Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind Eigentümer der Liegenschaft mit dem Haus *****, die Antragsgegner sind Mieter der in diesem Haus befindlichen Wohnungen top Nr.9, 10 und 14.
Die Antragsteller beantragten vor der Schlichtungsstelle den Antragsgegnern die Duldung des Einbaus von Kunststoffenstern aufzutragen und brachten im wesentlichen vor, es seien mit Ausnahme der Wohnungen der Antragsgegner im genannten Haus Kunststoffenster aufgrund baubehördlicher Bewilligung eingebaut; lediglich in den Wohnungen der Antragsgegner seien derartige Fenster noch nicht eingebaut, da die Antragsgegner sich gegen den Einbau zur Wehr setzten und ihn nicht duldeten.
Die Antragsgegner beantragten die Abweisung dieses Antrages und stellten ihrerseits vor der Schlichtungsstelle den Antrag, es möge den Antragstellern aufgetragen werden, den geplanten Einbau von Kunststoffenstern zu unterlassen. Die vorhandenen Holzkastenfenster seien nicht erneuerungsbedürftig, der Einbau von Kunststoffenstern stelle eine Verschlechterung der Bestandgegenstände der Antragsgegner dar.
Das gem § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang den Antrag der Antragsteller (Hauseigentümer) ab und verhielt sie entsprechend dem Antrag der Antragsgegner (Mieter) zur Unterlassung des Einbaus von Kunststoffenstern. Es stellte im wesentlichen fest, daß an den gegenständlichen Holzkastenfenstern Instandsetzungsarbeiten erforderlich sind. Dazu sind Rahmen bzw Verkleidungen, Wetterleisten, Kämpfer und Kreuzel instandzusetzen, vorstehende Holznägel abzustemmen, verrostete Schreinhaken zu ersetzen und stark verwitterte Holzteile im Ganzen zu ersetzen. Die Sanierung würde S 148.650,- kosten (1989), der Austausch gegen Kunststoffenster S 173.374 (1993). Die übrigen straßenseitigen Fenster im Haus sind thermoverglaste Kunststoffenster. Solche entsprechen zwar dem ortsüblichen Standard und weisen die gleiche Funktionstauglichkeit wie Holzfenster auf, stellen aber im Vergleich mit Holzfenstern wegen der Unterschiede bei Festigkeit, Wärmedämmung, Schalldämmung, Luftdurchlässigkeit, Lichteinfall, Wasserdampfdiffusion, technisch-chemischen Eigenschaften und technisch-ökologischen Eigenschaften keine gleichwertige Lösung dar.
Ausgehend von der mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 9.7.1991, 41 R 432/91, überbundenen Rechtsansicht kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß die Antragsgegner den Einbau der für sie gegenüber den vorhandenen Holzfenstern eine Verschlechterung bedeutenden Kunststoffenster nicht zu dulden brauchten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte folgendes aus:
Der beabsichtigte Einbau von Kunststoffenstern anstelle der bisher vorhandenen Holzkastenfenster sei als Erhaltungsarbeit im Sinne des § 8 Abs 2 MRG zu qualifizieren, welche die Mieter aber nur unter der Bedingung zu dulden hätten, daß die neu montierten Fenster dem ortsüblichen Standard entsprächen und gegenüber den derzeit vorhandenen Fenstern eine zumindest gleichwertige Lösung darstellten. Die unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes zeigten, daß die ins Auge gefaßten Kunststoffenster, abgesehen von der Funktionstauglichkeit und der Lebensdauer, in allen wesentlichen Belangen erheblich ungünstigere Werte als die derzeitigen Holzkastenfenster aufwiesen. Wenngleich sie dem ortsüblichen Standard entsprächen, stellten sie somit für die Mieter keine gleichwertige Alternative dar. Diese Nachteile stellten die Rekurswerber nicht in Abrede, sie vermeinten jedoch, daß es sich dabei nur um geringfügige Unzukömmlichkeiten handle, die gegenüber dem Interesse des Vermieters