OGH 5Ob34/90

OGH5Ob34/9029.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Herbert S***

(24. Oktober 1950), Landwirt, Krumbach 54, vertreten durch Dr. Peter Schmölz, öffentlicher Notar in Feldkirch, wegen Löschung einer Beschränkung des Eigentumsrechtes in EZ 54 KG Krumbach infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 2. April 1990, GZ 1 a R 132/90-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bezau vom 12. März 1990, GZ A 118/73-22, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses auch die Löschung der ob der Liegenschaft EZ 54 KG Krumbach unter TZ 51/1949 auf dem Hälfteanteil der Maria Aloisia S***, geb. D*** (14. Dezember 1910) angemerkten Beschränkung, daß dieser Hälfteanteil im Falle der Wiederverehelichung der Genannten in diesem Zeitpunkt auf die Kinder aus deren Ehe mit Adam S*** (19. Juni 1897) überzugehen habe, bewilligt.

Text

Begründung

Am 6. Dezember 1946 schlossen die Ehegatten Adam S*** (19. Juni 1897) und Maria Aloisia S***, geb. D***

(14. Dezember 1910), Krumbach 54, vor dem damaligen öffentlichen Notar in Bezau, Dr. Oskar Rudigier, in Form eines Notariatsaktes einen Gütergemeinschaftsvertrag über ihr gesamtes bereits bestehendes und während ihrer Ehe (einzeln oder zusammen) zukünftig zu erwerbendes Vermögen.

Punkt IV dieses Notariatsaktes lautet:

"Für den Fall, als die Ehegattin Maria Aloisia S***, geb. D***, vor dem Ehegatten Adam S*** ableben oder aber denselben überleben und sich wiederverehelichen sollte, wird zwischen den Ehegatten ausdrücklich vereinbart, daß im ersteren Falle das Eigentum an der aufgrund dieses Vertrages auf die Ehegattin übergehenden Vermögenshälfte des Ehegatten sofort an diesen zurückzufallen, im letzteren Fall aber (das ist bei einer Wiederverehelichung der Ehegatttin) in diesem Zeitpunkt sofort auf die Kinder aus ihrer gemeisamen Ehe überzugehen habe". Punkt V dieses Notariatsaktes lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"....

Bewilligt wird, daß aufgrund dieses Vertrages

a) das Eigentumsrecht auf den dem Adam S*** gehörigen Grundbuchskörper in EZ 54 KG Krumbach in Ansehung einer Hälfte für die Ehegattin Maria Aloisia S***, geb. D***

(14. Dezember 1910) einverleibt, sowie

b) auf diesen Hälfteanteil der Maria Aloisia S***, geb. D***, die zeitliche Beschränkung dieses Eigentumsrechtes durch die Bestimmung, daß der vorgenannte Hälfteanteil im Falle des Ablebens der Ehegattin vor dem Ehegatten sofort an diesen zurückzufallen, bzw. im Falle der Wiederverehelichung der Ehegattin in diesem Zeitpunkt sofort auf die Kinder aus der gemeinsamen Ehe überzugehen habe,

einverleibt werde."

Diese grundbücherlichen Eintragungen wurden zu TZ 51/1949 des Erstgerichtes durchgeführt.

Adam S*** ist am 13. Jänner 1973 verstorben. Sein

Nachlaß wurde aufgrund seine Testamentes vom 4. November 1971 seiner Ehegattin unter Hinweis auf den geltend gemachten Pflichtteil des damals noch minderjährig gewesenen Sohnes Werner S*** eingeantwortet. Zu TZ 920/1974 des Erstgerichtes wurde ob dem dem Erblasser Adam S*** gehörigen Hälfteanteil der vorerwähnten Liegenschaft das Eigentumsrecht für seine Ehegattin zu 15/32-Anteilen (am ganzen Grundbuchskörper) und für Werner S*** zu 1/32-Anteilen (am ganzen Grundbuchskörper)

einverleibt.

Am 19. Dezember 1989 schlossen Maria Aloisia S***, geb. D***, und die 6 großjährigen Kinder aus ihrer Ehe mit Adam

S***, Werner S***, Herbert S***, Aloisia

M***, geb. S***, Pia K***, geb. S***, Josef

S*** und Helmut S***, vor dem öffentlichen Notar in Feldkirch Dr. Peter S*** in Form eines Notariatsaktes einen Übergabsvertrag, mit welchem Maria Aloisia S***, geb. D***, ihren Hälfteanteil sowie ihre 15/32-Anteile und Werner S*** seinen 1/32-Anteil an der Liegenschaft EZ 54

KG Krumbach samt Viehstand usw. an Herbert S***, ihren Sohn bzw. Bruder, übergeben. In Punkt IV des Übergabsvertrages sind die von Herbert S*** hiefür zu erbringenden Gegenleistungen im einzelnen festgelegt; an seine 5 Geschwister hat Herbert S*** bei Vertragsunterfertigung je 30.000 S zu entrichten. In Punkt V des Übergabsvertrages bestätigen "alle Kinder aus der Ehe der Maria Aloisia S***, geb. D***, mit Adam S***",

die anwesend sind, daß die Nacherbschaft zu ihren Gunsten auf einem Hälfteanteil ihrer Mutter gegenstandslos geworden ist; sie bewilligen die Einverleibung der Löschung dieser Beschränkung (siehe auch Punkt VI des Übergabsvertrages). In Punkt XI des Übergabsvertrages ermächtigen die Vertragsparteien den öffentlichen Notar Dr. Peter S*** zur Verbücherung dieses Übergabsvertrages und zum Ansuchen um Löschung der Beschränkung der Nacherbschaft auf dem Hälfteanteil der Maria Aloisia S***, geb. D***. Am 26. Februar 1990 beantragte Herbert S*** die Löschung der vorerwähnten Beschränkung.

