OGH 5Ob509/87 (5Ob510/87)

OGH5Ob509/87 (5Ob510/87)24.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 5. Februar 1986 verstorbenen Theresia M*** infolge Revisionsrekurses der Erbin Anna Maria P***, Angestellte, Krems/D., Hafenstraße 23/16, vertreten durch Dr. Klaus Woschnak, öffentlicher Notar in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems/D. als Rekursgerichtes vom 2. Dezember 1986, GZ 1 a R 229, 230/86-27, womit der Rekurs der Genannten gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Zwettl vom 28. April 1986, GZ A 23/86-13 und 14, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Pensionistin Theresia M***, geb. P***, verstarb am 5. Februar 1986. Sie hinterließ als gesetzliche Erben ihre Schwester Maria R***, geb. P***, und die Kinder nach ihrem vorverstorbenen Bruder Karl P***, die Neffen und Nichten Karl, Anna Maria, Elfriede und Ernest P***. Mit letztwilliger Verfügung vom 21. September 1979 hatte sie ihren Liegenschaftsbesitz Luzia R*** und ihr bewegliches Vermögen einschließlich Bargeld Anna H*** vermacht; Luzia R*** und Anna H*** sind die Töchter der

erblasserischen Schwester Maria R***.

Am 25. März 1986 nahm der Gerichtskommissär mit Maria R***, Karl P***, Anna Maria P***, die im eigenen Namen sowie als mit Vollmacht ausgewiesene Machthaberin von Elfriede und Ernest P*** auftrat, Luzia R*** und Anna H*** ein Protokoll auf, das von den Genannten auch unterfertigt wurde. Darin wird zunächst unter anderem festgehalten, daß der Liegenschaftsbesitz der Erblasserin Luzia R*** bereits zu Lebzeiten der Erblasserin übertragen worden ist und daß Anna H*** das Legat annimmt. Sodann geben Maria R*** zur Hälfte und die erblasserischen Neffen und Nichten Karl, Anna Maria, Elfriede und Ernest P*** je zu einem Achtel des Nachlasses aufgrund des Gesetzes die unbedingte Erbserklärung ab; sie beantragen, diese Erbserklärung zu Gericht anzunehmen und ihr Erbrecht durch die unbedenklichen Angaben in der Todfallsaufnahme als ausgewiesen zu erachten. Zuletzt wird festgestellt, daß für den übrigen Teil des Protokolls ein Schallträger verwendet wird (§ 212 a Abs 1 ZPO) und die Parteien ausdrücklich auf die Einhaltung der Aufbewahrungsfrist des § 212 a Abs 3 ZPO verzichten, ohne eine Wiedergabe der Schallträgeraufnahme zu verlangen.

Diesem vom Gerichtskommissär, von den Erben und von den Vermächtnisnehmerinnen unterfertigten Protokoll ist die vom Gerichtskommissär und einer Schriftführerin unterfertigte Reinschrift des mit Schallträger aufgenommenen übrigen Teils des Protokolls angeschlossen. Darin erstatten zunächst die Erben unter Bekräftigung der Richtigkeit und Vollständigkeit das eidesstättige Vermögensbekenntnis mit einem Aktivstand von 163.499,89 S und einem Passivstand von Null, also mit einem reinen Nachlaßvermögen von 163.499,89 S. Sodann beauftragen die Erben den Gerichtskommissär, die Forderungen der Erblasserin aufgrund des Übergabsvertrages vom 11. Mai 1968 von Rudolf J*** einzufordern. Diese Forderungen scheinen im eidesstättigen Vermögensbekenntnis unter Punkt 5 der Aktiven im ersten Absatz mit 73.488,-- S (3-jähriger Rückstand an Ausgedingsleistungen) und im zweiten Absatz mit 44.265,16 S (3-jähriger Rückstand an wertgesicherter monatlicher Leibrente von 500,-- S) auf. Schließlich beantragen die Erben unter anderen, ihnen den Nachlaß entsprechend den abgegebenen Erbserklärungen einzuantworten.

