Normen
Arbeitsgerichtsgesetz §1
Arbeitsgerichtsgesetz §1
Spruch:
Für Ansprüche aus einem Kaufvertrag ist das Arbeitsgericht auch dann nicht zuständig, wenn die Kaufpreisraten vom Lohn abzuziehen, sind.
Entscheidung vom 28. Juni 1961, 5 Ob 210/61.
I. Instanz: Bezirksgericht Leibnitz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Die klagende Partei begehrt die Bezahlung der Kaufpreisrestforderung von 585 S 46 g. Die beklagte Partei erhob bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3. Februar 1961 die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes, weil die Klageforderung während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem Kläger entstanden sei. Der Kaufpreis sei vereinbarungsgemäß vom Lohn der Beklagten in monatlichen Teilbeträgen von 200 S abzuziehen gewesen. Dies sei auch in den Monaten August und September 1960 so geschehen. Die beklagte Partei gesteht die Restforderung von 585 S 46 g der Höhe nach als zu Recht bestehend zu, sie wendet aber aufrechnungsweise Forderungen aus dem Dienstverhältnis mit der klagenden Partei im Gesamtbetrage von 2597 S 50 g ein.
Das Erstgericht verwarf die Unzuständigkeitseinrede und erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei die Kosten des Unzuständigkeitsstreites zu zahlen.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab daß es das bisherige Verfahren einschließlich der Klagezustellung wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes für nichtig erklärte und die Klage zurückwies.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers Folge und stellte den Beschluß des Erstrichters wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Zuständigkeitsvoraussetzungen nach den Klageangaben zu prüfen sind (vgl. ArbSlg. 6633, 6404 u. a.). Soweit jedoch die zuständigkeitsbegrundenden Tatsachen nicht mit den klagebegrundenden Tatsachen zusammenfallen, hat das angerufene Gericht Feststellungen über die seine Zuständigkeit oder seine Nichtzuständigkeit begrundenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse unabhängig davon zu treffen, ob und welche Behauptungen hierüber vom Kläger aufgestellt wurden. Soweit also die Zuständigkeitsvoraussetzungen sich mit den Klagevoraussetzungen decken, ist der festgestellte Sachverhalt und nicht etwa die gegenteilige Prozeßbehauptung des Beklagten für die Zuständigkeitsentscheidung maßgebend (vgl. SZ. XXVI 109, ArbSlg. 6633).
Der Kläger begehrt die Zahlung eines Restkaufschillings. Für Ansprüche aus einem Kaufvertrag sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig (JBl. 1960 S. 500). Richtig ist, daß für die Beurteilung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit nicht der Rechtsgrund des geltend gemachten Anspruches, sondern die Natur seiner Entstehung maßgebend ist (Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren, S. 102). Der Oberste Gerichtshof ist jedoch entgegen dem Rekursgericht der Meinung, daß dadurch, daß der Dienstgeber kraft einer mit dem Dienstnehmer getroffenen Vereinbarung die Kaufpreisraten von dem dem Dienstnehmer zustehenden Lohn in Abzug bringt, der geltend gemachte Anspruch aus dem Kaufvertrag auch dann nicht zu einem Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis wird (§ 1 ArbGerG.), wenn man die Natur seiner Entstehung berücksichtigt. Abgesehen davon hat die Beklagte ausdrücklich anerkannt, daß die geltend gemachte Restforderung auch der Höhe nach zu Recht besteht. Sie hat die Abweisung des Klagebegehrens nur aus dem Grund begehrt, weil ihr Gegenforderungen aus dem Dienstverhältnis in der Höhe von 2597 S 50 g zustunden, die sie aufrechnungsweise einwendete. Der Umstand aber, daß die Beklagte eine Lohnforderung aufrechnungsweise einwendet, ist für die Frage der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit ebenso belanglos wie der, daß der Kläger von seiner Forderung Gegenforderungen der Beklagten aus dem Dienstverhältnis abzieht (JBl. 1960 S. 500).
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