Spruch:
Notwendiges Erfordernis jeder Kontokorrentvereinbarung i S des § 355 HGB ist die regelmäßige Abrechnung. Das ausdrücklich erklärte Anerkenntnis der Schuld durch einen Mitschuldner unterbricht die Verjährung nur ihm gegenüber. Wird jedoch zur teilweisen Abstattung der Gesamtschuld von einem Mitschuldner eine Teilzahlung geleistet, bewirkt die damit zum Ausdruck gebrachte Anerkennung der Gesamtschuld die Unterbrechung der Verjährung gegenüber allen Mitschuldnern
OGH 21. Oktober 1970, 5 Ob 167/70 (OLG Wien 7 R 45/70; KG St Pölten 2 a Cg 621/69)
Text
Mit der am 21. Juli 1969 eingebrachten Klage forderte die Klägerin von Erich E und August R einen Betrag von 25.322 S samt 10% Zinsen seit 18. Juli 1969 als Kaufpreis für dem Beklagten bis zum Jahre 1968 laufend gelieferte Waren. Gegen Erich E erging am 28. November 1969 Versäumungsurteil (ONr 9), das rechtskräftig wurde. August R wendete gegenüber der auf 24.690 S (= Restforderung 21.104.40 S plus kapitalisierte Zinsen) eingeschränkten Forderung ein, daß die Warenlieferungen der Klägerin nicht an ihn, sondern an die prot Firma "Holzbau E & Co" ergangen sei. Er sei zwar Gesellschafter dieser offenen Handelsgesellschaft, doch habe sich seine Tätigkeit auf den gewerberechtlichen Sektor beschränkt. Im übrigen sei die Forderung der Klägerin zumindest hinsichtlich des am 31. Dezember 1965 fällig gewordenen Saldos von 20.437.98 S verjährt. Vom 4. Jänner 1966 bis 17. Oktober 1967 habe die Klägerin noch Waren im Betrag von 55.766.48 S geliefert. In der gleichen Zeit habe die Firma Holzbau E & Co 55.100 S bezahlt. Den Restbetrag von 666.48 S samt den begehrten 10%igen Zinsen, jedoch ohne Zinseszinsen, anerkenne der Beklagte. Demgegenüber behauptete die Klägerin, daß dem Beklagten bzw der Firma E & Co der jährliche Saldo stets bekanntgegeben und von den Firmengesellschaftern anerkannt worden sei.
Das Erstgericht verurteilte August R zur ungeteilten Hand mit dem durch das Versäumungsurteil vom 28. November 1969, ONr 9, verpflichteten Erich E, der Klägerin den Betrag von 24.434 S samt 10% Zinsen seit 24. Juli 1969 (Tag der Klagszustellung) und die Prozeßkosten zu bezahlen. Das Mehrbegehren (Zinseszinsen) wurde abgewiesen.
Diesem Urteil liegen folgende Feststellungen zu Gründe: Die Klägerin sei bis Oktober 1967 mit der Firma Holzbau E & Co OHG in laufender Geschäftsverbindung gestanden. August R sei zwar Gesellschafter dieser offenen Handelsgesellschaft, er sei jedoch über deren Geschäfte mit der Klägerin nicht informiert gewesen. Er habe persönlich auch nie eine Forderung der Klägerin anerkannt. Erich E, der ebenfalls Gesellschafter dieser OHG sei, habe bei der Klägerin laufend Baubeschläge eingekauft und stets nur Akontozahlungen - meist 500 oder 1000 S - geleistet. Zuletzt habe Erich E am 18. Oktober 1967 500 S an die Klägerin bezahlt. Die Buchhaltung der Klägerin habe im Kundenkonto die Rechnungsbeträge der gelieferten Waren und die Zahlungen einander gegenübergestellt und am Ende des Jahres stets den Saldo ermittelt. Der auf das nächste Jahr vorgetragene
