OGH 5Ob295/03y

OGH5Ob295/03y10.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Dr. Anton J. G*****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner (Mieter des Hauses *****) 1. Gabriele S***** (top 4), 2. Mag. Olga K***** (top 5), 3. Gerda H***** (top 6), 4. Bogdan K***** (top 7), 5. Luise F***** (top 8), 6. Vera J***** (top 9), 7. Franz M***** (top 10), 8. Johann A***** (top II), 9. Erna W***** (top 12), 10. Ruzica N***** (top 13), 11. Dragan J***** (top 14), 12. Stefa M***** (top 15), 13. Irena P***** (top 16), 14. Renata B***** (top 17), 15. Mag. Ferdinand N***** (top 18), 16. Dorothea K***** (top 19), 17. Blagoje M***** (top 20), 18. Ernst W***** (top 21/22), 19. Mag. Ahmet O***** (top 23/23a), 20. Christoph A***** (top 23b), 21. N. S***** (top 23c/24 [25]), die 7.-, 9.-, 18.- und 20.-Antragsgegner vertreten durch Reinhard Janda, dieser vertreten durch Mag. Michaela Schinnagl, beide Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 10 MRG, §§ 18 ff MRG, über den Revisionsrekurs der 7.-, 9.-, 18.- und 20.-Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Juli 2003, GZ 40 R 166/03p-19, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 20. Mai 2003, GZ 17 Msch 1/03m-12, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Mietrechtssache wird zur neuerlichen, nach allfälliger Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung

Im gegenständlichen Verfahren geht es um die Anhebung der Hauptmietzinse für die Wohnungen des Hauses ***** gemäß §§ 18 ff MRG. Strittig geblieben ist nur die Frage, ob die Kosten für den Einbau eines Aufzugs - genau genommen die Darlehensrückzahlungen für den nicht geförderten Teil der Errichtungskosten - in das Deckungserfordernis einzurechnen sind. Dazu ist aus dem festgestellten Sachverhalt lediglich hervorzuheben, dass der Aufzug erst errichtet und - teils durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss des Landes Wien, teils durch ein von der Rechtsvorgängerin des Antragstellers aufgenommenes ungefördertes Darlehen - finanziert wurde, als das Mietzinserhöhungsverfahren bereits anhängig war. Nach Ansicht der Antragsgegner fehlten damit die in § 4 Abs 3 MRG normierten Voraussetzungen für die Aufnahme der Darlehensrückzahlungen in die Hauptmietzinsabrechnung gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG, weil immer klar gewesen sei, dass die Errichtung des Aufzugs nicht aus den Mietzinsreserven der letzten zehn Kalenderjahre gedeckt werden können.

Beide Vorinstanzen entschieden in diesem Streitpunkt (mit hier nicht relevanten Modifikationen) zugunsten des Antragstellers (dem die Verlassenschaft der seinerzeitigen Hauseigentümerin Josefa P***** mittlerweile eingeantwortet wurde), beschlossen also eine Erhöhung der Hauptmietzinse auf Basis einer Einrechnung der Aufzugserrichtungskosten in das Deckungserfordernis. Das Rekursgericht begründete diese Entscheidung wie folgt:

Die Kosten für nützliche Verbesserungen des Miethauses könnten gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG grundsätzlich uneingeschränkt als Ausgaben in die Hauptmietzinsabrechnung aufgenommen werden, soweit sie ordnungsgemäß belegt sind. Die Ansicht, dass nützliche Verbesserungen nur nach Maßgabe des § 4 Abs 3 MRG verrechnet werden dürften, sei nur insoweit zutreffend, als in einem Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse zu prüfen sei, inwieweit aus einer ex ante-Sicht zum Zeitpunkt der Durchführung der Verbesserungsarbeit (keine) Erhaltungsarbeiten erforderlich waren und inwieweit aus der damaligen Perspektive die Deckung nach § 4 Abs 3 MRG gegeben war (vgl E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 20 Rz 39 ff). Dass die seinerzeitige Hauseigentümerin etwa ohne Bedachtnahme auf die Notwendigkeit der ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses die Errichtung des Aufzuges den erforderlichen Erhaltungsarbeiten unter bewusster Inkaufnahme einer Interessenverletzung der Mieter vorgezogen hätte, sei von den Antragsgegnern nicht behauptet worden. Darauf, ob die Kosten der Verbesserung in der damaligen Mietzinsreserve Deckung fanden, komme es nicht an. § 4 Abs 3 MRG treffe nur eine Aussage darüber, unter welchen Umständen der Vermieter verpflichtet ist, nützliche Verbesserungsarbeiten durchführen zu lassen, ohne dass damit eine Aussage über deren Behandlung in der Hauptmietzinsabrechnung oder die freiwillige Setzung von Verbesserungsmaßnahmen getroffen werde. Die Aufnahme der Kosten der für die Aufzugserrichtung von der seinerzeitigen Hauseigentümerin aufgenommenen Eigenmittel (einschließlich Verzinsung) als Ausgabenpost in die Hauptmietzinsabrechnungen sei daher zu Recht erfolgt. Ob sich diese Berechtigung zusätzlich aus § 20 Abs 1 Z 2 lit d MRG ergäbe, sei nicht weiter zu prüfen gewesen.

