Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Parteien und Beteiligten dieser Wohnrechtssache sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****.
Die Wohnhausanlage ist in den Jahren 1988 bis 1990 neu errichtet worden. Seit 1992 hat es laufend Sanierungsversuche gegeben, um Schäden durch Wassereinbrüche, insbesondere in den Kellern der an der Liesing gelegenen Häuser sowie der Decke der unterirdischen Garage zu beheben bzw deren Ursache festzustellen. Die letzten Sanierungsversuche haben in den Jahren 1997 bis 1998 stattgefunden.
Am 25. 4. 2000 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt, bei der die nach Anteilen gerechnete Mehrheit gegen die Stimmen der Antragsteller und Mag. Ursula F***** sinngemäß den Beschluss fassten, einen Budgetrahmen von S 250.000,-- zu bewilligen, der dem Team der Hausvertrauensleute namens der Wohnungseigentümergemeinschaft (aus der Rücklage) zur Verfügung gestellt wird, um den Sachverständigen Dipl.-Ing. S***** mit der Erstellung eines Gutachtens über die möglichen Wassereintrittsursachen und die Vornahme von Sondierungsarbeiten sowie gegebenenfalls mit der Baubegleitung und Abnahme bei Sanierung aufgrund des von diesem gelegten Anbotes vom 19. 4. 2000 zu beauftragen.
Die F***** als Errichterfirma und Verkäuferin vertritt den Standpunkt, dass die Ursache für die Wassereintritte vor allem im Hinblick auf die Frage, ob diese noch auf Mängel aus der Bauzeit zurückzuführen sind, gerichtlich geklärt werden müsse. Die Fa S***** als Hauptunternehmerin lehne nämlich Gewährleistungsansprüche und die Kostenübernahme einer Sanierung mit dem Hinweis darauf ab, bereits mehrfach alle Mängel behoben und sogar Kulanzleistungen erbracht zu haben.
Die Antragsteller haben beantragt, den erwähnten Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung für unwirksam zu erklären. Es sei eine bloße Vermutung, der Bauträger würde ohne Gutachten die Mängel nicht beheben. Die Verwendung eines Betrages von S 250.000,-- für die Einholung eines Privatgutachtens sei keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung.
Die Antragsgegner beantragen die Abweisung dieses Begehrens. Sie vertreten (soweit dies für das Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung ist) den Standpunkt, dass die Einholung eines Gutachtens zur Sicherung der Ansprüche der Wohnungseigentümer und auch deshalb notwendig sei, um für eine dauerhafte Sanierung die Ursache der Wassereintritte abzuklären.
Das Erstgericht stellte auf Basis der eingangs wiedergegebenen Feststellungen fest, dass der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. 4. 2000 gefasste Beschluss als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung wirksam sei. Da die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ebenso wie die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustandes zur Einhaltung und damit zur ordentlichen Verwaltung gehöre, müsse dies auch für Vorbereitungshandlungen zur Prüfung und allenfalls gerichtlichen Geltendmachung derartiger Ansprüche gelten. Die dafür erforderlichen Aufwendungen seien nicht nur zweckmäßig, sondern könnten im Gewährleistungsprozess als vorprozessuale Kosten geltend gemacht werden. Auch wäre es nicht sachgerecht, könnte die Mehrheit zwar die mit erheblich größerem Kostenrisiko verbundene sofortige Einbringung der Klage beschließen, nicht aber die Beauftragung eines Sachverständigen vor Klagseinbringung zur Klärung der Ursache des Schadens und seiner Höhe. Selbst ohne anschließenden Prozess sei die Abklärung der Frage, welche Kosten für die ordnungsgemäße Erhaltung bzw für die Behebung von ernsten Schäden des Hauses entstehen, eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung iSd § 14 Abs 1 Z 1 WEG. Im Rahmen der ordentlichen Verwaltung bestehe für die Minderheit keine Möglichkeit, Maßnahmen auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen zu lassen.
