Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der erstgerichtliche Beschluß wieder hergestellt.
Text
Begründung
Franz F*** starb am 23.Feber 1985. Auf Grund seines Testamentes vom 30.März 1971 und des Nachtrages vom 2.April 1980 gab seine Witwe Hermine F*** die unbedingte Erbserklärung ab. Der Nachlaß wurde ihr mit der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Salzburg vom 4.November 1986, GZ 1 A 51/85-25, zur Gänze eingeantwortet. Die Einverleibung des Eigentums der Erbin an den neben anderem unbeweglichem Gut im Nachlaß vorhandenen 293/36061 mit Wohnungseigentum an W 25 im Haus A verbundenen Anteilen der Liegenschaft EZ 767 Grundbuch Schallmoos (KG 56537 Salzburg) mit der Beschränkung durch die testamentarisch zugunsten des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg angeordnete fideikommissarische Substitution auf den Überrest wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16.Feber 1987, GZ 1 A 51/85-29, nach § 29 LiegTeilG angeordnet und unter der TZ 1839/87 im Grundbuch vollzogen.
Die Erbin schenkte mit Vertrag vom 5.Jänner 1987/26.März 1987 diese mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteile der Birgitta (auch Birgit) W***, die am 10.Juli 1987 beim Erstgericht beantragte, auf Grund dieses Schenkungsvertrages, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern vom 8.Mai 1987 und der eidesstattlichen Erklärung vom 9.Juli 1987, daß sie österreichische Staatsbürgerin sei, die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes und die Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg ob diesen Liegenschaftsanteilen zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte die beantragten bücherlichen Eintragungen.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über den vom Roten Kreuz-Landesverband Salzburg erhobenen Rekurs in die Abweisung des Grundbuchsansuchens ab, Es sah die Rekurslegitimation als unzweifelhaft an, weil zur Zeit der Anbringung des Grundbuchsansuchesn auf dem Anteil die fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Rekurswerbers angemerkt war und mit der Einverleibung des Eigentums auch die Löschung dieser Anmerkung beantragt worden war. Das Wesen einer fiduziarischen Substitution auf den Überrest bestehe nach herrschender Lehre und Rechtsprechung darin, daß der Nacherbe nur das erhält, was von der Verlassenschaft bei Eintritt der Nacherbfolge übrig sei, daß aber der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden frei verfügen könne. Nur eine als sittenwidriger Rechtsmißbrauch zu beurteilende Verfügung sei unzulässig und mache den Befreiten Vorerben schadenersatzpflichtig (Welser in Rummel, ABGB, Rz 26 und Rz 32 zu § 613; EvBl 1970/375 mwH), doch sei das Rekursvorbringen, der zu verbüchernde Schenkungsvertrag sei einzig in der Absicht errichtet worden, den durch die Substitution begünstigten Nacherben zu schädigen, und daher sittenwidrig, im Grundbuchsverfahren unbeachtlich und nicht weiter zu erörtern.