an der Verwendung einheitlichen Materials sowie an der Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes des Hauses in den Hintergrund treten müßten. Dem sei entgegenzuhalten, daß zwischen den beiden Fenstertypen hinsichtlich der Form kein von außen erkennbarer Unterschied bestehe, sowie daß durch den weißen Anstrich der bislang braunen Holzkastenfenstern unschwer eine völlige optische Übereinstimmung erzielt werden könnte. Die Verwendung einheitlichen Materials entspreche zwar dem schutzwürdigen Interesse der Hauseigentümer, doch dürfe dieses Interesse nicht um den Preis einer Verschlechterung der wesentlichen Kriterien verfolgt werden. Während die Kunststoffenster bei dem der Entscheidung WoBl 1992/76 zugrundeliegenden Sachverhalt lediglich hinsichtlich der Dämmwerte Nachteile aufgewiesen hätten, treffe dies im vorliegenden Fall auf nahezu alle maßgeblichen Kriterien zu, weshalb sich die Antragsgegner nicht mit der eindeutig schlechteren Qualität der beabsichtigten Einbauten zufriedengeben müßten. Auch ein Preisvergleich spreche entgegen der Meinung der Rekurswerber für die Reparatur der bestehenden Fenster, weil diese selbst bei Berücksichtigung der seit 1989 eingetretenen Geldentwertung gegenüber dem geplanten Austausch der Fenster die kostengünstigere Variante darstelle.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob im Falle der Notwendigkeit von Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 8 Abs 2 MRG der Mieter auch eindeutig überwiegende Nachteile gegenüber dem derzeitigen Zustand zu dulden habe, keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller (Hauseigentümer) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß dahin abzuändern, daß ihrem Sachantrag stattgegeben, der Sachantrag der Antragsgegner (Mieter) hingegen abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegner beantragen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Die Akten langten am 6.2.1996 beim Obersten Gerichtshof ein.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten ist, und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerber machen geltend, die Antragsgegner (Mieter) hätten beim geplanten, ansonsten im ganzen Haus bereits seit langem durchgeführten Einbau von Kunststoffenstern auch gewisse Nachteile in Kauf zu nehmen, weil der Vermieter einen Anspruch auf Verwendung einheitlichen Materials habe und man ihm wohl das Wahlrecht und die Entscheidungsmöglichkeit nicht zur Gänze entziehen könne. Dies werde seine Grenze dort haben, wo der ortsübliche Standard unterschritten werde, was aber bei Kunststoffenstern nicht der Fall sei. Bei einer Aufwertung der 1989 geschätzten Reparaturkosten würden sich beide Varianten preislich in etwa die Waage halten. Die Mieter wären somit verpflichtet, bei Wahrung des ortsüblichen Standards auch eine mäßige Verschlechterung zu dulden.
Hiezu wurde erwogen:
Die Ersetzung von Holzrahmenfenstern durch neue Kunststoffenster kann grundsätzlich als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit (§§ 3, 4 MRG) an allgemeinen Teilen des Hauses anzusehen sein (MietSlg 36.261 = JBl 1985, 546). Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 3 oder 4 MRG bildet zugleich eine Vorfrage für das Bestehen der Duldungspflicht des Mieters gemäß § 8 Abs 2 Z 1 MRG (Würth in Rummel2 § 8 MRG Rz 5). Die von der Erstantragsgegnerin in ihrer Revisionsbeantwortung zitierte Bestimmung des § 8 Abs 2 Z 2 MRG, die Veränderungen in einem anderen Mietgegenstand betrifft, ist hier nicht einschlägig; im Gegensatz zu dieser Bestimmung sieht § 8 Abs 2 Z 1 MRG keine Interessensabwägung vor (WoBl 1989/41; vgl WoBl 1992/132).
