European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00251.18Z.0117.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.175,22 EUR (darin enthalten 195,87 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Die Vorinstanzen verpflichteten den beklagten Rechtsanwalt, der – von ihm in einem Schadenersatzprozess als Verfahrenshelfer vertretenen – Klägerin jenen Teil des dort zugesprochenen Betrags zu zahlen, den er sich zur Deckung vorprozessualer Kosten einbehalten hatte. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen fehle, 1. inwieweit sich die Verfahrenshilfe auf vorprozessuale Leistungen erstrecke und 2. ob ein Rechtsanwalt nach § 14 der RL‑BA den zugesprochenen Betrag im Fall eines über eineinhalbjährigen Zeitraums zwischen Einbehaltung und Bestreitung noch ausfolgen müsse.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist entgegen diesem nicht bindenden Ausspruch nicht zulässig.
1. Die Frage nach der Ausfolgungsverpflichtung des beklagten Rechtsanwalts ist anhand der ständigen, in jüngerer Zeit aufrechterhaltenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Sinn der Entscheidungen der Vorinstanzen zu beantworten.
2. Ein Rechtsanwalt, dessen Honorarforderung bestritten wird, hat nur die Wahl, die bei ihm zugunsten des Mandanten eingegangenen Geldbeträge unverzüglich auszufolgen oder nach § 1425 ABGB bei Gericht zu hinterlegen. Er darf das eingegangene Geld weder widmungswidrig verwenden noch zurückbehalten (9 Ob 2/17k; 4 Ob 172/13t; RIS‑Justiz RS0033851; RS0056451). Ein Erlag ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Auf die deshalb bestehende Ausfolgungspflicht hat der zwischen Verrechnung der vorprozessualen Kosten und deren Bestreitung verstrichene Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren keinen Einfluss. Die Forderung nach einer unverzüglichen Bestreitung ist § 19 Abs 3 RAO und der in diesem Zusammenhang ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Zudem könnte selbst dieser Umstand insbesondere einer rechtsunkundigen Mandantin nicht als unangemessen langes, in Richtung Schikane gehendes Zuwarten mit der Bestreitung der Honorarforderung angelastet werden.
3. Schon diese Erwägungen tragen die Stattgebung des Klagebegehrens. Die erste Frage nach dem Umfang der Verfahrenshilfe iSd § 64 Abs 1 Z 3 ZPO muss deshalb nicht beantwortet werden.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.
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