OGH 5Ob21/87

OGH5Ob21/8724.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Mieterin Margarethe Irene G***, Angestellte, Penzinger Straße 105/14, 1140 Wien, vertreten durch den Funktionär der Mietervereinigung Österreichs Heinz K***, Hickelgasse 5, 1140 Wien, wider die Vermieter 1. Ing. Friedrich M***, Penzinger Straße 105, 1140 Wien und 2. Dr. Theodor Heinz R***, Facharzt für Augenheilkunde, Gatterburggasse 10, 1190 Wien, beide vertreten durch Dr. Johannes Schriefl und Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien, wegen der Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses und des Anteils an den Betriebskosten (§ 37 Abs. 1 Z 8 und Z 12 MRG), infolge Revisionsrekurses der Vermieter gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16. September 1986, GZ. 41 R 82/86-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 23. August 1985, GZ. 4 Msch 20/84-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Beträge, um die der vorgeschriebene und eingehobene Mietzins das zulässige Ausmaß überschritten hat, mit S 23,14 zum Zinstermin 1. November 1983, mit S 602,16 zum Zinstermin 1. Jänner 1984 und mit S 636,84 zum Zinstermin 1. Februar 1984 festgestellt werden. Die Kosten des Revisionsrekurses haben die Vermieter selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Vermieter sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 411 KG Penzing mit dem Haus Penzinger Straße 105 in 1140 Wien. Franz G*** mietete im Dezember 1948 die Wohnung Nr. 14 und im Juni 1969 ein weiteres Kellerabteil im Haus. Der Mietzins für die Wohnung wurde mit S 100,-- monatlich wertgesichert vereinbart. Außer diesem Betrag sollte der Mieter "keine Abgabe mit Ausnahme des Reinigungsgeldes zu bezahlen haben, es sei denn, daß neue Steuern und Abgaben, die den Hausbesitz oder den Mieter treffen, zur Einführung gelangen". Diese Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses wurde von Seiten der damaligen Vermieter verfaßt und formuliert, eine nähere Erörterung unterblieb. Der Mieter verstand unter "Abgaben" alle Betriebskosten und sonstigen Gesamtkosten des Hauses. Als Mietzins für das Kellerabteil wurde ein wertgesicherter Monatsbetrag von S 30,-- vereinbart.

In den Mietvertrag ist die Antragstellerin als Mieterin eingetreten.

Sie wandte sich an die Gemeinde und beantragte die Feststellung, um welche Beträge der ihr zum 1. November 1983 mit S 1.364,--, zum 1. Jänner 1984 mit S 1.795,-- und zum 1. Februar 1984 mit S 2.306,95 vorgeschriebene Mietzins das zulässige Zinsausmaß überschritten hat. Die Vermieter riefen nach § 40 Abs. 2 MRG das Gericht an. Sie behaupteten, der Mieterin nur den Anteil an den Betriebskosten zu verrechnen, der nach der Mietzinsvereinbarung im wertgesicherten Pauschalmietzins nicht enthalten sei, traten aber der Ansicht der Mieterin entgegen, sie habe außer dem Beitrag für Hausbesorgerarbeiten, den Kosten für die angemessene Versicherung gegen Leitungswasserschäden und den Auslagen für die Verwaltung neben dem wertgesicherten Pauschalmietzins keine Betriebskostenanteile zu entrichten.

Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, daß die Vermieter der Mieterin durch die Vorschreibung und Einhebung eines Mietzinses von S 1.364,-- zum 1. November 1983, von S 1.795,-- zum 1. Jänner 1984 und von S 2.306,95 zum 1. Februar 1984 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß zum 1. November 1983 um S 60,89, zum 1. Jänner 1984 um S 647,46 und zum 1. Februar 1984 um S 682,14 überschritten.