Zur Klärung der eingangs angeführten Rechtsfrage wurde ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss haben die im Kopf der gegenständlichen Entscheidung zu Pkt 7., 9., 18. und 20. angeführten Antragsgegner Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, eine Neuberechnung der monatlichen Mietzinsbelastung unter gänzlichem Wegfall der Darlehensrückzahlungen für die Errichtung des Aufzugs durchzuführen; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Vom Antragsteller (dessen Rechtsvorgängerin) liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den rekursgerichtlichen Sachbeschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels einschlägiger Judikatur zulässig; er erweist sich iS seines Aufhebungsbegehrens auch als berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber beharren im Wesentlichen auf ihrem Rechtsstandpunkt, dass die für nützliche Verbesserungen aufgewendeten Beträge nur dann gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG als Ausgaben in die Hauptmietzinsabrechnung aufgenommen werden dürfen, wenn hiefür nach Maßgabe des § 4 Abs 3 MRG Mietzinsreserven zur Verfügung stehen. Eine diesbezügliche Kontrolle sei den Mietern nur anlässlich einer Mietzinserhöhung nach §§ 18 ff MRG möglich, sodass sich bei Verbesserungen, die vor Einleitung eines Mietzinserhöhungsverfahrens durchgeführt wurden, das Problem einer ex ante-Betrachtung stelle. Im gegenständlichen Fall der Durchführung von Verbesserungsarbeiten im Zuge eines bereits laufenden Mietzinserhöhungsverfahrens sei jedoch von Anfang an klar gewesen, dass die hiefür aufgewendeten Kosten nicht aus den Mietzinsreserven der letzten Kalenderjahre gedeckt werden können, da diese nicht einmal zur Finanzierung von Erhaltungsarbeiten reichten. Aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen ergebe sich eindeutig, dass die Mietzinsreserve vorrangig zur Deckung des Erhaltungsaufwandes verwendet werden müsse und die Kosten von Verbesserungsarbeiten nur dann die Mietzinsreserve mindern, wenn keine Erhaltungsarbeiten anstehen und sich keine Finanzierungslücke ergibt. Das sei objektiv zu beurteilen und nicht davon abhängig zu machen, ob dem Vermieter vorzuwerfen ist, bewusst eine Verletzung von Mieterinteressen in Kauf genommen zu haben. Damit scheide die Aufnahme der Rückzahlungsraten für das von der Antragstellerin aufgenommene Aufzugs-Darlehen in die Passiva der Hauptmietzinsabrechnungen nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG aus. Es fehlten aber auch die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Darlehensrückzahlungen als Ausgaben-Post nach § 20 Abs 1 Z 2 lit d MRG, weil das Eigenmittelersatzdarlehen der Antragstellerin nicht gefördert wurde.

Der Antragsteller teilt hingegen - kurz zusammengefasst - den Rechtsstandpunkt des Rekursgerichtes. Mit der Regelung des § 20 MRG habe der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, nur jene Ausgaben von der Aufnahme in die Hauptmietzinsabrechnung auszunehmen, die nicht den Mietern zugute kommen. Es könne demnach nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen sein, den Mietern des Hauses einen Aufzug praktisch gratis zur Verfügung zu stellen. Um den Tatbestand des § 20 Abs 1 Z 2 lit d MRG zu erfüllen, reiche die Gewährung irgend einer öffentlichen Förderung der Verbesserungsarbeit aus; es könne keinen Unterschied machen, ob dem Vermieter Annuitätenzuschüsse gewährt werden oder ob dieser einen einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschuss erhält.

Dazu wurde erwogen:

