Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind Hauptmieter in dem dem Antragsgegner gehörigen Haus *****. Sie wollen auf ihre Kosten die alte, mit Festbrennstoffen betriebene Ofenheizung durch eine Gasetagenheizung ersetzen und haben gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen, um die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu dieser Verbesserung zu ersetzen. Auf die Weigerungsgründe des Antragsgegners wird, soweit sie in dritter Instanz von Bedeutung sind, noch einzugehen sein.
Das Erstgericht trug dem Antragsgegner die Duldung der Verbesserung auf. Diese Duldungspflicht erstreckt sich auch auf die vom Antragsgegner vehement bekämpfte Gaszuleitung durch den Garten, die allerdings notwendig ist, um die Wohnung der Antragsteller mit Gas zu versorgen. Das Erstgericht sah (auch) darin eine dem § 9 Abs 2 Z 1 MRG zu unterstellende Verbesserung des Mietgegenstandes. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
§ 9 Abs 1 MRG regle zwar dem Wortlaut nach nur wesentliche Veränderungen des Mietgegenstandes, doch sei dadurch die Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen des Bestandobjekts nicht ausgeschlossen. So seien in § 9 Abs 1 Z 1 bis 4 MRG die positiven Anspruchsvoraussetzungen aufgezählt, in den Z 5 bis 7 leg cit hingegen alle Umstände, die dem Duldungsanspruch des Mieters entgegenstehen. Damit die Duldungspflicht des Vermieters gegeben ist, müssten sowohl die positiven als auch die negativen Voraussetzungen vorliegen, wobei die Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der positiven Voraussetzungen den Mieter, jene hinsichtlich der negativen Voraussetzungen den Vermieter treffe. Eine Abwägung der Interessen habe nicht stattzufinden (EWR I/9/6 mwN).
Dass die Gaszuleitung von der Straße aus durch die Stützmauer (in der auch der Gashaupthahn und das Hahntürchen anzubringen ist) und weiter durch den Garten bis zur Außenfassade des Gebäudes die Inanspruchnahme von nicht mitgemieteten Teilen der Liegenschaft erfordert, stehe einer Anwendung des § 9 MRG grundsätzlich nicht entgegen. § 9 Abs 1 Z 5 und 6 MRG verlange, dass durch die Veränderung keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters oder eines anderen Mieters zu besorgen ist und auch keine Schädigung des Hauses, im besonderen keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, erfolgt. Die Verletzung schutzwürdiger Vermieter-Interessen erblicke der Antragsgegner darin, dass er bei der Auswahl eines Standortes für die Garage, bei der Anlage eines Schwimmbades, bei der Herstellung von Fundamenten für Schaukeln, Turn- und anderen Geräten für alle Zukunft eingeschränkt sei, wenn die Gaszuleitung durch den Garten erfolgt. Angesichts der Größe der Liegenschaft, auf der sich das Gebäude befindet (1.736 m2) liege aber keine Verletzung schutzwürdiger Vermieter-Interessen vor, wenn die Gasverteilungsleitung auf einer Länge von rund 7 m zwischen Stützmauer und Hausfassade in einer Tiefe von 90 cm verlegt wird. Auch eine Ausdehnung des Mietgegenstandes könne in der Verlegung der Gasrohre durch den nicht vom Mietvertrag umfassten Garten nicht erblickt werden. Die geplante Umgestaltung der Beheizungsanlage von festen Brennstoffen auf eine Gasheizung sei als privilegierte Arbeit iSd § 9 Abs 2 Z 1 MRG zu beurteilen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Umgestaltung der Beheizungsanlage, insbesondere bei einer neu zu errichtenden Gaszuleitung zur Versorgung mit Erdgas, Arbeiten außerhalb des Bestandobjektes erforderlich sind. Eine gesetzliche Einschränkung, dass solche an sich privilegierte Arbeiten nur zulässig sind, sofern sie lediglich Arbeiten im Mietgegenstand erfordern, sei dem § 9 MRG nicht zu entnehmen. Über die Regelung des § 9 Abs 1 Z 5 MRG seien die außerhalb des Mietobjektes gelegenen Arbeiten unter Berücksichtigung des Vermieterinteresses zu beurteilen. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Antragsgegners sei aber nicht zu befürchten.
