OGH 5Ob191/62

OGH5Ob191/6213.9.1962

SZ 35/91

Normen

ABGB §1079
GBG §64
GBG §123
ABGB §1079
GBG §64
GBG §123

 

Spruch:

Der Rekurs des in seinem Vorkaufsrecht Verletzten muß im Fall des Unterbleibens der Verständigung von dem Eigentumsübergang bei gutgläubigem Erwerb einer Liegenschaft durch einen Dritten innerhalb von drei Jahren erhoben werden.

Entscheidung vom 13. September 1962, 5 Ob 191/62.

I. Instanz: Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Mit der Erklärung vom 16. April 1956 bzw. 29. Mai 1956 räumte die Kongregation der B., Salzburg, als Eigentümerin des zum Gutsbestand der EZ. 55 I des Grundbuches über die Katastralgemeinde K.-Land gehörigen Grundstückes 1791/1 in nachfolgender Reihenfolge dem Dr. Richard N., dem minderjährigen Franz M., dem minderjährigen Theodor M. und der minderjährigen Sybille M. ein Vorkaufsrecht an einer Teilfläche von 500 m2 dieses Grundstückes ein, das auch verbüchert wurde. Mit Kaufvertrag vom 23. April 1957 bzw. 18. Dezember 1957 verkaufte die genannte Kongregation die gesamte Liegenschaft EZ. 55 I des Grundbuches über die Katastralgemeinde K.-Land, sohin auch das Grundstück 1791/1, an Dr. Fritz B., der am 28. Juli 1958 um die Einverleibung seines Eigentumsrechtes und die Löschung verschiedener Eintragungen ansuchte. Mit Beschluß vom 5. August 1958, TZ. 848/58 wurde die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu seinen Gunsten bewilligt, ohne daß auf das Vorkaufsrecht Bedacht genommen wurde. Die Vorkaufsberechtigten wurden von der Eigentumsübertragung auch nicht verständigt. Mit Vertrag vom 28. Februar 1961 schenkte Dr. B. der Dr. Ursula D. mehrere zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ. 55 I des Grundbuches über die Katastralgemeinde K.-Land gehörige Grundstücke und Teilflächen von Grundstücken, darunter eine Teilfläche des Grundstückes 1791/1, in welcher auch jener Teil enthalten war, auf den sich das Vorkaufsrecht der vorhin Genannten bezog.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes K. vom 29. November 1961, TZ. 1993/61, wurde unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Dr. Ursula D. unter Mitübertragung des Vorkaufsrechtes hinsichtlich der Teilfläche des Grundstückes 1791/1, nunmehr 1792, im Ausmaß von 500 m2 zugunsten der Vorkaufsberechtigten bewilligt, die diesmal von der Eigentumsübertragung verständigt wurden. Daraufhin beantragte Dr. Richard N. die Zustellung einer Ausfertigung des Beschlusses des Bezirksgerichtes K, vom 5. August 1958, TZ. 848/58, weil er erst jetzt von der Verletzung seines Vorkaufsrechtes durch die Übertragung des Eigentumsrechtes an Dr. Fritz B. auf Grund des Kaufvertrages vom 23. April 1957 bzw. 18. Dezember 1957 erfahren habe. Dieser Beschluß wurde ihm am 25. Jänner 1962 zugestellt, gegen welchen sich der am 5. Februar 1962 erhobene Rekurs des Dr. Richard N. wendet.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, in der Sache neuerlich zu entscheiden, weil das Vorkaufsrecht des Rekurswerbers in dem angefochtenen Beschluß keine Berücksichtigung gefunden habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragstellers Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und wies den Rekurs des Dr. Richard N. gegen den erstgerichtlichen Beschluß zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst war es verfehlt, daß das Rekursgericht dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen hat. Die Bestimmung des § 95 (1) GBG., daß über jedes Grundbuchsgesuch ohne Einvernehmung der Parteien und in der Regel ohne Zwischenerledigung in der Sache zu entscheiden und in dem zu erlassenden Beschluß die Bewilligung oder Abweisung des Gesuches ausdrücklich auszusprechen ist, gilt auch für das Rekursgericht. Es hat, wenn es den erstgerichtlichen Beschluß nicht zu bestätigen in der Lage ist, auf Grund des Akteninhaltes selbst zu entscheiden und das Grundbuchsgesuch abzuweisen. Jedoch ist es ihm nicht gestattet, dem Erstgericht unter Bedachtnahme auf die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes die neuerliche Entscheidung aufzutragen (Bartsch, Grundbuchsgesetz[8] S. 608). Ausnahmsweise wäre dies zulässig. wenn das Erstgericht in die sachliche Erledigung des Gesuches nicht eingegangen ist, sondern dieses aus formalen Gründen abgewiesen hat. Doch liegt hier ein solcher Fall nicht vor.

