OGH 5Ob284/98w

OGH5Ob284/98w10.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Einbücherungssache der Antragstellerin Republik Österreich (Verwaltung des öffentlichen Wassergutes), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Einbücherung von Grundstücken des öffentlichen Wassergutes der KG *****, infolge Revisionsrekurses der Einschreiter 1.) Hans Jörg P*****, und 2.) Herwig P*****, beide vertreten durch Dr. Arnulf Kracker-Semler und Dr. Horst Kilzer, Rechtsanwälte in 9500 Villach, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. September 1998, 3 R 288/98g, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 4. August 1998, 11 Nc 224/97i-30, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 4. 8. 1998 hat das Erstgericht in Stattgebung eines Einbücherungsantrages der Republik Österreich die bisher in keinen Grundbuch eingetragenen Grundstücke 1189, 1190/1, 1190/2, 1197/1, 1197/2, 1198/1, 1198/2, 1199/1, 1199/2, 1199/3, 1219, 1220, 1222, 1223 und 1232 der KG B***** der Einlage EZ ***** mit Wirksamkeit vom 14. 8. 1998 zugeschrieben. Insoweit blieb die Entscheidung unangefochten.

Der erwähnte Beschluß enthält darüberhinaus in einer Wiedergabe des nach § 65 Abs 2 AllgGAG ergangenen Beschlusses des Oberlandesgerichtes Graz vom 16. 7. 1998 (auf den das Erstgericht mit den Worten "demgemäß werden nachstehende Eintragungen angeordnet ....." seine Entscheidung stützte) den Satz: "Das Richtigstellungsverfahren unterbleibt." Das Oberlandesgerichtes Graz hatte so entschieden, obwohl die Einschreiter im Zuge des Einbücherungsverfahrens die Eintragung eines Fischereirechtes betreffend die Grundstücke 1198/1, 1199/1 und 1199/2 als vererbliche Personalservitut zu ihren und ihrer Rechtsnachfolger Gunsten gefordert hatten, der Eintragungsentwurf des Erstgerichtes aber (auf Grund von Einwendungen der Antragstellerin) eine solche Grundbuchseintragung aber nicht vorsah. Demgegenüber war dem Eintragungsbegehren eines Holznutzungsberechtigten sowohl im Entwurf der Grundbuchsergänzung als auch im Einbücherungsbeschluß entsprochen worden.

Die Einschreiter wollen die Einleitung des Richtigstellungsverfahrens erreichen, um dort die von ihnen beanspruchte Dienstbarkeit geltend zu machen.

Den darauf abzielenden Rekurs gegen die erstgerichtliche Entscheidung wies das Rekursgericht aus folgenden Erwägungen zurück:

Wie sich aus dem Akt zweifelsfrei ergebe, habe das Erstgericht mit dem angefochtenen gar Beschluß nicht selbst entschieden (entscheiden wollen), daß das Richtigstellungsverfahren zu unterbleiben hat; dies habe vielmehr das (gemäß § 65 Abs 2 AllgGAG auch zuständige) Oberlandesgericht Graz getan. Das Erstgericht habe (jedenfalls im Zusammenhang mit dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz) erkennbar bloß im Rahmen der nach dem Beschluß des Oberlandesgerichtes erforderlichen Eintragungsanordnung (die als solche gar nicht bekämpft wurde) einleitend den Inhalt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes wiederholt. Dazu sei das Erstgericht zwar nicht verpflichtet gewesen (vgl RPflSlgG 844), jedoch sei dadurch keine für die Rekurswerber relevante, also für sie nachteilige Änderung der Rechtsposition eingetreten. Demgemäß sei der Rekurs schon mangels Beschwer zurückzuweisen (vgl etwa Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 E 1 f zu § 9; Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4 E 16 ff zu § 122).

