Spruch:
Beschädigung des Mauerwerks durch Wasser, das aus der Geschirrspülmaschine eines Mieters ausfließt.
Entscheidung vom 8. Oktober 1964, 5 Ob 130/64. I. Instanz:
Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Beklagte ist Mieter der Wohnung Nr. 18 im 3. Stock des der Klägerin gehörigen Hauses. Ein in dieser Wohnung aufgestellter und an die Wasserleitung angeschlossener Geschirrspülautomat wurde am 22. Dezember 1962 abends eingeschaltet und über Nacht ohne Beaufsichtigung gelassen. Am folgenden Morgen wurde festgestellt, daß sich die Verbindung zwischen Wasserleitung und Geschirrspülautomat gelöst hatte und durch das ausgelaufene Wasser erhebliche Schäden am Haus der Klägerin entstanden waren.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin unter Berufung auf § 1318 ABGB. den Ersatz dieses mit 91.763.31 S angegebenen Schadens (samt Nebengebühren) mit der Behauptung, daß der Beklagte den Schaden verschuldet, jedenfalls aber verursacht habe. Der Beklagte behauptete zum Sachverhalt lediglich ergänzend, daß er den Geschirrspülautomaten von der Lieferfirma habe aufstellen und laufend überwachen lassen, daß ihm von dieser Firma erklärt worden sei, die Maschine arbeite selbsttätig und bedürfe keiner Überwachung, und daß sie im Sinne der von der Lieferfirma erteilten Anweisungen auch am Abend des 22. Dezember 1962 eingeschaltet worden sei, ohne daß der Beklagte daran Veränderungen vorgenommen habe. Das Klagebegehren sei jedoch dem Gründe und der Höhe nach unbegrundet, weil die Klägerin nicht ausführe, worin das behauptete Verschulden des Beklagten gelegen sein soll und die Berufung auf § 1318 ABGB. fehlgehe.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und stellte ohne Beweisaufnahme mit Zwischenurteil fest, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht hob dieses Zwischenurteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück. Der Rechtsansicht des Erstrichters, daß die Aufstellung und Inbetriebnahme einer Geschirrspülmaschine, bei welcher Wasser ausfließen könne, auf jeden Fall als gefährlich anzusehen sei, könne nicht gefolgt werden.
Im fortgesetzten Verfahren sei zu prüfen, ob nach den gegebenen Umständen der Schadensentstehung, insbesondere der technischen Gegebenheiten der Anlage von einer gefährlichen Aufstellung der Maschine im Sinne des § 1318 ABGB. gesprochen werden könne.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist richtig, daß die auf § 1318 ABGB. gestützte Klage auch ein Verschulden des Beklagten behauptet, ohne deutlich und ausdrücklich anzuführen, worin dieses Verschulden gelegen sein soll. Zur Begründung des Klaganspruches ist eine solche Ausführung aber nicht notwendig, weil § 1318 ABGB. die Haftung des Wohnungsinhabers für Schäden, die durch eine gefährlich aufgehängte oder aufgestellte Sache herbeigeführt werden, ohne Rücksicht auf ein Verschulden normiert (Wolff in Klang[2] VI S. 106 und die bei Fußnote 22 ebendort angeführte Rechtsprechung und Lehre). Aus dem von beiden Parteien übereinstimmend dargestellten Sachverhalt ergibt sich, daß die "Sache", die den Schaden herbeiführte, das in der Wohnung des Beklagten ausgeflossene Wasser und nicht etwa die Geschirrspülmaschine war. Es ist daher zu untersuchen, ob das in der Wohnung des Beklagten ausgeflossene Wasser gefährlich aufbewahrt (= "aufgestellt") war. Das Berufungsgericht hat nun durchaus mit Recht darauf verwiesen, daß als gefährlich nicht jede Aufstellung einer Sache anzusehen ist, die die Möglichkeit einer Schadensverursachung in sich birgt. Vielmehr sind solche Möglichkeiten geringen Grades, wie sie alltäglich gegeben sind, nicht als Gefahr anzusehen und daher auch rechtlich nicht als solche zu werten (Wolff, a. a. O., S. 15).
An erhöhter Stelle ausfließendes Wasser ist geeignet, eine Gefahr für darunterliegende Sachen herbeizuführen, wenn die bestehenden Einrichtungen die Wassermassen weder in ausreichender Menge zu sammeln noch ordnungsgemäß abzuleiten vermögen. Deshalb ist zur Abwendung dieser Gefahr aus einer unter Druck stehenden Wasserleitung ausfließendes Wasser jederzeit unter entsprechender Kontrolle zu halten. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ. XX 203 die Haftung des Wohnungsinhabers nach § 1318 ABGB. für Schäden bejaht, die dadurch entstanden sind, daß vergessen wurde, einen Wasserleitungshahn zu schließen.
Wenn nun der Wasserzufluß an Stelle einer üblichen von Hand aus zu bedienenden Absperrvorrichtung durch eine selbsttätig arbeitende Maschine geregelt wird, kommt es darauf an, ob diese Maschine und der zu ihr gehörige Anschluß an die Druckleitung als Teil der Maschine so beschaffen sind, daß nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem Versagen nicht gerechnet werden konnte. Ob dies im vorliegenden Fall zutrifft, kann nur unter Heranziehung von Sachverständigen festgestellt werden.
Bei Geltendmachung der Haftung nach § 1318 ABGB. hat wohl im allgemeinen der Beschädigte den Schaden und die Verursachung durch das Herabfallen der "gefährlich aufgehängten Sache" zu beweisen. Da hier aber mit dem Anschluß der Maschine in der Wohnung des Beklagten die bisherige "Aufbewahrung des Wassers" geändert wurde, wird von einer gefährlich aufgestellten Sache dann nicht gesprochen werden können, wenn der Beklagte dartut, daß trotz der Aufstellung der Maschine der Wasserzu- und -abfluß unter ausreichender, einer menschlichen Überwachung gleichwertigen Kontrolle stand.
Deshalb wird zunächst zu untersuchen sein, aus welchem Grund es zum Wasseraustritt kam, welche Vorkehrungen getroffen waren, einen solchen Wasseraustritt zu verhindern, sowie warum im vorliegenden Fall diese Vorkehrungen versagten.
Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erweist sich daher als berechtigt, weshalb dem Rekurs dagegen der Erfolg zu versagen war.
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