Der Ansicht des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg, es liege ein Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe vor, der mangels Aufnahme eines Notariatsaktes (§ 1 Abs 1 lit d NZwG) nicht gültig sei, könne nicht gefolgt werden. Nach Lehre und Rechtsprechung bedeute der Ausdruck "wirkliche Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB und des § 1 Abs 1 lit d NZwG nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsvertrages. Eine wirkliche Übergabe durch einen sinnfälligen, nach außen hin erkennbaren Akt, aus dem der ernstliche Wille des Geschenkgebers hervorgehe, die Sache einem anderen zu überlassen (JBl 1967, 623), sei auch bei der Schenkung unbeweglichen Vermögens vor der Einverleibung des Eigentumsrechtes möglich. Die Schenkung bedürfe in diesem Fall zu ihrer Gültigkeit nicht der Aufnahme eines Notariatsaktes. Eine ins Detail gehende Beschreibung der einzelnen Übergabs- und Übernahmsakte sei aber nicht zu fordern, obgleich Wendungen in Schenkungsverträgen, wie "die Übergabe erfolgt mit heutigem Tag" oder "die Liegenschaft wird durch Unterfertigung des Vertrages übergeben" zu der Beurteilung nicht hinreichten, ob die wirkliche Übergabe bereits erfolgt sei. Zur Befreiung von der Formunterworfenheit des Schenkungsvertrages reiche es aus, daß konkrete Übergabsakte beurkundet wurden, wie das Begehen der Eigentumswohnung in der Absicht der Besitznahme und die Übernahme der Verwaltungsunterlagen. Aus der Vertragsformulierung und der Aufsandungserklärung lasse sich der ernstliche Wille der Geschenknehmerin erschließen, die Sache der Geschenknehmerin zu überlassen. Den Vertragsbestimmungen lasse sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, daß die außerbücherliche Übergabe der Liegenschaft schon vor Vertragserrichtung, also spätestens am 5. Jänner 1987, erfolgt war. Der genaue Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe müsse nicht angegeben sein. Aus der im Vertrag gebrauchten Gegenwartsform des Wortes "übernimmt" sei nicht abzuleiten, daß eine wirkliche Übernahme noch bevorstand, weil damit ersichtlich nur die Willensübereinstimmung der Vertragsteile beurkundet werden sollte.
Es gebe auch keinen Anlaß, an der Identität der Geschenknehmerin zu zweifeln, weil sie einerseits mit dem Vornamen "Birgit" bezeichnet andererseits mit dem Vornamen "Birgitta" den Vertrag gefertigt habe. Die Übereinstimmung des Tages der Geburt liege vor. Bei verschiedener zulässiger Schreibweise des Vornamens komme daher dieser Abweichung keine Bedeutung zu.
Das Datum der Ausstellung der Urkunde mit dem 5.Jänner 1987 stimme mit dem der Beglaubigung ohnehin überein. Daß die Geschenknehmerin die Vertragsurkunde erst am 26.März 1987 unterfertigte, sei belanglos, weil im Sinne des § 27 Abs 2 GBG die zu verbüchernde Urkunde den Zeitpunkt ihrer Ausfertigung nicht aber den ihrer vollständigen Errichtung zu enthalten habe. Aus dem Beglaubigungsvermerk des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5.Jänner 1987 ergebe sich, daß die Geschenkgeberin die Urkunde vor dem Beglaubigungsbeamten unterschrieben hat. Dies genüge für die Ausfertigung der Urkunde, auch wenn der andere Vertragsteil erst später unterzeichnet habe.
Es fehle allerdings die Beibringung eines vom Abhandlungsgericht nach § 281 AußStrG auszustellenden Amtszeugnisses, so daß aus diesem einzigen Grund das Ansuchen abzuweisen sei. Grundsätzlich könne zwar davon ausgegangen werden, daß der Vorerbe bei der Substitution auf den Überrest unter Lebenden frei verfügen könne und zu seiner Verfügung der Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht nicht bedürfe (Welser in Rummel, ABGB, Rz 30 zu § 613), doch sei dennoch ein Amtszeugnis des Verlassenschaftsgerichtes erforderlich, daß gegen die Verfügungsberechtigung der Vorerbin abhandlungsbehördlich kein Hindernis bestehe und die Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Substitutionsband anläßlich der Eintragung des Eigentumsrechtes der vom Vorerben erwerbenden Person gelöscht werden könne. Mit Rücksicht auf die im § 158 Abs 1 AußStrG vorgesehene bücherliche Eintragung des Substitutionsbandes sei die Mitwirkung des Abhandlungsrichters erforderlich. Nur