OGH 5Ob326/71

OGH5Ob326/7115.12.1971

SZ 44/189

Normen

ABGB §364c
KO §119
ABGB §364c
KO §119

 

Spruch:

Zulässigkeit der Zwangsversteigerung trotz eingetragenen Veräußerungsverbotes, wenn der Verbotsberechtigte selbst die Zwangsversteigerung betreibt oder sich aus der Eintragung oder den ihr zugrunde liegenden Urkunden unzweifelhaft ergibt, daß der Verbotsberechtigte nicht zu dem in § 364c ABGB umschriebenen Personenkreis zählt. Will sich der betreibende Gläubiger auf einen solchen Ausnahmetatbestand oder auf die Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Zwangsversteigerung berufen, so muß er schon im Exekutionsantrag die entsprechenden Behauptungen aufstellen

Der Verbotsberechtigte muß der Zwangsversteigerung schon vor ihrer Bewilligung zustimmen; auf sein nachträgliches Verhalten kommt es nicht an

OGH 15. 12. 1971, 5 Ob 326/71 (OLG Linz 4 R 172/71; LG Linz S 4/71)

Text

Mit Beschluß des LG Linz vom 15. 4. 1971, S 4/71-15 bewilligte der Konkurskommissär über Antrag des Masseverwalters die kridamäßige Versteigerung der im Alleineigentum des Gemeinschuldners stehenden Liegenschaft EZ X. Dem Antrag des Masseverwalters war ein Grundbuchsauszug über die zu versteigernde Liegenschaft angeschlossen, aus dem sich ergibt, daß unter COZ 5 auf Grund des Übergabsvertrages vom 20. 8. 1963 a) ein Veräußerungsverbot für Johann S (1902) und Theresia S sowie b) die Dienstbarkeit der Wohnung für die beiden zuletzt genannten Übergeber einverleibt ist. Der Masseverwalter hatte in seinem Antrag auf kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft auf das verbücherte Veräußerungsverbot nicht Bezug genommen und insbesondere nicht behauptet, daß die Voraussetzungen für die dingliche Wirkung des Verbotes nicht gegeben seien oder die Berechtigten der Versteigerung zustimmten. Im Bewilligungsbeschluß des Konkurskommissärs wurde das BG Rohrbach ersucht, als Grundbuchsgericht die Einleitung des Versteigerungsverfahrens anzumerken und die Beteiligten zu verständigen, sowie als Exekutionsgericht einzuschreiten.

Mit Beschluß des BG Rohrbach vom 30. 4. 1971, E 449/71-3 wurde "auf Grund des Konkursverfahrens des LG Linz zu S 4/71" neuerlich die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ X bewilligt. Dieser Beschluß wurde den Verbotsberechtigten am 15. bzw 18. 5. 1971 zugestellt. Mit einer beim Exekutionsgericht am 21. 5. 1971 eingelangten Eingabe bestätigten die Verbotsberechtigten ausdrücklich den Empfang des die Zwangsversteigerung der Liegenschaft bewilligenden Beschlusses sowie des Beschlusses des LG Linz vom 15. 4. 1971. Die Einschreiter verwiesen in diesem Antrag auf ihr Wohnungsrecht und ersuchten, "bei der zu erwartenden zwangsweisen kridamäßigen Versteigerung" auf dieses Wohnungsrecht entsprechend Rücksicht zu nehmen. Über Rekurs des Gemeinschuldners hob das LG Linz als Rekursgericht mit Beschluß vom 3. 6. 1971, 13 R 194/71-9 den Beschluß des BG Rohrbach vom 30. 4. 1971, E 449/71-3 ersatzlos auf. Zugleich wurde dem BG Rohrbach aufgetragen, die Zustellung des Bewilligungsbeschlusses des LG Linz vom 15. 4. 1971, S 4/71-15 ehestens zu veranlassen. Nunmehr wurden Ausfertigungen dieses Bewilligungsbeschlusses den Beteiligten, uzw den Verbotsberechtigten am 4. bzw 24. 8. 1971 und dem Gemeinschuldner am 4. 8. 1971, zugestellt. Mit einem an das LG Linz gerichteten Schriftsatz vom 16. 8. 1971 erhob der Gemeinschuldner gegen den Bewilligungsbeschluß vom 15. 4. 1971 Rekurs, in dem er auf das verbücherte Veräußerungsverbot seiner Eltern und auf die Tatsache verwies, daß kein Pfandgläubiger, der im Rang dem Veräußerungsverbot vorangehe, die Zwangsversteigerung betreibe oder ihr beigetreten sei.

