Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil wiederhergestellt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 20.793,30 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 1.890,30 S an Umsatzsteuer) sowie die mit 20.136,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 5.000 S an Barauslagen und 2.522,70 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war von Anfang August 1974 bis Ende August 1986 Mieterin des Hauses Nenzing, Simmesgasse 1. Bis zu seinem Tod am 20. Oktober 1985 war Hans J***, der Gatte der Klägerin, Mitmieter. Der Nachlaß nach Hans J*** wurde der Klägerin als Alleinerbin am 5. Dezember 1985 eingeantwortet. Das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnis endete durch Kündigung seitens der Klägerin. Vermieter und grundbücherlicher Eigentümer des Hauses war bzw. ist der Beklagte, der das Haus inzwischen gegen einen monatlichen Mietzins von 5.000 S neuerlich vermietet hat. Mit der am 24. November 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, gestützt auf § 1097 ABGB, die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 450.000 S samt Anhang. Sie und ihr verstorbener Gatte hätten während des Mietverhältnisses notwendige und nützliche Aufwendungen auf den Mietgegenstand in der Höhe von 620.357,57 S getätigt. Nach Abzug der seit August 1983 aushaftenden Mietzinse (monatlich 1.500 S) von insgesamt 54.000 S ergebe sich ein Guthaben von 566.357,57 S. Die objektive Wertsteigerung des Mietgegenstandes belaufe sich zumindest auf den Klagebetrag.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. In eventu wendete er aufrechnungsweise bis zur Höhe des Klagebetrages eine Gegenforderung von 517.000 S ein. Diese Gegenforderung leitete er daraus ab, daß während der gesamten Mietdauer nur ein Mietzins von insgesamt 150.000 S gezahlt worden sei, der während dieses Zeitraumes objektiv erzielbare Mietzins aber durchschnittlich 4.600 S monatlich, also insgesamt 667.000 S, ausgemacht hätte (AS 112 f).
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klageforderung mit 366.500 S zu Recht und mit 83.500 S nicht zu Recht, die Gegenforderung hingegen mit 1.500 S zu Recht und darüber hinaus nicht zu Recht bestehe, und verurteilte den Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von 365.000 S samt Anhang. Es stellte den auf den S 5 bis 9 seiner Urteilsausfertigung wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte diesen rechtlich wie folgt:
Aufgrund der Einwendungen des Beklagten sei zunächst zu prüfen, ob die gerichtliche Geltendmachung verspätet erfolgt und die in § 1097 ABGB normierte Präklusivfrist von 6 Monaten bei Klagseinbringung bereits abgelaufen gewesen sei. Gemäß § 1097
letzter Satz ABGB müsse der Ersatz längstens binnen 6 Monaten nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich gefordert werden, sonst sei die Klage erloschen. Der Fristenlauf werde somit nicht durch das Ende des Bestandverhältnisses an sich in Gang gesetzt, sondern durch die Zurückstellung der Bestandsache (MietSlg. 37.144). Da eine Zurückstellung des Bestandobjektes - unabhängig davon, ob die Klägerin allenfalls schon etwas früher in ihre nunmehrige Eigentumswohnung gezogen sei - jedenfalls erst Ende August 1986 erfolgt und die Klage beim Bezirksgericht Bludenz am 24. November 1986 eingelangt sei, sei die Frist des § 1097 ABGB gewahrt. Die Klägerin und ihr Ehegatte hätten gewußt, in welchem Zustand sie das Haus gemietet haben, und hätten auch vom Beklagten als Eigentümer niemals irgendwelche Verbesserungen verlangt. Ihre Investitionen für das Haus seien somit als nützlicher Aufwand im Sinne der §§ 1097, 1037 ABGB anzusehen. Die Klägerin und ihr Ehegatte hätten diese Investitionen wohl mit Zustimmung und Duldung des Beklagten, keineswegs jedoch in dessen Auftrag gemacht, sondern letztlich für sich selbst im Hinblick auf eine beabsichtigte längere Mietdauer. Sie seien somit im Sinne der §§ 1097, 1037 ABGB als Geschäftsführer ohne Auftrag anzusehen, wobei die Klägerin als Alleinerbin Rechtsnachfolgerin ihres Ehegatten und Mitbestandnehmers und demnach auch hinsichtlich dieser Ansprüche klagelegitimiert sei. Ein Ersatz könne nur insoweit begehrt werden, als der Bestandgeber durch diesen Aufwand einen klaren, überwiegenden Vorteil erhalten habe, wobei ein strenger Maßstab anzulegen sei. Die Verhältnisse des Bestandgebers müßten verbessert, er müsse bereichert worden sein (MietSlg. 34.110).
