekurs im wesentlichen geltend, Rechtsnachfolger im Sinn des § 164 d ABGB sei nur der Erbe. Sei eine Erbstellung nicht vorhanden, so könne auch eine Anfechtung des Vaterschaftsanerkenntnisses nicht erfolgen. Die Verlassen- schaft nach dem anerkennenden Vater sei nicht Rechtsnachfolger im Sinne der Bestimmung des § 164 d ABGB.
Dem ist folgendes zu erwidern:
Richtig ist, daß nach der Bestimmung des § 164 d ABGB die in den §§ 163 c bis 164 c (hier von Bedeutung: Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses nach § 164 b ABGB) angeführten Rechtshandlungen auch von den Rechtsnachfolgern der (dort) genannten Personen oder gegen diese gesetzt werden können. Unter Rechtsnachfolger sind jeweils die Geamtrechts- nachfolger, also die Erben zu verstehen.
Damit ist aber für die Beklagte im Ergebnis aus folgenden Gründen nichts gewonnen:
Es ist ständige Rechtsprechung, daß die Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft auch gegen die Verlassenschaft nach dem präsumptiven Vater gerichtet (SZ 11/3 - Nachlaß wurde armutshalber abgetan; 1 Ob 611/47; JBl 1955, 145; SZ 14/60 ua; auch die der Entscheidung JBl 1978, 371 = EFSlg 29.142 zugrundeliegende Klage war gegen die Verlassenschaft, vertreten durch den Verlassenschaftskurator gerichtet gewesen, wenngleich das Vaterschaftsanerkenntnis dort von der Verlassenschafts- kuratorin in ihrer Eigenschaft als Erbin abgegeben worden war; ua) oder fortgesetzt (EvBl 1959/77) werden kann. Die Verlassenschaft kann daher auch die Vaterschaft anerkennen. Dies folgt daraus, daß nach § 531 ABGB der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen als Verlassenschaft oder Nachlaß desselben bezeichnet wird. "Rechte und Verbindlichkeiten" sind in weitem Sinn zu verstehen, nämlich überhaupt als alle rechtlichen Positionen des Erblassers, aus denen Rechte und Rechtsverhältnisse künftig entstehen, untergehen oder sich ändern können (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 531). Zu diesen vererblichen Rechten gehören (auch infolge der Sonderregelung des § 164 d ABGB) auch die mit der Feststellung der Vaterschaft zusammenhängenden, zur Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung eingeräumten Möglichkeiten, bestimmte Rechtshandlungen (Klage, Anerkenntnis, Anfechtung, etc) zu setzen. Man spricht daher auch von der Vererblichkeit der Vaterschaftsklage (JBl 1978, 371).
Der Nachlaß (= die Verlassenschaft) ist Subjekt der nicht untergegangenen Rechte und Pflichten des Erblassers; der Verlassenschaft kommt daher bis zur Einantwortung zumindest eine beschränkte Rechts- subjektivität und vor allem auch Parteifähigkeit zu (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 2, 3 und 6 zu § 547).
Da die Bestimmung des § 164 d ABGB das hier maßgebliche Recht des inzwischen verstorbenen ue Vaters auf Anerkennung der Vaterschaft und auf klageweise Fest- stellung der Unwirksamkeit des Anerkenntnisses sogar auf die Erben als seine Rechtsnachfolger übergehen läßt, besteht kein Zweifel, daß der ruhende Nachlaß, der nach dem bereits Gesagten als Inbegriff der Rechte und Pflichten des Verstorbenen, die im Fall der Einantwortung auf die Erben übergehen, anzusehen ist, erst recht zur Vornahme der entsprechenden Rechtshandlungen berechtigt ist.
Da auch gegen die andere entscheidungs- wesentliche Rechtsfragen betreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes, die im übrigen gar nicht bekämpft wurden, keine Bedenken bestehen, war dem Rekurs der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO. Wegen der Zweckmäßigkeit, die vom Berufungsgericht als erheblich erkannte Rechtsfrage vor Fortsetzung des vermutlich mit erheblichem Kostenaufwand verbundenen Verfahrens bindend zu klären, war die Kostenersatzpflicht vom endgültigen Ausgang des Prozesses abhängig zu machen, obwohl die Beklagte mit ihrem Rekurs im Ergebnis erfolglos blieb.
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