Das Rekursgericht hätte in eine sachliche Prüfung des Rekurses des Dr. Richard N. überhaupt nicht eingehen dürfen, weil der Rekurs verspätet erhoben wurde.

Das Grundbuchsgesetz enthält keine Bestimmung darüber, bis zu welchem Zeitpunkt ein durch einen Grundbuchsbeschluß in seinen Rechten Verletzter einen Rekurs einbringen kann, wenn ihm eine Ausfertigung des betreffenden Beschlusses nicht zugestellt worden ist. Wie der Oberste Gerichtshof in wiederholten Entscheidungen ausgesprochen hat, erlischt das Rekursrecht des nichtverständigten Rekursberechtigten, wenn die Löschung der Einverleibung mittels Klage nicht mehr bewirkt werden kann (JBl. 1950, S. 186, so auch Bartsch a. a. O., S. 606), weil eine zeitlich unbegrenzte Zulassung des Rekurses die Rechtssicherheit auf das schwerste gefährden würde. Da Dr. Fritz B. nicht mehr Eigentümer der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft ist, würde sich die Dauer des Klagerechtes nicht nach § 62, sondern nach § 64 GBG. richten. In Anlehnung an diese Bestimmung muß der Rekurs im Falle des Unterbleibens der Verständigung innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem die angefochtene Einverleibung bei dem Grundbuchsgericht angesucht worden ist, erhoben werden, wenn durch die Rekurserledigung Rechte gutgläubiger Dritter betroffen würden. Die Gutgläubigkeit des Dritten hat der Grundbuchsrichter nach dem Grundbuchsstand zu beurteilen. Keinesfalls dürfte er darüber Erhebungen pflegen (§ 95 (1) GBG.). Grundsätzlich ist der Erwerber eines verbücherten Rechtes schlechtgläubig, wenn aus dem Grundbuch hervorgeht, daß seinem Erwerb ein anderes Recht entgegensteht. So zerstört das auf der Liegenschaft eingetragene Veräußerungs- und Belastungsverbot den guten Glauben des Erwerbers (5 Ob 474/59). Auch der Erwerb einer Liegenschaft auf Grund eines Kaufvertrages ohne Bedachtnahme auf ein eingetragenes Vorkaufsrecht schließt den guten Glauben des Erwerbers aus. Das trifft hier aber nicht zu. Dr. Ursula D. hat von dem unmittelbaren Erwerber der Liegenschaft (Dr. Fritz B.) einen Teil, darunter auch das mit dem Vorkaufsrecht belastete Grundstück, geschenkt erhalten. Durch einen Schenkungsvertrag wird jedoch das Vorkaufsrecht ohne eine besondere Verabredung nicht aufgelöst (§ 1078 ABGB.). Es besteht vielmehr fort, weshalb Dr. Ursula D. mit Recht die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes unter Mitübertragung des Vorkaufsrechtes beantragt und bewilligt erhalten hat. Die Frage, ob sie etwa deshalb als schlechtgläubig anzusehen ist, weil sie den Eigentumserwerb ihres Rechtsvorgängers nicht darauf geprüft hat, ob seiner Eigentumseinverleibung das verbücherte Vorkaufsrecht entgegensteht, kann auf Grund des Grundbuchsstandes allein nicht entschieden werden. Daß das Vorkaufsrecht verbüchert ist, steht also der Annahme der Gutgläubigkeit der Dr. Ursula D. als Dritter für den Grundbuchsrichter nicht entgegen. Vielmehr ist vom Grundsatz des § 328 ABGB. auszugehen, wonach im Zweifel die Vermutung für die Redlichkeit des Besitzes spricht.

Da das Gesuch um Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten Dris. B. am 28. Juli 1958 eingebracht wurde, war im Zeitpunkt der Erhebung des Rekurses durch Dr. N. am 5. Februar 1962 die dreijährige Frist des § 64 GBG. bereits verstrichen, weshalb der Rekurs als verspätet zurückgewiesen werden mußte.

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