OGH 5Ob199/98w

OGH5Ob199/98w15.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Petar N*****, vertreten durch Dr. Romana Aron, Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs, Antonsplatz 22, 1100 Wien, wider die Antragsgegnerin Ruth H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Semotan, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Dezember 1997, GZ 41 R 499/97d-15, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26. Juni 1997, GZ 45 Msch 101/96f-9, bestätigt wurde, folgenden

S a c h b e s c h l u ß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Mietvertrag vom 11. 10. 1994 mietete der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Wohnung top Nr 16 im Haus S***** Straße 113 in ***** W*****, wobei als Hauptmietzins ein Richtwertmietzins von pauschal S 3.000 (exklusive Umsatzsteuer) vereinbart wurde.

Der verwendete Formularvertrag lautet unter § 3 Punkt 2 wie folgt:

"Der Hauptmietzins gemäß § 16 Abs 2 MRG errechnet sich aus dem Richtwert inklusive Zuschlägen und Abstrichen.

Bei einem Lagezuschlag gemäß § 16 Abs 2 Z 4, Abs 3 und 4 MRG:

Als maßgebliche Umstände werden die überdurchschnittliche Lage (außerhalb eines Gründerzeitviertels) berücksichtigt, sowie weiters (Lage, Wohnumgebung des Hauses) ..... "

Der hier für eine Einfügung vorgesehene Teil des Formularvertrags blieb unausgefüllt.

Der Antragsteller stützte seinen Zinsüberprüfungsantrag zuletzt ausschließlich darauf, daß mit der im Mietvertrag gewählten Formulierung den Voraussetzungen des § 16 Abs 4 MRG für die Zulässigkeit eines Lagezuschlags nicht entsprochen worden sei, weshalb ein Lagezuschlag von ihm nicht begehrt werden dürfe.

Die Antragsgegnerin bestritt dies. Mit der Begründung, die Wohnung liege außerhalb eines Gründerzeitviertels, habe sie dem Mieter die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände im Sinn des § 16 Abs 4 MRG in ausreichender Weise bei Mietvertragsabschluß bekanntgegeben.

Das Erstgericht stellte eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes für den Zeitraum 11. 10. 1994 bis 31. 3. 1995 um monatlich S 936,04 und für den Zeitraum 1. 4. 1995 bis 28. 2. 1996 um monatlich S 933,80 fest. Dies aufgrund des unbestritten gebliebenen Amtsgutachtens der MA 40, wonach der Lagezuschlag S 11,21 pro m**2 betragen hätte.

Die Schaffung eines Rückforderungstitels unterblieb.

Dem Mieter seien die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände nicht bekanntgegeben worden, weshalb ein Zuschlag nach § 16 Abs 3 MRG nicht zulässig sei.

Über Rekurs der Antragsgegnerin bestätigte das Gericht zweiter Instanz diesen Sachbeschluß und sprach es aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig aber nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß mit dem Hinweis, die Wohnung befände sich "außerhalb eines Gründerzeitviertels", der Vorschrift des § 16 Abs 4 letzter Satz MRG idF des 3. WÄG nicht entsprochen wurde. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Antragsgegnerin noch entgegenzuhalten:

Die in § 16 Abs 4 letzter Satz MRG für die Zulässigkeit eines Lagezuschlags geforderte schriftliche Bekanntgabe der maßgebenden Umstände für die Berechtigung eines solchen Zuschlags kann ihrem Zweck nach nur eine Schutzbestimmung zugunsten des Mieters sein, die eine Überprüfbarkeit der Berechtigung eines solchen Zuschlags ermöglichen soll. Daher kann das Verständnis einer in diesem Zusammenhang gewählten Formulierung nur vom Empfängerhorizont her beurteilt werden. Auf das Verständnis, das der Bestandgeber vom Begriff "Gründerzeitviertel" hat, kommt es daher nicht an.

Im übrigen ist diese Frage aber im vorliegenden Fall bedeutungslos, reicht doch die Verwendung des Begriffs "außerhalb eines Gründerzeitviertels" ohne weitere, wenigstens schlagwortartige Hinweise auf die Qualität der Lage nicht aus. Auch außerhalb eines in Wien sogenannten "Gründerzeitviertels" ist nämlich eine durchschnittliche oder gar unterdurchschnittliche Lage durchaus denkbar und in der Praxis anzutreffen. Die in § 2 Abs 3 RichtWG für Wiener Verhältnisse auf die sogenannten Gründerzeitviertel hinweisende Ansammlung von Begriffsmerkmalen (vgl AB 19; Tades-Stabentheiner in ÖJZ 1994, 1A, 6) stellt nur klar, daß eine derartige Lage als durchschnittliche Lage und daher als Merkmal einer Normwohnung zu qualifizieren ist. Der Schluß, jegliche Lage außerhalb dieser abgewohnten Viertel sei bereits überdurchschnittlich, ist entgegen der Ansicht Würths (in WoBl 1993, 153) nicht zu ziehen. Die durchschnittliche Lage ist nämlich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen, wobei eine Lage in einem sogenannten Gründerzeitviertel höchstens als durchschnittlich einzustufen ist. Hier wird kein "Begriffsmerkmal der Normwohnung" (so Würth aaO) gegeben, sondern nur für Wiener Verhältnisse klargestellt, daß Wohnungen in solchen Teilen der Stadt höchstens als durchschnittlich eingestuft werden können. Über andere Lagen wird damit nichts ausgesagt.

Mit dem Hinweis im Mietvertrag, ein Haus liege nicht in einem Gründerzeitviertel wird daher einem Mieter bei Mietvertragsabschluß kein für den Lagezuschlag maßgebender Umstand bekanntgegeben.

Mit der von § 16 Abs 4 letzter Satz MRG aufgestellten, an den Vermieter gerichteten Aufforderung, die für den Lagezuschlag maßgeblichen Umstände dem Mieter schriftlich bekanntzugeben, wird ein Hauseigentümer schon deshalb nicht überfordert sein, weil diese Umstände in der Regel ident mit wichtigen, den Wert eines Hauses mitbestimmenden Faktoren gleichzusetzen sein werden, die ihm in aller Regel wohlbekannt sein müssen.

Jede andere Anforderung als die, schlagwortartig solche den Wohnwert eines Hauses beeinflussenden Kriterien im Mietvertrag anzuführen, würde der zum Schutz des Mieters vor überzogenen Mietzinsforderungen getroffenen Regelung jeden Anwendungsbereich nehmen und sie damit obsolet machen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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