Mit Beschluß vom 28. April 1986, ON 13, hat das Erstgericht die Bevollmächtigung der Anna Maria P*** durch Elfriede und Ernest P*** (Punkt 1) sowie die Legatsannahmeerklärung der Anna H*** (Punkt 2) zur Kenntnis genommen, die Erbserklärungen zu Gericht angenommen und das Erbrecht durch die unbedenklichen Angaben in der Todfallsaufnahme und in der Aktenlage als ausgewiesen erachtet (Punkt 3), das eidesstättige Vermögensbekenntnis mit einem Aktivstand von 163.499,89 S und einem Passivstand von Null, sohin mit einem reinen Nachlaßvermögen von 163.499,89 S der Verlassenschaft zugrunde gelegt (Punkt 4), die Erfüllung des letzten Willens durch die Legatsannahmeerklärung als erbracht angesehen (Punkt 5), Anna H*** ermächtigt, über ein näher bezeichnetes Sparbuch zu verfügen (Punkt 6) und einen näher bezeichneten Gebührenüberschuß zu beheben (Punkt 7), die Gebühren des Gerichtskommissärs gemäß § 13 Abs 1 GKTG mit 9.166,-- S bestimmt und deren Berichtigung Anna H*** aufgetragen (Punkt 8), den Nachlaß eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde für beendet erklärt (Punkt 9) sowie den Akt dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien zur Bemessung der Erbschaftsteuer gegen ehesten Rückschluß übermittelt (Punkt 10). Mit Einantwortungsurkunde vom 28. April 1986, ON 14, hat das Erstgericht den Nachlaß aufgrund des Gesetzes Maria R*** zur Hälfte und den erblasserischen Neffen und Nichten Karl, Anna Maria, Elfriede und Ernest P*** je zu einem Achtel eingeantwortet.

Gegen die Punkte 4, 9 und 10 des erstgerichtlichen Mantelbeschlusses ON 13 sowie gegen die Einantwortungsurkunde ON 14 erhob Anna Maria P*** rechtzeitig Rekurs mit dem Antrag, die angefochtenen Punkte des Mantelbeschlusses und die Einantwortungsurkunde aufzuheben und nach Verfahrensergänzung neue Entscheidungen zu fällen, in eventu dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neue Entscheidung aufzutragen. Es sei die Vorschrift des § 114 Abs 1 AußStrG verletzt worden, wonach die Erben im Falle einer unbedingten Erbserklärung die Richtigkeit der Angaben im Vermögensbekenntnis entweder selbst oder durch einen hiezu mit besonderer Vollmacht versehenen Bevollmächtigten mit eigenhändiger Unterschrift an Eides Statt zu bekräftigen hätten.

§ 212 a ZPO sei in diesem Zusammenhang unanwendbar. Der Gerichtskommissär habe zwar das eidesstättige Vermögensbekenntnis vor den Erben auf Tonband diktiert und dabei die einzelnen Positionen nach Art und Wert beschrieben und bewertet; in Ansehung des zweiten Absatzes des Aktivpostens 5 habe er jedoch erklärt, er müsse diese Position noch ausrechnen. Die Berechnung der genannten Position sei also nicht vor den Erben erfolgt. Insofern läge selbst dann, wenn eine Beurkundung durch Schallträger ausreichen würde, ein unvollständiges Vermögensbekenntnis vor, dessen Richtigkeit von den Erben nicht an Eides Statt bekräftigt hätte werden können. Der Gerichtskommissär nahm zu den Rekursausführungen der Anna Maria P*** über Auftrag des Erstgerichtes wie folgt Stellung: Die Parteien hätten das Protokoll vom 25. März 1986 erst nach Abgabe des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses auf Schallträger unterschrieben und damit dieses eidesstättige Vermögensbekenntnis im Sinne des § 114 Abs 1 AußStrG an Eides Statt eigenhändig unterschrieben. Der Betrag an rückständigem Ausgedinge von 73.488,-- S sei vor den Parteien auf Schallträger diktiert worden, ebenso der Betrag an rückständiger Leibrente von 18.000,-- S plus Wertsicherung. Die Wertsicherung sei über Wunsch der Parteien erst nach der Unterfertigung des Protokolls vom 25. März 1986 ausgerechnet und dann im Schallträgerprotokoll eingesetzt worden. Das Rekursgericht wies den Rekurs der Anna Maria P*** aus nachstehenden Erwägungen zurück:

Nach ständiger Rechtsprechung stehe auch in Außerstreitsachen das Rekursrecht nur dem zu, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den angefochtenen Beschluß beeinträchtigt worden seien, in dessen Rechtssphäre (nicht Interessenssphäre) eingegriffen worden sei, der also eine Beschwer habe. Die Beschwer sei Voraussetzung jedes Rechtsmittels. Diese Beschwer fehle unter anderem einer Partei, der - wenn auch durch ein unrichtiges, allenfalls sogar nichtiges Verfahren - ohnedies alles das zuerkannt worden sei, was auch in einem gesetzmäßig durchgeführten Verfahren erreichbar gewesen wäre (MGA2 Verfahren außer Streitsachen § 9 AußStrG E 1 bis 3).