Bei der Bemessung dieses klaren, überwiegenden Vorteiles sei von folgenden Gesichtspunkten auszugehen:
1.) Die tatsächlich von der Klägerin und ihrem Ehegatten gemachten Aufwendungen durch Materialeinkäufe, Bezahlung und Verköstigung der Mitarbeiter und sonstige echte Auslagen überstiegen, ohne Berücksichtigung der persönlichen Bemühungen der Klägerin und ihres Ehegatten, jedenfalls den Betrag von 420.500 S.
2.) Der Wert der von der Klägerin und ihrem Ehegatten im Hause und um das Haus herum getätigten Investitionen habe sich zum Zeitpunkt des Auszuges der Klägerin auf 560.983 S belaufen.
3.) Der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft habe sich aufgrund der getätigten Investitionen unter Berücksichtigung des dadurch erhöhten Ertragswertes um 420.500 S erhöht.
4.) Zwischen der Klägerin bzw. ihrem Ehegatten einerseits und dem Beklagten andererseits habe ein unbefristeter Mietvertrag mit einem vereinbarten Mietzins von monatlich 1.500 S bestanden. Eine Erhöhung des Mietzinses sei niemals vereinbart worden. Tatsächlich sei durch mehrere Jahre anstelle eines Jahresmietzinses von 18.000 S lediglich ein Jahresmietzins von 15.000 S entrichtet und vom Beklagten auch angenommen worden. Der Beklagte habe das renovierte Haus nunmehr um einen Mietzins von monatlich 5.000 S vermietet, sodaß der Ertrag des Hauses auch aufgrund der getätigten Investitionen wesentlich höher sei. Der Mehrertrag mache monatlich 3.500 S, jährlich 42.000 S aus.
5.) Die Klägerin und ihr Ehegatte hätten von August 1983 bis zum Auszug Ende August 1986, somit durch 37 Monate, keinen Mietzins bezahlt, wobei eine mögliche spätere Verrechnung der Investitionen mit dem Mietzins ins Auge gefaßt worden sei. Der für diese 37 Monate aufgrund des bestehenden Mietvertrag aushaftende Mietzins ergebe einen Betrag von 55.500 S.
Der klare, überwiegende Vorteil des Beklagten aufgrund der durchgeführten Investitionen liege in Anbetracht dieser Umstände auf der Hand. Es könnten allerdings nicht die gesamten tatsächlich gemachten Aufwendungen und auch nicht der Zeitwert der Investitionen selbst geltend gemacht werden, als klarer, überwiegender Vorteil sei jedoch die objektive Werterhöhung der Liegenschaft um 420.500 S anzusehen. Diese Werterhöhung komme dem Beklagten keineswegs nur bei einem Verkauf zugute, sondern bereits jetzt durch einen jährlichen Mehrertrag von 42.000 S; dies seien immerhin 10 % dieser Summe, was somit über einer heute banküblichen Verzinsung liege. Die Klägerin habe bereits in der Klage die offenen Mietzinse für 36 Monate im Ausmaß von 54.000 S ausdrücklich abgezogen. Ziehe man von der objektiven Werterhöhung den Betrag von 54.000 S ab, so ergebe sich, daß die Klagsforderung mit 366.500 S zu Recht bestehe, darüber hinaus jedoch nicht zu Recht.
Der Beklagte habe die offenen Mietzinse als Kompensandoforderung geltend gemacht. Dies könne jedoch nur für jene Mietzinse gelten, welche die ohnehin einbekannten Mietzinsrückstände von 54.000 S überstiegen. Dies gelte jedenfalls für den 37. Monat mit einem Betrag von 1.500 S, sodaß diesbezüglich die Kompensandoforderung zu Recht bestehe.
