Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Anton S***** wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im Zeitpunkt der Überreichung des gegenständlichen Grundbuchsgesuches stellten sich die bücherlichen Rechtsverhältnisse wie folgt dar:
Elisabeth B***** war Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1939 des Grundbuches ***** S*****, zu deren Gutsbestand ua das landwirtschaftlich genutzte Grundstück 2580/2 im Ausmaß von 18.345 m2 sowie das ebenfalls landwirtschaftlich (zum Teil als Wald) genutzte Grundstück 2588 im Ausmaß von 45.264 m2 gehörten. Unter CLNR 2 lit a war - unter ausdrücklicher Anführung (auch) der vorerwähnten Grundstücke - zu TZ 3349/1966 das nicht weiter (auch nicht durch einen Hinweis auf die Urkunde) definierte Vorkaufsrecht für Anton S***** einverleibt.
Hansjörg L***** war Eigentümer der Liegenschaft EZ 90124 des Grundbuches ***** S*****, zu deren Gutsbestand ua das Waldgrundstück 2596/3 im Ausmaß von 6.237 m2 gehörte.
Fritz E***** (der nunmehrige Antragsteller) war Eigentümer der Liegenschaft EZ 90125 des Grundbuches ***** S***** mit dem (neben anderen Grundstücksteilen) 2046 m2 großen Waldgrundstück 2596/2 Wald.
In einem als "Berichtigungs- und Kaufurkunde" dokumentierten und am 6.2.1990 bzw 16.2.1990 beglaubigt unterschriebenen Vertrag stellten die angeführten Grundeigentümer unter Hinweis auf eine bereits von einem Ingenieur-Konsulenten für das Vermessungswesen durchgeführte Mappenberichtigung fest, daß die in einem angeschlossenen Lageplan bezeichneten Trennstücke "1" aus dem Grundstück Nr. 2588 im Ausmaß von 61 m2 und "2" aus dem Grundstück Nr. 2580/2 im Ausmaß von 1.391 m2 nach den seit unvordenklicher Zeit bestehenden tatsächlichen Verhältnissen in Wirklichkeit Hansjörg L***** (laut Plan als Eigentümer des Grundstückes 2596/3) zustehen", und verknüpften damit folgende Vereinbarung:
"Kauf
Mit diesem Vertrage verkauft und übereignet nun Herr Hansjörg L***** aus dem sich auf Grund der angeführten Vermessungsunterlagen ergebenden Stand das Teilstück 1 und das Teilstück 2 an denen sein Eigentum, angesichts in Anspruchnahme seit unvordenklicher Zeit durch Frau B***** anerkannt wird, an Herrn Fritz E***** und dieser übernimmt die Grundstücke in sein künftiges Eigentum."
Als Kaufpreis wurden S 35,-- für den Quadratmeter, insgesamt also S 50.820,-- festgelegt; in § 11 des Vertrages sind überdies die für die grundbücherliche Durchführung der Eigentumsänderungen notwendigen Aufsandungserklärungen aller drei Vertragsparteien enthalten.
Unter Vorlage dieser Vertragsurkunde (sowie weiterer Genehmigungen, Freilassungserklärungen, Bescheinigungen etc, die hier nicht mehr anzuführen sind, weil als einziges potentielles Eintragungshindernis die fehlende Zustimmungserklärung des Vorkaufsberechtigten zu erkennen ist) beantragte Fritz E***** die Abtrennung der mit "1" und "2" bezeichneten Teilstücke aus den Grundstücken 2588 bzw 2580/2 der EZ 1939 des Grundbuches ***** S***** und deren Vereinigung mit dem Grundstück 2596/2 in EZ 90125 desselben Grundbuches.
