OGH 5Ob2157/96h

OGH5Ob2157/96h12.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Wolfgang H*****, top Nr 9, 2.) Maria S*****, top Nr 10, 3.) Elisabeth S*****, top Nr 11, 4.) Karl E*****, top Nr 12, 5.) Maria B*****, top Nr 13-14, 6.) Erich U*****, top Nr 13-14, 7.) Elisabeth M*****, top Nr 15, 8.) Anna P*****, top Nr 17, 9.) Christian E*****, top Nr 19, 10.) K. K*****, top Nr 20, 11.) H. G*****, top Nr 20, 12.) Gerda W*****, top Nr 21, 13.) Hedy H*****, top Nr 25, und 14.) Herbert E*****, top Nr 26, ***** alle vertreten durch Martin Gruber, Verein Mieter informieren Mieter, "MIM", Hilfe für Selbsthilfe, 1150 Wien, Löhrgasse 13/20, wider die Antragsgegner

1.) Ivo R*****, Slovenj G*****, (ehem.) Jugoslawien, 2.) Natalija R*****, ebendort, 3.) Mario F*****, 4.) Silva S*****, beide ehemalige Jugoslawien, und 5.) Lino F*****, Zagreb, K*****, alle vertreten durch Dr.Rudolf Prokop, Immobilienverwaltung, Inhaber Franz Hartl, 1030 Wien, Hintzerstraße 1, dieser vertreten durch Dr.Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 24, 37 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. August 1995, GZ 39 R 182/95-11, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.Dezember 1994, GZ 41 Msch 19/94i-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind Mieter des den Antragsgegnern gehörigen Hauses W*****, *****.

Im Jahr 1972 wurde in diesem Haus ein Personenaufzug aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Hausverwaltung und 17 Mietern ab dem ersten Stock - die Mieter im Erdgeschoß und Mezzanin (sowie zwei weitere Mieter im ersten Stock) wurden hievon ausgenommen - eingebaut. Mit Bescheid vom 2.12.1971 wurde gemäß § 6 Abs 1 des Wohnungsverbesserungsgesetzes den Antragsgegnern ein jährlicher Zinsenzuschuß für das Darlehen mit einer Laufzeit von 12 Jahren zugesichert. Die Errichtungskosten wurden von den 17 Mietern ratenweise - aufgeteilt auf 144 Monate - bezahlt; weiters bezahlten sie die Aufzugsbetriebskosten. Die Benützung des Aufzuges war nur durch Verwendung eines Schlüssels im Inneren der Aufzugskabine möglich; sämtlichen Mietern, die sich an den Errichtungskosten beteiligten, wurde ein Schlüssel ausgefolgt.

Seit September 1985 werden den Mietern keine Errichtungskosten, sondern nur noch "Aufzugsbetriebskosten" vorgeschrieben. Seit der Anmietung der Wohnung top Nr 12 durch den Viertantragsteller (12.8.1982) waren insgesamt 18 Mieter (genauer die Mieter von 18 Bestandobjekten) berechtigt, den Lift zu benützen. Jedenfalls bis Februar 1989 verpflichteten sich die Mieter zweier weiteren Bestandobjekte zur Tragung der Liftbetriebskosten, weshalb ihnen von den Antragsgegnern das Recht zur Benützung des Liftes eingeräumt wurde und auch die entsprechenden Schlüssel übergeben wurden. Jedenfalls seit Februar 1989 werden daher die von der Firma F***** in Rechnung gestellten Beträge den Mietern der 20 Bestandobjekte zu je 1/20 Anteil vorgeschrieben.

