European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E123796
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Nach einhelliger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist die (rechtmäßig vorgeschriebene) Pauschalrate nach § 21 Abs 3 MRG ein selbständiger gesetzlicher Mietzinsbestandteil, der ohne Rücksicht auf eine spätere Abrechnung geschuldet wird, und nicht eine Akontierung laufender Betriebskosten (RIS‑Justiz RS0070097; RS0070107; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht²³ § 21 MRG Rz 13; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 44 f zu § 21 MRG je mwN).
Auch noch in ihrem Revisionsrekurs steht die Antragstellerin auf dem Standpunkt, dass die von der Antragsgegnerin für das Jahr 2015 gewählte Pauschalverrechnung der Betriebskosten unzulässig gewesen sei, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs 3 MRG nicht vorgelegen hätten, sodass durch die Vorschreibung der monatlichen Pauschalraten das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei.
1.2 Richtig ist, dass der Vermieter die Verrechnungsart der Jahrespauschalverrechnung nicht wählen darf, wenn keine Daten über die Betriebskosten des vorausgegangenen Kalenderjahres vorliegen (E. M. Hausmann aaO Rz 43; Egglmeier/Jäger in Schwimann, ABGB² § 21 MRG Rz 41; Würth in Rummel, ABGB³ § 21 MRG Rz 10 je mwN). Das war aber unstrittig nicht der Fall, weil die Antragsgegnerin bei der Bekanntgabe der monatlichen Pauschalrate für das Jahr 2015 über Unterlagen zur Höhe der Betriebskosten des Jahres 2014 verfügte. Auch erlaubt das Gesetz im Fall einer zwischenzeitlichen Erhöhung von Betriebskosten oder öffentlichen Abgaben, dass der Gesamtbetrag der Betriebskosten und der öffentlichen Abgaben des vorausgegangenen Kalenderjahres um höchstens 10 vH überschritten werden darf. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verrechnung der Betriebskosten in Form von Pauschalraten hat der Vermieter zu behaupten und zu beweisen (vgl 5 Ob 43/91). Dazu steht fest, dass die Antragsgegnerin – bezogen auf die Gesamtbetriebskosten des Jahres 2014 – bei der Vorschreibung der Jahrespauschale für 2015 in monatlichen Teilbeträgen den ihr gesetzlich eingeräumten Erhöhungsrahmen gar nicht ausgeschöpft hat, sodass die Antragstellerin auch nicht nachvollziehbar darlegen kann, inwieweit das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch die gewählte Jahrespauschalverrechnung überschritten worden sein soll. Auf die Entscheidung zu 6 Ob 514/87, die sie als Beleg dafür heranzieht, dass die von der Antragsgegnerin gewählte Verrechnungsart unzulässig gewesen sei, kann sich die Antragstellerin schon deshalb nicht berufen, weil nach dem dort beurteilten Sachverhalt für das Vorjahr überhaupt keine Daten über die Betriebskosten verfügbar waren und auch für das vorhergehende Jahr keine Betriebskostenabrechnung vorlag.
2.1 Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der in § 21 Abs 3 MRG normierte Anspruch des Mieters, vom Vermieter gegen Kostenersatz die Anfertigung von Kopien der Betriebskostenabrechnung und/oder der Belege verlangen zu können, mit der Erfüllung der Abrechnungsverpflichtung durch den Vermieter zeitlich zusammenhängt (RIS‑Justiz RS0070665 [T11, T15, T18]). Der zeitliche Zusammenhang ist danach jedenfalls gewahrt, wenn der Mieter die Herstellung von Kopien der Betriebskostenabrechnung bzw von dazugehörigen Belegen binnen sechs Monaten nach gehöriger Auflage der Abrechnung verlangt (5 Ob 50/14k mwN). Im Einklang mit dieser Rechtsprechung haben die Vorinstanzen den Eventualantrag auf Einsicht in die Belege zur Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015, die von der Antragsgegnerin unstrittig fristgerecht gemäß § 21 Abs 3 MRG gelegt worden war, mit der Begründung abgewiesen, dass die Antragstellerin bis zu ihrem am 15. 7. 2017 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag kein solches Begehren gegenüber der Antragsgegnerin erhoben hatte. Dem hält die Antragstellerin im Wesentlichen den auch von den Vorinstanzen beurteilten E‑Mail‑Verkehr der Antragsgegnerin mit Mitgliedern des Mieterbeirats entgegen, aus dem sie eine solche Forderung (auch) in ihrem eigenen Namen ableitet.
2.2 Damit spricht die Antragstellerin aber keinen Mangel des Verfahrens vor dem Rekursgericht an, weil die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde eine Frage rechtlicher Beurteilung ist (RIS‑Justiz RS0043422), der – erheblich Fehlbeurteilungen ausgenommen – keine über den Einzelfall hinausgehende und damit revisible Bedeutung zukommt (RIS‑Justiz RS0043415). Eine solche Fehlbeurteilung spricht die Antragstellerin auch nicht an, wenn sie einzelne Passagen des Schriftverkehrs wiedergibt und dabei außer Acht lässt, dass sich die Auslegung nie auf eine isolierte Betrachtung einzelner Formulierungen beschränken kann (RIS‑Justiz RS0043422 [T23]). Warum der Umstand, dass ein anderer Mieter Belegeinsicht forderte, die Antragsgegnerin zu Rückfragen bzw Erkundigungen mit Auswirkungen für den hier zu beurteilenden Anspruch der Antragstellerin verpflichten hätte sollen, kann nicht nachvollzogen werden.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)