Normen
ABGB §828
ABGB §833
ABGB §889
ABGB §1111
ABGB §1497
ZPO §85
ABGB §828
ABGB §833
ABGB §889
ABGB §1111
ABGB §1497
ZPO §85
Spruch:
Zur Frage der gehörigen Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 1497 ABGB., wenn eine Klage zu Unrecht zur Verbesserung zurückgestellt wurde.
Die Verjährungsfrist des § 1111 ABGB. findet auch auf Schadenersatzansprüche auf Grund der vereinbarten Übernahme einer Zufallshaftung Anwendung.
Diese Schadenersatzansprüche stehen mehreren Miteigentümern anteilsmäßig zu.
Entscheidung vom 26. Juni 1968, 5 Ob 169/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Miteigentümer des Hauses Wien, R.gasse 12, sind zu 1/12 Anteilen die Erstklägerin, zu je 3/12 Anteilen die Zweit- und Drittkläger, zu 10/48 Anteilen die Viertklägerin sowie zu je 5/48 Anteilen Wilhelmine P. und Augustine P. Die Beklagte war Mieterin der im angeführten Haus im rückwärtigen Trakt gelegenen Arbeits- und Büroräume.
Die Beklagte als Mieterin kundigte das Mietverhältnis für den 31. Dezember 1965 auf.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen den Betrag von 80.481.36 S samt 4% Zinsen seit 1. Jänner 1966 zu bezahlen. Die Klage wird darauf gestützt, daß die Beklagte die gemieteten Räume bei der Beendigung des Mietverhältnisses in schadhaftem und vertragswidrigen Zustand zurückgelassen hätte.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß Rechtsanwalt Dr. Robert W. am 26. Juli 1966 die vorliegende Klage als Vertreter des Zweitklägers einbrachte. Der Zweitkläger trat als Hausverwalter und bevollmächtigter Vertreter der Erst-, Dritt- und Viertkläger auf. Der Klage war jedoch nur eine Vollmacht des Zweitklägers an Rechtsanwalt Dr. Robert W. angeschlossen. Mit Beschluß vom 28. Juli 1966 wurde die Klage ohne Setzung einer Frist an Dr. W. in Urschrift zur Verbesserung zurückgestellt, um die fehlenden Vollmachten der Erst-, Dritt- und Viertkläger an den Zweitkläger anzuschließen. Am 10. Juli 1967 legten die Kläger, die Rechtsanwalt Dr. Theo P. bevollmächtigt hatten, unter Bekanntgabe des Vollmachtswechsels die Klage wieder vor.
Rechtlich würdigte das Prozeßgericht den Sachverhalt dahin, daß nach § 1111 ABGB. der Anspruch des Vermieters auf Ersatz des vom Mieter durch Beschädigung oder mißbräuchliche Abnützung des Bestandobjektes schuldhaft verursachten Schadens binnen einem Jahr nach der Rückstellung des Bestandobjektes geltend zu machen sei. Nach § 1497 ABGB. werde die Verjährung zwar durch die Anbringung einer Klage unterbrochen, doch müsse die Klage gehörig fortgesetzt werden. Im vorliegenden Fall sei aber die zur Verbesserung zurückgestellte Klage erst nach einem Jahr wieder vorgelegt worden, sodaß von einer gehörigen Fortsetzung der Klage nicht gesprochen werden könne. Im Zeitpunkt der Entsprechung des Verbesserungsauftrages sei die einjährige Verjährungsfrist des § 1111 ABGB. bereits abgelaufen gewesen, da das Bestandverhältnis am 31. Dezember 1965 geendet hätte und die Arbeiten anfangs 1966 durchgeführt worden seien.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß die Kläger Miteigentümer der Liegenschaft Wien, R.-Gasse 12 sind. Bei der Verfolgung teilbarer Ansprüche ist der Teilhaber der gemeinsamen Sache auf die Geltendmachung seines Anteiles beschränkt. Zu den teilbaren Ansprüchen zählen Schadenersatzansprüche in Geld (Klang in Klang, Komm.[2] III S. 1094, Zingher, Das Mietengesetz[10] S. 12, 13, Jensik, Miteigentum Wohnungseigentum S. 16). Es ist daher jeder Miteigentümer nur berechtigt, den entsprechend seines Miteigentumsanteiles auf ihn entfallenden Anteil auf Ersatz des eingetretenen Schadens zu fordern.
Können die Teilhaber der gemeinsamen Sache über den ihnen zustehenden Schadenersatzanspruch in Geld aber nicht nur gemeinschaftlich, sondern jeder für sich verfügen, dann ist eine einheitliche Streitgenossenschaft im Sinne des § 14 ZPO. nicht gegeben. Die Kläger sind vielmehr als einfache Streitgenossen anzusehen (Fasching, Kommentar II S. 194, 195).