Der Vollständigkeit halber sei noch folgendes klargestellt:

Fasse man den Beschluß des Erstgerichtes grundsätzlich als solchen im Sinne des § 31 AllgGAG auf (vgl RPflSlgG 844), so sei zwar (abgesehen von der mangelnden Beschwer) dessen Anfechtung gemäß § 62 AllgGAG nicht ausgeschlossen, jedoch richte sich diese nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen. Im Außerstreitverfahren betrage die Rekursfrist aber 14 Tage (§ 11 Abs 1 AußStrG). Der angefochtene Beschluß sei sowohl den Rekurswerbern selbst wie auch ihrem Vertreter am 11. 8. 1998 zugestellt worden. Der am 7. 9. 1998 zur Post gegebene Rekurs sei daher verspätet. Eine Berücksichtigung des verspäteten Rekurses im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG komme nicht in Betracht, weil der angefochtene Beschlußteil - sollte er doch konstitutive Wirkung haben, also die, daß, durch ihn das Richtigstellungsverfahren ausgeschlossen wird - wohl nicht ohne Nachteil der Antragstellerin bzw des (der) neu eingetragenen Holznutzungsberechtigten abgeändert werden könnte. Denn sowohl die Antragstellerin (bezogen auf die Rekurswerber) als auch der (die) Dienstbarkeitsberechtigten (bezogen auf die Antragstellerin) hätten wohl ein Interesse am Unterbleiben des Richtigstellungsverfahrens, könnte es darin doch zu einer für sie nachteiligen Änderung des Grundbuchstandes kommen.

Aus diesen Gründen sei der Rekurs zurückzuweisen gewesen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, das der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob durch einen wie oben dargestellten Beschlußteil (bloße Wiedergabe des Beschlusses eines anderen Gerichtes, was allerdings erst bei Kenntnis dieses anderen Beschlusses völlig klar ist) ein Beteiligter beschwert ist und ob sich der rekursgegenständliche Teil des angefochtenen Beschlusses noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Einschreiter im wesentlichen geltend, daß der erstgerichtlichen Entscheidung hinsichtlich des Ausschlusses des Richtigstellungsverfahrens sehr wohl konstitutive Wirkung zuzumessen sei, weil ja der nach § 65 Abs 2 AllgGAG ergangene Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz gar nicht selbständig angefochten werden konnte. Wolle man jetzt auch noch die Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses nicht zulassen, komme dies dem Ausschluß des rechtlichen Gehörs gleich. Die Einschreiter seien durch den Ausschluß des Richtigstellungsverfahrens auch beschwert, weil ihnen diese Möglichkeit einer Durchsetzung ihres Rechtsstandpunktes, an einigen der eingebücherten Grundstücke Fischereirechte zu besitzen, genommen wurde. Was die vom Rekursgericht angenommene Verfristung ihres Rechtsmittels betreffe, hätte gemäß § 62 AllgGAG iVm § 123 GBG die dreißigtägige Rekursfrist angewendet werden müssen. Selbst bei Anwendung der vierzehntägigen Rekursfrist des § 11 Abs 1 AußStrG hätte das Rechtsmittel gemäß § 2 leg cit sachlich erledigt werden müssen, da von einer Benachteiligung Dritter nicht gesprochen werden könne, wenn sie sich der Geltendmachung der strittigen Dienstbarkeit in einem außerstreitigen statt in einem streitigen Verfahren stellen müssen.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung zuzulassen und diesen Beschluß so abzuändern, daß das Richtigstellungsverfahren nicht zu unterbleiben hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Beschluß, mit dem das zur Anlegung oder Ergänzung des Grundbuchs zuständige Bezirksgericht (siehe dazu näheres in den Anmerkungen zu § 14 AllgGAG in Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4) die Einbücherung von Grundstücken anordnet, gehört nach § 62 AllgGAG noch dem außerstreitigen Anlegungs- bzw Ergänzungsverfahren an. Für den Rekurs gegen eine solche Entscheidung gilt daher die in § 11 Abs 1 AußStrG normierte Frist von 14 Tagen. Daß diese Frist versäumt wurde, stellen die Rechtsmittelwerber gar nicht in Abrede. Es ist daher nur zu untersuchen, ob § 11 Abs 2 AußStrG die sachliche Behandlung des verspäteten Rekurses gegen die erstinstanzliche Entscheidung gebietet.

