OGH 5Ob15/83

OGH5Ob15/8319.4.1983

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Hedwig L*****, wegen § 136 GBG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Kreisgerichts Wels als Rekursgericht vom 15. Dezember 1982, AZ R 909/82, womit infolge Rekurses des Miteigentümers Franz E*****, vertreten durch Dr. Hans Georg Steiner, öffentlicher Notar in Gmunden, der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 26. August 1982, TZ 3436/82, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der stattgebende Teil des erstgerichtlichen Beschlusses wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Die in EZ ***** KG L***** am 22. 3. 1891 einverleibten 12 neuen Miteigentümer hatten in dem dieser Einverleibung zugrunde liegenden „Kauf‑ und Servitutsvertrag“ vom 22. 12. 1890 mit den zwei weiteren einverleibten Miteigentümern, von denen sie ihre Anteile erworben hatten, unter anderem vereinbart, dass „das Verfügungsrecht“ sämtlicher nun 14 Miteigentümer „über ihre Anteile in der Weise beschränkt wird, dass keiner von ihnen seinen Anteil ohne Zustimmung aller übrigen Miteigentümer an jemanden anderen als an jene Person veräußern kann, als an welche der betreffende, sich seines Eigentums begebende Miteigentümer sein ihm jetzt eigentümliches Haus veräußern wird“, und dass diese Eigentumsbeschränkung bezüglich aller Miteigentümer im Grundbuch anzumerken ist. Diese Anmerkung ist auch tatsächlich erfolgt.

Die nunmehrigen Miteigentümer dieser Liegenschaft sind unter anderen Hedwig L***** zu 2/48 und Franz E***** zu 2/48‑Anteilen.

Am 27. 2. 1979 bestätigte der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 3/79 die Abweisung des Antrags der Käufer Dr. Harald und Bianca R*****, ob dem der Verkäuferin Hedwig L***** gehörigen 1/48‑Anteil an der Liegenschaft ihr Eigentumsrecht zu je 1/96 einzuverleiben, durch das Kreisgericht Wels. In dieser Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof aus:

„Bei der im Grundbuch angemerkten“ „Beschränkung wegen Veräußerung der Anteile“ „handelt es sich nicht um ein Veräußerungsverbot, sondern um das vertraglich begründete Verbot der Abspaltung der Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ ***** vom Eigentum an den damit verbundenen Liegenschaften L***** Nr 5 (EZ *****), Nr 6 bis 7 (EZ *****), Nr 8 (EZ *****), Nr 9 (EZ *****), Nr 12 (EZ *****) und Nr 13 (EZ *****). Die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ ***** wurden mit dem Eigentum an den im Einzelnen bezeichneten Liegenschaften derart verbunden, dass sie ohne diese nur mit Zustimmung aller übrigen Miteigentümer veräußert werden können. Sachenrechtlich müssen sie als Zugehör der Liegenschaften, mit denen sie in dauernde Verbindung gebracht wurden, iSd § 294 ABGB angesehen werden. Die Verpflichtung der einzelnen Miteigentümer dieser Liegenschaft, die Zuordnung des Miteigentumsanteils zu ihrer Hauptliegenschaft nicht ohne Einwilligung aller übrigen Miteigentümer aufzuheben, stellt sich damit als eine unregelmäßige Dienstbarkeit (§ 479 ABGB) jedes Miteigentümers im Verhältnis zu allen anderen dar.

Da der Kaufvertrag nur einen Anteil am Miteigentum der Verkäuferin an der Liegenschaft EZ ***** und nicht zugleich auch das Eigentum an der damit in Verbindung stehenden Hauptliegenschaft L***** Nr 12 (EZ *****) zum Gegenstand hat, eine Einwilligung der übrigen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** in diese Abspaltung der Eigentumsrechte und damit in die Aufhebung der Zugehöreigenschaft nicht vorliegt, hat das Gericht zweiter Instanz das Eintragungsbegehren im Ergebnis mit Recht abgewiesen“.

Am 10. 8. 1982 stellte Hedwig L***** den Antrag, die in EZ ***** KG L***** angemerkte „Beschränkung wegen Veräußerung der Anteile“ gemäß § 136 GBG zu löschen, da eine unregelmäßige Dienstbarkeit ebenso wie eine persönliche Dienstbarkeit mit dem Tod des Berechtigten aufhöre (§ 529 ABGB) und die Partner des Vertrags vom 22. 12. 1890 offenkundig längst verstorben seien.

