OGH 5Ob43/84

OGH5Ob43/842.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Dr. S*****, vertreten durch Dr. Hans Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin O***** C*****, vertreten durch Hofrat Dkfm. Ferdinand Pavlat, ebendort, dieser vertreten durch Dr. Johannes Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. März 1984, GZ 41 R 155/84‑9, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 29. November 1983, GZ 5 MSch 30/83‑4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00043.840.1002.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 40 S bestimmten Barauslagen der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

In dem am 19. 4. 1983 bei der Schlichtungsstelle eingelangten Schriftsatz begehrte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin gemäß § 6 MRG die Instandsetzung des schadhaften Steinzeugrohrkanals im Hause *****, binnen angemessener Frist aufzutragen. Die Antragsgegnerin sei zur Durchführung der hiezu nach den angeschlossenen beiden Kostenvoranschlägen notwendigen Arbeiten gemäß § 3 MRG verpflichtet.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Nach dem keinerlei gesetzlichen Zinsbeschränkungen unterliegenden Mietvertrag sei die Antragstellerin selbst zur Instandsetzung des schadhaften Steinzeugrohrkanals verpflichtet. Es sei ausdrücklich festgelegt worden, dass der vereinbarte wertgesicherte Mietzins von 1.200 S monatlich der Vermieterin unter allen Umständen rein zu verbleiben habe. Daran habe das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes nichts geändert.

Da das Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht binnen 3 Monaten zum Abschluss gelangte, rief die Antragstellerin das Erstgericht an.

Unbestritten ist, dass das Mietverhältnis zwischen den Streitteilen vor dem 1. 1. 1982 begründet worden ist und die gesamte Liegenschaft samt dem Haus in *****, umfasst, dass die Liegenschaft von der Antragstellerin zur Betreibung eines Erzeugungsgewerbes für diabetische und kosmetische Produkte gemietet und dementsprechend benützt worden ist sowie dass das Mietverhältnis vor dem 1. 1. 1982 bzw im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags keinerlei gesetzlichen Zinsbeschränkungen unterlag. Außer Streit steht ferner, dass die Arbeiten, deren Durchführung der Antragsgegnerin aufgetragen werden soll, zur Behebung eines Schadens an dem Steinzeugrohrkanal auf der vermieteten Liegenschaft notwendig sind.

Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin gemäß § 6 MRG auf, die in den Kostenvoranschlägen des Ing. Adolf K***** vom 4. 2. 1983 und des Stadtbaumeiters Dipl.Ing. Karl N***** vom 2. 2. 1983 angeführten Arbeiten betreffend die Beseitigung eines Kanalgebrechens binnen 6 Monaten vornehmen zu lassen. Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:

In Punkt IV des Mietvertrags verpflichtete sich die Mieterin zur Instandhaltung des Gebäudes unter ausdrücklichem Verzicht auf jeden Anspruch im Sinne der §§ 1096 und 1097 ABGB, und zwar auch insoweit, als es sich um ernste Schäden des Hauses handeln sollte. Der Mietzins wurde mit 1.200 S monatlich wertgesichert vereinbart. In Punkt VI des Mietvertrags heißt es unter anderem, dass es der Parteienabsicht entspricht, dass der Mietzins von 1.200 S monatlich der Vermieterin unter allen Umständen rein zu verbleiben hat.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht zusammengefasst die Auffassung, dass die festgestellten Vereinbarungen im Zeitpunkt ihres Abschlusses zulässig gewesen seien, nunmehr aber mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestands auf das Mietverhältnis zur Gänze das am 1. 1. 1982 in Kraft getretene Mietrechtsgesetz anzuwenden sei. Es sei daher der Antragsgegnerin die Vornahme der gemäß § 3 Abs 3 Z 2 MRG vorweg vorzunehmenden Erhaltungsarbeiten am Steinzugrohrkanal gemäß § 6 MRG aufzutragen gewesen.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss aus nachstehenden Erwägungen im Sinne der Antragsabweisung ab:

Dem Erstgericht sei zwar darin beizupflichten, dass auf den gegenständlichen Fall mangels Vorliegens einer Ausnahmebestimmung das Mietrechtsgesetz (insbesondere auch dessen Verfahrensvorschriften) Anwendung finde. Mit Recht mache die Antragsgegnerin allerdings geltend, dass die vor dem 1. 1. 1982 zulässigerweise getroffene Vereinbarung, wonach die Antragstellerin unter Verzicht auf jeden Anspruch im Sinne der §§ 1096, 1097 ABGB die Instandhaltung des Hauses übernommen habe, mit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes nicht wirkungslos geworden sei. Die Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch den Mieter sei ‑ mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen ‑ zulässig, weil die Vorschriften der §§ 1096, 1097 ABGB nachgiebiges Recht darstellten (vgl MietSlg 28.124). In der Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung ‑ hier zusätzlich zum ziffernmäßig bestimmten Mietzins ‑ liege die Vereinbarung eines bestimmbaren Entgelts für die Zurverfügungstellung des Bestandgegenstands, welches daher als Mietzins zu qualifizieren sei (vgl MietSlg 27.155 f). Da die Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses nach dem bei Vertragsabschluss geltenden Recht zu beurteilen und durch das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes nicht berührt worden sei (vgl 5 Ob 584‑586/83 = ImmZ 1984, 47), werde die Instandhaltungsverpflichtung der Antragstellerin durch das Mietrechtsgesetz nicht berührt. Die Antragsgegnerin könne daher nicht dazu verhalten werden, die der Antragstellerin obliegenden Arbeiten durchzuführen. Dies bedeute zwar nicht, dass das Verfahren für den geltend gemachten Anspruch nicht zulässig sei, führe aber zur Abweisung des Antrags, weil dieser materiell nicht berechtigt sei.

Gegen den abändernden Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig (§ 37 Abs 3 Z 16 und 18 MRG), aber nicht berechtigt.

Die Antragstellerin macht geltend, dass sie nach Punkt IV des Mietvertrags nur die Verpflichtung übernommen habe, das Gebäude instandzuhalten. Für Instandhaltungsarbeiten außerhalb des Hauses gelte daher die gesetzliche Regelung des § 1096 ABGB. Aus den von ihr vorgelegten Kostenvoranschlägen ergebe sich, dass ein Großteil der zur Instandsetzung des schadhaften Steinzeugrohrkanals erforderlichen Arbeiten nicht im Gebäude bzw Haus vorzunehmen sei, sondern auf der Liegenschaft bzw an den Zuleitungen zur Liegenschaft im Bereich von Gehsteig und Straße. Indem das Rekursgericht ihren Antrag abgewiesen habe, der Antragsgegnerin die Reparatur des schadhaften Steinzeugrohrkanals im Hause *****, aufzutragen, habe es ihren Antrag, der sämtliche in den angeschlossenen beiden Kostenvoranschlägen enthaltenen Arbeiten umfasst habe, nur zum Teil erledigt.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die von der Antragstellerin erstmals im Revisionsrekurs behauptete Einschränkung ihrer (zulässigerweise) vertraglich übernommenen Instandhaltungspflicht dem Mietvertrag nicht entnommen werden kann. Schon aus dessen Bestimmung, dass der vereinbarte wertgesicherte Mietzins von 1.200 S monatlich der Vermieterin unter allen Umständen rein zu verbleiben habe, geht hervor, dass der Mieter die Instandhaltung des Mietgegenstands (gesamte Liegenschaft samt Haus) in dem Umfang übernommen hat, in dem diese ansonsten den Vermieter treffen würde. Dem Umstand, dass zur Instandsetzung des Steinzeugrohrkanals nach den Kostenvoranschlägen auch Arbeiten außerhalb des Gebäudes auf der Liegenschaft bzw an den Zuleitungen zur Liegenschaft im Bereich des Gehsteigs und der Straße notwendig sind, kommt daher nicht die ihm von der Antragstellerin beigelegte Bedeutung zu. Gegen die zutreffende Auffassung des Rekursgerichts aber, dass die vertragliche Übernahme der Instandhaltungspflicht durch den Mieter hier mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen als zulässige Vereinbarung eines bestimmbaren (weiteren) Entgelts für die Zurverfügungstellung des Mietgegenstands anzusehen ist, die durch das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes am 1. 1. 1982 nicht berührt wurde, weshalb die Vornahme der verfahrensgegenständlichen Instandhaltungsarbeiten der Antragstellerin und nicht der Antragsgegnerin obliegt, sodass der Antrag abzuweisen ist, bringt die Antragstellerin nichts vor.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über den Ersatz der Barauslagen für die Revisionsrekursbeantwortung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG, §§ 41, 50 ZPO, § 3 Abs 1 GJGebG idF der ZVN 1983 BGBl 135 Art X Z 2 lit a.

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