die Substitutionsbehörde könne auf Grund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens prüfen, ob Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben auf Grund der vom Erblasser verfügten Substitution bestehen. Bei der Substitution auf den Überrest werde sich die Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes im allgemeinen darauf beschränken, daß mittels eines Amtszeugnisses bestätigt werde, gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben bestehe substitutionsbehördlich kein Hindernis. Regelmäßig werde zwar eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben bei der Substitution auf den Überrest nicht vorliegen, doch sei eine solche Einschränkung nicht auszuschließen. Es sei immerhin denkbar, daß der Erblasser dem Vorerben verwehrte, das Substitutionsgut an bestimmte Personen zu veräußern, es zu verschenken oder zu bestimmten Zwecken zu überlassen. Nur dann, wenn die Beschränkung des Eigentums des Vorerben an unbeweglichen Sachen durch die Substitution auf den Überrest im Grundbuch mit der Maßgabe ersichtlich gemacht ist, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei, könne ein Zweifel über das Ausmaß der dem Vorerben zustehenden Verfügungsmacht nicht bestehen. Eine solche bücherliche Eintragung liege nicht vor. Das Ausmaß der durch die Substitution der Vorerbin auferlegten Beschränkung sei zweifelhaft. Es könne daher auf die Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes durch Ausstellung des Amtszeugnisses nach § 281 AußStrG nicht verzichtet werden, weil das Ausmaß der Verfügungsgewalt der befreiten Vorerbin im Grundbuch nicht klar und deutlich umrissen sei und auch keine Urkunden - etwa die Einantwortungsurkunde oder das der Abhandlung zugrunde gelegte Testament - vorgelegt wurden, wonach die Vorerbin berechtigt ist, über die in die Substitutionsmasse fallenden Liegenschaftsanteile frei zu verfügen. Dies sei aus der Anmerkung der "fideikommissarischen Substitution auf den Überrest" allein nicht abzuleiten, weil es sich dabei um einen unbestimmten Begriff handle. Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der in der Frist des § 12 Abs 1 GBG beim Erstgericht eingelangte Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Abänderungsantrag, den Rekurs des Nacherben zurückzuweisen oder abzuweisen und allenfalls die Vormerkung der beantragten Grundbuchshandlungen zu bewilligen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß das Rote Kreuz-Landesverband Salzburg zur Erhebung des Rekurses legitimiert war. In Grundbuchssachen sind Personen rekursberechtigt, deren grundbücherliche Rechte durch die angefochtene Eintragung beeinträchtigt werden, sei es, daß ihre Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RPflSlgG 1544, 1548, 1555; NZ 1977, 42; EvB 1978/124 ua). Zu den grundbücherlichen Rechten gehört (jedenfalls) auch das (verbücherte) Nacherbrecht (vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 613; Feil, GBG-Kurzkommentar für die Praxis, 122 Rz 17 zu § 20; SZ 21/22; SZ 41/151; OGH 5 Ob 17/88 uva), und zwar auch das Nacherbrecht auf den Überrest, das im Grundbuch gleichfalls einzutragen ist (Welser in Rummel, ABGB, Rz 28 zu § 613 mwH; Koziol-Welser II7 321).
Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Bewilligung des Ansuchens nur geschehen könne, wenn ein vom Abhandlungsgericht ausgestelltes Amtszeugnis vorgelegt worden wäre, schließt sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht an: Die fideikommissarische Substitution auf den Überrest, auch befreite Vorerbschaft = fideicommissum eius quod supererit, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt aber nach der herrschenden Auffassung zulässig (Weiß in Klang2 III 430 ff; Ehrenzweig2 II/2 469; NZ 1971, 124 ua). Der Vorerbe, dessen Befreiung in der Form einer letztwilligen Verfügung angeordnet sein muß, kann danach über das Substitutionsgut zwar unter Lebenden - auch durch Schenkung - frei verfügen, nicht aber von Todes wegen. Der Nacherbe erhält, was beim Ableben des Vorerben übrig ist (Welser in Rummel, ABGB, Rz 26 zu § 6613 mwH;
Koziol-Welser II7 320; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3 195 f;
