OGH 5Ob514/95

OGH5Ob514/9527.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth M*****, Pensionistin und Hausbesitzerin, G***** vertreten durch Dr.Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Thomas W***** Gesellschaft mbH i.L., ***** vertreten durch Dr.Wolfram Themmer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme des Zwischenfeststellungsverfahrens in 8 C 371/90w des Bezirksgerichtes Döbling, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7.März 1995, GZ 39 R 74/95-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 9.Jänner 1994 (richtig 9. Jänner 1995), 9 C 560/94b-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Mit Zwischenurteil vom 5.1.1994 (8 C 371/90w-29 des Bezirksgerichtes Döbling; Schluß der mündlichen Verhandlung am 28.10.1993) wurde festgestellt, daß die klagende Partei als Vermieterin gegenüber der beklagten Partei als Mieter nicht berechtigt ist, den Hauptmietzins nach § 12 Abs 3 MRG anzuheben, weil seitens der beklagten Partei eine Übernahme der Hauptmietrechte nicht im Wege der Unternehmensveräußerung sondern auf Grund eines der Vormieterin eingeräumten Weitergaberechtes erfolgt sei. In diesem Urteil wurde ausdrücklich die Negativfeststellung getroffen, es könne nicht festgestellt werden, daß zum Zeitpunkt des Überganges der Mietrechte der hinter der beklagten Partei stehende Personenkreis bzw. eine dieser Personen in dubiosen wirtschaftlichen Verhältnissen gestanden wäre. Zur Begründung dieser Feststellung wurde ausgeführt, daß von der klagenden Partei keine berechtigten Einwendungen gegen die beklagte GesmbH vorgebracht werden konnten. Die vom Klagevertreter ins Treffen geführten Bedenken gegen eine bestimmte Person könnten daran nichts ändern, zumal diese Person keinerlei rechtliche Einflußmöglichkeit auf Führung und Gebahrung der GesmbH gehabt hätte. Überdies habe der Klagevertreter selbst in seiner Zeugenaussage erklärt, er habe nach persönlichem Kontakt gegen Thomas W***** eigentlich keine Bedenken gehabt und auch nicht gegen Christine S*****, eine Investorin, nur insoweit Bedenken, als sie die Lebensgefährtin einer bestimmten anderen Person gewesen wäre. Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt; die außerordentliche Revision der klagenden Partei wurde zurückgewiesen (5 Ob 1590/94).

Die klagende Partei begehrt nunmehr die Wiederaufnahme des Verfahrens über den Zwischenfeststellungsantrag, gestützt auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, mit der Begründung, ihr sei erst am 8.9.1994 durch Lesen der Nummer 36 des 121.Jahrganges der Mittteilungen des Kreditschutzverband von 1870 durch ihren Rechtsfreund bekannt geworden, daß das Handelsgericht Wien am 18.5.1994 zu 5 Nc 998/93 die Eröffnung eines Konkurses mangels die Verfahrenskosten deckenden Vermögens abgelehnt habe. Dieser Beschluß sei die letzte Folge einer schon anfangs April 1990 bestandenen Verschuldung, Unterkapitalisierung und Erfahrungslosigkeit beim Führen eines gastronomischen Betriebes gewesen. Hätte die klagende Partei dieses Wissen schon vor Schluß der mündlichen Verhandlung (28.10.1993) gehabt, so hätte sie sowohl dieses Vorbringen erstatten als auch auf Grund dieses Wissen angeregter Recherchen die nunmehr in der Klage genannten Aktenzeichen von in den Jahren 1991 bis 1994 gegen die beklagte Partei beim Bezirksgericht Döbling geführter Exekutionsverfahren vorbringen können.

Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 Abs 1 ZPO als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurück. Das Erstgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, bei der Ablehnung der Eröffnung des Konkurses im Mai 1994 handle es sich um eine erst nach Schluß der Verhandlung entstandene Tatsache, auf die eine Wiederaufnahmsklage nicht gestützt werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der weitere Rekurs jedenfalls unzulässig sei.

Die Wiederaufnahmsklägerin habe keine neuen Tatsachen aufgefunden, sondern lediglich ein Beweismittel, nämlich die Abweisung eines Konkursantrages. Dieses Beweismittel stamme aber aus einer Zeit nach Schluß der mündlichen Verhandlung. Darüber hinaus könne auch keine Rede davon sein, daß durch die Auffindung des Artikels des Kreditschutzverbandes und durch den Beschluß des Handelsgerichtes Wien die Tatsache, daß die beklagte Partei schon im April 1990 wirtschaftlich ungesund und unfundiert dagestanden sei, hätten bewiesen werden können.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszuges gründe sich auf § 526 Abs 3, § 528 Abs 2 ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 2 ZPO.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der (außerordentliche) Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Erstgericht die Einleitung des ordentlichen Verfahrens über die Wiederaufnahmsklage aufgetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar nicht jedenfalls, jedoch mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs "jedoch" - das

heißt trotz Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des §

528 Abs 1 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene

erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Die letztgenannte Ausnahmebestimmung, welche von der Unanfechtbarkeit bestätigender Beschlüsse des Rekursgerichtes wieder zur allgemeinen Regel der Anfechtbarkeit beim Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zurückkehrt, ist hier anzuwenden, weil der Zurückweisungsbeschluß nach § 538 Abs 1 ZPO keine Sachentscheidung über die Wiederaufnahmsklage ist, sondern eine Verweigerung des Rechtsschutzes auf Grund einer bloßen formellen Prüfung der Klage darstellt (vgl 6 Ob 558/94).

Die bloße Tatsache der Ablehnung der Konkurseröffnung im Mai 1994 mangels kostendeckenden Vermögens ist kein geeigneter Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, weil es sich dabei um eine Tatsache handelt, die erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung entstand und für sich gesehen auch nur ein Indiz für den Vermögensstand der beklagten Partei zu diesem Zeitpunkt bildet, nicht aber zu dem hier maßgebenden weit davorliegenden Zeitpunkt April 1990.

Soweit die klagende Partei in der Wiederaufnahmsklage auf gegen die

beklagte Partei schon ab 1991 geführte Exekutionsverfahren verweist,

hat sie in der Wiederaufnahmsklage nicht einmal ansatzweise

behauptet, warum es ihr ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen

wäre, diese Tatsachenbehauptungen schon vor dem Schluß der mündlichen

Verhandlung (28.10.1993) aufzustellen, zumal sie selbst Bedenken

hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit der beklagten Partei - wenn auch

unsubstantiiert - im Vorprozeß formuliert hatte. Es wäre Sache der

klagenden Partei gewesen, schon damals die entsprechenden Nachforschungen anzustellen.

Im sogenannten Vorprüfungsverfahren ist zwar in aller Regel nicht darüber zu entscheiden, ob der Wiederaufnahmskläger ohne sein Verschulden außerstande war, Beweismittel im Vorverfahren zu verwenden (EvBl 1992/77 ua). Ausnahmsweise ist dies aber möglich,

wenn sich - wie hier - das Verschulden an der Verspätung schon

aus den - als richtig angenommenen - Klagsangaben ergibt oder

wenn in der Klage jede Behauptung fehlt, daß die Verwendung des als Wiederaufnahmsgrund angeführten neuen Beweismittels im Vorverfahren ohne Verschulden nicht möglich war (6 Ob 558/94 mwN).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprechen daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, sodaß der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

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