OGH 5Ob22/99t

OGH5Ob22/99t9.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Carola S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Univ. Prof. Dipl. Dr. Winfried B*****, 2.) Melanie B*****, beide vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, und des beteiligten weiteren Miteigentümers Rudolf W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 13 Abs 2, § 26 Abs 1 Z 2 WEG, infolge Rekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. September 1998, GZ 40 R 326/98g-22, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 23. März 1998, GZ 5 Msch 65/97k-14, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag, die beabsichtigte Bauführung zur Errichtung eines Wintergartens auf der Terrasse der Wohnung *****, gerichtlich zu genehmigen und die erforderlichen Zustimmungen der Antragsgegner zu ersetzen bzw ihnen aufzutragen, den vorliegenden Einreichplan mitzuunterfertigen, ab. Es ging davon aus, daß im Verfahren gemäß § 26 Abs 1 Z 2 WEG auch die privatrechtliche Zulässigkeit der geplanten Umbauarbeiten im Innenverhältnis zu prüfen sei. Aufgrund Punkt X. des (zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator mit allen Interessenten gleichlautend abgeschlossenen) Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages sei die Vornahme von baulichen Veränderungen an der Außenseite sowie von Farbänderungen an Außenwänden, Loggien oder Terrassen unzulässig. Aufgrund Punkt XVI. seien die Miteigentümer verpflichtet, alle in diesem Vertrag übernommenen Verbindlichkeiten auf ihre Rechtsnachfolger zu übertragen. Im übrigen habe die Antragstellerin selbst im Verhältnis zu den Antragsgegnern auch deren Miteigentumsstellung zur Kenntnis genommen, weshalb sich schon aus diesem Grund die Rechtsnormen für das Zusammenleben in diesem Vertrag auch auf das Verhältnis zwischen den Verfahrensparteien erstreckten. Der Antragstellerin sei daher ohne Erörterung der weiteren Voraussetzungen des § 13 WEG die Zustimmung zur geplanten Bauarbeit, die gemäß Punkt X. des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages als unzulässig erscheine, zu versagen. Im übrigen stimme nach den eigenen Ausführungen der Antragstellerin der Einreichplan, wenn auch nicht in dem hier interessierenden Bereich der Terrassenverbauung, mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht überein. Weiters ergebe sich aus der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführung der MA 37, daß der Bau höchstwahrscheinlich nicht konsensfähig sein könne, weil die (zulässige) Gebäudehöhe durch den Bau wohl überschritten werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluß auf, trug dem Erstgericht die Fällung einer neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte folgendes aus:

Das Erstgericht stütze sich in seiner Entscheidung im wesentlichen darauf, daß durch die Textierung des Wohnungseigentumsvertrages die Durchführung der geplanten Bauarbeiten nicht zulässig sei. Dies setze jedoch voraus, daß die Rechte der Wohnungseigentümer gemäß § 13 Abs 2 WEG vertraglich beschränkbar seien. § 13 WEG behandle die Individualrechte und -pflichten des Wohnungseigentümers hinsichtlich des Wohnungseigentumsobjekts. § 13 Abs 1 WEG betone das ausschließliche Verwaltungsrecht, das im Zusammenhang mit dem ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrecht des § 1 WEG zu sehen sei. § 13 Abs 2 WEG regle den Sonderfall der Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt, wobei die Zulässigkeitsvoraus- setzungen abgestuft seien, je nachdem, ob sie nur das Objekt selbst betreffen, oder auch gemeinsame Teile der Liegenschaft oder sogar Teile eines fremden Wohnungseigentumsobjektes in Anspruch genommen werden. Gemäß § 24 Abs 1 WEG seien Vereinbarungen oder Vorbehalte rechtsunwirksam, die geeignet seien, dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehende Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken. Diese Generalklausel sei im vorliegenden Fall anwendbar, weil die zur Beurteilung anstehenden Wohnungseigentumsverträge von einem Wohnungseigentumsorganisator abgeschlossen worden seien. Die vertragliche Regelung des Punktes X. widerspreche auch der Wertung der Generalklausel des § 24 Abs 1 WEG, weil es sich bei einer derartig generellen Beschränkung jeder Veränderung um eine unbillige Beschränkung im Sinne der Generalklausel handle. Das Erstgericht habe sich daher zu Unrecht auf ein generelles vertragliches Verbot einer Veränderung an der Außenseite des Gebäudes gestützt. Die in die Wohnungseigentumsverträge aufgenommene Klausel könne lediglich bei der Beurteilung, ob das Interesse an einer Änderung des Wohnungseigentumsobjekts als ein wichtiges anzuerkennen sei, mitherangezogen werden. Im übrigen sei die individuelle Interessenlage an Hand der Umstände des einzelnen Falles im Rahmen der Benützungssituation der gesamten Liegenschaft unter Bedachtnahme auf den das besondere gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Miteigentümern regelnden Grundsatz der wechselseitigen Toleranz bei Ausübung der Rechte des einzelnen zu prüfen. Die Änderungen des Wohnungseigentumsobjekts im Sinne des § 13 Abs 2 WEG könnten auch in einer Inanspruchnahme allgemeiner Teile bestehen (§ 13 Abs 2 Z 2 WEG; Veränderungen der Außenfassade durch Errichtung eines Wintergartens). In einem solchen Fall müsse jedoch die Änderung der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Da mit der Ausstattung der Eigentumswohnung der Antragstellerin mit einem Wintergarten eine erhebliche Steigerung des Wohnwerts dieser Wohnung und als Folge davon auch eine Steigerung ihres Verkehrswerts verbunden sei, liege darin jedenfalls ein wichtiges Interesse der Antragstellerin, wie im übrigen ganz allgemein ein wichtiges Interesse im Sinne des § 13 Abs 2 Z 2 WEG auch ein wirtschaftliches sein könne. Für die Frage der Zulässigkeit der von der Antragstellerin beabsichtigten Änderung seien jedoch die Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 1 WEG zu prüfen. Der Anspruch auf Änderung bestehe nur dann, wenn weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, herbeigeführt werde. Aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen könne jedoch nicht ersehen werden, inwieweit eine derartige Schädigung des Hauses oder Beeinträchtigung der Interessen herbeigeführt oder nicht herbeigeführt werde. Das Erstgericht vermöge sich auch nicht hilfsweise auf die Wiedergabe der Äußerung der MA 37 zu stützen, weil daraus über eine Beeinträchtigung des Hauses nichts ableitbar sei. Die (vorläufige) Nichteignung der vorgelegten Pläne zur Erlangung einer Baubewilligung könne auch nicht zu einer Versagung der Genehmigung führen, solange durch Modifikationen oder besondere Auflagen die Erlangung einer Baugenehmigung noch theoretisch möglich erscheine. Der angefochtene Sachbeschluß sei daher aufzuheben gewesen. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien eine entsprechende Konkretisierung der vorgelegten Einreichpläne zu erörtern und geeignete Feststellungen über die weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 1 WEG zu treffen haben.