Auch bei Annahme einer Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung im Sinn des § 14 Abs 3 WEG wäre im Übrigen zu berücksichtigen, dass nicht schon jede Beeinträchtigung der überstimmten, sondern erst eine übermäßige Beeinträchtigung ihrer Interessen das Begehren auf Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses rechtfertigt. Eine übermäßige Beeinträchtigung sei aber von den Antragstellern ebensowenig behauptet worden wie die Gefährdung der Deckung zukünftiger Erhaltungsarbeiten aus der Rücklage. Eine solche sei auch nicht evident, weil der bewilligte Budgetrahmen von der Rücklage gedeckt ist.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Sachantrag der Antragsteller abwies. Es sei daran festzuhalten, dass der von den Antragstellern bekämpfte Beschluss eine der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft zuzuordnende Maßnahme betrifft. Nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG idF des § 56 Abs 1 Z 1 MRG gehörten nämlich zu den von der Mehrheit zu beschließenden Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung solche der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft iSd § 3 MRG. Damit sei der Erhaltungsbegriff des MRG auch für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verbindlich geworden; auch ernste Schäden des Hauses innerhalb eines Wohnungseigentumsobjekts fielen der Gemeinschaft zur Last. Feuchtigkeitsschäden zählten von Natur aus zu den ernsten Schäden des Hauses, weshalb deren Behebung zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft gehöre (vgl MietSlg 51.547 ua). Zur vollständigen Behebung von Schäden, die durch immer wiederkehrende Wassereintritte verursacht werden, gehöre aber auch die Beseitigung ihrer Ursache, was voraussetze, dass diese bekannt ist. Sei dies - wie hier - nicht der Fall, dann dienten auch die Maßnahmen zur Feststellung der Ursache der schadensstiftenden Wassereintritte der ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft im Sinn des § 14 Abs 1 Z 1 WEG und zwar unabhängig davon, ob damit ein Gewährleistungsprozess vorbereitet oder bloß die Beseitigung der Ursache auf Kosten der Mit- und Wohnungseigentümer angestrebt wird. Die Frage, wie die Ursache festzustellen ist, sei gleich der Frage, wie die Gemeinschaft ihre Gestaltungsrechte im Rahmen eines Gewährleistungsanspruches ausübt, eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung (vgl Gamerith in Rummel**2 § 833, Rz 7a).
Vom Vorliegen eines Beschlusses über Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung, die über den Regelungsinhalt des § 14 Abs 3 WEG hinausgehen und deshalb einstimmig zu fassen sind (MietSlg 49.520), könne nicht im Entferntesten gesprochen werden. Eine Veränderung an den gemeinsamen Teilen und Anlagen der Liegenschaft im Sinn des § 14 Abs 3 WEG sei schon begrifflich auszuschließen.
Die gegen die Rechtsansicht gerichteten Argumente der Rekurswerber seien nicht überzeugend: Gerade die Feststellung der Ursache eines Schadens könne für die Frage, ob überhaupt Gewährleistungsansprüche bestehen, von Bedeutung sein. Irrelevant sei hingegen, dass ein Privatgutachten in der Regel nicht geeignet ist, ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten zu ersetzen, und ob die Kosten dafür als vorprozessuale Kosten ersatzfähig sind. Der Behebung der Schäden und der Feststellung ihrer Ursache bedürfe es zur Einhaltung der Liegenschaft nämlich auch dann, wenn den Mit- und Wohnungseigentümern kein Dritter dafür haftet. Mit der Höhe des bewilligten Budgetrahmens habe sich das Erstgericht schon mangels eines entsprechenden Vorbringens der Antragsteller nicht auseinandersetzen müssen. Weshalb der von ihnen bekämpfte Beschluss zu unkonkret sei, um "einen Mehrheitsbeschluss im Sinn der gesetzlichen Bestimmungen darzustellen", sei nicht nachzuvollziehen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass zur Frage, ob der Beschluss der Mehrheit auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Ursache von ständig wiederkehrenden Wassereintritten eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 14 Abs 1 Z 1 WEG oder eine die Zustimmung aller Miteigentümer fordernde Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ist, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere. Im Hinblick auf die stete Zunahme von Wohnungseigentumsobjekten handle es sich dabei um eine Rechtsfrage von erheblicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung.
