OGH 5Ob36/95

OGH5Ob36/9528.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Kommerzialrat Prof. Hans P.W*****, Immobilien- und Vermögenstreuhänder, ***** vertreten durch Dr.Herbert P*****, Gebäudeverwalter, ***** wider die Antragsgegner 1.) Karl Fritz B*****, 2.) Maria-Luise D*****, 3.) Walter T*****, 4.) Elisabeth L*****, 5.) Eva F*****, vertreten durch Dr.Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, 6.) Anton H*****, vertreten durch Marianne H*****, 7.) Peter W*****, vertreten durch Dkfm.Mag.Norbert W*****, ***** und 8.) Dr.Rene K*****, sämtliche Antragsgegner wohnhaft in *****, sowie betreffend alle anderen Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses ***** als Mitbeteiligte, wegen § 14 Abs 3 WEG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Fünfantragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 8. März 1994, GZ 48 R 1201/93-26, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 31.August 1993, GZ 9 Msch 59/92-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden in antragsabweisendem Sinn abgeändert.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrte als Verwalter des aus vier Stiegen bestehenden Hauses ***** der von der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer mit ihrer Vertretung zur Erlangung der zur Aufzugserrichtung erforderlichen Bewilligungen bevollmächtigt worden war (ON 12), zunächst (ON 1) die Zustimmung der Antragsgegner zur Errichtung von vier Aufzugsanlagen zu ersetzen, zuletzt (ON 9, AS 29) jedoch nur noch, die Unterschriften der nicht zustimmenden Wohnungseigentümer (= Antragsgegner) zum Einreichplan Beilage A zu ersetzen.

Die Antragsgegner beantragten die Abweisung dieses Antrages mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 14 Abs 3 WEG seien nicht erfüllt.

Das Erstgericht gab dem Antrag auf Genehmigung der Errichtung von vier Liftanlagen laut den Bauplänen Beilage A statt und ersetzte die Unterschrift der nicht zustimmenden Antragsgegner auf diesem Plan.

Das Erstgericht ging davon aus, daß die Eigentümer von 51 Wohneinheiten (von insgesamt 60) im Wege eines zulässigen Umlaufbeschlusses dem Bau der vier Lifte zugestimmt hätten, hingegen nur die Eigentümer von neun Wohneinheiten die Zustimmung verweigert hätten. Die Miteigentümer von 29 Wohneinheiten wären auch zur Kostenbeteiligung bereit gewesen. Nach den detailliert getroffenen Feststellungen würden durch die Lifterrichtung die Überstimmten nicht wesentlich beeinträchtigt.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Mit Rundschreiben vom 15.11.1991 seien sämtliche Wohnungseigentümer angeschrieben, vom geplanten Einbau der vier Lifte informiert und ersucht worden, bekanntzugeben, ob sie dem Lifteinbau zustimmten, ob sie sich an den Kosten beteiligen wollten oder ob sie zwar zustimmten, aber eine Kostenbeteiligung ablehnten, oder ob sie den Lifteinbau gänzlich ablehnten. Nach dem Ergebnis dieser Umfrage habe eine Mehrheit nach Liegenschaftsanteilen (6.778 Anteile von 7.615 Anteilen) dem Lifteinbau zugestimmt, doch sei zur Kostenübernahme nur eine Minderheit bereit gewesen.

Das bei der Beschlußfassung eingehaltene Verfahren entspreche den gesetzlichen Bestimmungen, weil sämtliche Miteigentümer Gelegenheit gehabt hätten, zu der beabsichtigten Maßnahme Stellung zu nehmen. Das Vorliegen von Bauplänen schon zur Zeit der Beschlußfassung sei nicht wesentlich, wenn die Mehrheit nach Liegenschaftsanteilen auch ohne solche Pläne ihre Zustimmung erteile. Es sei auch nicht erforderlich, daß die zustimmende Mehrheit die Kosten trage, sofern nur die überstimmte Minderheit finanziell nicht belastet werde.

Auf die Beeinträchtigung der Antragsgegner sei nicht mehr einzugehen gewesen, weil sie im Rekurs auf diesen Einwand nicht mehr zurückgekommen seien.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Fünftantragsgegnerin mit dem primären Antrag, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen in antragsabweisendem Sinn abzuändern, in eventu, sie als nichtig aufzuheben.