Da zur Frage des vertraglichen Ausschlusses des Veränderungsrechts gemäß § 13 Abs 2 WEG keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ersichtlich sei, sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Sachbeschluß wiederherzustellen.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen zusammengefaßt geltend, § 24 Abs 1 WEG stehe der Geltung des vertraglichen Verbotes gemäß Punkt X. der Kauf- und Wohnungseigentumsverträge nicht entgegen, weil nur von einem Wohnungseigentumsorganisator geschlossene Vereinbarungen unter diese gesetzliche Bestimmung fielen, Verpflichtungen, die ein Wohnungseigentumsbewerber auch bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich nehmen würde, nicht erfaßt seien und die Generalklausel nur an Gewicht den Einzeltatbeständen der Z 1 bis 5 des § 24 Abs 1 WEG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichstelle. Weiters sei das Bauvorhaben wegen Unrichtigkeit des Einreichplanes nicht konsensfähig.

Hiezu wurde erwogen:

Ob Punkt X. der zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator und den nachmaligen Wohnungseigentümern abgeschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsverträge gemäß § 24 Abs 1 WEG unwirksam ist (vgl Würth in Rummel2 § 24 WEG Rz 1, 4), kann hier auf sich beruhen, weil das Individualrecht des Wohnungseigentümers auf Änderung seines Wohnungs- eigentumsobjektes im Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander grundsätzlich nach der zwingenden Regelung des § 13 Abs 2 WEG zu beurteilen ist (vgl Würth aaO Rz 1 aE), wie die Rechtsmittelwerber ohnehin selbst erkannt haben. Eines Rückgriffs auf § 24 Abs 1 WEG bedarf es insoweit nicht. Das vertragliche Änderungsverbot reicht demnach als Versagungsgrund nicht aus. Zutreffend hat das Rekursgericht somit dem Erstgericht die Nachholung von Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 1 WEG aufgetragen. Nur in die sodann vorzunehmende Prüfung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer könnten deren Erwartungen aufgrund der Vertragslage - unter anderem - miteinfließen (vgl WoBl 1994/46 mwN [Markl]).

Was den Einreichplan anlangt, so wurde in MietSlg 33.466/29 ausgesprochen, daß ein Antragsteller in seinem Antrag nach § 13 Abs 2 WEG die Änderungen sowie die Art und Weise ihrer Durchführung so genau zu beschreiben, aber auch das Ansuchen um Baubewilligung und die diesem anzuschließenden Beilagen derart abzufassen hat, daß das Vorliegen der privatrechtlichen Voraussetzungen der Duldungs- und Zustimmungspflicht der übrigen Miteigentümer verläßlich beurteilt werden kann; allerdings darf der Antrag wegen allfälliger Mängel nicht abgewiesen werden, ohne dem Antragsteller vorher nach Erörterung der Sach- und Rechtslage Gelegenheit zu geben, seinen Antrag und dessen Beilagen entsprechend zu modifizieren bzw zu vervollständigen. Im vorliegenden Fall ist nach der Aktenlage nicht erkennbar, inwiefern es für die gerichtliche Beurteilung der privatrechtlichen Änderungsvoraussetzungen gemäß § 13 Abs 2 WEG von Bedeutung wäre, daß der Einreichplan in die Änderung gar nicht betreffenden Bereichen mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmt.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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