Saldo habe im Jahr 1961 10.877.51 S, im Jahr 1962
12.447.23 S, im Jahr 1963 8.567.08 S, im
Jahr 1964 25.503.13 S, im Jahr 1965
20.437.98 S, und im Jahr 1966 19.202.68 S
betragen. Per 31. Dezember 1967 habe der unbestrittene Saldo
zugunsten der Klägerin 21.104.46 S betragen. Die Klägerin habe die
einzelnen Warenlieferungen nur zweimal im Monat fakturiert. Anfangs
hätten sich die Forderungen der Klägerin und die Zahlungen des Erich
E etwa die Waage gehalten. Wenn sich ein erheblicher Saldo zugunsten
der Klägerin ergab, habe die Buchhaltung der Klägerin dem
Filialleiter, bei dem E einkaufte, diesen Saldo mit einem runden
Betrag, also nicht ziffernmäßig genau bekanntgegeben. Der
Filialleiter habe diese Mitteilung wieder an E beim nächsten Einkauf
weitergegeben. E habe in einem solchen Fall jeweils zugestanden, daß
die Forderung richtig sein könne. Er habe dann auch eine Zeitlang
höhere Akontozahlungen (etwa 1000 S jeden Freitag) geleistet. Im
Jahr 1966 habe E Waren im Wert von 35.364.70 S eingekauft, jedoch
zusammen 36.600 S bezahlt. Zwischen 3. und 25. Jänner 1967 habe er
Waren im Wert von 1694.80 S bezogen, am 4. Jänner 1967 aber 2500 S
bezahlt. Zuletzt sei E im September oder Oktober 1967 ein Saldo von
zirka 20.000 S bekanntgegeben worden. Bei dieser Gelegenheit habe E
erklärt, er werde trachten, etwas zu bezahlen, er müsse zunächst
noch eigene Außenstände eintreiben. Im Frühjahr 1968 habe E den von
der Klägerin als Kraftfahrer beschäftigten Leopold M ersucht, dem
"Chef" auszurichten, er werde den Saldo bezahlen, wenn er seine
Werkstätte verkaufe. Es sei bei der Klägerin nicht üblich, ihren
Kunden am Jahresende den sich aus der laufenden Geschäftsverbindung
ergebenden Saldo schriftlich bekanntzugeben, ebensowenig verlange
die Klägerin schriftliche Anerkenntnisse ihrer Forderungen. Die
Klägerin sei dem Erich E hinsichtlich der Bezahlung der gelieferten
Waren auch deshalb entgegengekommen, weil er seit 1956 Kunde war und
seinen Zahlungsrückstand mit familiären Schwierigkeiten begrundete.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß die Forderung der Klägerin per 31. Dezember 1965 von 20.437.98 S nicht verjährt sei, weil Erich E diese Forderung wiederholt anerkannt habe. Die Verjährungsfrist für diese Forderung habe am 1. Jänner 1966 zu laufen begonnen, sei aber durch das Anerkenntnis jeweils unterbrochen worden. Für das Anerkenntnis einer Forderung genüge es, wenn dem Schuldner die ungefähre Höhe der Forderung bekanntgegeben werde, dieser sich damit begnüge und die Forderung in runder Summe anerkenne. Es habe daher am 31. Dezember 1967 die Forderung der Klägerin gegenüber der
Firma Holzbau E & Co für gelieferte Waren 21.104.46 S betragen. Dazu kämen 10% Zinsen bis 23. Juli 1969 im Betrage von 3.329.54 S ------------ sodaß die Forderung am Klagstag 24.434.- S betragen habe. Für diese Forderung der Klägerin hafte August R als offener Gesellschafter der Schuldnerin. Das durch die Verrechnung von Zinseszinsen sich ergebende Mehrbegehren der Klägerin sei abzuweisen.