Nach Erhebung der Enkelkinder der Eheleute Adam und Maria Aloisia S***, geb. D***, bewilligte das Erstgericht unter Abweisung des Mehrbegehrens die Löschung der ob der Liegenschaft EZ 54 KG Krumbach gemäß TZ 51/1949 auf dem Hälfteanteil der Maria Aloisia S***, geb. D***, Krumbach 54, angemerkten

Beschränkung in Ansehung der Worte "im Falle des Ablebens der Maria Aloisia S***, geb. D***, vor dem Ehegatten Adam

S***" und "an diesen zurückzufallen bzw.". Die Abweisung des Mehrbegehrens begründete das Erstgericht kurz zusammengefaßt damit, daß eine aufschiebend bedingte Nacherbschaft nicht nur der Kinder, sondern auch der Enkelkinder der genannten Eheleute vorliege, weshalb die Einwilligung der Kinder im engeren Sinne nicht genüge; darüber hinaus sei eine Verfügung der Kinder im engeren Sinn über ihr allfälliges Nacherbrecht zu Lebzeiten der Vorerbin Maria Aloisia S***, geb. D***, gemäß § 879 ABGB nichtig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers gegen den abweisenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung nicht Folge. Es billigte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wobei es die Bestimmungen über die fideikommissarische Substitution analog anwendete.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist berechtigt. Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß durch Punkt IV des Gütergemeinschaftsvertrages vom 6. Dezember 1946 an einem Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 54 KG Krumbach ein zeitlich beschränktes (auflösend bedingtes) Eigentum der Maria Aloisia S***, geb. D***, und ein aufschiebend bedingtes Eigentum der Kinder aus ihrer Ehe mit Adam S*** begründet werden sollte, auf das wegen der Lückenhaftigkeit der Regelung des durch Vertrag unter Lebenden geschaffenen zeitlich beschränkten Eigentums und der Rechtsähnlichkeit mit einer fideikommissarischen Substitution die für letztere geltenden Rechtsvorschriften analog anzuwenden sind, wird vom Revisionsrekurswerber mit Recht nicht in Zweifel gezogen (vgl. dazu Klang in Klang2 II 148; Ehrenzweig2 I/2, 284; Kralik, Erbrecht 202; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 24 zu § 358; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu §§ 357 bis 360; EvBl 1955/269, EvBl 1957/185, EvBl 1959/156, EvBl 1960/136, EvBl 1978/211 = SZ 51/65 ua). Die Auslegungsregel des § 681 ABGB, wonach das Wort "Kinder" (im Falle der Bedenkung der eigenen Kinder) auch die an deren Stelle tretenden Nachkömmlinge umfaßt, und die Regelung, daß der aufschiebend bedingt berufene Nacherbe den Substitutionsfall erleben muß (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 615; EvBl 1989/55), gelten daher für den gegenständlichen Fall analog. Die vertraglich vereinbarte Beschränkung des Eigentums erlischt ebenso wie das Band der fideikommissarischen Substitution, wenn der Vorberechtigte (Vorerbe) und die Nachberechtigten (Nacherben) die Beschränkung einvernehmlich aufheben (zum Erlöschen der fideikommissarischen Substitution siehe Weiß in Klang2 III 445 f; Eccher in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 613 und Rz 2 zu § 615; Welser in Rummel, ABGB2, Rz 3 und 7 zu § 613 sowie Rz 12 zu § 615; JBl. 1965, 518; SZ 40/21 ua). So wie derjenige, der über sein Erbrecht gültig verfügen kann, durch Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht tun kann (§ 551 Satz 1 ABGB), obgleich noch nicht feststeht, ob er den Erblasser überleben wird, kann der aufschiebend bedingt zum Nacherben Berufene noch vor Eintritt des Substitutionsfalles auf sein Nacherbrecht verzichten, einvernehmlich mit dem Vorerben das Substitutionsband aufheben (Ehrenzweig2 II/2, 463 f; vgl. auch Kralik, Erbrecht 199). So wie eine derartige Verzichtleistung mangels abweichender Vereinbarung auch auf die Nachkommen wirkt (§ 551 Satz 3 ABGB) - wobei es ohne Bedeutung ist, ob diese Nachkommen im Zeitpunkt der Verzichtleistung noch nicht einmal geboren (Weiß in Klang2 III 196) oder noch minderjährig sind (5 Ob 512/90) -, wirkt auch die Verzichtleistung (Zustimmung) des aufschiebend bedingt zum Nacherben Berufenen auf seine Nachkommen, die im Zeitpunkt des Substitutionsfalles an seine Stelle getreten sind und sich nicht auf eine davon unabhängige Berufung stützen können (zu letzterer Voraussetzung siehe Weiß in Klang2 III 196 und Welser in Rummel, ABGB2, Rz 10 zu § 551).

Der Oberste Gerichtshof gelangt daher entgegen den Vorinstanzen zu dem Ergebnis, daß im gegenständlichen Fall die Löschungsbewilligung der Kinder der Eheleute Adam S*** und Maria Aloisia S***, geb. D***, im engeren Sinn (Punkte V und VI des Übergabsvertrages vom 19. Dezember 1989) genügt, um die Beschränkung des Hälfteeigentumsrechtes der Maria Aloisia S***, geb. D***, zur Gänze zu löschen.

Es war demnach dem Revisionsrekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.

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