OGH 5Ob260/02z

OGH5Ob260/02z21.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Metin K*****, vertreten durch Mag. Tanja Kaufmann, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, Bezirksorganisation Floridsdorf, Brünnerstraße 34-38, 1210 Wien, wider die Antragsgegner 1. Karl H*****, 2. Elfriede H*****, beide vertreten durch Dr. Friedrich Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm §§ 3, 6 und 18 MRG, infolge des Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Juli 2002, GZ 39 R 176/01z-19, womit der Sachbeschluss des Bezirksgeriches Floridsdorf vom 2. Jänner 2002, GZ 26 Msch 42/00t-12, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Eigentümer der Liegenschaft mit der Grundstücksadresse ***** in *****, der Antragsteller ist Mieter der in diesem Haus gelegenen Wohnung top Nr 15.

Im bezeichneten Haus ist das Dach schadhaft, es muss die Dacheindeckung, die Verblechung und die Dachbodenrinne abgetragen und erneuert werden. Die außenseitigen Fenster der Wohnung des Antragstellers müssen instandgesetzt werden, wozu das Entfernen des Pfostenstocks der Fenster erforderlich ist sowie die Entfernung und der Einbau neuer Holzaußenfenster, die Herstellung von Verglasung und Anstrich. Überdies ist die Montage eines neuen Haustorschlosses, das defekt ist, notwendig.

Vor Inangriffnahme der Dachdecker- und Spenglerarbeiten ist die Dachtragkonstruktion (Sparren) auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen. Die Kosten eines dafür erforderlichen Gutachtens betragen S 30.000. Die Gesamtkosten der Instandsetzung des Daches und der Erneuerung der außenseitigen Fenster der Wohnung top Nr 15 sowie die Montage eines Hauseingangstorschlosses betragen S 707.000 zuzüglich Ust. Im verfahrenseinleitenden Antrag begehrte der Antragsteller, den Antragsgegnern - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - die Reparatur des Daches, die Erneuerung der hofseitigen Fenster der Wohnung top Nr 15 und die Erneuerung des Schlosses der Hauseingangstüre aufzutragen.

Schon im erstinstanzlichen Verfahren brachten die Antragsgegner vor, dass der dafür geschätzte Aufwand von ca S 700.000 durch die Hauptmietzinsreserve und durch laufende Einnahmen nicht gedeckt sei, dass ein Hauptmietzinspassivum bestehe. Die Antragsgegner haben im erstinstanzlichen Verfahren die Erhöhung der Mietzinse gemäß §§ 18, 19 MRG zur Deckung dieser Arbeiten beantragt. Dies unter Vorlage einer Hauptmietzinsabrechnung sowie der bezughabenden Kostenvoranschläge. Weiters legten die Antragsgegner eine Berechnung des Zinsvielfachen, eine Mieterliste und Nutzflächenaufstellung vor (Beilage A bis D).

Die Angemessenheit der Höhe der Kosten der durchzuführenden Arbeiten und deren Notwendigkeit wurde von den Antragsgegnern außer Streit gestellt (siehe mündliche Verhandlung vom 12. 12. 2000). Mit der Begründung, eine Antragstellung nach §§ 18, 19 MRG im gegenständlichen Verfahren nach § 6 MRG scheitere am Erfordernis der vorherigen Anrufung der Schlichtungsstelle (§ 39 MRG), haben die Vorinstanzen den Antragsgegnern nur den Auftrag zur Durchführung der bezeichneten Arbeiten erteilt, ohne sich mit der Frage der Erhöhung der Hauptmietzinse auseinanderzusetzen. Die Verpflichtung des Vermieters, die im Gesetz aufgezählten Arbeiten als Erhaltungsarbeiten durchzuführen, sei nicht von ihrer Finanzierbarkeit abhängig. Der Einwand der mangelnden Kostendeckung durch den Vermieter sei nur im Fall eines Widerspruchs auch der übrigen Mieter gemäß § 6 Abs 4 MRG zu prüfen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu beurteilen sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne einer Antragsabweisung. Hilfsweise wird die Erhöhung der Hauptmietzinse für das gegenständliche Haus um EUR 1,74 pro Quadratmeter über dem jeweiligen Kategoriemietzins beantragt, in eventu begehrt, den angefochtenen Sachbeschluss aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Antragsteller hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Revisionsrekursbeantwortung Gebrauch gemacht und beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragsgegner nicht Folge zu geben. Die übrigen Mieter des Hauses haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist zulässig, weil das Rekursgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung, die ihm allerdings im Entscheidungszeitpunkt noch nicht zugänglich war, abgewichen ist. Der Revisionsrekurs ist im Sinne seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Von der Regel des § 39 Abs 1 MRG abweichend räumt § 6 Abs 4 MRG dem Vermieter die prozessuale Möglichkeit einer unmittelbaren Antragstellung bei Gericht - ohne vorherige Einschaltung der im Gerichtssprengel vorhandenen Schlichtungsstelle - ein. Dies jedoch nur dann, wenn die Erhöhung der Hauptmietzinse (§§ 18, 19 MRG) erforderlich ist, um die Kosten der vom Mieter verlangten Erhaltungsarbeiten und der vom Vermieter darüber hinaus noch beabsichtigten unmittelbar heranstehenden weiteren Erhaltungsarbeiten nach Maßgabe des § 3 Abs 3 Z 1 MRG zu decken und es sich nicht um "privilegierte", vorweg auszutragende Erhaltungsarbeiten handelt. Das ergibt sich daraus, dass das mit einem Antrag zur Durchsetzung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten befasste Gericht die Entscheidung hierüber zufolge § 6 Abs 4 letzter Satz MRG mit der Entscheidung über die Bewilligung der Einhebung erhöhter Hauptmietzinse zu verbinden hat (5 Ob 105/02f; zuletzt 5 Ob 240/02h). Dieser Verbindungspflicht haben die Vorinstanzen nicht entsprochen, obwohl die Antragsgegner einen grundsätzlich schlüssigen und mit den erforderlichen Unterlagen versehenen Antrag auf Erhöhung der Hauptmietzinse stellten (mündliche Verhandlung vom 12. 12. 2000 samt Beilagen A bis E). Es handelt sich also dem vorläufigen Anschein nach keineswegs um einen aussichtslosen Antrag auf Mietzinserhöhung. Damit besteht aber - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - die Verpflichtung des Erstgerichtes, die Entscheidung über die beiden Anträge miteinander zu verbinden.

Spruchgemäß war daher mit einer Aufhebung vorzugehen.

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