OGH 5Ob216/02d

OGH5Ob216/02d20.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin H***** GmbH, ***** vertreten durch den Mieterschutzverband Österreichs, Landesorganisation Steiermark, ***** gegen die Antragsgegner 1. E***** GmbH, ***** 2. Günther P*****, vertreten durch Dr. Willibald Rath ua Rechtsanwälte in Graz, wegen §§ 37 Abs 1 Z 1, 8 (in eventu § 26), 8a, 9, 11 und 12 MRG über den außerordentlichen Revisionsrekurse des Antragstellers und den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 15. Mai 2002, GZ 3 R 90/02f-15, womit der Teilsachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Jänner 2002, GZ 54 Msch 27/00a-10, abgeändert wurde, den Teilsachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegner wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und der Teilsachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Jahr 1995 vermietete der Zweitantragsgegner der Erstantragsgegnerin die Halle im Gebäude Südbahnstraße 33, den darunter liegenden Keller sowie Freiflächen um das Gebäude. Der Zweitantragsgegner und die Geschäftsführerin der Erstantragsgegnerin, deren Unternehmensgegenstand die Schrott- und Metallverwertung ist, lebten seinerzeit in Lebensgemeinschaft. Der gemeinsame Sohn war damals Mitgesellschafter der Erstantragsgegnerin.

Bereits zu Beginn des Hauptmietverhältnisses bestand die Absicht, einen Teil des angemieteten Objektes unterzuvermieten, weil damals nicht der ganze angemietete Bereich benötigt wurde. Der Zweitantragsgegner war damit einverstanden.

Einige Monate nach Abschluss des Hauptmietvertrages vermietete die Erstantragsgegnerin einen Teil der Halle an ein drittes Unternehmen. Nach Beendigung des Untermietvertrages schloss die Erstantragsgegnerin mit der Antragstellerin beginnend mit 10. 3. 1997 einen Untermietvertrag befristet auf die Dauer von fünf Jahren hinsichtlich eines Teiles der Halle im Ausmaß von ca 300 m2, Büroräumlichkeiten im Ausmaß von ca 20 m2 und zumindest einen Tiefkühlraum im Keller. Die Erstantragsgegnerin plante damals bereits den Ankauf einer gebrauchten Kabelschredderanlage und ging davon aus, dass sie die untervermieteten Teile des Bestandobjektes in etwa fünf Jahren selbst benötigen würde.

Die Erstantragsgegnerin hat mittlerweile eine gebrauchte Kabelschredderanlage erworben, die im Bestandobjekt aufgestellt werden soll.

Die Antragstellerin begehrt nun unter Hinweis darauf, dass auf Grund des Umstands, dass der Zweitantragsgegner nunmehr alleiniger Gesellschafter der Antragsgegnerin sei, bei Überlegung aller Umstände kein Grund zu Zweifeln bestehe, dass die vorliegende Vertragskonstruktion nur zur Umgehung der der Antragstellerin zustehenden Hauptmietrechte gewählt worden sei, die Anerkennung ihrer Hauptmietrechte, die Aufgliederung des Pauschalmietzinses, die Feststellung der Höhe des für das Bestandobjekt zulässigen gesetzlichen Mietzinses (in eventu gestützt auf § 26 MRG), die Feststellung des Anteils an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben seit Mietbeginn, den Auftrag zur Belegvorlage sowie den Zuspruch der etwaigen Überschreitungsbeträge.

Die Antragsgegner bestritten das Vorliegen einer "Scheinuntermiete", da die Erstantragsgegnerin nicht die gesamte gemietete Fläche benötigt habe, sei ein Teil des Objektes untervermietet worden. Das Erstgericht wies mit seinem Teilsachbeschluss das Begehren, die Antragstellerin sei als Hauptmieterin des Bestandobjektes anzuerkennen, ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass der Hauptmietvertrag nicht nur zur Untervermietung abgeschlossen worden sei, sondern die Erstantragsgegnerin von Anfang an einen Teil des Bestandobjektes benützt habe und auf absehbare Zeit das gesamte Objekt zum Betrieb ihres Unternehmens benötigt habe. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass es den Antragsgegnern als Parteien des Hauptmietvertrages darum gegangen sei, die für die Hauptmiete geltenden Vorschriften des MRG hinsichtlich Zinsbildung und Kündigungsschutz zu unterlaufen, weshalb eine Umgehungsabsicht gemäß § 2 Abs 3 MRG im konkreten Fall nicht vorliege. Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss dahingehend ab, dass es feststellte, dass die Antragstellerin Hauptmieterin eines Teiles der Lagerhalle (Nutzfläche ca 300 m2), von Büroräumlichkeiten (Nutzfläche ca 20 m2) und eines Tiefkühlraumes im Keller (Nutzfläche ca 20 m2) sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass schon im Hinblick auf die persönlichen gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zwischen den Antragsgegnern konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Umgehungsabsicht vorlägen. Maßgeblichen Einfluss in der Erstantragsgegnerin habe nur der Zweitantragsgegner, dessen Lebensgefährtin und ihr gemeinsamer Sohn gehabt. Unter diesen Umständen hätten die Antragsgegner gemäß § 2 Abs 3 letzter Satz MRG das Fehlen einer Umgehungsabsicht beweisen müssen. Gerade der Umstand, dass die Erstantragsgegnerin zunächst nicht das gesamte gemietete Objekt benötigt habe, wohl aber in etwa fünf Jahren (gerechnet ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Unterbestandvertrages), lege die Konstruktion der Zwischenschaltung eines "Hauptmieters" nahe. Der Zweitantragsgegner hätte nämlich nach der damals geltenden Rechtslage gar kein befristetes Hauptmietverhältnis hinsichtlich einer Geschäftsräumlichkeit wirksam abschließen können. Die Durchsetzbarkeit einer fünfjährigen Befristung sei bei Geschäftsräumen nur bei Untermietverhältnissen möglich gewesen. Die Möglichkeit des Abschlusses eines Bestandverhältnisses auf bestimmte Zeit indiziere daher den Abschluss eines Hauptmietvertrages zwischen den Antragsgegnern nur zur Untervermietung und zur Umgehung der einem Hauptmieter zustehenden Rechte, zumindest aber eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bestehende Umgehungsabsicht.