Das Erstgericht bewilligte diese Grundbuchseintragungen, das Gericht zweiter Instanz gab jedoch dem dagegen von Anton S***** (nach Beseitigung eines Zustellversäumnisses) erhobenen Rekurs Folge und wies das Eintragungsbegehren ab. Das auf sämtlichen Grundstücken der EZ 1939 KG S***** haftende Vorkaufsrecht des Anton S***** habe nämlich - gleich einem Veräußerungsverbot - den Abverkauf einzelner Teilflächen der belasteten Liegenschaft verhindert. Um dieses Eintragungshindernis zu beseitigen, hätte Fritz E***** dem Grundbuchsgericht mittels einverleibungsfähigen Urkunden nachweisen müssen, daß die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Verkauf angeboten wurde oder daß er mit der beantragten Einverleibung einverstanden ist. Fehlen - wie im gegenständlichen Fall - solche Urkunden, müsse sie sich der Käufer im Prozeßweg beschaffen. Da Fritz E***** seinem Eintragungsgesuch weder eine Freistellungserklärung des Anton S***** noch ein diese Erklärung ersetzendes Urteil anschloß, könne es gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG nicht bewilligt werden.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil sich die Entscheidung des konkreten Falles an der herrschenden Rechtsprechung zum Problemkreis Vorkaufsrecht orientiere.
Im nunmehr vorliegenden ao Revisionsrekurs, zu dem Anton S***** eine als Revisionsrekursnachtrag bezeichnete Revisionsrekursbeantwortung erstattete, macht der Antragsteller geltend, daß kein den Vorkaufsfall auslösender Veräußerungsvorgang zu erkennen sei. Die mit dem Vorkaufsrecht belastete Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1939 KG S***** habe nämlich lediglich anerkannt, gar nicht Eigentümerin der fraglichen Teilflächen zu sein. Da das Vorkaufsrecht mangels besonderer Abrede nur dem Verkauf, nicht aber einer sonstigen Veräußerung der belasteten Liegenschaft entgegenstehe (§ 1078 ABGB), hätten die Grundbuchseintragungen bewilligt werden müssen. Zumindest fehle eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach ein Vorkaufsfall auch durch bloße Mappenberichtigung bzw die Anerkennung der tatsächlichen (von der Grundbuchsmappe abweichenden) Grenzen eintreten kann. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil tatsächlich eine höchstgerichtliche Judikatur zu den Auswirkungen eines verbücherten Vorkaufsrechtes auf Anerkennungsverträge fehlt; er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß ein verbüchertes Vorkaufsrecht grundsätzlich nur beim Weiterverkauf der damit belasteten Liegenschaft zu beachten ist, weil es sich gemäß § 1078 ABGB auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen läßt. Veräußerungsgeschäfte, denen das Wesensmerkmal eines Kaufvertrages, nämlich die Überlassung einer Sache gegen eine bestimmte Summe Geldes (§ 1053 ABGB) fehlt, lösen daher das Vorkaufsrecht und die ihm im Falle der Verbücherung eigene Grundbuchsperre nicht aus (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 1 ff zu § 1078 mwN). Bleiben allerdings Zweifel, ob der Vorkaufsfall eingetreten ist, wirkt das verbücherte Vorkaufsrecht wie ein vom Grundbuchsgericht amtswegig zu beachtendes Veräußerungsverbot, das ohne zureichenden urkundlichen Nachweis der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten oder der Nichtannahme eines gehörigen Einlösungsangebotes der Einverleibung eines Eigentumsübergangs entgegensteht, weil derartige Zweifelfsfragen nicht im Grundbuchsverfahren gelöst werden können (SZ 49/46; RPflSlG 1937 ua).
Bezogen auf den gegenständlichen Streitfall bedeutet dies, daß das Anerkenntnis der Elisabeth B*****, nich sie, sondern Hansjörg L***** sei Eigentümer der mit "1" und "2" bezeichneten Teilflächen des ihr zugeschriebenen Gutsbestandes, den in der Einlage 1939 des Grundbuches ***** S***** ersichtlichen Vorkaufsfall nicht auslösen konnte. Das dort unter CLNR 2 lit a einverleibte Vorkaufsrecht des Anton S***** erfaßte nach dem Grundbuchsstand zwar den ganzen Grundbuchskörper, also auch die fraglichen Teilflächen der Grundstücke 2580/2 und 2588 (NZ 1993, 287/279 mit Anmerkung von Hofmeister), verpflichtete jedoch die damit belastete Liegenschaftseigentümerin nicht zu einem Einlösungsangebot an den Vorkaufsberechtigten anläßlich ihres Anerkenntnisses des Eigentums eines Dritten, weil dieses Anerkenntnis eindeutig keine Elemente eines Kaufvertrages enthält. Dennoch bleibt das Vorkaufsrecht als Eintragungshindernis für die begehrten Grundbuchshandlungen bestehen.