Zu einem nicht mehr genauer feststellbaren Zeitpunkt etwa um 1987 wurde durch einen Techniker der Firma F***** nach einer Störung des Zylinderschalters im Fahrkorb die Schlüsselfunktion außer Betrieb gesetzt und in der Folge zunächst irrtümlich nicht mehr aktiviert. Diese Aktivierung erfolgte über Auftrag der Hausverwaltung am 18.3.1992. Bis zu diesem Zeitpunkt war daher für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren sämtlichen Mietern, aber auch Dritten die Benützung des Aufzuges faktisch möglich. Die Hausverwaltung hat von diesem Umstand erst anläßlich der Verhandlung vom 6.3.1992 erfahren. Seit 18.3.1992 ist die Benützung des Liftes wieder nur mit dem entsprechenden Schlüssel möglich.

Die Mieter der im ersten Stock gelegenen Objekte top Nr 6 (Jan Robert H*****) und top Nr 7 (Doris S*****) verweigerten vom Beginn an ihre Beteiligung an den Errichtungskosten des Liftes, diesen Mietern wurde daher auch keine Liftschlüssel ausgehändigt.

Die Antragsteller begehrten bei der Schlichtungsstelle die Überprüfung der Liftbetriebskosten für den Zeitraum vom 12.4.1989 bis (ausgedehnt) 31.10.1991; es bestehe Grund zur Annahme, in diesen Beträgen seien auch Reparaturkosten (im Rahmen eines Full-Wartungsvertrages) enthalten. Die Antragsgegner wären vielmehr verpflichtet, die Erhaltungs- und Betriebskosten zu trennen. Nur letztere könnten im Rahmen der Betriebskosten verrechnet werden.

Dem Einwand der Antragsgegner, es handle sich um keine Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 MRG, da zwei Mieter im ersten Stock nach ihren Mietverträgen den Aufzug nicht benützen durften und den übrigen Mietern die Benützung nur durch Schlüssel möglich sei; die Kosten des Full-Wartungsvertrages seien zur Gänze (nur) von den liftbenützenden Mietern zu tragen, erwiderten die Antragsteller, die Benützung des Aufzuges sei seit zwei oder drei Jahren auch ohne Schlüssel möglich.

Das Erstgericht (§ 40 Abs 2 MRG) wies den Antrag auf Überprüfung der Liftwartungs- und -reparaturkosten von Februar 1989 bis einschließlich Oktober 1991 ab. Rechtlich beurteilte es den bereits wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß keine Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 MRG, vielmehr eine auf Sondervereinbarungen beruhende sogenannte "Maschinenmiete" zwischen Vermieter und den (benützungs-)berechtigten Mietern vorliege. Unerheblich sei, daß infolge eines Irrtums der Wartungsfirma für einige Jahre sämtlichen Mietern (und auch Dritten) die Aufzugsbenützung faktisch möglich gewesen sei. Mit den Mietern von Bestandobjekten im Parterre und Mezzanin sowie von zwei Wohnungen im ersten Stock sei keine (ausdrückliche) Vereinbarung zur Benützung des Aufzuges getroffen worden. Auch eine schlüssige Vereinbarung sei durch den längeren faktischen Zustand der allen offenstehenden Benützung nicht zustandegekommen, weil die Hausverwaltung sogleich nach Kenntnisnahme hievon die Schlüsselfunktion wieder aktiviert habe. Wegen der Sondernutzung des Aufzuges bloß einzelner Mieter lägen die Voraussetzungen des § 24 MRG nicht vor; der Antrag sei abzuweisen gewesen.

