OGH 5Ob172/72

OGH5Ob172/7210.10.1972

SZ 45/106

Normen

KO §110
KO §129
KO §130
KO §131
KO §136
KO §110
KO §129
KO §130
KO §131
KO §136

 

Spruch:

Die Verteilung der Konkursmasse ist mit einem Antrag des Masseverwalters einzuleiten; dieser Antrag besteht in den Fällen des § 129 Abs 2 und des § 136 KO in der Einbringung eines Verteilungsentwurfes

Für die Berücksichtigung nichttitulierter, bestrittener Forderungen ist der Zeitpunkt der Antragstellung auf Verteilung maßgebend. Die spätere Erteilung einer neuen Frist zur Einbringung von Feststellungsklagen nach § 110 KO ist unzulässig

OGH 10. 10. 1972, 5 Ob 172/72 (OLG Linz 2 R 107/72; LG Salzburg S 11/69)

Text

Im Rahmen des mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4. 2. 1969 eröffneten Konkursverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde ein Gläubigerausschuß nicht gewählt. Bei der am 14. 4. 1969 abgehaltenen Prüfungstagsatzung wurden ua die von den Firmen K-AG und A-GmbH in der dritten Klasse der Konkursgläubiger angemeldeten Forderungen von S 26.632.02 und S 89.806.42 (PZ 16 und 35 des Anmeldungsverzeichnisses) sowie S 32.606.92 (PZ 22 des Anmeldungsverzeichnisses) bestritten. Zur Geltendmachung der bestrittenen Ansprüche wurde eine Frist von drei Monaten bestimmt und iS des § 110 Abs 4 KO eine Belehrung über die Folgen der Versäumung erteilt. Im Zuge des Konkursverfahrens stellte sich heraus, daß neben der zu gewärtigenden vollen Berichtigung der Forderungen erster und zweiter Klasse sowie der Kosten und Barauslagen des Konkursverfahrens die Ausschüttung einer Verteilungsquote an die Gläubiger der dritten Klasse zunächst sehr ungewiß war, weil sie wesentlich von der Einbringlichkeit von Quoten aus anderen Insolvenzverfahren sowie dem Ergebnis der Stammeinlageneinforderung abhängig war. Der Bericht des Masseverwalters vom 1. 7. 1971 gibt aber schon ein einigermaßen klares Bild über die für die Verteilung verfügbare Masse und die zu berücksichtigenden Forderungen. Am 28. 2. 1972 legte der Masseverwalter eine Schlußabrechnung und einen Verteilungsentwurf vor, wobei sich ergab, daß nach Abzug und Bezahlung der Massekosten einschließlich der Steuerrückstände ein restliches Kridavermögen von S 496.903.73 die volle Befriedigung der Konkursgläubiger aller drei Klassen zulasse und sogar noch ein Überschuß von S 45.000.86 vorhanden sei. Die Verhandlung über den Verteilungsentwurf wurde für den 21. 4. 1972 anberaumt. Bereits zuvor hatten aber verschiedene Gläubiger bestrittener Forderungen Erinnerungen gegen den Verteilungsentwurf mit der Begründung eingebracht, sie hätten bisher Feststellungsklagen nach § 110 KO nicht eingebracht, weil sie insbesondere auf Grund eines Rundschreibens des Masseverwalters vom 20. 11. 1970 der Meinung gewesen seien, als Gläubiger in der dritten Klasse der Konkursforderungen nicht zum Zuge kommen zu können. Bei der Tagsatzung am 21. 4. 1972 gab der Masseverwalter bekannt, daß die K-AG (am 20. 3. 1972) die Klage auf Feststellung der Forderung von S 26.632.82 eingebracht habe. Die Forderung der A-GmbH wurde in dieser Tagsatzung mit dem vollen angemeldeten Betrage anerkannt. Im Hinblick auf die nunmehr anhängigen (beiden) Feststellungsprozesse regt der Masseverwalter an, daß verschiedenen Gläubigern, die die Klage nach § 110 KO aus den schon angeführten Gründen nicht eingebracht hätten, eine "endgültig letzte Frist zur Einbringung einer allfälligen Feststellungsklage bis 15. 6. 1972" eingeräumt werde.

