Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis 18b MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Antragsgegnerinnen sind einerseits allein, andererseits gemeinsam Mieterinnen von vier Geschäftslokalen im Haus ***** in*****. Die Antragsteller sind Eigentümer dieses Hauses.
Die Erstantragsgegnerin ist eine Gesellschaft mbH & Co KG, die Zweitantragsgegnerin ist alleinige Komplementärin der Erstantragsgegnerin.
Durch die Rechtsnachfolge nach dem Tod des Gesellschafters Hans S***** am 1. 12. 1993 infolge Einantwortung am 4. 5. 1994 traten gesellschaftsrechtliche Veränderungen ein, die zusammengefaßt bewirkten, dass hinsichtlich der Erstantragsgegnerin Dr. Hans S*****, der davor 60 % der Geschäftsanteile der Erstantragsgegnerin als Kommanditist gehalten hatte, nunmehr 95 % der Gesellschaftsanteile hält. Komplementärin ist die Zweitantragsgegnerin, die Gesellschaftsanteile von 5 % hält.
Hinsichtlich der Zweitantragsgegnerin wurden die 50 % Geschäftsanteile des Hans S***** zu je 25 % an Nikolaus S***** und Nina S***** übertragen, die bisher keine Geschäftsanteile besessen hatten.
Die Antragsteller ziehen nicht in Zweifel, dass durch diese gesellschaftsrechtlichen Vorgänge kein Machtwechsel im Sinn des § 12a Abs 3 MRG verwirklicht wurde.
Gestützt auf § 46a Abs 1 iVm § 12a Abs 3 MRG begehren die Antragsteller von den Antragsgegnern ab 1. 5. 1994 einen auf § 16 Abs 1 MRG angehobenen Hauptmietzins für die Geschäftslokale mit nachstehender Begründung:
Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens sei es durch Abtretungsvertrag vom 2. 3. 1994 von Dr. Herbert S***** an Dr. Hans S*****, beide präsumtive Erben nach Hans S***** dazu gekommen, dass Dr. Hans S***** über einen Geschäftsanteil von 75 % an der 2. Antragsgegnerin verfügt habe. Mit Ergänzung zum Testament des Hans S***** vom 11. 2. 1991 habe dieser jedoch verfügt, dass seine Geschäftsanteile an der Zweitantragsgegnerin mittels Vermächtnisses seinen Enkeln Nikolaus und Nina S***** zukommen sollten. Daraufhin sei am 22. 4. 1994 ein Aufhebungs- und Abtretungsvertrag zustande gekommen, worin Dr. Hans S***** und Dr. Herbert S***** den Abtretungsvertrag vom 2. 3. 1994 aufgehoben hätten und Nikolaus S***** und Nina S***** je einen Geschäftsanteil von 25 % an der Zweitantragsgegnerin übertragen hätten. Mit der Einantwortung am 4. 5. 1994 hätten jedoch beide Verträge, nämlich der ursprüngliche Abtretungsvertrag vom 22. 3. 1994 sowie der dann folgende Aufhebungs- und Abtretungsvertrag vom 20. 4. 1994 Wirksamkeit erlangt, sodass im Zeitpunkt der Einantwortung sich die Geschäftsanteile des Dr. Hans S***** an der Zweitantragsgegnerin um 25 % auf 75 % erhöht hätten. Dies komme einem Kippen der Mehrheitsverhältnisse im Sinn ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung gleich. Darauf, wie lange dieser Rechtszustand angedauert habe, komme es nicht an.
Zum weiteren habe der Erblasser verfügt, dass seine Enkel Nikolaus und Nina S***** hinsichtlich der ihnen vermachten Geschäftsanteile an der Zweitantragsgegnerin Anbote auf Abtretung der vermachten Anteile an Dr. Hans S***** zu errichten hätten. Solche Abtretungsanbote seien in der Folge auch erstattet und Dr. Hans S***** ausgefolgt worden. Demnach sei es Dr. Hans S***** jederzeit möglich, durch einseitige Erklärung diese Anbote anzunehmen, womit er vom Minderheitsgesellschafter zum beherrschenden Gesellschafter der Zweitantragsgegnerin werde. Dr. Hans S***** sei infolge dieser annehmbaren Abtretungsanbote Machthaber der Zweitantragsgegnerin in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht, weshalb diesbezüglich eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft der Zweitantragsgegnerin, somit der Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG verwirklicht sei.
