OGH 5Ob510/94

OGH5Ob510/9428.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Baran E*****, geboren ***** 1978, und der mj. Asadyr E*****, geboren ***** 1981, beide vertreten die Mutter Elemsabano E*****, vertreten Dr.August Wippel und Dr.Andreas Wippel und Rechtsanwälte in Neunkirchen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Haydar E*****, vertreten durch Dr.Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wr.Neustadt als Rekursgericht vom 30.Dezember 1993, GZ R 553/93-7, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 22. November 1993, GZ P 144/93-3, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht verpflichtete den Rechtsmittelwerber, dessen monatliches Nettoeinkommen mit S 18.000,-- bis S 20.000,-- angenommen wurde, zur Leistung von monatlichen Unterhaltsbeträgen von S 3.000,-- für jedes der beiden Kinder ab 18.10.1993.

Mit Schriftsatz vom 9.12.1993 beantragte der Rechtsmittelwerber unter Vorlage einer Lohnbestätigung für Dezember 1993, wonach er wöchentlich S 2.4.60,-- netto verdiene, seine Unterhaltspflicht auf S 2.000,-- je Kind herabzusetzen. In eventu erhob der Rechtsmittelwerber gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluß des Erstgerichtes Rekurs mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß die Unterhaltsbeträge mit S 2.100,-- bzw S 1.900,-- festgesetzt werden; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Rekursgericht wies den Rekurs als unzulässig zurück und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Nach herrschender Auffassung seien bedingte Prozeßhandlungen, wie etwa Rechtsmittel, nur im Falle innerprozessualer Bedingungen zulässig, also dann, wenn bereits der Verfahrensabschnitt eingeleitet sei, für den die Prozeßhandlung wirken solle und diese Bedingung an in diesem Verfahrensabschnitt eintretende innerprozessuale Tatsachen oder Vorgänge geknüpft sei. Die Einleitung des (Rechtsmittel- )Verfahrens selbst könne nicht bedingt erfolgen. Es sei zwar ein Eventualbegehren für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens zulässig, doch müsse es sich hiebei um die Inanspruchnahme derselben Gerichtsinstanz handeln. Dies sei hier angesichts des an das Erstgericht gerichteten ab 10.12.1993 wirkenden Herabsetzungsantrages und des vom Rechtsmittelgericht zu erledigenden Rekurses nicht der Fall. Eine Situation, wie sie etwa bei der als zulässig erachteten Erhebung der Berufung bei dem Fall der Abweisung eines Wiedereinsetzungseintrages gegeben sei oder bei zulässigem Rekurs für den Fall der Nichtstattgebung des Widerspruches gegen eine einstweilige Verfügung, liege hier nicht vor.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet der außerordentliche Revisionsrekurs des Rechtsmittelwerbers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß und das vorinstanzliche Verfahren wegen Nichtigkeit aufzuheben, in eventu den Bechluß im Sinne des erstinstanzlichen Rekursantrages abzuändern und in letzter Linie, die Pflegschaftssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.

Der Revisionsrekurs ist iSd § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Erhebung des Rekurses gegen einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluß nur für den Fall, daß einem Herabsetzungsantrag vom Erstgericht nicht entsprochen wird, zulässig ist, fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber erblickt eine Nichtigkeit darin, daß die erstinstanzliche Entscheidung gemäß § 19 Abs 2 RpflG dem Richter vorbehalten gewesen wäre; eine nähere Begründung fehlt. Gemäß § 15 AußStrG kann im Revisionsrekurs Nichtigkeit (bloß) des erstinstanzlichen Verfahrens aber nicht geltendgemacht werden (EFlSg 67.456). Im übrigen würde es sich bei einer Unterhaltsfestsetzung um keine Verfügung über eine Person (ohne österreichische Staatsbürgerschaft) iSd § 19 Abs 2 Z 8 lit a RpflG handeln.

Die Frage, ob ein Rechtsmittel auch bloß bedingt erhoben werden kann, wurde zunächst dahin entschieden, daß die Beisetzung einer Bedingung das Rechtsmittelbegehren unbestimmt gestalte und die Zurückweisung des Rechtsmittels zur Folge habe (vgl JBl 1957, 213; JBl 1969, 345; MietSlg 32.708. In jüngerer Zeit wurde in Lehre und Rechtsprechung aber anerkannt, daß dieser Grundsatz nur gelte, wenn die Bedingung dazu führen würde, daß das Verfahren zur Überprüfung der Entscheidung nur bei Eintritt oder Nichteintritt einer bestimmten Tatsache einzuleiten sei. Innerhalb eines unbedingt eingeleiteten Verfahrens zur Überprüfung einer Entscheidung sei es hingegen zulässig, Prozeßhandlungen an Umstände, die sich innerhalb des Verfahrens ereignen, also an innerprozessuale Bedingungen zu knüpfen (vgl Fasching, Komm III. 11 f; derselbe, Lehrbuch2 Rz 758; EvBl 1974/289 = RZ 1974/89; 3 Ob 76/87; 8 Ob 503/90 = tw JUSextra 1990/428; 4 Ob 509/93; vgl auch RZ 1994/14).

Zur auf Fasching, Komm III 11, und MietSlg 32.708 gestützten Ansicht des Rekursgerichtes, es müsse sich um die Inanspruchnahme derselben Gerichtsinstanz handeln, ist dem Rechtsmittelwerber zuzugeben, daß auch in den vom Rekursgericht genannten Fällen der Erhebung der Berufung für den Fall der Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages (SZ 38/93) und des Rekurses gegen eine einstweilige Verfügung für den Fall der Nichtstattgebung des Widerspruches (4 Ob 509/93) nicht jeweils dieselbe Gerichtsinstanz in Anspruch genommen werden soll. Der vom Rechtsmittelwerber bedingt erhobene Rekurs war daher nicht schon deshalb unzulässig, weil sich der Herabsetzungsantrag an das Erstgericht, der Rekurs aber an das Rechtsmittelgericht richtete. Auch in den eben genannten Beispielsfällen war es zu einer unbedingten Einleitung des Rechtsmittelverfahrens nicht gekommen.

Im vorliegenden Fall stellen sich Herabsetzungsantrag und Rekurs gegen die Unterhaltsfestsetzung aber nicht als konkurrierende Rechtsbehelfe zur Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung dar (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1687, 1689). Mit dem (auf eine Lohnbestätigung für Dezember 1993 gestützten) Herabsetzungsantrag wurde vielmehr wegen geänderter Verhältnisse ein neues Verfahren mit einem anderen Rechtschutzziel eröffnet. Die vom Rechtmittelbewerber angestrebte Vorgangsweise würde nun dazu führen, daß zunächst (allenfalls im Instanzenzug) diese Änderung der Verhältnisse zu untersuchen wäre, bevor es zu einer Rechtsmittelentscheidung über die Unterhaltsfestsetzung auf der Grundlage der ursprünglichen Verhältnisse (welche aber die Ausgangslage für eine allfällige Änderung bilden) kommen könnte. Unter diesen Umständen kann von einer "innerprozessualen" Bedingung nicht gesprochen werden.

Das Rekursgericht hat den in eventu erhobenen Rekurs des unterhaltspflichtigen Vaters daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

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