OGH 5Ob49/10g

OGH5Ob49/10g27.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerinnen 1.) Apollonia K*****, 2.) Mag. Anna R*****, beide vertreten durch Dr. Werner Steiner als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, 1190 Wien, Krottenbachstraße 54/16, gegen die Antragsgegner 1.) Karl S*****, 2.) Helmut R*****, 3.) Hans Simon P*****, ebendort, 4.) Elfriede L*****, ebendort, sowie alle übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit den Häusern *****, alle vertreten durch Dr. Christian Böhm und Dr. Axel Reckenzaun, Rechtsanwälte in Graz, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG iVm § 24 Abs 6 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 7. Jänner 2010, GZ 3 R 98/09t-10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Erst- bis Viertantragsgegner haben es nach Beendigung eines früher bestehenden Hausbesorgerdienstverhältnisses aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft übernommen, kleinere Reparaturen (wie zB das Austauschen von Glühbirnen, Wechseln von Zylindern an Eingangstüren, Liftreparaturen, Erneuerung von Hausschildern etc), die Überwachung von Öllieferungen oder die Begleitung und Beaufsichtigung professioneller Tätigkeiten auszuführen. Von der Mehrheit der Wohnungseigentümer wurde dem Verwalter schon in der Vergangenheit aufgetragen, diesen Personen Barauslagen wie konkrete Materialkosten, Kosten von Telefonaten, Porti, Schreibmittel, Kopien etc abzugelten, indem diese Kosten in die Betriebskostenabrechnung des Hauses aufgenommen wurden.

Eine darauf fußende Vorgangsweise des Verwalters haben die beiden Antragstellerinnen (und andere Wohnungseigentümer) bereits zum Anlass genommen, die Ordnungsgemäßheit der Hausverwaltungsabrechnungen der Jahre 2002 bis 2004 zu bekämpfen. Dass keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit einer solchen Weisung bestehen und solche Barauslagen in die jährlichen Hausbewirtschaftungskostenabrechnungen aufgenommen werden können und dass - ohne die Qualität der Erst- bis Viertantragsgegner als bestellte Eigentümervertreter iSd § 22 WEG zu prüfen - der zugrundeliegende Beschluss als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung qualifiziert werden kann, hat der erkennende Senat bei Zurückweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses in dieser Sache bereits ausgesprochen (5 Ob 86/09x).

Im gegenständlichen Verfahren bekämpfen die Antragstellerinnen einen Mehrheitsbeschluss der Mit- und Wohnungseigentümer dahin, dass den Erst- bis Viertantragsgegnern insgesamt für die übernommenen Arbeiten eine Entschädigung von 11 Stunden zu je 11,06 EUR pro Monat aus dem Reparaturfonds zu bezahlen ist.

In Übereinstimmung mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung haben die Vorinstanzen diesen Beschluss als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG qualifiziert und infolge dessen die Anfechtungsmöglichkeit durch die überstimmten Miteigentümer auf § 24 Abs 6 WEG beschränkt und eine Gesetzwidrigkeit des Beschlussinhalts verneint.

Rechtliche Beurteilung

Im außerordentlichen Revisionsrekurs werden dazu keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt.

Dazu im Einzelnen:

1.) Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung sind alle jene Verfügungen, die dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, wie sie sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, im Wesentlichen dem Interesse aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten erfordern (unter Darstellung der ständigen Rechtsprechung: 5 Ob 86/09x).

Es bestehen keine Bedenken dagegen, nach Beendigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses die geschilderten Arbeiten als notwendig und zweckmäßig im Interesse aller Miteigentümer zu qualifizieren, insbesondere, weil damit auch erhebliche Kostenersparnisse für die Gemeinschaft verbunden sind. In dieser Relation sind auch die aufzuwendenden Kosten zu sehen.

2.) Es kann keine Rede davon sein, dass die Tätigkeiten der Erst- bis Viertantragsgegner bereits durch Zahlung eines Verwaltungshonorars abgegolten wären, weil ein Verwalter nicht zum Wechsel von Glühbirnen und zur Verrichtung kleinerer Reparaturen verpflichtet ist, sondern lediglich dazu, zur Durchführung solcher Arbeiten geeignete Professionisten zu beauftragen.

3.) Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber ist Gegenstand der Anfechtung nicht die Bestellung der Erst- bis Viertantragsgegner zu Eigentümervertretern, wozu im Übrigen abermals auf die Vorentscheidung 5 Ob 86/09x verwiesen werden kann.

4.) Den Erst- bis Viertantragsgegnern wurde durch die bekämpfte Beschlussfassung auch keine Vertretungsmacht eingeräumt.

5.) Seit der Neufassung des § 16 Abs 1 WEG durch das 3. WÄG besteht keine ausdrückliche Zweckwidmung der Rücklage mehr, sodass die Verwendung der Rücklage für alle Arten von Liegenschaftsaufwendungen jedenfalls gedeckt ist (vgl RIS-Justiz RS0108664; zum Wesen der Rücklage zuletzt: 5 Ob 171/09x).

6.) Die relevierten Haftungsfragen sind in Anbetracht des Inhalts der Beschlussfassung irrelevant.

Es ist daher dahin zusammenzufassen, dass der bekämpfte Mehrheitsbeschluss, der sich inhaltlich als eine Weisung der Mehrheit an den Verwalter der Liegenschaft darstellt, nicht von Gesetzwidrigkeit behaftet ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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