Darüber hinaus brachten die Antragsteller vor, dass die in den Notariatsakten vom 2. 3. 1994 und vom 20. 4. 1994 getroffenen Abtretungsvereinbarungen, womit den Gesellschaftern Nikolaus und Nina S***** nur eine treuhändige Gesellschafterstellung zukomme, nur zur Umgehung der Anhebungsmöglichkeit nach § 12a Abs 3 MRG getroffen worden und daher nicht zu beachten seien. Tatsächlich sei es dadurch zu einem Machtwechsel im Sinn des § 12a Abs 3 MRG gekommen.
Die Antragsgegner bestritten dieses Vorbringen und begehrten die Abweisung des auf Feststellung der Zulässigkeit der Anhebung des Hauptmietzinses auf den nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzins gerichteten Antrags. Zu einem Machtwechsel sei es nicht gekommen. Auch liege keine Umgehungsabsicht vor. Die Aufhebung des Abtretungsvertrags und der neuerliche Abtretungsvertrag vom 22. 4. 1994 seien infolge einer später aufgefundenen letztwilligen Verfügung des Erblassers geschlossen worden, in welchem er seine Geschäftsanteile an der Zweitantragsgegnerin Nikolaus und Nina S***** als Legat vorgesehen habe. Ein zuvor zwischen den präsumtiven Erben geschlossener Abtretungsvertrag hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Zweitantragsgegnerin sei auch vor Einantwortung nicht wirksam geworden. Es sei daher nie zu einem Ansteigen der Beteiligung des Dr. Hans S***** zu 75 % an der Zweitantragsgegnerin gekommen.
Beide Vorinstanzen haben das Begehren der Antragsteller mit der Begründung abgewiesen, die Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens nach Hans S***** hätten keinen Machtwechsel in den Gesellschaften der Erst- und Zweitantragsgegnerin bewirkt. Zu der im Abtretungsvertrag vom 2. 3. 1994 vorgesehenen Vermehrung der Geschäftsanteile des Dr. Hans S***** an der Zweitantragsgegnerin von 25 % auf 75 % sei es infolge Aufhebung dieses Vertrages und Abtretung der Anteile an Nikolaus und Nina S***** noch vor Einantwortung nicht gekommen. Die Wirksamkeit des Übergangs der Geschäftsanteile sei erst mit der Einantwortung erfolgt. Dr. Hans S***** sei damit auch nicht vorübergehend 75 %iger Gesellschafter der Zweitantragsgegnerin geworden.
Das aufrechte Abtretungsanbot hinsichtlich der Geschäftsanteile des Nikolaus und der Nina S***** an Dr. Hans S***** bewirke ebenfalls keinen Machtwechsel. Dadurch werde wirtschaftliches Eigentum an den Gesellschaftsanteilen so lange nicht bewirkt, bis nicht das Anbot angenommen werde.
Die Vorinstanzen verneinten auch, dass die Abtretung der Geschäftsanteile oder das Abtretungsanbot als Umgehungstatbestand zu werten seien. Damit sei nur dem Willen des Erblassers vom 11. 2. 1991 Rechnung getragen worden, dies zu einem Zeitpunkt, in dem die hier anzuwendende Bestimmung noch nicht existiert habe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und ein ordentlicher Revisionsrekurs mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs machen die Antragsteller zusammengefasst neuerlich geltend, dass Dr. Hans S***** jedenfalls im Zeitpunkt der Einantwortung am 4. 5. 1994 auf Grund des Abtretungsvertrages vom 22. 3. 1994 seine Gesellschaftsanteile an der Zweitantragsgegnerin von 25 % auf 75 % verändert und erhöht habe. Dies komme einem Kippen der Mehrheitsverhältnisse und damit einem Machtwechsel im Sinn des § 12a Abs 3 MRG gleich.