Wenn - wie im gegenständlichen Fall - von der Regel des § 21 GBG abgewichen wird, daß grundbücherliche Eintragungen nur gegen den zulässig sind, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechts, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird, dann ist eine geschlossene Kette von Urkunden erforderlich, aus denen zu ersehen ist, daß der bücherliche Vormann seine Rechte an denjenigen übertragen hat, von dem nunmehr der neue Erwerber (direkt oder über weitere Vormänner) seine Rechte ableitet (10 Ob S 228/90). Jeder Zwischenerwerber müßte dabei die Rechte in verbücherungsfähiger Art und Weise erworben haben (vgl Hofmeister in NZ 1984, 203). Das trifft an sich auf den hier eingeschalteten Zwischenerwerber, Hansjörg L*****, zu, weil auch das echte Anerkenntnis einen ausreichenden Titel zum Eigentumserwerb abgibt (2 Ob 216/55 = NZ 1955, 136), doch hatte dann eben er beim Weiterverkauf das zugunsten des Anton S***** eingetragene Vorkaufsrecht zu beachten. Den Eigentumsübergang von ihm auf den nunmehrigen Antragsteller durfte das Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG nur unter der Voraussetzung einverleiben, daß ihm die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten, die Nichtannahme eines Einlösungsangebotes oder - durch ein Urteil - die Unbeachtlichkeit des Vorkaufsrechtes bei der konkreten Grundbuchshandlung nachgewiesen wird.
Wechselt nämlich eine mit einem verbücherten Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft ihren Eigentümer (worunter aus grundbuchsrechtlicher Sicht wegen der notwendigen Grundbuchshandlung auch der Fall zu subsumieren ist, daß der Tabularbesitzer anerkennt, nicht er, sondern ein anderer sei Eigentümer des Grundbuchskörpers oder bestimmter Teile hievon), ohne den Vorkaufsfall auszulösen, bleibt das Vorkaufsrecht bestehen (GlU 7.645; SZ 25/92; EvBl 1993/78). Es geht als Belastung auf den Erwerber über (§ 443 ABGB) und kann ausgeübt werden, wenn dieser nun die Sache verkauft (Bydlinski in Klang IV/2, 826 und 872). Der "Zwischenerwerb" des Hansjörg L***** kraft Anerkenntnisvertrages befreite daher den Antragsteller nicht von seiner Verpflichtung, dem Grundbuchsgericht die Unbeachtlichkeit des auf den erworbenen Liegenschaften haftenden Vorkaufsrechtes des Anton S***** urkundlich zu belegen.
Daran ändert auch nichts, daß im Anerkenntnisvertrag zwischen Elisabeth B***** und Hansjörg L***** zum Ausdruck gebracht wurde, letzterer habe die strittigen Grundflächen seit unvordenklicher Zeit in seinem Besitz. Der damit angesprochene Eigentumserwerb durch Ersitzung hätte zwar durch ein verbüchertes Vorkaufsrecht nicht verhindert werden können (EvBl 1958/200), den Weiterbestand dieses Vorkaufsrechtes aber auch nicht beeinträchtigt. Die auf einer Sache haftenden Lasten erlöschen nämlich durch die Ersitzung nur insoweit, als sie der Erwerber weder kannte noch kennen mußte. Der Bestand bücherlich eingetragener Lasten wird also durch die Ersitzung des Eigentums am betreffenden Grundstück nicht berührt (Klang in Klang VI, 662). Ob die Ersitzung der verfahrensgegenständlichen Grundflächen durch Hansjörg L***** schon abgeschlossen war, ehe zu TZ 3349/1966 das Vorkaufsrecht für Anton S***** in der betreffenden Grundbuchseinlage einverleibt wurde, blieb offen und wäre im Grundbuchsverfahren auch gar nicht zu klären, sodaß das Rekursgericht die begehrten Eintragungen mit dem Hinweis auf das bestehende Vorkaufsrecht zu Recht ablehnte.
Die Zurückweisung der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich darauf, daß das Rechtsmittelverfahren in Grundbuchssachen, das ja gemäß § 126 GBG den Grundsätzen des außerstreitigen Verfahrens folgt, einseitig ist (vgl JBl 1991, 254).
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