Der Antragsteller begehrt in der ihm freigestellten Rechtsmittelbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil den Vorinstanzen bei Auslegung des § 14 Abs 3 WEG eine Verkennung der Rechtslage unterlief, wie bei der Sachentscheidung noch näher ausgeführt werden wird.

b) Zur Sachentscheidung:

Maßgebend für die Beurteilung des Antrages ist die Rechtslage vor Inkrafttreten der das WEG betreffenden Bestimmungen des 3.WÄG (1.1.1994). Nach den Übergangsbestimmungen (Art III II.Abschnitt Z 1) des 3.WÄG ist dessen Art I (Änderung der Vorschriften des WEG) auch für bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnungen und sonstige Räumlichkeiten anzuwenden, doch ändert diese (an sich für Dauerrechtsverhältnisse überflüssige) Bestimmung nichts daran, daß die neuen Rechtsvorschriften im Regelfall nur auf nach Inkrafttreten des 3.WÄG verwirklichte Sachverhalte angewendet werden können (Würth-Zingher, WohnR '94, 362). Die Rechtswirksamkeit der Beschlußfassung der Miteigentümer über die Errichtung von vier Aufzugsanlagen sowie die Entscheidungsvoraussetzungen des Gerichtes betreffend einen solchen Beschluß richten sich daher nach den vor dem

3. WÄG in Geltung gestandenen Vorschriften, insbesondere nach § 14 Abs 3 WEG idF vor dem 3.WÄG.

Gemäß § 14 Abs 3 WEG bedürfen über die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft hinausgehende nützliche Verbesserungsarbeiten der Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft, es sei denn, daß die Verbesserung von der Mehrheit beschlossen wird (Z 1), diese allein die Kosten trägt oder die Kosten aus der Rücklage getätigt werden können und Arbeiten, die der ordnungsgemäßen Erhaltung dienen, in absehbarer Zeit nicht erforderlich sind (Z 2) und die Überstimmten durch die Verbesserung nicht übermäßig beeinträchtigt werden (Z 3).

Die Möglichkeit, daß die Voraussetzungen für die Deckung der Kosten aus der Rücklage gegeben seien, wurde von niemandem behauptet. Auch die Aktenlage bietet hiefür keine Anhaltspunkte.

Entscheidungswesentlich ist also zunächst einmal, ob ein Mehrheitsbeschluß vorliegt, nach dessen Inhalt die Kosten der Lifterrichtung von der Mehrheit allein getragen werden. Dies mag durchaus bedeuten, daß zwar nicht jeder die Mehrheit bildende Miteigentümer tatsächlich mit Kosten belastet werden muß, sofern nur die überstimmte Minderheit nicht finanziell belastet wird, weil es Sache der die Mehrheit bildenden Miteigentümer ist, wie sie - im Verhältnis untereinander - die Gesamtkosten aufbringen.

Nach dem Inhalt der Zustimmungserklärungen (ON 12) haben aber die Miteigentümer, die sich überhaupt an den Kosten beteiligen wollen, lediglich erklärt, sich gemäß ihren Liegenschaftsanteilen an den Kosten zu beteiligen, sofern diese darüber hinaus nicht einen im Einzelfall genannten Höchstbetrag übersteigen. Diese Erklärungen verpflichten weder zur Übernahme der auf die nichtzustimmenden Miteigentümer entfallenden Kosten noch wegen der Einschränkung auf einen Höchstbetrag dazu, die auf den betreffenden Miteigentümer selbst gemäß den Liegenschaftsanteilen entfallenden Kosten unbedingt zur Gänze zu tragen. Daraus folgt, daß die Voraussetzung des § 14 Abs 3 Z 2 erster Fall WEG nicht erfüllt ist, sodaß auch die Durchführung der begehrten Verbesserungsarbeiten ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht zulässig ist. Dies hat zur Folge, daß diese nicht zustimmenden Miteigentümer auch nicht zur Unterfertigung entsprechender Einreichpläne verpflichtet sind.

Der Antrag des Antragstellers war daher abzuweisen, ohne daß auf andere im Revisionsrekurs geltend gemachte Umstände eingegangen werden müßte.

Hinzuweisen ist nur noch darauf, daß das ursprüngliche Begehren (Genehmigung der Aufzugerrichtung und Ersetzung der Unterschriften der Antragsgegner auf dem Einreichplan) und das modifizierte Begehren (Ersetzung der Unterschriften auf dem Einreichplan) in einem inneren Zusammenhang dergestalt stehen, daß die Ersetzung der Unterschrift der Antragsgegner auf dem Einreichplan nichts anderes bedeutet, als daß der Baubehörde gegenüber feststünde, daß rechtlich gesehen der entsprechende Antrag von allen Miteigentümern getragen wird. Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen sind daher nicht deswegen mit Nichtigkeit behaftet, weil sie noch entsprechend dem nicht modifizierten Begehren entschieden. Es bedarf daher auch keiner teilweisen Aufhebung der Sachbeschlüsse als nichtig und bloß der Abweisung des Restes (entsprechend dem modifizierten Begehren des Antragstellers) als nicht berechtigt.

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