Wie die Rechtsmittelwerber zutreffend ausführen, sind die Regelungen des MRG über die Zweckbindung eingehobener Hauptmietzinse primär vom Bestreben des Gesetzgebers getragen, die Erhaltung des Miethauses im ortsüblichen Standard sicherzustellen. Es liegt daher nahe, den in der Definition des verrechnungsfähigen Verbesserungsaufwands (§ 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG) enthaltenen Verweis auf § 4 MRG so zu verstehen, dass er auch das Tatbestandsmerkmal des Abs 3 leg cit umfasst, wonach nur Ausgaben für solche Verbesserungen in die Hauptmietzinsabrechnung aufgenommen werden dürfen, die nach Maßgabe der Z 1 durch die Mietzinsreserve der vorausgegangenen zehn Kalenderjahre oder nach Maßgabe der Z 2 durch eine Kostenübernahme gedeckt sind. Was für die Verpflichtung des Vermieters gilt, nützliche Verbesserungen durchzuführen, hat daher auch für das korrespondierende Recht zu gelten, zur Finanzierung der Verbesserungsarbeiten die Mietzinsreserve in Anspruch zu nehmen (idS Würth in Rummel Aufl 1 bis 3, Rz 4 zu § 4 MRG). Dass der dritte Absatz des § 4 MRG nur regle, unter welchen Umständen der Vermieter zur Durchführung nützlicher Verbesserungen verpflichtet ist, wogegen der Kreis jener Verbesserungen, deren Kosten gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG in die Hauptmietzinsabrechnung aufgenommen werden dürfen, ausschließlich im Abs 2 des § 4 MRG umschrieben sei (wie das Rekursgericht im Anschluss an E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 40 zu § 20 MRG meint), trifft schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht zu. Die ganze Regelung des § 4 MRG stellt nämlich vordergründig auf nützliche Verbesserungen ab, die der Vermieter - so Abs 1 leg cit - "durchzuführen hat", sodass deren auf § 4 Abs 1 MRG ("unter den Voraussetzungen des Abs 1") Bezug nehmende Definition in Abs 2 leg cit keineswegs den Schluss nahelegt, die Verwendung des Begriffs an anderer Stelle (§ 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG mit dem Verweis auf § 4 MRG als Ganzes) verlange nach einer Differenzierung zwischen Verbesserungsaufwendungen, die der Vermieter machen muss, und solchen, die er in die Hauptmietzinsabrechnungen aufnehmen darf. Argumente der systematischen und teleologischen Auslegung sprechen sogar dagegen, sodass sich der erkennende Senat der Lehrmeinung von Würth anschließt, wonach ein Verbesserungsaufwand des Vermieters nur nach Maßgabe des § 4 Abs 3 MRG eine Passivpost in der Hauptmietzinsabrechnung bilden kann (aaO Rz 6 zu § 20 MRG; derselbe in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 11 zu § 20). Dieser Ansicht ist bereits Krejci (in Korinek/Krejci, HB zum MRG, Die mietvertraglichen Rechte und Pflichten nach den §§ 3 - 10 MRG, 203) gefolgt. Sie ist überzeugender als jene von E. M. Hausmann (aaO), die einerseits zwischen Verbesserungsaufwendungen unterscheidet, die der Vermieter machen muss und (zu Lasten der Mietzinsreserve) machen darf, andererseits bei der zweifellos notwendigen ex ante-Betrachtung verrechnungsfähiger Ausgaben an die bewusste Inkaufnahme einer Verletzung von Mieter-Interessen durch den Vermieter anknüpfen, also eine subjektive Komponente berücksichtigt haben will, obwohl es bei der gebotenen Kalkulierbarkeit einer Mietzinserhöhung doch nur auf die objektive Vorhersehbarkeit einer Aufzehrung der Mietzinsreserve durch heranstehende Erhaltungsarbeiten ankommen sollte. Im hier zu beurteilenden Fall der Durchführung von Verbesserungsarbeiten im Zuge eines bereits laufenden Mietzinserhöhungsverfahrens (also bei offenkundiger Erschöpfung der Mietzinsreserve) stellt sich diese Frage nicht; es ist so oder so davon auszugehen, dass § 20 Abs 1 Z 2 lit a MRG keine Handhabe für die Aufnahme des Verbesserungsaufwands in die Hauptmietzinsabrechnung bietet.

Entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers sind die Rückzahlungsraten für den zur Finanzierung des Lift-Einbaus aufgenommenen Kredit aber auch nicht nach § 20 Abs 1 Z 2 lit d MRG verrechenbar. Diese Bestimmung erlaubt die Verrechnung von Beträgen, die zur Tilgung und Verzinsung eines Förderungsdarlehens eines Landes (hier des Landes Wien) oder eines von diesem geförderten Darlehens (Kredits) aufgewendet wurden, was auf die Rückzahlung des von der Rechtsvorgängerin des Antragstellers aufgenommenen Kredits gerade nicht zutrifft. Sie hat zur Förderung des Lifteinbaus einen nicht rückzahlbaren Zuschuss des Landes Wien in der Höhe von 60 % des Aufwandes erhalten und musste 40 % der Kosten aus Eigenmitteln aufbringen. Der hiefür in Anspruch genommene Kredit (und dessen Rückzahlung) ist nicht gefördert, weshalb auch der Tatbestand des § 20 Abs 1 Z 2 lit d MRG nicht erfüllt ist.

Damit gingen die Vorinstanzen bei der beschlossenen Mietzinserhöhung von unrichtigen Zahlen aus. Es war daher gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528a, § 510 Abs 1 letzter SatzZPO wie im Spruch zu entscheiden.

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