Nach dieser Gesetzesbestimmung bleibt es dem Ermessen des Gerichtes überlassen, ob nach verstrichener Frist auf Vorstellungen und Beschwerden in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen ist, in denen sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Nur eine fehlerhafte Ausübung des richterlichen Ermessens durch die zweite Instanz könnte daher im gegenständlichen Fall zur Aufhebung der angefochtenen Rechtsmittelzurückweisung führen.

Zu den Kriterien der Ermessensentscheidung, ob in außerstreitigen Angelegenheiten ein verspätetes Rechtsmittel berücksichtigt, also inhaltlich erledigt wird, gehören die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung (vgl 6 Ob 97/97a = ÖJZ-LSK 1998/36). Diese hat das Rekursgericht zutreffend verneint.

Die Entscheidung, ob bei der Einbücherung öffentlichen Gutes das (der Grundbuchsergänzung nachfolgende) Richtigstellungsverfahren einzuleiten ist oder zu unterbleiben hat, trifft gemäß § 65 Abs 2 AllgGAG das jeweils zuständige Oberlandesgerichtes. Die das Einbücherungsverfahren abschließende Entscheidungskompetenz des Erstgerichtes erschöpft sich darin, nach Einhaltung des in §§ 16 ff AllgGAG vorgesehenen Verfahrens (zu dem die Vorlage eines Eintragungsentwurfs an das Oberlandesgerichtes zur Prüfung sowie zur Festsetzung des Tages des Wirksamwerdens des neuen Grundbuchs und zur Entscheidung über die Einleitung bzw Unterlassung des Richtigstellungsverfahrens gehört) die Ergänzung des Grundbuchs anzuordnen. Richtigerweise hat daher das Rekursgericht erkannt, daß das von den Rechtsmittelwerbern angestrebte Ziel einer Durchführung des Richtigstellungsverfahrens nicht durch eine Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses zu erreichen ist.

Ein Rechtsschutzdefizit für die Rechtsmittelwerber ist daraus nicht zu befürchten. Abgesehen davon, daß ihnen zur Durchsetzung ihres Begehrens, die beanspruchte Dienstbarkeit eintragen zu lassen, der Rechtsweg offensteht (vgl SZ 38/206), vertritt der erkennende Senat die Auffassung, daß der Beschluß des Oberlandesgerichtes, mit dem gemäß § 65 Abs 2 AllgGAG ausgesprochen wird, daß das Richtigstellungsverfahren zu unterbleiben hat, angefochten werden kann. In der Entscheidung EvBl 1996/83 (RPflSlgG 844) wurde dies offengelassen. § 62 AllgGAG enthält zwar nach gängiger Rechtsmeinung eine taxative Aufzählung der im Zuge einer Anlegung oder Ergänzung des Grundbuchs anfechtbaren Entscheidungen, ohne den in § 65 Abs 2 AllgGAG angeführten Beschluß des Oberlandesgerichtes explizit zu erwähnen, billigt jedoch den Beschlüssen im Richtigstellungsverfahren generell die Anfechtbarkeit zu. Kraft Größenschlusses muß deshalb der Beschluß anfechtbar sein, mit dem angeordnet wird, von der Einleitung des Richtigstellungsverfahrens überhaupt abzusehen. Die Rechtsmittelwerber hatten also die Möglichkeit, den sie benachteiligenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz anzufechten. Ob diese Möglichkeit immer noch besteht, ist hier nicht zu entscheiden. Die Anfechtung des erstinstanzlichen Grundbuchsbeschlusses war jedenfalls der falsche Weg, die Einleitung des Richtigstellungsverfahrens erzwingen zu wollen.

Die Zurückweisung des Rekurses war daher durch die pflichtgemäße Ausübung des dem Gericht bei der Behandlung verspäteter Rechtsmittel eingeräumten Ermessens gedeckt.

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