Das Erstgericht ging davon aus, daß nach der übereinstimmenden Darstellung des früheren Mieters und des Mitvermieters Dr. Theodor Heinz R*** im vereinbarten Pauschalmietzins alle öffentlichen Abgaben und Betriebskosten mit Ausnahme des "Reinigungsgeldes" und "neuer Steuern und Abgaben" enthalten sein sollten und daß diese Vereinbarung durch das Inkrafttreten des auf das Bestandverhältnis anzuwendenden Mietrechtsgesetzes nicht berührt wurde. Neben dem aufgewerteten Pauschalmietzins habe die Mieterin nur den Anteil von 9 % bis 31. Dezember 1983 und 10,8 % ab 1. Jänner 1984 am "Reinigungsgeld", den Verwaltungskosten und der Leitungswasserversicherung sowie die Umsatzsteuer zu entrichten. Im Haus sei kein Hausbesorger vorhanden. Nach § 23 Abs. 2 MRG habe der Vermieter Anspruch auf den Beitrag für Hausbesorgerarbeiten, nicht jedoch eines Dienstgeberanteils des Sozialversicherungsbeitrages und fiktiver Abfertigungskosten. Der Beitrag für Hausbesorgerarbeiten betrage nur S 1.593,80 ohne den Dienstgeberanteil des Sozialversicherungsbeitrages von S 419,40 und des Abfertigungsanteils von S 57,40 monatlich. Daraus ergebe sich die Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes mit den festgestellten Beträgen.

Das Rekursgericht bestätigte und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die durch § 47 MRG bewirkte Umstellung des Schlüssels für die Verteilung der Gesamtkosten nichts daran ändere, daß die Pauschalmietzinsvereinbarung, in der die Vermieter gegenüber dem Mieter auf Einhebung bestimmter Gesamtkostenanteile verzichtet haben, weiter gelte. Soweit sich nicht schon aus dem Wortsinn des Mietvertrags die Richtigkeit der vom Erstgericht gefundenen Auslegung ergebe, habe der Zweitantragsgegner in seiner Aussage bestätigt, daß die Vermieter unter "Abgaben" auch die Betriebskosten verstanden. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 MRG sei mittels teleologischer Reduktion auf den ihr nach dem Zweck und Sinnzusammenhang des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückzuführen. Die Verrechnung des Dienstgeberanteils nach § 23 Abs. 1 Z 3 MRG und einer fiktiven Abfertigung sei nicht gerechtfertigt, wenn die Hausbesorgerarbeiten vom Vermieter selbst oder von einer von ihm bestellten und entlohnten, nicht als Hausbesorger anzusehenden Person geleistet werden.

Gegen den bestätigenden Sachbeschluß der zweiten Instanz erhoben die Vermieter den zugelassenen Revisionsrekurs. Sie streben die Abänderung dahin an, daß eine Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes nicht stattfand, und verlangen einerseits die Auslegung des Mietvertrages, daß unter "Abgaben" nicht auch Betriebskosten zu verstehen seien, und andererseits, daß sie zur Einhebung des Dienstgebersozialversicherungsbeitrages und fiktiver Abfertigungskosten berechtigt seien.

Die Mieterin hat eine Revisionsrekursbeantwortung nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nur teilweise berechtigt.

Strittig sind nur mehr die Auslegung der Pauschalmietzinsvereinbarung und die Berechtigung der Vorschreibung des Dienstgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen und der fiktiven Abfertigung eines Hausbesorgers, wenn ein Hausbesorger nicht angestellt ist.

