Normen
ABGB §1425
AußStrG §9
Geschäftsordnung für die Gerichte §§291 ff
Geschäftsordnung für die Gerichte §307 (2)
ABGB §1425
AußStrG §9
Geschäftsordnung für die Gerichte §§291 ff
Geschäftsordnung für die Gerichte §307 (2)
Spruch:
Der Erlagsgegner ist zur Bekämpfung des Annahmebeschlusses im Erlagsverfahren nicht legitimiert.
Hingegen steht ihm der Rechtsmittelweg offen, wenn die Ausfolgung des erlegten Betrages zu Unrecht angeordnet wird.
Entscheidung vom 19. Jänner 1967, 5 Ob 357, 358/66.
I. Instanz: Bezirksgericht Mauerkirchen: II. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis.
Text
Mit Eingabe vom 17. Oktober 1964 beantragte Friederike A. beim Erstgericht, den diesem gleichzeitig überwiesenen Betrag von 20.000 S als Erlag gemäß § 1425 ABGB. anzunehmen. In diesem Antrag bezeichnete sie Johann B. als Antragsgegner und brachte zur Begründung ihres Erlages vor, daß ihr der Erlagsgegner ein am 19. Oktober 1964 zur Rückzahlung fälliges unverzinsliches Darlehen von 20.000 S zugezählt habe. In der Folge sei sie von Rechtsanwalt Dr. X. namens des Josef B. verständigt worden, daß Johann B. diesem seine Forderung gegen die Antragstellerin im Jahre 1962 unentgeltlich zediert habe. Für den Fall, daß der Darlehensbetrag nicht am Fälligkeitstag zurückbezahlt werde, sei ihr eine Klage des Josef B. angedroht worden. Auf eine Rückfrage der Friederike A. bei Johann B. habe dieser die behauptete Zession in Abrede gestellt. Es sei ihr somit der richtige Gläubiger unbekannt. Von der erfolgten Hinterlegung habe sie Johann B. und Josef B. benachrichtigt.
Mit Beschluß vom 31. Oktober 1964 (ONr. 5) nahm das Erstgericht den Erlag der Friederike A. gemäß § 1425 ABGB. an und bezeichnete in seinem Verwahrauftrag nur Johann B. als Erlagsgegner. Das Erstgericht verfügte zunächst die Zustellung dieses Beschlusses nur an den ausgewiesenen Vertreter der Friederike A., an Johann B. und an die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz, auf deren Konto der beim Erstgericht eingegangene Betrag überwiesen worden war.
Über Antrag des Johann B., vom 19. November 1964 verfügte das Erstgericht mit Beschluß vom 23. November 1964 (ONr. 7), die Ausfolgung des Erlages an den Einschreiter. Dieser Beschluß wurde seinerzeit nur dem Vertreter der Friederike A. und dem Johann B. zugestellt. In der Zustellverfügung des Erfolglassungsbeschlusses scheint zwar auch die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz auf, es kann den Akten aber nicht entnommen werden, ob dieser der Beschluß auch tatsächlich zugestellt wurde, sowie ob und wann der Ausfolgungsauftrag ausgeführt wurde.
Mit Schriftsatz vom 23. August 1966 erhob Josef B. gegen den Erfolglassungsbeschluß ONr. 7 und, nachdem seinem Vertreter über Auftrag des Rekursgerichtes die Beschlüsse ONr. 5 und 7 am 24. September 1966 zugestellt worden waren, mit Schriftsatz vom 27. September 1966 auch gegen den Beschluß ONr. 5 Rekurs.
Das Rekursgericht wies beide Rekurse zurück.
Die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluß ONr. 5 wurde mit dem Hinweis darauf begrundet, daß dem Josef B. im Erlagsverfahren keine Parteistellung zukomme, weshalb ihm auch die Anfechtung der in diesem Verfahren ergangenen Beschlüsse verwehrt sei. Sein Rekurs gegen den Beschluß ONr. 7 sei zwar insoweit berechtigt, als das Erstgericht aus dem Vorbringen der Erlegerin hätte entnehmen müssen, daß auch der Rekurswerber Anspruch auf den Erlag erhoben habe und daß deshalb der Erlag nur mit seiner Zustimmung oder auf Grund eines Urteiles ausgefolgt hätte werden dürfen. Da der Erlag aber nach dem Vorbringen des Rekurswerbers schon vor längerer Zeit ausgefolgt worden sei, könne er sich nicht mehr mit Erfolg gegen die Ausfolgung beschweren. Eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Abweisung des Ausfolgungsantrages sei nicht mehr möglich, der Rekurs müsse deshalb als gegenstandslos zurückgewiesen werden.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der vorliegende Rekurs des Josef B. mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß entweder aufzuheben und der zweiten Instanz die meritorische Entscheidung über sein Rechtsmittel aufzutragen oder ihn dahin abzuändern, daß der Ausfolgungsantrag des inzwischen verstorbenen Johann B. abgewiesen werde.