Es erübrige sich daher, auf die Rekursausführungen der Rekurswerberin näher einzugehen und es könne auch dahingestellt bleiben, ob § 212 a ZPO im Außerstreitverfahren Anwendung finden dürfe, weil der Rechtsmittelschrift eine Beschwer der Rekurswerberin nicht entnommen werden könne. Abgesehen davon, daß die Tatsache des Gesetzesverstoßes aufgezeigt werde, enthalte der Rekurs nämlich keine weiteren Ausführungen darüber, inwiefern durch diesen Vorgang in die Rechtssphäre der Rekurswerberin eingegriffen worden wäre und inwieweit die Durchführung eines von der behaupteten Mangelhaftigkeit freien Verfahrens eine andere - für die Rekurswerberin günstigere - Entscheidung herbeigeführt hätte. Da es nicht Sache des Rekursgerichtes sei, rein theoretische Rechtsprobleme zu erörtern, sei der Rekurs mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete und auf die Beschwerdegründe der offenbaren Gesetzwidrigkeit, der Aktenwidrigkeit und der Nullität gestützte Revisionsrekurs der Anna Maria P*** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neue Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs, bei dem es sich nicht um einen außerordentlichen Revisionsrekurs im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG handelt, weil das Rekursgericht nicht die Beschlüsse des Erstgerichtes bestätigt, sondern den Rekurs gegen diese Beschlüsse mangels Beschwer der Rekurswerberin zurückgewiesen hat (MGA2 Verfahren außer Streitsachen § 14 AußStrG E 1 Abs 3; 6 Ob 684/77, 7 Ob 676/85 ua.), ist zwar gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Rekursgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers im Zeitpunkt der Entscheidung über sein Rechtsmittel auch im Außerstreitverfahren Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels ist (siehe außer den bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen aus letzter Zeit etwa noch 7 Ob 676/85). Dem Rekursgericht ist aber auch darin beizupflichten, daß den Rekursausführungen der Anna Maria P*** nicht entnommen werden kann, inwiefern die angefochtenen Punkte des erstgerichtlichen Mantelbeschlusses und die Einantwortungsurkunde zu ihrem Nachteil von ihren damit erledigten Anträgen abweichen und sie dadurch beschwert ist (MGA2 Verfahren außer Streitsachen § 9 AußStrG E 3 Abs 2; 6 Ob 684/77 ua.); die von Anna Maria P*** gerügte Vorgangsweise des Gerichtskommissärs allein vermag eine Beschwer noch nicht zu begründen.

Das erst im Revisionsrekursverfahren zur Frage der Beschwer erstattete Neuvorbringen der Anna Maria P*** ist gleichfalls nicht geeignet, eine Beschwer der Rechtsmittelwerberin darzutun. Wenn die Revisionsrekurswerberin unter Hinweis auf die für die Bemessung der Erbschaftsteuer maßgebenden Vorschriften meint, sie hätte - wenn ihr nicht die Möglichkeit genommen worden wäre, das eidesstättige Vermögensbekenntnis vollständig selbst zu erstatten - die Forderung an rückständiger Leibrente (Punkt 5 Abs 2 der Aktivposten des Nachlasses) mit einem viel niedrigeren Wert angenommen, so ist ihr entgegenzuhalten: Die Abgabe des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses hat über das Abhandlungsverfahren hinaus keinerlei Wirkung. Zum Zweck der Bemessung der Erbschaftsteuer bestimmt sich der Wert des Nachlasses nicht nach den Wertangaben im eidesstättigen Vermögensbekenntnis, sondern nach den Grundsätzen des Erbschaftsteuergesetzes (Weiß in Klang2 III 981 f; Dorazil, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz2, 204; EvBl 1974/226; 6 Ob 684/77, 3 Ob 504/84, 3 Ob 538-540/86 ua.). Auch die unter Berufung auf Foregger-Serini, StGB2, 466 (siehe nunmehr StGB3, 589 f.) ausgesprochene Befürchtung der Revisionsrekurswerberin, sie könnte sich strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen, falls das vom Gerichtskommissär verfaßte eidesstättige Vermögensbekenntnis nicht den Tatsachen entsprechen sollte, ist mangels jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte hiefür zur Rechtfertigung einer Beschwer untauglich.

Da das Rekursgericht den Rekurs der Anna Maria P*** demnach zu Recht mangels Beschwer zurückgewiesen hat, war ihrem Revisionsrekurs ohne Eingehen auf dessen weitere Ausführungen ein Erfolg zu versagen.

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