Auch im Revisionsrekursverfahren nach § 37 MRG unterliegt die nicht allein aus der Mietvertragsurkunde Beil./1 sondern aus den Aussagen des Zeugen Franz G*** und des Zweitantragsgegners als Partei gewonnene Feststellung der Tatsache, daß nach dem übereinstimmenden und mit den Vertragserklärungen übereinstimmenden Willen der Mietvertragsteile nur bestimmte Betriebskosten und Abgaben, die sonst bei Anwendbarkeit des Mietengesetzes auf den Mieter überwälzbar gewesen wären, vom Mieter anteilig zu tragen, alle anderen Gesamtkosten aber durch den vereinbarten Pauschalmietzins abgegolten und daher mit dem entsprechenden Anteil vom Vermieter endgültig selbst zu bestreiten sein sollten, nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Für die von den Rechtsmittelwerbern gewünschte Vertragsergänzung als Mittel ergänzender Vertragsauslegung nach § 914 ABGB bleibt kein Raum, weil feststeht, wie die Vertragsteile, darunter der damals beteiligte Zweitantragsgegner die Vereinbarung über die neben dem Pauschalmietzins zu entrichtenden Betriebskosten und Abgaben verstanden haben.

Mit der Frage, ob zu dem in § 21 Abs. 1 Z 8 MRG als Betriebskosten aufgezählten Beitrag für Hausbesorgerarbeiten, auf den der Vermieter nach § 23 Abs. 2 MRG Anspruch hat, wenn er die Hausbesorgerarbeiten selbst verrichtet oder von einer anderen Person als einem Hausbesorger verrichten läßt, auch der Dienstgeberanteil des Sozialversicherungsbeitrags gehört, hat sich der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 24. Juni 1986 zu 5 Ob 116/86 befaßt. Nach eingehender Gegenüberstellung aller dazu vertretenen Ansichten wurde entschieden, daß nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 2 MRG, der ohne Einschränkung auf § 23 Abs. 1 MRG verweist, der Vermieter unter den dort genannten Voraussetzungen den Mietern jene Beträge unter Betriebskosten anrechnen dürfe, die sie auch im Falle der Verrichtung der Hausbesorgerarbeiten durch einen vom Vermieter angestellten Hausbesorger zu entrichten hätten. Darauf, ob der dem Vermieter tatsächlich entstehende Aufwand höher oder niedriger ist, nimmt § 23 Abs. 2 MRG nicht Rücksicht. Die Mieter werden durch dieses Verständnis des § 23 Abs. 2 MRG nicht benachteiligt. Daran ist festzuhalten. Der Vermieter hat daher auch Anspruch auf die im § 23 Abs. 1 Z 3 MRG bezeichneten Beträge. Die Vermieter haben in ihre Vorschreibung auch einen auf 25 Jahre verteilten Anteil einer Abfertigung aufgenommen und meinen, daß die Mieterin anteilig (= 10,8 % von S 57,40) dazu beitragen müsse.

Die Verrechnung dieser Betriebskostenpost ist aber schon deshalb unberechtigt, weil das Mietrechtsgesetz die Bildung einer Rücklage für die Hausbesorgerabfertigung nicht kennt, so zweckmäßig dies auch zur Vermeidung der unbilligen Belastung gerade der Mieter zur Zeit des Anfalles der Abfertigung und einer gerechten Verteilung dieser Last wäre. Auch wenn ein Hausbesorger bestellt ist, kann der Vermieter als Betriebskosten nur die zur Abfertigung des Hausbesorgers nach den Bestimmungen des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes BGBl. 1979/107 aufgewendeten Beträge vorschreiben. Für die Belastung der Mieter mit einem Abfertigungsanteil, ohne daß Beträge für die Abfertigung aufgewendet wurden, fehlt die gesetzliche Grundlage.

Die Vermieter sind daher nur insoweit im Recht, als sie die der Höhe nach nicht strittigen Dienstgeberanteile des Sozialversicherungsbeitrags nach § 23 Abs. 2 MRG mit den dem nicht mehr strittigen Verteilungsschlüssel entsprechenden Anteilen von 9 bzw. 10,8 % entsprechenden Anteilen der Mieterin vorschreiben durften. Daraus ergibt sich in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen eine Verminderung der Überschreitungsbeträge zu den drei im Verfahren zu prüfenden Zinsterminen.

Die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung hat auch im Rechtsmittelverfahren grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen. Davon, daß die Mieterin diese Kosten mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht hat, ist keine Rede (§ 37 Abs. 3 Z 19 MRG).

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