In einer Stellungnahme zu diesem Rekurs führte der Masseverwalter ua aus, daß dem Gemeinschuldner zur Erhebung dieses Rekurses die Legitimation fehle. Da die Ehegatten S als Verbotsberechtigte gegen den Bewilligungsbeschluß kein Rechtsmittel erhoben hätten, sei ihre Zustimmung zur kridamäßigen Versteigerung anzunehmen.

Das OLG Linz als Rekursgericht änderte den Beschluß des Konkurskommissärs dahin ab, daß der Antrag des Masseverwalters auf kridamäßige Versteigerung der wiederholt genannten Liegenschaft des Gemeinschuldners abgewiesen wurde. Das Rekursgericht bejahte unter Hinweis auf § 176 Abs 1 KO die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels des Gemeinschuldners und seine Rekurslegitimation und führte im übrigen aus, daß der schon dem Erstgericht bekannte Grundbuchsstand die Bewilligung der kridamäßigen Versteigerung hindere. Dieses Hindernis hätte das Erstgericht auch von Amts wegen beachten müssen. Es komme daher nicht darauf an, ob die Verbotsberechtigten die Verletzung ihres Rechtes geltend machten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Masseverwalters nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurswerber hält an seiner Ansicht fest, daß dem Gemeinschuldner gegen den Bewilligungsbeschluß kein Rekursrecht zustehe, weil er aus dem Veräußerungsverbot keine Rechte für sich ableiten könne, und daß aus dem Verhalten der Verbotsberechtigten auf ihre Zustimmung zur kridamäßigen Versteigerung der Liegenschaft geschlossen werden müsse. Aber selbst wenn diese Zustimmung nicht angenommen werden könnte, sei zu beachten, daß mangels Rekurslegitimation des Gemeinschuldners der Bewilligungsbeschluß des Erstgerichtes in Rechtskraft erwachsen sei.