Das Rekursgericht sprach - für den Obersten Gerichtshof nicht bindend - aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Dagegen richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse des Antragstellers und der Antragsgegner.

Nach Freistellung der Revisionsbeantwortung beantragt der Antragsteller, den Revisionsrekurs der Antragsgegner zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig, hingegen ist der Revisionsrekurs der Antragsgegner zulässig, er ist auch berechtigt.

Die Antragsgegner machen als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Rekursgericht unter Abgehung von oberstgerichtlicher Rechtsprechung das Vorliegen einer Umgehungsabsicht bejaht habe. Es sei nachgewiesen worden, dass der Unterbestandvertrag nur deshalb geschlossen worden sei, weil die Erstantragsgegnerin die untervermieteten Teile des Bestandobjektes erst in etwa fünf Jahren selbst benötigen würde. Gemäß § 2 Abs 3 MRG kann der Mieter, mit dem der Untermietvertrag geschlossen wurde, begehren, als Hauptmieter des Mietgegenstandes anerkannt zu werden, wenn bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln besteht, dass ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach diesem Bundesgesetz zustehenden Rechte geschlossen wurde. Liegen konkrete Anhaltspunkte für eine solche Umgehungshandlung vor, so obliegt es dem Antragsgegner, das Fehlen der Umgehungsabsicht zu beweisen. Der Umgehungstatbestand des § 2 Abs 3 MRG kann daher auch dann vorliegen, wenn die letzte Gewissheit über die vom Gesetzgeber verpönte Absicht der Parteien eines formellen Hauptmietvertrages fehlt. Es reicht aus, wenn genügend Anhaltspunkte für eine derartige Absicht vorhanden sind (RIS-Justiz RS0069733). Die Anwendbarkeit des § 2 Abs 3 MRG ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Hauptmietvertrag nicht nur (ausschließlich) zu dem nach den Vorstellungen des Gesetzgebers verpönten Umgehungsziel des § 2 Abs 3 MRG geschlossen wurde, sondern einen anderen Vertragszweck hatte, der in überschaubarer Zeit absehbar ist (RIS-Justiz RS0069820).

Im vorliegenden Fall wird der Mietgegenstand vom Hauptmieter sehr wohl selbst zur Befriedigung eigener Geschäftszwecke benutzt. Schon aus diesem Grund kann nicht davon gesprochen werden, dass der Hauptmietvertrag ausschließlich aus Umgehungsgründen geschlossen wurde (vgl RIS-Justiz RS0069654). Weiters steht fest, dass die Erstantragsgegnerin absah, dass sie das Bestandobjekt in fünf Jahren, also in einem überschaubaren Zeitraum, für ihre Geschäftszwecke selbst benötigen werde. Unabhängig davon, ob dies nun auch dem Geschäftsführer der Antragstellerin mitgeteilt wurde oder nicht, verhindert auch dieser Umstand die Beurteilung, dass der Hauptmietvertrag nur zur Umgehung abgeschlossen wurde. Es ist daher den Antragsgegnern gelungen, Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, wonach eine Umgehungsabsicht bei Abschluss des Hauptmietvertrages nicht bestanden hat (RIS-Justiz RS0069630, RS0069728). Der Revisionsrekurs des Antragstellers bekämpft die Fassung des antragstattgebenden Spruchs des angefochtenen Beschlusses. Da der Oberste Gerichtshof den Teilsachbeschluss des Erstgerichtes im abweisenden Sinn wiederherstellt, kann keine erhebliche Rechtsfrage vorliegen.

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