Das Erstgericht ordnete die Löschung der in EZ ***** KG L***** unter BOZ 3 haftenden Anmerkung der Beschränkung wegen Veräußerung der Anteile gemäß § 136 GBG an, jedoch nur in Ansehung der 2/48‑Anteile der Antragstellerin, und zwar als Last und als Recht. Das Mehrbegehren, die Löschung auch hinsichtlich der übrigen Anteile zu bewilligen, wies es rechtskräftig ab.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Antragstellerin infolge Rekurses des Miteigentümers Franz E***** zur Gänze ab. Es führte aus:

Auch wenn der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 3/79 die im Grundbuch angemerkte „Beschränkung wegen Veräußerung der Anteile“ rechtlich als unregelmäßige Dienstbarkeit iSd § 479 ABGB qualifiziert habe und in der Regel der durch eine unregelmäßige Servitut belastete nach dem Tod des Berechtigten schon gemäß § 136 GBG die Löschung dieser Servitut erreichen könne (SZ 31/112), sei die Sachlage im konkreten Fall doch anders. Auch 1979 wären die im Jahre 1891 eingetragenen, damals bereits volljährigen Miteigentümer weit über 100 Jahre alt gewesen, sodass schon im Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs offenkundig gewesen sei, dass von diesen damaligen Miteigentümern niemand mehr am Leben gewesen sei. Das Höchstgericht hätte daher, würde man von der Gegenstandslosigkeit der betreffenden Grundbuchseintragung ausgehen, von Amts wegen die Löschung dieser Eintragung gemäß §§ 31 ff GBG verfügen und die damals begehrte Eigentumsübertragung bewilligen können. Daraus, dass dies nicht geschehen sei und der Oberste Gerichtshof in der angeführten Entscheidung auch in keiner Weise auf die offenkundige Gegenstandslosigkeit der Eintragung hingewiesen, vielmehr die Einwilligung der übrigen Miteigentümer in die Abspaltung der Eigentumsrechte für notwendig erachtet habe, sei zu schließen, dass die grundbücherliche Eintragung trotz der rechtlichen Qualifikation der Servitut als unregelmäßige Dienstbarkeit auch nach dem Tod der früheren Miteigentümer noch weiter Wirkung habe.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gerechtfertigt.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Klang in Klang² II 612; GlUNF 4220; 5 Ob 54/58; SZ 31/112) erlischt eine unregelmäßige Servitut gleich einer persönlichen Servitut mit dem Tod des Berechtigten, es sei denn, sie wäre ausdrücklich auf die Erben des Berechtigten ausgedehnt worden (§ 529 ABGB), was hier jedoch nicht geschehen ist. Dass dies nur in der Regel gelte, der gegenständliche Fall aber anders gelagert sei, kann weder der Entscheidung SZ 31/112 noch der Entscheidung 5 Ob 3/79 entnommen werden. In der zuerst genannten Entscheidung wurde lediglich unter Hinweis auf die vorerwähnte Lehre und Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass der Belastete nach dem Tod eines durch eine unregelmäßige Servitut Berechtigten in der Regel schon gemäß § 136 GBG die Servitutslöschung erreichen könne, dass ihm aber ‑ zumindest in besonders gelagerten Fällen ‑ auch ein Anspruch auf Ausstellung einer Löschungsquittung bzw sonstigen Erklärung der Einwilligung in die Einverleibung der Löschung zuzubilligen sei, der auch mittels Klage verfolgbar sei. Zur amtswegigen Löschung der Anmerkung der Beschränkung wegen Veräußerung der Anteile nach §§ 131 ff GBG wäre nur das Grundbuchsgericht befugt gewesen, dessen eine solche Löschung ablehnende Entscheidung nicht angefochten werden kann (siehe die in MGA 25³ unter Nr 5 zu § 130 GBG abgedruckten Entscheidungen). Für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 3/79 war ausschließlich von Bedeutung, dass die in Rede stehende Anmerkung bis dahin noch nicht gelöscht worden war.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der stattgebende Teil des erstgerichtlichen Beschlusses wiederherzustellen.

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