Der Oberste Gerichtshof gab diesem Rekurs des Josef B. teilweise Folge; er bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes hinsichtlich der Zurückweisung des Rekurses des Josef B. gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 31. Oktober 1964 (ONr. 5). Im übrigen änderte er den Beschluß des Rekursgerichtes dahin ab, daß in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 23. November 1964 (ONr. 7) der Antrag des Johann B., ihm den bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz hinterlegten Betrag von 20.000 S auszufolgen, abgewiesen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 1425 ABGB. ist der Schuldner, der seine Schuld aus wichtigen Gründen, von denen einige im Gesetz genannt sind, nicht bezahlen kann, berechtigt, die abzutragende Schuld bei Gericht zu hinterlegen. Wenn die Hinterlegung rechtmäßig geschieht und dem Gläubiger bekanntgemacht worden ist, befreit sie den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Der beim Erlag vom Erleger und vom Gericht einzuhaltende Vorgang ist durch die Vorschriften der §§ 291 ff. Geo. geregelt. Nach § 307 (2) Geo. hat das Gericht, wenn es den Erlag genehmigt, den Verwahrauftrag zu erlassen und hiervon die Verwahrungsabteilung, den Erleger und, soweit dies möglich ist, auch den Gläubiger durch je eine Beschlußausfertigung zu verständigen. Die Verständigung des Gläubigers vom Erlag durch das Gericht ist nur für die Frage der schuldbefreienden Wirkung der Hinterlegung maßgebend (ebenso 5 Ob 75/66). Deshalb darf der Erlag vom Erleger ohne Zustimmung des Gläubigers nach dessen Verständigung hiervon nicht mehr zurückgefordert werden. Darüber hinaus werden der durch den Erlag bei Gericht nur im Verhältnis zwischen dem Erleger und dem Gericht Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art geschaffen. Keineswegs werden die Rechte des Gläubigers durch den Erlag verkürzt oder beeinträchtigt. Stellt sich in der Folge heraus, daß der Erlag unberechtigt erfolgt, ist die Rechtslage so, als ob der Erlag nie vorgenommen worden wäre.
Daß der Rekurswerber im vorliegenden Fall im Annahmebeschluß nicht als Erlagsgegner genannt wurde, berührt seine Rechte nicht. Sofern der Rekurswerber materiellrechtlich Anspruch auf den erlegten Betrag hatte, wurde sein Recht auf Ausfolgung des Erlages bereits durch den Erlag und ohne Rücksicht darauf begrundet, ob er als Erlagsgegner im Annahmebeschluß genannt und vom Erlag verständigt wurde (SZ. XXVII 59). Der Rekurswerber kann sich somit durch den Annahmebeschluß nicht beschwert erachten. Da nur derjenige zum Rekurs gegen eine Entscheidung legitimiert ist, der durch sie einen materiellen Nachteil erleidet (AnwZ. 1936 S. 137), fehlte im vorliegenden Fall dem Rekurswerber die Rekurslegitimation gegen den Annahmebeschluß. Sein diesbezügliches Rechtsmittel wurde deshalb vom Rekursgericht mit Recht zurückgewiesen.
Anders verhält sich die Sache hinsichtlich des Rekurses des Josef B. gegen den Ausfolgungsbeschluß des Erstgerichtes.
Die Ausfolgung eines gemäß § 1425 ABGB. erlegten Geldbetrages kann nur erfolgen, wenn der Erleger und der, zu dessen Gunsten erlegt wurde, zustimmen, oder wenn die Bedingungen, die beim Erlage für die Ausfolgung gesetzt wurden, erfüllt sind (SZ. XVI 129 u. a.). Bei einer Mehrheit von Begünstigten werden die Bedingungen für die Ausfolgung an einen dieser Begünstigten in der Regel nur dann erfüllt sein, wenn die anderen Begünstigten zustimmen oder wenn der Begünstigte, an den ausgefolgt werden soll, gegen die anderen Begünstigten ein Urteil erwirkt hat (RiZ. 1938 S. 56, SZ. XIX 269, ebenso 7 Ob 33/55 u. a.). Ein solcher Fall ist auch hier gegeben. Denn dadurch, daß Friederike A. ihren seinerzeitigen Erlag mit ungeklärter Rechtslage begrundet hat, hat sie zu erkennen gegeben, daß sie einer Ausfolgung nur dann zustimme, wenn geklärt ist, welcher ihrer Gläubiger Anspruch auf den erlegten Geldbetrag hat. Diese Klärung konnte aber außer durch Vorlage eines rechtskräftigen Urteils nur durch eine ausdrückliche Erklärung aller Begünstigten, daß sie der Ausfolgung zustimmen, erfolgen. Dies ist nicht geschehen. Der Umstand, daß Friederike A. gegen den Ausfolgungsbeschluß kein Rechtsmittel erhob, ändert nichts daran, daß die Ausfolgung ohne die entsprechende Voraussetzung erfolgte, da, wie schon ausgeführt, Friederike A. nach erfolgter Annahme ihres Erlages darüber ohne Zustimmung der Erlagsgegner nicht mehr zu verfügen berechtigt war. Daraus folgt die Rechtswidrigkeit der erstrichterlichen Anordnung der Ausfolgung, gegen die sich Josef B. als weiterer Begünstigter des Erlages im Wege eines Rekurses zu wehren berechtigt war.
Da die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach dem Zeitpunkt der Fällung des Beschlusses erster Instanz zu beurteilen war, ist es unentscheidend, daß der Erlag nach diesem Zeitpunkt bereits an einen anderen Erlagsgegner ausgefolgt wurde (ebenso SZ. XXXIX 123).
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes konnte trotz der Zurückweisung des Rekurses des Josef B. gegen den Ausfolgungsbeschluß durch das Rekursgericht sogleich über die Sache materiell entschieden werden, ohne daß es notwendig gewesen wäre, vorher den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben (SZ. XXIII 87 und 390 u. a.).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