Frei von Rechtsirrtum ist die Auffassung der Vorinstanzen, daß der geltend gemachte Anspruch nach § 1111 ABGB. zu beurteilen ist. Nach der angeführten Gesetzesstelle haftet der Mieter, falls das Mietstück beschädigt oder durch Mißbrauch abgenützt wird, sowohl für sein eigenes, als des Afterbestandnehmers Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen einem Jahr nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist das Recht erloschen. Aus der angeführten Gesetzesstelle ergibt sich, daß der Bestandnehmer für alle Schäden aufzukommen hat, die sich aus der vertragswidrigen Benutzung ergeben (Fürth, Das österreichische Mietrecht, S. 161 ff., S. 242, Kopezky, Der Wohnungs-Bestandvertrag S. 108).
Die im zweiten Satz des § 1111 ABGB. enthaltene Frist stellt, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Ehrenzweig, System I/1 S. 302, II/1 S. 460) ausgesprochen hat (SZ. XXIII 333), eine Verjährungsfrist dar. Die einjährige Verjährungsfrist des § 1111 ABGB. findet auch dann Anwendung, wenn der Schadenersatzanspruch aus Vereinbarungen im Mietvertrag abgeleitet wird, die die Übernahme einer Zufallshaftung zum Gegenstand haben (Ehrenzweig, System II/1 S. 460, Ob II 444/23 in JBl. 1924 S. 45).
Die Revisionswerber wenden sich dagegen, daß mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ihre Ansprüche verjährt seien.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde das Bestandobjekt vor dem 22. März 1966 von der Beklagten den Klägern zurückgestellt. Die Klage wurde am 26. Juli 1966, somit innerhalb der Frist des § 1111 ABGB. beim Erstgericht angebracht. Sie wurde aber nicht gehörig im Sinne des § 1497 ABGB. fortgesetzt. Der Klage war nämlich lediglich eine Vollmacht des Zweitklägers an Rechtsanwalt Dr. Robert W. angeschlossen. Da eine Vollmacht der Erst-, Dritt- und Viertkläger fehlte, wurde die Klage ohne Setzung einer Frist zur Verbesserung zurückgestellt und erst im Juli 1967 wieder mit Vollmachten an den Klagsvertreter Dr. Theo P. vorgelegt. Nach § 1497 ABGB. wird dieVerjährung unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlauf der Verjährungszeit von dem Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt, so gilt die Verjährung als nicht unterbrochen.
Im vorliegenden Fall liegt zwischen der Zurückstellung der Klage zur Verbesserung (28. Juli 1966) und ihrer Wiedervorlage (10. Juli 1967) nahezu eine Zeitspanne von einem Jahr. Wohl ist für die Beurteilung der Frage, ob ein längeres Zuwarten mit der Anspruchsverfolgung als ungebührliche Untätigkeit anzusehen ist, nicht nur die Dauer der Untätigkeit von Belang, sondern auch ihre Gründe. Abgesehen davon, daß die Erst-, Dritt- und Viertkläger zum Anschluß ihrer Vollmachten eine Zeitspanne benötigten, die der Verjährungsfrist des § 1111 ABGB. entspricht, haben sie auch keine tauglichen Gründe für ihre Untätigkeit und die Nichtfortsetzung des Verfahrens vorgebracht und unter Beweis gestellt. Die Pflicht, Behauptungen aufzustellen und Beweise dafür anzubieten, daß beachtliche Gründe vorliegen, die ihre Untätigkeit rechtfertigen, trifft aber, wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat (2 Ob 413/60 in EvBl. 1961 Nr. 80, 1 Ob 31, 32/68 u. a.), die Kläger, wenn sich die beklagte Partei auf die Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Prozesses beruft.