Es erscheine weder gerechtfertigt noch billig, dem Bestandnehmer einen fiktiven oder angemessenen Mietzins anzulasten. In Anbetracht des ursprünglichen Zustandes des Hauses könne keineswegs davon gesprochen werden, daß die Klägerin und ihr Ehegatte nur für einen nominellen Mietzins in diesem Haus sein konnten. Die Verbesserungen, die ausschließlich von den Bestandnehmern durchgeführt worden seien, rechtfertigten keine Mietzinserhöhung. Es wäre letztlich auch unbillig und nicht gerechtfertigt, dem Bestandnehmer einerseits aufgrund der eigenen Verbesserungen des Hauses bei der Berechnung einer Investitionsablöse einen höheren Mietzins anzulasten, andererseits jedoch nur den Zeitwert der Investitionen bei der Übergabe zugutezuhalten, sodaß der Bestandnehmer auch die Altersentwertung und die Wertminderung der Investitionen bis zu seinem Auszug zu tragen haben.
Die Kompensandoforderung bestehe somit über den Betrag von 1.500 S hinaus nicht zu Recht.
Im Ergebnis habe die Klägerin somit Anspruch auf einen Aufwandersatz im Sinne der §§ 1097, 1037 ABGB, abzüglich der offenen Mietzinse, in Höhe von 365.000 S, sodaß dem Klagebegehren in diesem Ausmaß zu entsprechen, das Mehrbegehren jedoch abzuweisen gewesen sei. Während die Klägerin die Abweisung ihres Mehrbegehrens in Rechtskraft erwachsen ließ, focht der Beklagte das Ersturteil im stattgebenden Teil zur Gänze an.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge, erkannte die Klageforderung mit 266.500 S samt Anhang, die Gegenforderung hingegen mit 1.500 S als zu Recht bestehend, verurteilte den Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung eines Betrages von 265.000 S samt Anhang und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte aus:
Das Berufungsgericht schließe sich der Auffassung des Erstgerichtes an, daß sich die von der Klägerin und ihrem verstorbenen Gatten getätigten Aufwendungen grundsätzlich zum klaren, überwiegenden Vorteil des Beklagten ausgewirkt hätten. Es habe sich bei den vorgenommenen Investitionen zum allergrößten Teil um nützliche Aufwendungen und nicht um solche, die dem Bestandgeber obliegen, gehandelt. Es sei zu bedenken, daß der größte Teil der Investitionen auf die Errichtung des Zwischentraktes (anstelle der vorhandenen Tenne) mit Garage, Bad, Zimmer im Obergeschoß mit WC und Balkon entfallen sei. Den zweitgrößten Aufwand habe die Sanierung der Außenfassade verursacht. Diese Investitionen seien als nützliche Aufwendungen zu qualifizieren. Der Bestandnehmer könne den Ersatz von Aufwendungen auf die Bestandsache nur so weit verlangen, als sie bei Beendigung des Bestandverhältnisses als zum klaren, überwiegenden Vorteil des Bestandgebers erbracht anzusehen seien (Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1097).
Werde nun berücksichtigt, daß die Investitionen, wie sie sich aus den Rechnungen Beilage D ergeben, über einen Zeitraum von 1974 bis 1986 getätigt worden seien, so hätten diese dadurch eine Abwertung erfahren, daß die Klägerin - und bis 20. Oktober 1985 auch ihr verstorbener Gatte - in diesem Haus gewohnt hätten. Die ziffernmäßige Erfassung dieser Abwertung sei allerdings kaum oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich. Das Berufungsgericht setze hiefür gemäß § 273 Abs. 1 ZPO einen Betrag von 100.000 S an, das sei rund 1/4 des tatsächlichen Aufwandes von
420.500 S.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung sei das Erstgericht zu Recht von § 1097 ABGB ausgegangen. Zwischen den Parteien seien keine vertraglichen Vereinbarungen über Art und Ausmaß sowie Vergütung der Investitionen zustande gekommen. Um einen Anspruch auf § 1097 (§ 1037) ABGB stützen zu können, müsse der Mieter behaupten und beweisen, daß die Aufwendungen zum klaren, überwiegenden Vorteil des Vermieters gemacht worden seien (MietSlg. 38.160 ua). Nun stehe fest, daß durch die Investitionen das Bestandobjekt eine Werterhöhung um 420.500 S erfahren habe. Der tatsächliche Aufwand der Klägerin bzw. ihres Ehegatten ohne Berücksichtigung der persönlichen Bemühungen habe sich ebenfalls auf 420.500 S belaufen. Der reine Wert der Investitionen im Zeitpunkt des Auszuges der Klägerin habe 560.983 S betragen. Dem Beklagten, der das Haus im Jahre 1974 um monatlich 1.500 S an die Klägerin und deren inzwischen verstorbenen Gatten vermietet habe, sei es nun möglich, einen Mietzins von monatlich 5.000 S zu erzielen. Aus diesen Fakten sei der Schluß zulässig, daß sich die von der Klägerin bzw. ihrem verstorbenen Gatten gemachten Aufwendungen zum klaren, überwiegenden Vorteil des Beklagten ausgewirkt hätten.