Auch die befürchtete Zerstörung der Gartenfläche sei unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung schutzwürdiger Vermieter-Interessen zu sehen. Soweit dabei die kurzfristige Unbenützbarkeit des entsprechenden Gartenbereiches angesprochen wurde, wäre vom Antragsgegner darzustellen gewesen, warum sich aus der zeitmäßig sehr eingegrenzten Unbenützbarkeit des betroffenen Gartenbereiches eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Vermieter-Interessen ergeben soll. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Rasenfläche ergebe sich ohnehin aus der dem § 9 Abs 1 Z 3 und 6 MRG zu entnehmenden Verpflichtung des Mieters, nach Beendigung der Umgestaltungsarbeiten den Zustand des Gartenbereiches, der von den Grabungsarbeiten betroffen war, so wiederherzustellen, dass keine Beeinträchtigung bzw Verschlechterung verbleibt. Die auf das Sachverständigengutachten gestützten Feststellungen über die (zu duldenden) Arbeiten an der Stützmauer seien ohne weiteres nachvollziehbar. Es gehe darum, dass die Stützmauer für die Gaszuleitung in einer Breite von 25 cm, einer Tiefe von 20 cm und einer Höhe bis ca 60 cm über Gehsteigkante aufgeschlitzt, der Schlitz dann zugemauert und mit einem Hahntürchen in der Größe von 25 x 25 cm abgedeckt wird. Darüber hinaus sei für die Gasverteilungsleitung von der Stützmauer zum Gebäude ein Durchbruch in der Stützmauer von ca 20 x 20 cm und einer anschließenden Künette mit einer Tiefe von 90 cm und einer Breite von ca 30 bis 40 cm erforderlich. Was daran unklar sein soll, sei unerfindlich.
Soweit der Antragsgegner die Kosten des Vorhabens in Zweifel zog und als nicht vollständig bemängelte, sei festzuhalten, dass der Vermieter zwar ein Kontrollrecht hinsichtlich der vom Mieter geplanten Veränderungen am Mietgegenstand habe, dieses aber weder die Kenntnis des die Arbeiten ausführenden Gewerbetreibenden noch des für die Arbeiten zu zahlenden Preises umfasse. Es sei daher für die Bewilligung des Antrages weder die Vorlage von Kostenvoranschlägen noch die Kenntnis des mit den Arbeiten beauftragten Gewerbetreibenden notwendig (MietSlg 33/8).
Gemäß § 9 Abs 2 MRG könne der Vermieter bei den nicht im Abs 2 leg cit angeführten wesentlichen Veränderungen seine Zustimmung von der Verpflichtung des Hauptmieters zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Zurückstellung des Mietgegenstandes abhängig machen. Dies bedeute, dass im vorliegenden Fall ein Wiederherstellungsinteresse des Vermieters nicht begründet ist, da die Umgestaltung von Beheizungsanlagen als privilegierte Arbeiten iSd § 9 Abs 2 MRG einem Wiederherstellungsinteresse des Vermieters gemäß § 9 Abs 3 MRG entgegenstehen. Wenn daher der Antragsgegner eine Verletzung schutzwürdiger Vermieterinteressen unter anderem darin erblickt, dass eine Wiederherstellung des vorigen Zustandes mangels Zahlungsfähigkeit der Mieter nicht erfolgreich durchsetzbar sein könnte, sei er auf die Bestimmung des § 9 Abs 3 MRG zu verweisen. Da dem Antragsgegner kein Wiederherstellungsanspruch zustehe, könnten seine schutzwürdigen Interessen nicht mit dem Wiederherstellungsinteresse in Verbindung gebracht werden. Insgesamt bestehe daher der von den Antragstellern geltend gemachte Duldungsanspruch zu Recht.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Duldungspflicht des Vermieters bestehe, wenn eine privilegierte Arbeit die Inanspruchnahme von nicht vom Bestandobjekt umfassten Teile einer Liegenschaft wie Gartenflächen erfordert.
Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Antragsgegner primär die Abweisung des Sachantrags der Antragsteller an; hilfsweise hat er einen Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsteller haben sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Der Antragsgegner meint, dass von den Rechtsausführungen der zweiten Instanz, "eigentlich nur die Zitierung des § 9 MRG richtig sei". Mit der bei Verbesserungsarbeiten des Mieters zu duldenden Inanspruchnahme allgemeiner Teile des Bestandobjektes bzw des Hauses könne doch nicht der dem Vermieter gehörige Garten gemeint sein. Jede andere Auslegung widerspreche der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie; der Eigentümer werde doch die Freiheit seines Eigentums genießen dürfen, ohne sich von Dritten stören lassen zu müssen. Dem Antragsgegner werde eine selbst dem Wohnrecht verpönte entschädigungslose Enteignung zugemutet. Wenn das Rekursgericht seine Beeinträchtigung mit dem Hinweis auf die Gesamtfläche des Gartens (1.736 m2) bagatellisiere, werde übersehen, dass die Hanglage des Grundstücks nur eine nutzbare Fläche von etwa 6 bis 7 Meter mal 24 Meter lasse; der Graben werde davon etwa 10 m2, also immerhin rund 7 % beanspruchen. Die mangelnde Erörterung dieses Umstandes werde (auch) als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht. Diese Argumente sind nicht stichhältig.
Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, hat der Vermieter unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 und Z 3 bis 7 MRG ua die Errichtung von Gasleitungs- und Beheizungsanlagen zu dulden (§ 9 Abs 2 Z 1 MRG). Dass hiefür im Regelfall auch Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden müssen, die nicht zum eigentlichen Mietgegenstand gehören bzw nicht mitgemietet sind, liegt auf der Hand. Die dem Vermieter diesbezüglich auferlegte Duldungspflicht kann daher nur so verstanden werden, dass sie durch notwendige Eingriffe in sein Eigentum nicht ausgeschlossen wird. Der notwendige Interessenausgleich ist vielmehr darin zu suchen, dass die Veränderung keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters nach sich ziehen darf (§ 9 Abs 1 Z 5 MRG). In gleicher Weise sind die Interessen anderer Mieter des Hauses geschützt, was ein zusätzlicher Beleg dafür ist, dass der Gesetzgeber bei einzelnen Regelungen des § 9 MRG nicht nur Veränderungen innerhalb eines Mietgegenstands im Auge gehabt hat (vgl auch § 9 Abs 2 Z 4 und Z 5 MRG).
Dass dies nicht mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie zu vereinbaren wäre, trifft nicht zu. Durch den Abschluss eines Bestandvertrages unterwirft sich nämlich der Liegenschaftseigentümer selbst den damit verbundenen Einschränkungen seiner Eigentümerbefugnisse. Unverhältnismäßige Eingriffe kann er ohnehin mit dem Argument einer wesentlichen Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen abwehren (§ 9 Abs 1 Z 5 MRG); eine Schädigung des Hauses oder gar von Personen hat er nicht hinzunehmen (§ 9 Abs 1 Z 6 und Z 7 MRG).
Für eine mögliche Schädigung des Hauses oder von Personen hat sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkt ergeben. Zu Recht hat daher das Rekursgericht nur die drohende Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Antragsgegners durch die Gaszuleitung geprüft. Auch in diesem Punkt haftet seiner Entscheidung keine Fehlbeurteilung an. Die Gartennutzung wäre durch die unterirdische Gasleitung nur dann beeinträchtigt, wenn sie einem Bauvorhaben des Antragsgegners - etwa dem angesprochenen Bau einer Garage, eines Schwimmbeckens oder von Spielgeräten - im Wege stünde. Das reicht jedoch nicht aus, den Antragstellern eine Verbesserung des Mietgegenstandes zu verweigern, die der Gesetzgeber ausdrücklich als verkehrsüblich und im wichtigen Interesse des Mieters liegend erachtet (§ 9 Abs 2 Einleitungssatz MRG). Der insoweit behauptungs- und beweispflichtige Antragsgegner (MietSlg 39/43 ua) hat nämlich die geltend gemachten baulichen Beeinträchtigungen konkretisiert; es lässt sich nicht abschätzen, ob, wo und wann er überhaupt bauen wird.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden
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