Dem steht auch nicht entgegen, daß das Prozeßgericht zur Verbesserung der Klage keine Frist gesetzt hat. Grundsätzlich hat der gerichtliche Verbesserungsauftrag an die Parteien ohne Fristsetzung zu erfolgen. Nur dort, wo für die Parteieneingabe eine Frist einzuhalten war, hat das Gericht mit dem Auftrag zur Verbesserung, der gemäß § 116 (1) Geo. urschriftlich auf die Eingabe gesetzt werden kann, eine Frist zu setzen, innerhalb welcher der verbesserte Schriftsatz einzubringen ist (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen II. Band S. 560). Daß der Verbesserungsauftrag nach § 85 ZPO. nur der Behebung prozessualer Mängel dient, ergibt sich aus der sprachlichen Fassung der Bestimmungen der §§ 84 und 85 ZPO. Nach § 84 ZPO. hat das Gericht die Beseitigung von Formgebrechen, welche die geschäftliche Behandlung eines überreichten Schriftsatzes zu hindern geeignet sind, von Amts wegen anzuordnen. Zum Zwecke der Beseitigung von Formgebrechen kann nach § 85 (1) ZPO. der Partei der Schriftsatz mit der Anweisung zur Behebung der gleichzeitig zu bezeichnenden Formgebrechen zurückgestellt werden. Nach § 85 (2) ZPO. ist für die Wiederanbringung des Schriftsatzes eine neuerliche Frist festzusetzen, wenn bei der Überreichung des Schriftsatzes eine Frist einzuhalten war. Daraus folgt, daß ein Verbesserungsauftrag nur bezüglich prozessualer Formgebrechen erfolgen kann und daß eine Frist nur bei Befristungen des Verfahrensrechtes zu setzen ist. Dazu zählen Einwendungen, Klagebeantwortungen und Rechtsmittel. Bei Schriftsätzen, die an keine verfahrensrechtliche Frist gebunden sind, wozu Klagen zählen, hat die Setzung einer Frist für eine Wiederanbringung zu unterbleiben (Fasching, a.a.O. S. 560, Klang in Klang, Komm.[2], VI S. 656 C 3. Ehrenzweig in Grünhut's Zeitschrift, Band 25, S. 308 Anm. 77, 7 Ob 14/55).
Den Revisionswerbern ist beizupflichten, daß sie mangels einer Frist zur Verbesserung seitens des Prozeßgerichtes die Klage zu einem beliebigen Zeitpunkt unter Anschluß von Vollmachten der Erst-, Dritt- und Viertkläger vorlegen konnten. Sie sind aber nicht in der Lage, den Eintritt der materiellrechtlichen Rechtsfolgen abzuwenden, falls die Klage nach § 1497 ABGB. nicht innerhalb einer angemessenen Frist fortgesetzt wird und sie keine Gründe dartun, die ihre Untätigkeit rechtfertigen. Mangels gehöriger Fortsetzung der Klage ist daher der Anspruch der Erst-, Dritt- und Viertkläger verjährt.
Hinsichtlich des Zweitklägers erging allerdings seitens des Prozeßgerichtes kein Verbesserungsauftrag. Seine Vollmacht war der Klage angeschlossen. Das Erstgericht wäre in der Lage gewesen, über seine Klage zu verhandeln und hinsichtlich der Erst-, Dritt- und Viertkläger mit einem abgesonderten Beschluß den Verbesserungsauftrag zu erlassen. Allein der dem Gerichte unterlaufende Fehler vermag die durch fast ein Jahr verzögerte Wiedervorlage der Klage nicht zu rechtfertigen. Es ist zwar richtig, daß es gegen die Rückstellung der Klage kein abgesondertes Rechtsmittel gibt (§ 85 (3) ZPO., 7 Ob 14/55). Dem Zweitkläger blieb es aber trotz der unbegrundeten Zurückstellung der Klage seitens des Prozeßgerichtes unbenommen, bezüglich seiner Person die nichtverbesserungsbedürftige Klage binnen einer angemessenen Frist - das heißt ohne unnötigen Verzug - wieder beim Erstgericht einzubringen. Einen daraufhin ergangenen Zurückweisungsbeschluß hätte er aber erfolgreich bekämpfen können. Eine gehörige Fortsetzung der Klage ist jedenfalls nur dann gegeben, wenn der Zweitkläger die hinsichtlich seiner Person formell fehlerlose Klage ohne unnötigen Verzug dem Gerichte zurückgestellt hätte. Nur in diesem Falle bleibt die mit der ursprünglichen Klagsanbringung eingetretene Unterbrechung der Verjährung wirksam. Da der Zweitkläger, wie erwähnt, die Wiedervorlage der Klage unbegrundet verzögert hat, gilt auch ihm gegenüber die Verjährung als nicht unterbrochen.
Für die Richtigkeit der Auffassung, daß der Zweitkläger gehalten war, die ursprünglich innerhalb der Verjährungsfrist des § 1111 ABGB. angebrachte Klage nach ihrer Zurückstellung innerhalb einer angemessenen Frist bei Gericht wieder anzubringen, spricht auch der Umstand, daß es sonst dem Ermessen des Zweitklägers anheim gestellt wäre, die Verjährungsfrist beliebig zu verlängern.
Das Berufungsverfahren ist auch nicht mangelhaft geblieben, da weitere Feststellungen im Hinblick auf die Verjährung der von den Klägern geltend gemachten Ansprüche zur abschließenden Beurteilung der Rechtssache nicht erforderlich waren.
Der Revision war somit aus den aufgezeigten Gründen der Erfolg zu versagen.
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