OGH 5Ob19/96

OGH5Ob19/9613.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Mag.Susanna M*****, Betriebswirtin, 2.) Heinz M*****, Kaufmann, beide *****, 3.) Konrad H*****, Kriminalbeamter iR, ***** 4.) Wilhelm M*****, Pensionist, ***** 5.) Thomas L*****, Selbständiger, ***** 6.) Ingeborg F*****, Werbedame, ***** 7.) Günther N*****, kaufm.Angestellter, ***** 8.) Peter P*****, Pensionist, ***** 9.) Rudolf V*****, Pensionist, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Christian Klemm, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24.November 1995, AZ 46 R 3088/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 11. Oktober 1995, TZ 6292/95, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller auf Einverleibung des Wohnungseigentums ob Miteigentumsanteilen der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers an "sonstigen (für Wohnzwecke genutzten) Räumlichkeiten" mit der Begründung ab, es handle sich bei den antragsgegenständlichen Objekten um Wohnungen, die nicht zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügten, sodaß daran gemäß § 1 Abs 3 WEG in der hier schon anzuwendenden Fassung nach dem 3. WÄG Wohnungseigentum nicht bestehen könne.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,- S übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1 Abs 3 WEG idF des 3. WÄG nicht vorliege.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsstattgebendem Sinn abzuändern. Überdies regten die Antragsteller an, der Oberste Gerichtshof möge gemäß Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag auf Aufhebung des § 1 Abs 3 WEG idF des 3. WÄG beim Verfassungsgerichtshof stellen.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt; der Oberste Gerichshof hat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der genannten Gesetzesbestimmung.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Sachentscheidung:

Nach der Aktenlage handelt es sich bei den Objekten, an denen nach dem Willen der Antragsteller nunmehr Wohnungseigentum begründet werden soll, um selbständige Wohnungen, die auch als solche genutzt werden. Eine Aufhebung der Widmung als Wohnung erfolgte nicht. Daraus folgt, daß gemäß § 1 Abs 3 WEG idF des hier anzuwendenden 3. WÄG daran mangels Vorhandenseins zumindest einer Wasserentnahmestelle und eines Klosetts im Inneren Wohnungseigentum nicht begründet werden kann. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß die Antragsteller die nach wie vor selbständige Wohnungen darstellenden Objekte nunmehr mit einem anderen Namen versehen, nämlich mit der Bezeichnung "sonstige für Wohnzwecke genutzte Räumlichkeiten". Dabei handelt es sich bloß um ein Spiel mit Worten, das am tatsächlichen und rechtlichen Charakter der Objekte, an denen Wohnungseigentum begründet werden soll, nichts zu ändern vermag.

Das im Revisionsrekurs gebrauchte Argument, nach § 1 Abs 1 WEG könne an sonstigen selbständigen Räumlichkeiten zwecks ausschließlicher Nutzung und Verfügung durch den Wohnungseigentümer Wohnungseigentum begründet werden, verfängt nicht, weil es sich bei der sonstigen selbständigen Räumlichkeit, wie schon das Attribut "sonstige" zeigt, nicht um eine selbständige Wohnung handelt. Das Recht der Antragsteller, an den bisher als Wohnung gewidmeten und benutzten Objekten Wohnungseigentum nach ordnungsgemäßer Umwidmung in andere Räumlichkeiten (zB Lagerräume, die nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen) zu begründen, wird den Antragstellern durch diese Entscheidung nicht abgesprochen. Einen solchen Antrag stellten sie jedoch nicht.

Auch der Umstand, daß bei der Nutzwertfestsetzung auch sogenannte Substandardwohnungen im Sinne des § 1 Abs 3 WEG idF des 3. WÄG bei Ermittlung des Gesamtnutzwertes der Liegenschaft zu berücksichtigen sind und daß daher für diese Objekte gleichfalls ein Nutzwert festzustellen ist (5 Ob 126/95) ändert nichts daran, daß an diesen Objekten in der Folge Wohnungseigentum nicht begründet werden kann. Es handelt sich dann eben um Wohnungen, die bloß im schlichten Miteigentum der Liegenschaftseigentümer stehen können und über deren Nutzungsmöglichkeit das Wohnungseigentumsgesetz ohnedies Vorsorge getroffen hat (vgl § 20 WEG).

Aus dem bisher Gesagten folgt, daß die Entscheidungen der Vorinstanzen vollkommen den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes entsprechen.

b) Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit:

Die Bestimmung des § 1 Abs 3 WEG, wonach an "Substandardwohnungen" Wohnungseigentum nicht bestehen kann, hat offensichtlich ua die Verhinderung einer faktischen Außerkraftsetzung von Mieterschutzbestimmungen durch die Begründung von Wohnungseigentum an solchen Wohnungen zum Gegenstand, was zu einer Verengung des Marktes in diesem Bereich führen würde (so 5 Ob 126/95). Dieser ganz offensichtliche Gesetzeszweck läßt den erkennenden Senat die in § 1 Abs 3 WEG geregelte Eigentumsbeschränkung als im öffentlichen Interesse - zur Sicherung der durch das MRG geschützten Ziele - gelegen durchaus als verfassungskonform erscheinen. Die im Revisionsrekurs dagegen vorgebrachten Argumente, Substandardwohnungen müßten in den Mindestanteilen der übrigen Miteigentümer aufgehen und es könnte allenfalls einem Miteigentümer an einem Haus mit "gemischtem Wohnungseigentum" überhaupt kein Miteigentumsanteil mehr zustehen, überzeugen nicht, weil ja das Vorhandensein von "Substandardwohnungen" deren Berücksichtigung bei der Nutzwertfestsetzung, wie bereits ausgeführt wurde, nicht hindert.

Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der Bestimmung des § 1 Abs 3 WEG zu stellen.

Dem Revisionsrekurs war daher insgesamt der Erfolg zu versagen.

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