In ihrem Revisionsrekurs halten die Antragsteller an ihrer Rechtsansicht fest, dass die von der Wohnungseigentümermehrheit beschlossene Einholung eines Privatgutachtens eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung sei, die sie zu Recht bekämpfen. Das ergebe sich zunächst aus den mit S 250.000,-- veranschlagten Kosten des Gutachtens, weil zur ordentlichen Verwaltung iSd § 833 ABGB nur Maßnahmen zählten, die keinen besonderen Kostenaufwand verursachen. Die Gutachtenskosten könnten in einem späteren Prozess nicht als vorprozessuale Kosten geltend gemacht werden. Es sei aber auch die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Einholung eines Privatgutachtens in Frage zu stellen, weil ein (mit der Mängelbehebung) beauftragter Professionist ohnehin zunächst die Schadensursache ermitteln müsste, und zwar ohne zusätzlichen Kostenaufwand. Schließlich sei der bekämpfte Mehrheitsbeschluss zu wenig bestimmt. Ziel und Zweck des Gutachtens (der vom Sachverständigen durchführenden Probebohrungen) seien unklar. Richtiger Weise hätte von der Mehrheit der Wohnungseigentümer die Durchführung eines klar abgegrenzten Beweissicherungsverfahrens beschlossen werden müssen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den Beschluss des Rekursgerichtes entweder iS einer Stattgebung des Anfechtungsbegehrens abzuändern oder aber ihn aufzuheben und die Wohnrechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Von den Antragsgegnern und den sonstigen Verfahrensbeteiligten liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, dem Rechtsmittel der Antragsteller nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Da der erkennende Senat die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes für zutreffend hält und die dagegen von den Rechtsmittelwerben vorgebrachten Argumente als nicht stichhältig erachtet, kann sich die Begründung der Entscheidung auf kurze Zusatzbemerkungen beschränken (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).
Wie schon das Rekursgericht ausführte, ergibt sich die Antwort auf
die entscheidungswesentliche Frage, ob mit dem bekämpften Beschluss
über eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung der im
Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft abgesprochen wurde, aus § 14
Abs 1 WEG. Nach Z 1 leg cit zählt zu derartigen Maßnahmen die
ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der
Liegenschaft iSd § 3 MRG, also insbesondere die Behebung ernster
Schäden des Hauses (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) und die erstmalige Herstellung
eines mängelfreien Zustandes eines gemeinsamen Teils oder einer
Anlage der Liegenschaft (RIS-Justiz RS0013431). Die Behebung von
Feuchtigkeitsschäden ist demnach unabhängig davon, ob die Kosten
durch die Haftung eines Gewährleistungs- oder
Schadenersatzpflichtigen gedeckt sind, als Maßnahme der ordentlichen
Verwaltung zu qualifizieren (vgl 5 Ob 219/98m = WoBl 1999, 268/136
mit Anm von Call = immolex 1999, 342/183 = EWr II/13b/10 mit Anm von
Dirnbacher). Gleiches gilt, wie die Vorinstanzen richtig erkannten, für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Mängelbehebung, insbesondere der Ursachenforschung dienen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu diesem Zweck ist daher zu den in § 14 Abs 2 Z 1 WEG angeführten Angelegenheiten zu zählen.
Das wiederum bedeutet, dass der von den Antragstellern bekämpfte Beschluss der Mehrheit der Wohnungseigentümer keiner inhaltlichen Kontrolle unterliegt, wie sie § 14 Abs 3 WEG in Angelegenheiten vorsieht, die über jene des § 14 Abs 1 WEG hinausgehen (5 Ob 197/97z = EWr II/14/42 = immolex 1998, 15/11). Ob dies auch gilt, wenn die mehrheitlich beschlossenen Maßnahme extreme Kosten verursacht oder jeglicher Zweckmäßigkeit entbehrt, ist hier nicht zu klären, weil ein solcher Fall nicht vorliegt. Die für die sachkundige Feststellung möglicher Baumängel veranschlagten (und durch die Rücklage gedeckten) Kosten sind angesichts der Größe der Wohnanlage keineswegs außergewöhnlich (vgl WoBl 1997, 197/74 mit Anm von Niedermayr); es lässt sich aber auch nicht ohne Weiteres sagen, dass dem Anliegen der Mehrheit der Wohnungseigentümer, durch das Privatgutachten (auch) Haftungsfragen zu klären, ebenso gut und dazu ohne Kostenbelastung durch einen sofortigen Auftrag zur Mängelbehebung an einen Professionisten oder durch eine Beweissicherung nach §§ 384 ff ZPO entsprochen werden könnte. Was schließlich die vermeintliche Unbestimmtheit des bekämpften Beschlusses betrifft, sind die Argumente der Rechtsmittelwerber durch den festgestellten Sachverhalt (nicht zuletzt durch die Bezugnahme des Beschlusses auf das Angebot des Sachverständigen von 19. 4. 2000, Beilage 4) widerlegt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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