Wenn der Beklagte ausführe, daß zwischen dem nötigen Aufwand und dem nützlichen Aufwand unterschieden werden müsse, so argumentiere er gegen sein eigenes Interesse. Bei den dem Bestandgeber obliegenden Aufwendungen (gleichgestellt den notwendigen Aufwendungen) komme es nicht auf den klaren, überwiegenden Vorteil an, sondern es habe der Bestandnehmer einen sofort fälligen Anspruch auf unbegrenzten, aber sachlich gerechtfertigten Ersatz aller Aufwendungen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1097). Dem Argument des Beklagten, für Ersatzansprüche aus notwendigen Investitionen gelte die dreijährige Verjährungsfrist, sei entgegenzuhalten, daß solche Ersatzansprüche nach § 1097 ABGB erst in 30 Jahren verjährten (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1037).
Die 6monatige Präklusivfrist des § 1097 ABGB beginne mit der Zurückstellung des Bestandobjektes. Diese umfasse auch die Übergabe des Schlüssels an den Vermieter. Die Rückstellungsverpflichtung bestehe bei unbeweglichen Sachen in der Räumung, das sei die Entfernung aller nicht mit in Bestand gegebenen Sachen und die Übergabe. Dem Bestandgeber müsse die Innehabung und tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über den Bestandgegenstand eingeräumt werden (MietSlg. 31.201, 33.180, 34.234, 37.164 ua). Nun bestätigte der Beklagtenvertreter mit seinem Schreiben vom 9. Juli 1986 selbst, daß zwar vereinbart worden sei, daß die Klägerin das Haus am 1. Mai 1986 geräumt übergibt, daß es bis dato jedoch noch zu keiner Übergabe gekommen sei. Es hätten sich im Sommer 1986 im Bestandobjekt noch einige Möbel der Klägerin befunden; eine Übergabe hatte noch nicht stattgefunden. Erst Ende Juli 1986 überreichte die Klägerin beim Bezirksgericht Bludenz eine gerichtliche Kündigung, mit der sie das Bestandobjekt zum 31. August 1986 aufkündigte. Gleichzeitig begehrte sie einen Ersatzbetrag von 450.000 S. Die Schlüsselübergabe für das Bestandobjekt an den Beklagten erfolgte Ende August 1986. Die Klage wurde am 24. November 1986 beim Erstgericht überreicht. Damit habe die Klägerin die Frist des § 1097 ABGB gewahrt.
Zur eingewendeten mangelnden Klagslegitimation sei festzuhalten, daß der Nachlaß nach Hans J*** der Klägerin aufgrund ihrer unbedingten Erbserklärung eingeantwortet worden sei. Mit der Einantwortung trete die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser ein. Besitz, Eigentum, Forderungen und sonstige Rechte gingen über, der Erbe erlange die volle Herrschaft über den Nachlaß (Koziol-Welser8 II 387). Damit sei die Klägerin legitimiert, auch Forderungen ihres verstorbenen Gatten geltend zu machen. Darauf, ob die Klagsansprüche im eidesstättigen Vermögensbekenntnis ihren Niederschlag gefunden hätten, komme es nicht an. Unerheblich sei auch, ob der Großteil der Investitionen vom verstorbenen Gatten der Klägerin getätigt wurde, da der tatsächliche Aufwand ohne Berücksichtigung der persönlichen Bemühungen der Klägerin und ihres Ehegatten mit 420.500 S festgestellt wurde.
Es sei daher folgende Abrechnung vorzunehmen:
Tatsächlicher Aufwand der Klägerin S 420.500,--
abzüglich Entwertung gemäß § 273 ZPO S 100.000,--
abzüglich einbekannte Mietzinsrückstände
S 54.000,--
berechtigte Klagsforderung S 266.500,--
berechtigte Gegenforderung S 1.500,--
zuzusprechender Betrag S 265.000,--.
Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revisionen beider Parteien. Die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten strebt die Abweisung der Klage zur Gänze, die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs.1 Z 2, 3 und 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin die Wiederherstellung des Ersturteils an. Beide Streitteile stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Jede Partei beantragt, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind gemäß § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zulässig. Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt, wohl aber die Revision der Klägerin.