Dem gegen diesen Sachbeschluß erhobenen Rekurs der Antragsteller gab das Rekursgericht nicht Folge. Eine Gemeinschaftsanlage liege nicht vor, weil einige Mieter zufolge ihrer Weigerung, sich an den Errichtungskosten zu beteiligen, keine Liftschlüssel ausgefolgt erhielten, und auch die Verpflichtung eines Mieters zur Bezahlung eines über das Maß der reinen Betriebskosten hinausgehenden Entgelts für die Aufzugsbenützung gegen das Vorliegen einer Gemeinschaftsanlage spräche. Das Rekursgericht sprach weiters aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen zu beheben und antragsgemäß auszusprechen, daß die zulässig zu verrechnenden Betriebskosten für den Aufzug gemäß § 24 MRG durch die Verrechnung der Kosten eines Full-Wartungsvertrages überschritten worden seien, die Höhe der Überschreitungsbeträge festzustellen und die Antragsgegner zum Rückersatz der Überschreitungsbeträge und der Barauslagen zu verpflichten; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Das Rechtsmittel sei zulässig, weil die Vorinstanzen unberücksichtigt gelassen hätten, daß der Aufzug nach den Bestimmungen des Wohnungsverbesserungsgesetzes (WohnVerbG) gefördert und mit 17 Mietern eine zinsrechtliche Vereinbarung gemäß § 6 Abs 6 Z 1 WohnVerbG getroffen worden sei und später zwei Mieter diesen Vereinbarungen über die Liftnutzung beigetreten seien, ohne ein über die Betriebskosten hinausgehendes Entgelt leisten zu müssen. Es fehle eine Rechtsprechung zur Frage, ob ein nach § 6 Abs 6 WohnVerbG von den Mietern finanzierter Lift eine Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 MRG sei sowie dazu, welcher Zeitraum zur Beurteilung "gemeinschaftsschädlicher Leistungen" einzelner Mieter anläßlich der Neuherstellung heranzuziehen sei. Nach Ablauf des Förderungszeitraumes seien weitere Mieter zum Kreis der Benützungsberechtigten gestoßen, die kein gesondertes Entgelt für die Errichtungskosten beigetragen hätten. Damit stehe es allen Mietern rechtlich frei, sich an der Aufzugbenutzung und den Betriebskosten zu beteiligen, ohne weitere Leistungen erbringen zu müssen.

Die Antragsgegner beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Frage von Auswirkungen der Inanspruchnahme einer Förderung nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz für die Errichtung einer Aufzuganlage auf deren Qualifikation als Gemeinschaftsanlagen fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorerst ist festzuhalten, daß die Vorinstanzen die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Qualifikation einer Aufzugsanlage als Gemeinschaftsanlage iS des § 24 Abs 1 MRG zutreffend dargestellt haben.

Nach den Feststellung der Vorinstanzen wurde zwischen dem Hausverwalter (als Vertreter der Vermieter) und einem Teil der Mieter vereinbart, daß zur Benützung der Liftanlage nur die an dieser Vereinbarung beteiligten und mit den Errichtungskosten belasteten Mieter berechtigt sind. Wegen dieser vertraglichen Sondernutzung bloß eines Teiles der Mieter fehlt der Liftanlage nach ständiger Rechtsprechung der Charakter einer Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 Abs 1 MRG (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 2 zu § 24 MRG mwN; WoBl 1989, 77/34 = MietSlg 40/7 ua).

Aus dem Umstand, daß die Antragsgegner für die Errichtung der gegenständlichen Anlage Förderungsmittel nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz 1969 in Anspruch genommen und die durch die Errichtung dieser Anlage entstehenden Kosten (nur) auf einen Teil der Mieter überwälzt haben, ist für die Beurteilung der hier strittig gebliebenen Qualifikation der Anlage - entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber - nichts Zusätzliches zu gewinnen.