SZ 16/201; SZ 39/194; SZ 41/15; SZ 47/62 ua). Wohl ist auch eine nur teilweise befreite Vorerbschaft möglich (Welser aaO), doch müßte diese aus der letztwilligen Anordnung hervorgehen; im Zweifel ist der Vorerbe befugt, über die (gesamte) Substitutionsmasse unter Lebenden frei zu verfügen (vgl. Ehrenzweig2 II/2, 469; Weiß in Klang2 III 430 spricht davon, daß bei der Nacherbschaft auf den Überrest eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben regelmäßig nicht vorliegen werde). Der Vorerbe bedarf zu dieser Verfügung weder der substitutionsbehördlichen Genehmigung noch der Zustimmung bereits vorhandener oder noch zu erwartender, von einem Substitutionskurator zu vertretenden Nacherben (Welser aaO Rz 30). In der Lehre (Weiß in Klang2 II 430; Welser aaO Rz 31; Koziol-Welser II7 321; Feil, Angewandtes Grundbuchsrecht 210; derselbe, Österreichisches Grundbuchsrecht, Systematische Darstellung 284) und Rechtsprechung (KG Wels in RPflSlgG 1006; KG Steyr in RPflSlgG 1394; vgl. auch Ehrenzweig2 II/2, 470 FN 75) wird wohl zum Teil verlangt, daß im Grundbuch bzw. in der Einantwortungsurkunde die Beschränkung des Eigentumsrechtes des Vorerben durch die fideikommissarische Substitution auf den Überrest mit der Maßgabe ersichtlich gemacht wird, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit einer solchen Nacherbschaft belastete unbewegliche Sache berechtigt sei oder daß ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes vorgelegt wird, wonach gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben abhandlungsbehördlich kein Hindernis besteht und die Beschränkung des Eigentumsrechtes dessen, der vom Vorerben erwirbt, durch das zugunsten des Nacherben bestehende Substitutionsband gelöscht werden kann. Nur dann könne im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG gesagt werden, daß kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand vorhanden ist. Kralik (in Ehrenzweig Erbrecht3 197) meint dagegen, das Abhandlungsgericht müsse jede vom befreiten Vorerben über das Substitutionsgut begehrte Verfügung unbesehen bewilligen, so daß die Eintragung des Substitutionsbandes auf Liegenschaften in dem Fall der Substitution auf den Überrest praktisch sinnlos sei und daher unterbleiben sollte (vgl. dazu auch Welser aaO Rz 30 und NZ 1977, 90, wonach die Beurteilung der Zulässigkeit der Verfügung des befreiten Vorerben dem Abhandlungsgericht überhaupt entzogen ist). Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vertrat die Ansicht (RPflSlgG 1571 ua), daß Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben unbegründet seien, wenn aus dem Grundbuch oder aus der Einantwortungsurkunde eine vom Regelfall abweichende Beschränkung der Befugnisse des befreiten Vorerben nicht hervorgehe. Dieser Rechtsmeinung ist der Vorzug zu geben. Die fideikommissarische Substitution auf den Überrest räumt dem Vorerben im Zweifel/im Regelfall die freie Verfügung über den gesamten Nachlaß unter Lebenden ein. Die Frage eines allfälligen Rechtsmißbrauches durch die Verfügung ist weder vom Abhandlungsgericht noch vom Grundbuchsgericht zu prüfen, wie das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat. Es bestehen daher schon dann keine auf die fideikommissarische Substitution zu gründenden Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, wenn sich - wie hier - aus der Einantwortungsurkunde und der auf dieser beruhenden Grundbuchseintragung ohne Einschränkungen ergibt, daß eine fideikommissarische Substitution auf den Überrest vorliegt, ohne daß ersichtlich gemacht worden sein müßte, daß der Vorerbe zur freien Verfügung auch über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt ist, oder bei Fehlen dieser Ersichtlichmachung ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes erforderlich wäre.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist der vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund nicht gegeben und es trifft auch zu, daß sonst keine Gründe der Bewilligung der beantragten bücherlichen Eintragungen entgegenstehen, wie das Rekursgericht nach Prüfung ohne Rechtsirrtum erkannt hat. Der erstgerichtliche Beschluß ist daher wieder herzustellen.
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