1.) Zur Revision des Beklagten:
Unter Punkt I hält der Beklagte dem Anspruch der Klägerin die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entgegen, wonach ein Bestandnehmer, der einen Bestandgegenstand in Kenntnis der mangelnden Gebrauchsfähigkeit übernimmt und einen Rückersatz der von ihm aufgewendeten Kosten nicht vereinbart, den Ersatz notwendig gewordener Reparaturen vom Bestandgeber nicht nach § 1097 ABGB begehren könne; die Unterlassung der Rüge von Mängeln, die bei Übernahme der Bestandsache vorhanden waren, bedeute einen Verzicht auf die Geltendmachung der mit der Mängelbehebung verbundenen Kosten (MietSlg. 7893, 20.131, 24.143, 31.189; Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1096). Im Sinne dieser Rechtsprechung wäre im Rahmen der Feststellungen zwischen dem notwendigen und dem nützlichen Aufwand zu differenzieren gewesen, was jedoch nicht geschehen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. § 1097 Satz 2 ABGB unterscheidet zwei Fälle der angewandten Geschäftsführung, nämlich den Fall 1, wenn der Bestandnehmer auf dem Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand macht, und den Fall 2, wenn der Bestandnehmer auf das Bestandstück einen (dem Bestandgeber zwar nicht obliegenden, aber für diesen) nützlichen Aufwand macht. Im Fall 1 hat der Bestandnehmer einen sofort fälligen Anspruch auf den Ersatz des notwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwandes, wenngleich die Bemühung ohne sein Verschulden fruchtlos geblieben ist (§ 1036 ABGB; vgl. Würth in Rummel, Rz 3 zu § 1097; MietSlg. 36.144 ua). Im Fall 2 kann der Bestandnehmer den Ersatz von Aufwendungen auf das Bestandstück nur so weit verlangen, als sie bei Beendigung des Bestandverhältnisses als zum klaren, überwiegenden Vorteil des Bestandgebers erbracht anzusehen sind (§ 1037 ABGB; vgl. Würth aaO Rz 4 zu § 1097; MietSlg. 36.144 ua). Der Anspruch ist zweifach begrenzt; er ist nicht höher als einerseits der tatsächliche Aufwand des Bestandnehmers und andererseits der klare, überwiegende Vorteil des Bestandgebers (Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 4 zu §§ 1036 bis 1040). Die vorbehaltlose Übernahme eines Bestandgegenstandes in Kenntnis von dessen mangelnder Gebrauchsfähigkeit mag zum Verlust des Rechtes des Bestandnehmers führen, vom Bestandgeber während der Bestanddauer die Herstellung des brauchbaren Zustandes des Bestandgegenstandes oder den Ersatz der hiefür selbst gemachten Aufwendungen im Umfange des § 1036 ABGB und/oder eine entsprechende Zinsminderung nach § 1096 Abs. 1 ABGB für die Zeit der Unbrauchbarkeit zu verlangen, hat aber nicht notwendigerweise den Verlust des Rechtes des Bestandnehmers zur Folge, nach dem Ende des Bestandverhältnisses den Ersatz des dann noch vorhandenen Wertes nützlicher Aufwendungen im Sinne des § 1097 Satz 2 Fall 2 ABGB zu begehren (so bereits JBl. 1988, 718), wobei diese Aufwendungen auch solche umfassen können, die im Falle der rechtzeitigen Mängelrüge durch den Bestandnehmer dem Bestandgeber oblegen wären. Die Vorinstanzen haben demnach den gesamten Aufwandersatzanspruch der Klägerin aufgrund des von ihnen festgestellten Sachverhaltes mit Recht nach § 1097 Satz 2 Fall 2 ABGB beurteilt, ohne zwischen notwendigem und nützlichem Aufwand zu unterscheiden. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß im vorliegenden Fall auch nicht gesagt werden kann, die Aufwendungen der Klägerin und ihres Gatten hätten einen Teil des vereinbarten Mietentgeltes dargestellt, in welchem Fall diese Aufwendungen allerdings keinen Anspruch nach § 1097 ABGB begründet hätten (vgl. MietSlg. 23.133). Unter Punkt II hält der Beklagte seinen schon vor den Vorinstanzen vertretenen Standpunkt aufrecht, daß der Klagsanspruch wegen Ablaufes der im § 1097 ABGB normierten 6monatigen Präklusivfrist erloschen sei. Der Beklagte meint, diese Frist beginne nicht mit dem Ende des Bestandverhältnisses, sondern mit der Zurückstellung der Bestandsache, wobei es einer "formalen" Zurückstellung unmittelbar an den Bestandgeber nicht bedürfe. Die von ihrem verstorbenen Gatten ererbten Ansprüche hätte die Klägerin 6 Monate nach dem Tod des Gatten bzw. nach der Einantwortung seines Nachlasses geltend machen müssen.