Das Erstgericht verlängerte daraufhin mit den beiden Beschlüssen vom 21. 4. 1972 den Gläubigern P, H, B-OHG und K die Frist zur Erhebung der Feststellungsklage bis 15. 6. 1972. sowie ganz allgemein den Gläubigern, die Einwendungen gegen den Verteilungsentwurf des Masseverwalters erhoben haben, die Frist zur Erhebung einer Feststellungsklage bis 15. 6. 1972. wobei nach Ablauf dieser Frist der Masseverwalter einen neuen Verteilungsentwurf vorzulegen haben werde.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Rekursgericht auf Rekurs des Konkursgläubigers Z hin diese beiden Beschlüsse (ersatzlos) auf, weil die Gläubiger bestrittener, nicht vollstreckbarer Forderungen, die die Feststellungsklagen nicht nur nicht innerhalb der hiezu eingeräumten Frist, sondern auch nicht bis zum Zeitpunkt der Vorlage des Verteilungsentwurfes durch den Masseverwalter eingebracht hätten, ihren Teilnahmeanspruch bei der Schlußverteilung verloren hätten. Die vom Erstgericht verfügte Verlängerung der Frist zur Einbringung von Klagen und der damit verbundene Auftrag an den Masseverwalter, nach Ablauf der neuen Frist einen neuen Verteilungsentwurf vorzulegen, finde im Gesetze keine Deckung.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Konkursgläubiger K-AG und A-GmbH nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Bei der Überprüfung der Zulässigkeit dieser Rechtsmittel ist zunächst davon auszugehen, daß mit Rücksicht auf § 522 ZPO (§ 176 KO) der Rekurs auch gegen die Bestimmung der Frist nach § 110 Abs 4 KO zulässig ist, wiewohl es sich dabei nur um eine das Verfahren leitende Verfügung handelt (EvBl 1961/509).

Der Kreis der Rekursberechtigten ist im Konkursverfahren nicht ausdrücklich begrenzt. Es ist jeder grundsätzlich zum Rekurse befugt, der in seinen Rechten verletzt sein kann (EvBl 1968/165; EvBl 1970/269). Es ist aber auch das Rechtsschutzinteresse eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rekurses (5 Ob 215/70). Alle diese Voraussetzungen sind bei den Revisionsrekurswerbern anzunehmen, insbesondere auch beim Masseverwalter im Hinblick auf die ihm obliegenden Pflichten gemäß § 81 Abs 2 KO.

Zwar ist auch die Bestimmung des § 527 Abs 2 ZPO im Konkursverfahren anzuwenden (5 Ob 95/69; 5 Ob 69/71). Es ist aber der Revisionsrekurs gegen einen rekursgerichtlichen Beschluß jedenfalls zulässig, der zwar formell die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung ausspricht, inhaltlich aber durch die ersatzlose Beseitigung eine Abänderung darstellt (SZ 12/17; 5 Ob 161/72).

Die Revisionsrekurse sind sohin zulässig, aber nicht berechtigt. Die Revisionswerber orientieren sich bei ihren Beschwerden gegen die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes hauptsächlich nach vermeintlichen Erfordernissen des Insolvenzverfahrens, denen aber auch in dieser Richtung keine Überzeugungskraft zukommen kann, wie noch zu erörtern sein wird.