Das Wohnungsverbesserungsgesetz 1969 id hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes BGBl 1971/337 verwendet in seinem § 1 Abs 2 lit a) - im Rahmen der Darstellung der förderungswürdigen Verbesserungen - für die Umschreibung jener Anlagen, zu welchen ua Personenaufzüge gehören, dieselben Worte, mit welchen § 24 Abs 1 MRG jene Anlagen definiert für deren Aufwendungen ein gesonderter Verteilungsschlüssel bestimmt wird, nämlich "Anlagen, die der gemeinsamen Benützung der Bewohner" dienen. Beide Bestimmungen sind ebenso wie die Definition der "Nützlichen Verbesserung" in § 4 Abs 2 Z 2 MRG dem § 6 Abs 1 Z 3 MG nachgebildet (ErläutRV vom 31.1.1969, BlgNR XI. GP zu § 1 Abs 2 lit a und b, abgedruckt in Czech, Das Wohnungsverbesserungs-Gesetz, 19; Erläut zum WVG zu § 1 Abs 2, abgedruckt aaO 31; Würth/Zingher, MRG2, Anm 4 zu § 4 MRG; Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 a zu § 4 MRG unter Hinweis auf Rz 2 zu § 24 MRG). Aus dem Wortlaut dieser Förderungsbestimmung an sich läßt sich somit für die Auslegung des Begriffes der Gemeinschaftsanlage iS des § 24 Abs 1 MRG nichts gewinnen. Nach § 6 Abs 1 Wohnungsverbesserungsgesetz 1969 kann der Vermieter (als Förderungsberechtigter) die durch die Verbesserungsarbeiten entstehenden Kosten im Wege von Vereinbarungen zwischen ihm und dem Mieter (Nutzungsberechtigten) in voller Höhe überwälzen (Kraßnig, Wohnungsverbesserungsgesetz 1972, Anm 9 zu - dem von der Novelle 1972 unberührt gebliebenen - § 6). Dem Gesetz läßt sich nicht entnehmen, daß der Liegenschaftseigentümer mit allen Mietern des Hauses eine solche Vereinbarung treffen muß. Hat die Förderung der Errichtung eines Personenaufzuges nach dem Wohnungsverbesserungs- gesetz 1969 somit nicht zur Voraussetzung, daß die Anlage der gemeinsamen Benützung aller Bewohner zu dienen hat, so kann aus der Inanspruchnahme einer solchen Förderung nicht abgeleitet werden, daß es sich bei einer solchen Anlage um eine Gemeinschaftsanlage iS des 24 Abs 1 MRG handeln muß. Im übrigen wäre eine allfällige ungesetzliche Inanspruchnahme der Förderung ohne Einfluß auf die rechtliche Qualifikation einer Aufzugsanlage.

Wenn die Rechtsmittelwerber weiters meinen, aus dem späteren "Beitritt" zweier Mieter zu der bestehenden Vereinbarung über die Liftbenützung eine Änderung der Qualifikation der Liftanlage ableiten zu können, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Es wurde nämlich nicht festgestellt, daß die an der bestehenden Vereinbarung beteiligten Mieter einem "Beitritt" ihre Zustimmung gegeben hätten. Nach den für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen kann vielmehr nur davon ausgegangen werden, daß sich jedenfalls seit Februar 1989 die Mieter zweier weiterer Bestandobjekte zur Tragung der Liftbetriebskosten verpflichtet haben, weshalb ihnen von den Antragsgegnern das Recht zur Benützung des Liftes eingräumt wurde und auch die entsprechenden Schlüssel übergeben wurden. Durch eine derartige Gestattung der Liftbenützung seitens der Antragsgegner anderen Personen gegenüber wurde der gegebene Mangel der Qualifikation der Liftanlage als Gemeinschaftsanlage iS des § 24 Abs 1 MRG nicht beseitigt, weil eine einseitige Erweiterung der hinsichtlich der Liftbenützung mit den bisher Benützunsberechtigten bestehenden Sondervereinbarung durch die Liegenschaftseigentümer allein rechtlich nicht möglich ist.

Was schließlich die in der Zulassungsrüge relevierte Frage anlangt, welcher Zeitraum zur Beurteilung "gemeinschaftsschädlicher Leistungen" einzelner Mieter anläßlich der Neuherstellung der Anlage maßgeblich sei, ist bloß darauf hinzuweisen, daß der Zeitraum, in dem Rückzahlungen auf das geförderte Darlehen zu leisten sind, auf den Bestand einer sogenannten "Maschinenmiete" keinen Einfluß hat, weil mangels einer vertraglichen Regelung kein Rechtsgrund ersichtlich ist, weshalb nach dem Ende der Laufzeit des (geförderten) Darlehens die Benützung einer von einigen Mietern finanzierten Anlage allen Mietern offen stehen sollte.

Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

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