Auch diese Darlegungen überzeugen nicht. Es ist zwar richtig, daß auf § 1097 ABGB (eine Sondernorm gegenüber den §§ 1035 bis 1042 ABGB) gestützte Ansprüche des Bestandnehmers auf Aufwandersatz binnen einer Frist von 6 Monaten ab Zurückstellung der Bestandsache und nicht ab Ende des Bestandverhältnisses geltend gemacht werden müssen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1097; MietSlg. 37.144 ua). Bei unbeweglichen Sachen gehört aber zur Zurückstellung des Bestandstücks im Sinne des § 1097 ABGB ebenso wie zur Zurückstellung der Sache im Sinne des § 1109 ABGB in der Regel, daß dem Bestandgeber die Innehabung und tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über den Bestandgegenstand eingeräumt wird und die dem Bestandnehmer oder jenen Personen, die ihr Benützungsrecht vom Bestandnehmer ableiten, gehörenden Fahrnisse vollständig aus den Bestandräumlichkeiten entfernt werden; die Räumung und Übergabe der Bestandsache umfaßt bei versperrbaren Objekten auch die Schlüsselübergabe (siehe außer den bereits von den Vorinstanzen zitierten Entscheidungen 1 Ob 611/88 und Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 und 4 zu §§ 1109, 1110). Die Rechte des verstorbenen Gatten der Klägerin aus dem Mietvertrag gingen durch die Einantwortung auf die Klägerin über. Nach den Feststellungen befanden sich im Sommer 1986 noch einige Möbel der Klägerin im Haus; die Schlüsselübergabe fand erst Ende August 1986 statt. Durch die Klagseinbringung am 24. November 1986 wurde daher die Sechsmonatsfrist des § 1097 ABGB sowohl hinsichtlich der eigenen als auch der ererbten Ansprüche der Klägerin gewahrt.
Unter Punkt III leitete der Beklagte aus dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt eine Vereinbarung der Partner des Mietvertrages ab, derzufolge allfällige Investitionen der Bestandnehmer von diesen "abgewohnt" und keines falls vom Bestandgeber in barer Münze bezahlt werden sollte. Von dieser vertraglichen Regelung sei die Klägerin durch die Kündigung des Mietverhältnisses und den Auszug aus dem Haus einseitig abgewichen. Dieser erst im Revisionsverfahren ins Treffen geführten Argumentation ist gleichfalls nicht beizupflichten. Der erstgerichtlichen Feststellung, im Hinblick auf die Investitionen bezahlten die Klägerin und ihr Gatte ab August 1983 keinerlei Mietzinse mehr, zwischen den Parteien wurde auch kein neuer Mietzins vereinbart, bis zum Tod des Gatten der Klägerin gingen alle Beteiligten davon aus, daß die Klägerin und ihr Gatte ohnehin noch viele Jahre in diesem Haus wohnen werden und die Investitionen dann allenfalls gegen die Miete verrechnet werden könnten, läßt die vom Beklagten nunmehr behauptete Vereinbarung schon mangels ausreichender Bestimmtheit nicht entnehmen; im übrigen sind die Erwartungen der Beteiligten zufolge des Ablebens des Gatten der Klägerin nicht eingetreten. Gegen die Auffassung der Vorinstanzen, zwischen den Parteien seien vertragliche Vereinbarungen über Art und Ausmaß sowie Vergütung der Investitionen nicht zustande gekommen, bestehen somit keine Bedenken.
Unter Punkt IV bestreitet der Beklagte nach wie vor, daß die Aufwendungen der Klägerin und ihres Gatten zu seinem klaren, überwiegenden Vorteil gereichen, weil er während der Mietvertragsdauer nur 150.000 S an Mietzins erhalten habe, für diesen Zeitraum aber objektiv mindestens ein Mietzins von 650.000 S erzielbar gewesen wäre. Selbst wenn die Klägerin und ihr Gatte überhaupt keine Investitionen getätigt hätten, wäre der erhaltene Mietzins unangemessen niedrig gewesen.