Die Grundlage für die Verteilung der restlichen Masse zur Befriedigung der Konkursgläubiger bildet nach den Bestimmungen der §§ 129, 136 KO ein Verteilungsentwurf des Masseverwalters, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine schwierigere Verteilung oder um die Schlußverteilung handelt. Dieser Vertragsentwurf ist dann gemäß § 130 KO auf formelle Mängel und Berechnungsfehler zu überprüfen, wobei sich allfällige Erinnerungen der Konkursgläubiger in diesem Rahmen zu bewegen haben. Erst danach ist nach den materiellen Verteilungsgrundsätzen der §§ 131, 132 KO vorzugehen. Die Verteilung der Masse ist sohin mit einem Antrag des Masseverwalters einzuleiten, dem alle Verteilungen obliegen. Dieser Antrag des Masseverwalters auf Verteilung besteht in der Einbringung des Verteilungsentwurfes (Bartsch - Pollak[3] I 582, 600). Wenn die Gesamtverteilung in mehreren Abschnitten, nämlich als Abschlags-, Schluß- und Nachtragsverteilung abgewickelt wird, dann ist jede Phase jeweils durch den Antrag des Masseverwalters auf diesbezügliche Verteilung einzuleiten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung bestrittener nicht titulierter Forderungen, wie sie bezüglich der beiden als Revisionsrekurswerber fungierenden Konkursgläubiger vorlagen, ist sohin im Rahmen der vom Masseverwalter vorgesehenen Schlußverteilung sein diesbezüglicher, am 28. 2. 1972 mit der Schlußabrechnung vorgelegter Verteilungsentwurf, den das Erstgericht mit Beschluß vom 28. 2. 1972 bekanntgegeben hat. Im Rahmen dieser Verteilung können sohin nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nichttitulierte, bestrittene Forderungen nicht mehr berücksichtigt werden, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Frist zur Erhebung der Klage gemäß § 110 Abs 4 KO bereits seit langer Zeit abgelaufen war und diese Klage auch in der Folge bis zur Einbringung des Verteilungsentwurfes nicht angebracht worden ist. Die Hinweise der Revisionsrekurswerber auf die Vorläufigkeit des Verteilungsentwurfes und die einzelnen Phasen seiner Überprüfung nach den Bestimmungen des § 130 KO können diesen Erwägungen nicht entgegenstehen, weil die Bestimmung des § 131 Abs 3 KO eben nicht auf den Zeitpunkt einer endgültigen Feststellung des Verteilungsentwurfes abstellt, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Verteilung. Dementsprechend kann es auch nicht statthaft sein, nach diesem relevanten Zeitpunkte eine neue Frist zur Einbringung von Feststellungsklagen nach § 110 KO einzuräumen, um damit zum Nachteile der übrigen Konkursgläubiger, deren Forderungen nicht bestritten sind, die Berücksichtigung weiterer Forderungen bei dieser Verteilung zu ermöglichen. Die Bestimmung des § 136 KO, wonach die Vornahme der Schlußverteilung von der endgültigen Entscheidung über sämtliche bestrittenen Forderungen abhängig ist, bezieht sich nicht auf solche bestrittenen Forderungen, die iS des § 131 Abs 3 KO nicht zu berücksichtigen sind (Bartsch - Pollak aaO Anm 5 zu §§ 136, 137 KO).

Im Hinblick auf diese Rechtslage bringen die Revisionsrekurswerber, insbesondere auch der Masseverwalter, hauptsächlich Argumente vor, die sich auf Unzweckmäßigkeit und Unbilligkeit eines dem Gesetze in den gegenständlichen Belangen entsprechenden Vorganges beziehen. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß es sich im vorliegenden Falle, wie der Masseverwalter hervorhebt, um ein besonders schwieriges Konkursverfahren handelt, bei dem zufolge der von vornherein nicht eindeutig absehbaren und undurchsichtigen Entwicklung der für die Befriedigung der Gläubiger letztlich zur Verfügung stehenden Masse eine besondere Aufmerksamkeit in dieser Richtung geboten war. Wenn aus Gründen allfälliger Ersparnis die Einbringung der Feststellungsklagen nach § 110 KO unterblieben ist, muß dies zu Lasten jener Konkursgläubiger gehen, die der Entwicklung des für die Verteilung zur Verfügung stehenden Vermögens, die ja aus den Berichten des Masseverwalters in dem langwierigen Konkursverfahren schließlich hinlänglich eindeutig zu erkennen war, nicht das genügende Augenmerk geschenkt haben. Sie können aber nunmehr nicht verlangen, daß die Befriedigung jener Konkursgläubiger beeinträchtigt wird, die teilweise auf die Gefahr einer für sie selbst unwirtschaftlichen Vorgangsweise hin rechtzeitig dafür gesorgt haben, mit ihren Forderungen Berücksichtigung finden zu können.

Das Revisionsrekursverfahren kann keine Grundlage für eine Entscheidung darüber abgeben, wie hinsichtlich der im Verteilungsentwurf des Masseverwalters ausgewiesenen Hyperocha im Rahmen des weiteren Konkursverfahrens vorzugehen ist.

Den Revisionsrekursen war sohin ein Erfolg zu versagen.

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