Gemäß § 119 Abs 1 KO sind die zur Konkursmasse gehörigen Sachen, sofern nicht eine vorteilhaftere Verwertungsart beschlossen worden ist, auf Antrag des Masseverwalters gerichtlich zu veräußern. Nach Abs 2 sind auf solche Veräußerungen die Vorschriften der EO mit bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Abweichungen sinngemäß anzuwenden. Nach Abs 3 ist die Veräußerung und die Verteilung des Erlöses unter die Absonderungsgläubiger durch das Exekutionsgericht vorzunehmen. Die im Zuge eines Konkursverfahrens durchgeführte Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Gemeinschuldners beruht somit auf einem Bewilligungsbeschluß des Konkurskommissärs (Bartsch - Pollak[3] I Anm 22 zu § 119 KO). Für die Anfechtung dieses Beschlusses gelten daher die Vorschriften der KO, also auch die 14tägige Rechtsmittelfrist des § 176 Abs 1 KO. Da das Exekutionsverfahren ein Zweiparteienverfahren ist und nach § 119 Abs 2 Z 1 KO dem Masseverwalter die Stellung eines betreibenden Gläubigers zukommt, hat die Rechtsprechung einheitlich dem Gemeinschuldner in diesem Verfahren die Stellung des Verpflichteten zugewiesen. Als Verpflichteter ist der Gemeinschuldner zur Anfechtung des Bewilligungsbeschlusses legitimiert (in diesem Sinne die einheitliche Rechtsprechung, ua SZ 13/58; SZ 19/68; SZ 34/165). Diese Rechtslage hat das Rekursgericht richtig erkannt. Der vorliegende Revisionsrekurs bringt dagegen auch nichts vor. Der Meinung des Rekurswerbers, daß dem Eigentümer einer durch ein Veräußerungsverbot belasteten Liegenschaft aus diesem Verbot grundsätzlich keine Rechte erwachsen könnten und daß deshalb ausschließlich der Verbotsberechtigte befugt sei, Verstöße gegen sein verbüchertes Recht geltend zu machen, ist jedoch nicht richtig. Vielmehr ist nach Lehre und Judikatur eine ohne Zustimmung des Verbotsberechtigten bewilligte Zwangsversteigerung ohne Rücksicht auf die Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses auf Antrag des Verpflichteten einzustellen (Klang[2] II 187; SZ 18/189). Es kann daher auch das Rechtsschutzinteresse des Gemeinschuldners an der Anfechtung eines Beschlusses, mit dem die kridamäßige Versteigerung bewilligt wurde, nicht verneint werden, wenn der Rekurswerber lediglich auf das der Zwangsversteigerung entgegenstehende, auf seiner Liegenschaft intabulierte Veräußerungsverbot zugunsten eines Dritten hinzuweisen vermag (SZ 32/98). Wie das Rekursgericht gleichfalls richtig und vom Rekurswerber unbekämpft ausführte, hindert das eingetragene Veräußerungsverbot grundsätzlich die Zwangsversteigerung, sofern ihr der Verbotsberechtigte nicht zustimmte. Ausnahmen werden von der herrschenden Lehre und Praxis nur dort zugelassen, wo der Verbotsberechtigte selbst die Zwangsversteigerung betreibt oder sich aus der Eintragung oder den ihr zugrunde liegenden Urkunden unzweifelhaft ergibt, daß der Verbotsberechtigte nicht zu den in § 364c ABGB umschriebenen Personenkreis zählt (vgl Klang aaO und die ebendort auf S 186 in FN 73 und 74 angeführte weitere Literatur und Rechtsprechung). Will sich der betreibende Gläubiger auf einen solchen Ausnahmetatbestand oder auf die Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Zwangsversteigerung berufen, so muß er schon im Exekutionsantrag das und die begrundenden Tatsachen behaupten (Klang aaO). Da im vorliegenden Fall der Antrag des Masseverwalters keine derartigen Behauptungen enthält, war das Rekursgericht zutreffend der Auffassung, daß das Erstgericht das einer Zwangsversteigerung entgegenstehende Veräußerungsverbot von Amts wegen wahrzunehmen gehabt hätte und daß der Gemeinschuldner zur Anfechtung des Bewilligungsbeschlusses legitimiert war. Mit Rücksicht auf den rechtzeitigen Rekurs des Gemeinschuldners gegen den Beschluß des Erstgerichtes kann keine Rede davon sein, daß das Rekursgericht die Rechtskraft dieses Beschlusses nicht beachtet hätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Rekurswerbers zutrifft, daß aus dem nachträglichen Verhalten der Verbotsberechtigten auf ihre Zustimmung zur Zwangsversteigerung geschlossen werden könne, denn auf ihr nachträgliches Verhalten kommt es nicht an. Wie ausgeführt, darf die Zwangsversteigerung - sofern nicht ein anderer Ausnahmstatbestand behauptet wird und vorliegt - nur mit Zustimmung der Verbotsberechtigten bewilligt werden. Es müßte daher diesfalls die Zustimmung der Eltern des Gemeinschuldners zur Zwangsversteigerung der ihm seinerzeit übergebenen Liegenschaft schon vor der Beschlußfassung des Erstgerichtes vorgelegen sein. Daß die Verbotsberechtigten vor der Beschlußfassung des Erstgerichtes ein ihre Zustimmung zum Ausdruck bringendes Verhalten an den Tag legten, wurde aber nicht einmal behauptet.

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