Dieses Urteil blieb in seinem das Klagebegehren abweisenden Teil unangefochten. Gegen seinen der Klage stattgebenden Teil erhob der Beklagte Berufung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Berufungsgericht bestätigte jedoch das Urteil der ersten Instanz. Es liege, so führte das Berufungsgericht aus, freilich kein Kontokorrentverhältnis i S des § 355 HGB vor, weil dieses Forderungen aus beiderseitigen Ansprüchen und Leistungen voraussetze und nur in diesem Zusammenhang von einer Stundung der beiderseitigen Leistungen bis zum Abschluß der Abrechnungsperiode gesprochen werden könne. Diesfalls seien aber auf die Forderungen der Klägerin regelmäßig mehr oder minder große Teilzahlungen geleistet worden. Aus diesen Teilzahlungen lasse sich das Bewußtsein des Schuldners erkennen, verpflichtet zu sein. Die der Vereinbarung entsprechende Teilzahlung genüge als Anerkenntnis der Forderung. Die Verjährung einer Rate beginne jedenfalls erst mit ihrer Fälligkeit zu laufen. Da die letzte Rate im September oder Oktober 1967 bezahlt worden sei, sei die Forderung der Klägerin noch nicht verjährt. Die Haftung des Beklagten für diese Forderung habe das Erstgericht im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 128, 129, 159 HGB ohne Rechtsirrtum bejaht.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte bekämpft vor allem die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß aus der vom Erstgericht festgestellten Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Firma Holzbau E & Co auf eine Ratenvereinbarung geschlossen werden könnte. Das Erstgericht sei mit Recht von einer kontokorrentmäßigen Verrechnung der beiderseitigen Leistungen ausgegangen. Da die Klägerin aber dem Gesellschafter des Beklagten niemals ihre sich aus der Abrechnung ergebenden Forderungen ziffernmäßig genau bekanntgegeben habe, könne E die Forderung der Klägerin nicht anerkannt haben. Daher sei auch keine Unterbrechung der Verjährung dieser Forderung eingetreten.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Das Berufungsgericht hat mit Recht das Bestehen einer Kontokorrentvereinbarung i S des § 355 HGB verneint. Für jedes Kontokorrentverhältnis i S des § 355 HGB ist die regelmäßige Abrechnung notwendiges Erfordernis (vgl Schlegelberger, Handelsgesetzbuch III, Bd 1641, Anm 11 zu § 355 HGB). Daß im Falle einer Kontokorrentvereinbarung die Abrechnung mangels eines entgegenstehenden Vertrages oder Handelsbrauches jährlich einmal zu erfolgen hat, ist hier entgegen der Meinung des Erstgerichtes ohne Bedeutung, da diesfalls nach den Feststellungen der Untergerichte überhaupt keine regelmäßige Abrechnung erfolgte. Es kann daher auch nicht gesagt werden, daß eine solche Abrechnung dem Willen der Parteien entsprochen hätte. Nach den Feststellungen der Untergerichte über die zwischen den Parteien tatsächlich gehandhabte Verrechnung kommt daher auch die Annahme einer stillschweigenden Kontokorrentvereinbarung nicht in Betracht.
Ebensowenig rechtfertigen die Feststellungen der Untergerichte die
Annahme einer Ratenvereinbarung i S des RatG BGBl 1961/279, weil
weder behauptet wurde noch hervorkam, daß der Kaufpreis der von der
Klägerin gelieferten Waren vereinbarungsgemäß durch eine Anzahlung
und mindestens 3 Teilzahlungen abgestattet werden sollte. Von einem
Ratengeschäft in diesem Sinn ist das Berufungsgericht jedoch gar
nicht ausgegangen. Da Erich E nach den Feststellungen der
Untergerichte auf die Kaufpreisforderung der Klägerin mit deren
Einverständnis jeweils nur Abschlagszahlungen leistete, ist aber
davon auszugehen, daß die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen
auf Grund stillschweigender Vereinbarung als unselbständige Posten
einer laufenden Verrechnung behandelt werden sollten (hinsichtlich
der Zulässigkeit und Wirkung einer solchen Vereinbarung siehe
Schlegelberger HGB III. Bd, 1642, Anm 13 zu § 355 HGB). Die
einzelnen Kaufpreisforderungen der Klägerin wurden daher nicht
einmal mit der jeweiligen Faktura, sondern erst mit der Bekanntgabe
des Saldos dieser laufenden Verrechnung zur Zahlung fällig.