Im Hinblick auf den Erhaltungszustand der alten Holzfenster hat das Rekursgericht den beabsichtigten Fensteraustausch zutreffend als Erhaltungsarbeit (§ 3 MRG) qualifiziert. Die Holzfenster sind zwar nicht irreparabel (vgl WoBl 1992/76), sondern könnten mit beträchtlichem Kostenaufwand auch instandgesetzt werden; um bloß geringfügige Schönheitsfehler (vgl MietSlg 41.210) handelt es sich hier aber nicht. Daß der Fensteraustausch keine Verbesserung darstellen würde (vgl MietSlg 36.261, 41.210; WoBl 1992/132), ist daher im vorliegenden Fall unerheblich.
Für die Auslegung des § 3 MRG kommt es gemäß dessen ersten Absatz besonders auf den jeweiligen ortsüblichen Standard an (Würth in Rummel2 § 3 MRG Rz 2); diesem würden die vorgesehenen Kunststoffenster entsprechen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit (vgl Würth ebendort; WoBl 1992/76) bestehen keine Bedenken dagegen, statt einer Reparatur der alten Holzfenster den annähernd gleich teuren Einbau neuer Kunststoffenster zuzulassen.
Bereits in WoBl 1992/76 wurde ausgesprochen, daß dem Vermieter die Wahl des Fenstermaterials grundsätzlich freisteht, solange er sich am ortsüblichen Standard und am Erhaltungszustand des Hauses orientiert. In ähnlicher Weise ist es unter den hier gegebenen Umständen Sache des Vermieters zu entscheiden, ob die alten Holzkastenfenster repariert oder durch Kunststoffenster ersetzt werden sollen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wären zwar die Holzfenster den Kunststoffenstern vorzuziehen; die Duldungspflicht des Mieters ist aber nicht davon abhängig, daß der Vermieter die bestmögliche, sondern daß er überhaupt eine Erhaltungsarbeit im Sinne des § 3 MRG durchführt (vgl WoBl 1992/132). Solange der ortsübliche Standard nicht unterschritten wird, muß der Mieter in Kauf nehmen, daß das Material der neuen Fenster dem Material der reparaturbedürftigen alten Fenster nicht gleichwertig ist. Dies gilt umso mehr, als es - wie schon das Rekursgericht ausgeführt hat - ein schutzwürdiges Interesse des Vermieters ist, daß für die Außenfenster des Hauses - hier haben dessen übrige Wohnungen straßenseitig Kunststoffenster - ein einheitliches Material verwendet wird (WoBl 1992/76 mwN).
Die Antragsgegner hätten somit grundsätzlich den von den Antragstellern beabsichtigten Fensteraustausch zu dulden und keinen Anspruch auf Unterlassung einer solchen Erhaltungsarbeit. In den Revisionsrekursbeantwortungen wird aber auch geltend gemacht, daß wegen der vorhandenen Einzelofenheizung der Einbau der Kunststoffenster gravierende, der Gesundheit nachteilige Folgen hätte. Schon vor der Schlichtungsstelle haben die Antragsgegner ein entsprechendes Vorbringen erstattet. Sollte dieses Vorbringen zutreffen, wären die Antragsgegner allerdings nicht verpflichtet, auch eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung in Kauf zu nehmen; in einem solchen Fall bestünde keine Duldungspflicht.
Das Erstgericht hat zwar allgemein festgestellt, daß die Dichtheit von Kunststoffenstern bei Einzelofenheizung zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Ob die Antragsgegner tatsächlich Einzelofenheizungen besitzen und ob auch bei den Kunststoffenstern, deren Einbau beabsichtigt ist, die behauptete Gesundheitsgefährdung zu befürchten wäre (etwa weil Lüftungsschlitze oder andere taugliche Belüftungseinrichtungen fehlen), wurde nicht festgestellt. Da somit eine Verfahrensergänzung erforderlich ist, war die Rechtssache unter Aufhebung der vorinstanzlichen Sachbeschlüsse an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)