Dem ist nachstehendes entgegenzuhalten: Nach den Feststellungen wurde zwischen den Partnern des Mietvertrages ein monatlicher Mietzins von 1.500 S vereinbart. Der Beklagte erhielt für die ersten 5 Jahre eine Mietzinsvorauszahlung von 90.000 S (= 1.500 S x 60 Monate) und war damit einverstanden, daß ihm die Klägerin und deren Gatte in den folgenden 4 Jahren (von August 1979 bis Juli 1983) jährlich jeweils im voraus 15.000 S, zusammen also 60.000 S, zahlten (90.000 S + 60.000 S = 150.000 S), obgleich der vereinbarte Mietzins jährlich 18.000 S ausgemacht hätte. Für die restliche Mietdauer bis Ende August 1986 (= 37 Monate) erkannte das Erstgericht dem Beklagten einen weiteren Mietzinsbetrag von 55.500 S zu. Ein höherer Mietzins als 205.500 S (= 150.000 S + 55.500 S) steht dem Beklagten aufgrund der Vereinbarung mit der Klägerin und deren Gatten für die Mietvertragsdauer August 1974 bis August 1986 ohne Rücksicht darauf nicht zu, welcher Mietzins für den Mietgegenstand mit oder ohne Berücksichtigung der Aufwendungen der Bestandnehmer angemessen gewesen wäre. Bei der Beurteilung, inwieweit diese Aufwendungen zum klaren, überwiegenden Vorteil des Beklagten gereichen, ist von einer an der Verkehrsauffassung orientierten objektiven Bewertung auszugehen, die auf alle Interessen des Bestandgebers Bedacht nimmt; eine objektive Wertsteigerung des Bestandgegenstandes infolge der Aufwendungen des Bestandnehmers allein genügt nicht, es muß auch der Vorteil des Bestandgebers außer Zweifel stehen (SZ 57/71 mwN; SZ 57/167; JBl. 1988, 718); soweit Vermögensrechte in Betracht kommen, muß der Geschäftsherr (hier: der Bestandgeber) bereichert sein, es muß ihm durch die Geschäftsführung ein höherer Tausch- oder Ertragswert zugekommen sein (Stanzl in Klang2 IV/1, 902; vgl. auch Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 4 zu §§ 1036 bis 1040). Die Beurteilung des klaren, überwiegenden Vorteils des Bestandgebers ist nicht auf den vergangenen Zeitraum der Dauer des beendeten Bestandverhältnisses, sondern auf den künftigen Zeitraum ab Beendigung des Bestandverhältnisses abzustellen. Geschieht dies im vorliegenden Fall, so ergibt sich aufgrund der dem eingeholten Sachverständigengutachten folgenden Feststellungen des Erstgerichtes, daß dem Beklagten seit der Beendigung des Bestandverhältnisses ein höherer Verkehrs- oder Ertragswert von 420.500 S zukommt.
Der Revision des Beklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
2.) Zur Revision der Klägerin:
Die Klägerin weist in ihrer Rechtsrüge zutreffend darauf hin, daß der vom Berufungsgericht zusätzlich für Entwertung in Anschlag gebrachte Abzugsbetrag von 100.000 S jeder rechtlichen Grundlage entbehrt. Bei der Ermittlung des dem Beklagten durch die Aufwendungen der Klägerin und ihres Gatten bei Beendigung des Mietverhältnisses zugekommenen klaren, überwiegenden Vorteils mit 420.500 S ist die Entwertung durch Zeitablauf und Gebrauch während der Mietvertragsdauer bereits berücksichtigt worden. Der Gerichtssachverständige und ihm folgend das Erstgericht haben ihrer Beurteilung den Zeitwert der Investitionen der Bestandnehmer in dem Zustand zugrunde gelegt, in dem sie sich bei Beendigung des Mietverhältnisses befunden haben.
Es war daher der Revision der Klägerin Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil wiederherzustellen, ohne daß es noch erforderlich gewesen wäre, auf die weiteren Revisionsausführungen der Klägerin einzugehen. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat Anspruch auf den Ersatz der Kosten, die ihr durch die erfolgreiche Abwehr der Berufung und der Revision des Beklagten sowie durch ihre erfolgreiche Revision erwachsen sind.
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