Die Bekanntgabe des ungefähren Saldos genügt, wenn der Schuldner damit einverstanden ist, insbesondere wenn er die Forderung anerkennt. Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, wird die Unterbrechung der Verjährung auch durch eine Anerkennung der Forderung dem Gründe nach herbeigeführt (ebenso 8 Ob 175/70) und bewirkt eine Teilzahlung, die erkennen läßt, daß der Schuldner damit nur einen Teil seiner Schuld abzahlen will, die Unterbrechung der Verjährung (vgl Klang, Komm[2] VI 652, SZ 24/153, EvBl 1964/404). Diesfalls ist nun festgestellt, daß Erich E jeweils bei Leistung seiner Teilzahlungen, somit auch bei der Leistung der letzten Teilzahlung von 500 S im September oder Oktober 1967 das Bewußtsein hatte, der Klägerin im Rahmen des mündlich durch ihren Filialleiter geforderten Betrages (zuletzt zirka 20.000 S) verpflichtet zu sein und mit der Teilzahlung nur einen Teil dieser Schuld abzutragen. Die festgestellten Äußerungen und Rechtshandlungen des Erich E, insbesondere seine in der Folge jeweils geleisteten Teilzahlungen auf die ihm und damit auch der OHG gegenüber wirksam geltend gemachten Forderungen der Klägerin sind daher als Anerkenntnis der jeweils zuletzt angegebenen Forderung der Klägerin zu werten, welches Anerkenntnis jedenfalls i S der Vorschrift des § 1497 ABGB den Lauf der Verjährungsfrist zu unterbrechen geeignet war.
Was nun die vom Beklagten in der Berufung aufgeworfene Frage der relativen Wirkung des Schuldanerkenntnisses eines Mitschuldners als Unterbrechungsgrund der Verjährung anlangt, ist es richtig, daß, wie die Revision geltend macht, das Berufungsgericht hierzu nicht Stellung genommen hat. Die Prüfung dieser Frage führt jedoch zu keinem von der Entscheidung der Untergerichte abweichenden Ergebnis:
Es ist wohl richtig, daß die herrschende Lehre (siehe Klang[2] VI 658, Gschnitzer in Klang[2] IV 307, Ehrenzweig, System[2] II/1, 102
f) und die Rechtsprechung (vgl ZVR 1963/43 = VersR 1963, 961, EvBl 1958/81) der subjektiven Wirkung des Anerkenntnisses den Vorzug gibt, d h also, daß das Schuldanerkenntnis durch einen von mehreren Gesamtschuldnern vermöge der völligen Selbständigkeit der einzelnen Korrealschuldner (vgl Anm Wahles zur Entscheidung VersR 1963, 961) nur zur Unterbrechung der Verjährung diesem anerkennenden Mitschuldner gegenüber führt, während die Verjährung gegenüber den anderen Mitschuldnern weiterläuft. Dieser Grundsatz gilt auch für die Gesellschafter einer OHG, da § 128 HGB deren persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern gegenüber als Gesamtschuldnerhaftung statuiert (vgl Gschnitzer in Klang[2] IV 296, Schlegelberger, HGB II. Bd 1138, Anm 19 zu § 128 HGB). Dennoch kann der Beklagte im vorliegenden Fall nicht geltend machen, daß das Schuldanerkenntnis seines Mitgesellschafters sein eigenes Rechtsverhältnis zur Klägerin nicht berührt habe. Denn es besteht kein Zweifel, daß durch Teilzahlungen eines Gesellschafters die Schuld der OHG jeweils getilgt wird. Die Teilzahlungen des Gesellschafters müssen daher auch insoweit Rechtswirkungen erzielen, als sich diese gegen die OHG richten. Daraus folgt aber, daß zwar ein dem Gläubiger ausdrücklich erklärtes Schuldanerkenntnis eines Mitgesellschafters der Schuldnerin (OHG) nur für und gegen ihn Rechtswirkungen zu erzielen vermag, während die Teilzahlung einer Schuld der Gesellschaft durch einen Gesellschafter, wenn die sonstigen Voraussetzungen in seiner Person gegeben sind, als Anerkenntnis der Schuld auch gegen die Gesellschaft wirkt. Die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Gesellschaft muß aber der einzelne Gesellschafter gegen sich mit allen ihren Folgen wirken lassen (vgl Schlegelberger, HGB II. Bd 1138 Anm 21 zu § 128 HGB).
Die Untergerichte bejahten somit ohne Rechtsirrtum die Haftung des Beklagten als Gesellschafter der Holzbau E OHG für deren nicht verjährte Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin, sodaß der Revision der Erfolg zu versagen war.
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