Rechtliche Beurteilung
Dem ist mit den Vorinstanzen entgegenzuhalten, dass eine zwischen den präsumtiven Erben getroffene Abtretungsvereinbarung über die Geschäftsanteile des Erblassers an der Zweitantragsgegnerin zu ihrer Wirksamkeit die Einantwortung voraussetzte. Bevor es zur Einantwortung kam, wurde jedoch dieser Abtretungsvertrag wieder aufgehoben. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso diese Vereinbarung - wenn auch nur für das Ausmass einer sogenannten "juristischen Sekunde" im Zeitpunkt der Einantwortung wieder aufleben sollte. Schon das Erstgericht hat zutreffend ausgeführt, dass Nikolaus und Nina S***** als Vermächtnisnehmer ihren Anspruch zwar einerseits aus der letztwilligen Verfügung vom Erblasser ableiteten, diese Berufung ihnen jedoch nur ein obligatorisches Forderungsrecht gegen den beschwerten Erben gab, sodass diese die vermachte Sache erst durch eine Erfüllungshandlung auf den Vermächtnisnehmer übertragen mussten. Ist ein Geschäftsanteil Gegenstand eines Legats, so hat der Erbe diesen Gesellschaftsanteil an den Legatar zu übertragen (SZ 59/219; Eccher in Schwimann Rz 5 zu § 484 ABGB). Wenn also Dr. Hans S***** und Dr. Herbert S***** im Abtretungsvertrag vom 22. 4. 1994 die Geschäftsanteile an der Zweitantragsgegnerin an Nikolaus und Nina S***** übertragen haben, haben sie damit in Erfüllung des Vermächtnisses gegenüber den beiden Legataren gehandelt. Die zuvor von ihnen vorgenommene Abtretung und Aufhebung der Abtretung war hiefür nicht Voraussetzung. Es kann also keine Rede davon sein, dass Dr. Hans S***** - zumindest vorübergehend - zu 75 % Gesellschaftsanteile an der Zweitantragsgegnerin besessen hätte, ohne dass damit eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung verbunden wäre.
Zur Frage, welchen Einfluss konkrete Machtverhältnisse in einer Gesellschaft, die durch gesellschaftsrechtliche Stimmbindungsverträge, Mehrheits-, Einstimmigkeitserfordernisse, Weisungs-, Vetorechte oder auch Abtretungsanbote bewirkt werden, auf die Frage eines Machtwechsels in einer Gesellschaft und damit eine Beurteilung nach § 12a Abs 3 MRG haben, liegt noch keine Rechtsprechung vor. Verschiedene Autoren (vgl Reich-Rohrwig, ecolex spezial, 70; Ostheim in WoBl 1993, 209 ff) haben sich, wenn auch teilweise divergent mit entsprechenden Fragen befasst. So hat etwa Reich-Rohrwig (aaO, 82) letztlich dafürgehalten, dass auch Syndikatsverbindungsverträge nur dann, wenn sie wirtschaftlich einem Anteilskauf nahekommen, unter dem Aspekt des § 12a Abs 3 MRG eine Änderung rechtlicher und wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bewirken können. Ein vertieftes Eingehen auf diese Fragen macht der vorliegenden Anlassfall jedoch nicht erforderlich. Ein Abtretungsanbot allein begründet nämlich selbst dann noch kein "wirtschaftliches Eigentum" am angebotenen Geschäftsanteil, wenn ein unbefristetes und unwiderrufliches Anbot auf Rückabtretung eines Geschäftsanteils vorliegt (vgl Reich-Rohrwig, WBl 1987, 229 mit Rechtsprechungshinweisen). Im vorliegenden Fall wurde nicht einmal behauptet, dementsprechend fehlt auch jede Feststellung, dass das an Dr. Hans S***** gerichtete Anbot unwiderruflich und unbefristet wäre. Daneben steht fest, dass entsprechend den gesetzlichen Stimmrechtsregelungen die Gesellschafter Nikolaus und Nina S***** über die ihnen zukommenden Stimmrechte verfügen können. Ebenfalls steht nicht fest, dass die Gewinnberechtigungen der Gesellschafter Nikolaus und Nina S***** vom Ausmass ihrer Geschäftsanteile abweichen.
Den Antragstellern ist es daher nicht gelungen, Umstände darzutun, die aus den bestehenden Abtretungsanboten Hinweise auf ein dissimmuliertes Geschäft (Treuhand) oder aber eine wirtschaftliche Beherrschung der Zweitantragsgegnerin durch den Anbotempfänger Dr. Hans S***** ableiten ließen.
Solange solche Umstände nicht hervorgekommen sind, gilt, dass das bloße Vorliegen von Abtretungsanboten hinsichtlich der betreffenden GmbH-Gesellschaftsanteile nicht als Änderung in den rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten zu werten ist, sodass die nach § 12a Abs 3 MRG erforderlichen Voraussetzungen nicht bewirkt sind.
Auch in der Beantwortung dieser Frage liegt entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung begründet.
Spruchgemäß war daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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