OGH 5Ob126/99m

OGH5Ob126/99m26.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Johann K*****, wider die Antragsgegnerin S*****, vertreten durch Dr. Peter Rudek, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 11 MRG (§ 21 Abs 5 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. April 1998, GZ 39 R 8/98k-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10. November 1997, GZ 54 Msch 25/97-4, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Sachbeschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß er zu lauten hat:

"Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller Zug um Zug gegen Ersatz der Kosten Ablichtungen jener Belege der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1995 für Hausbesorgervertretungskosten anzufertigen und auszufolgen, aus denen sich eigene Aufwendungen der Antragsgegnerin für Hausbesorgervertretungskosten ergeben".

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Mieter der Wohnung Tür Nr 7 im Haus M***** 62,***** die Antragsgegnerin ist Eigentümerin dieses Hauses.

Für das Jahr 1995 legte die Antragsgegnerin eine Betriebskostenabrechnung und gewährte dem Antragsteller Einsicht in die bezughabenden Belege, verweigerte ihm jedoch die Anfertigung von Kopien über im Jahr 1995 aufgewendete Beträge für Urlaubs- und Krankenvertreterentschädigungen für den Hausbesorger. Dies unter Hinweis auf das Datenschutzgesetz.

Der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin gemäß § 21 Abs 5 MRG zu verpflichten, ihm gegen Kostenersatz Kopien der Belege über die Urlaubs- und Krankenstandsvertretungsersätze anzufertigen. Gemäß § 17 Abs 2 HBG gebühre dem Hausbesorger bei Dienstverhinderung wegen Krankheit oder Urlaub gegen Nachweis der Ersatz der für die Vertretung aufgewendeten Kosten. Diese Kosten habe die Antragsgegnerin in die Betriebskostenabrechnung des Jahres 1995 aufgenommen. Die bezughabenden Belege seien daher Teil der Betriebskostenabrechnung, weshalb ein Anspruch auf Herstellung von Kopien derselben bestehe.

Die Antragsgegnerin beantragte Abweisung dieses Begehrens mit der Begründung, der Antragsteller habe ohnedies Gelegenheit gehabt, sich anläßlich der Einschau in die Abrechnung und die Belege umfassende Notizen anzufertigen. Weil schützenwerte Interessen dritter Personen vorlägen, die in keinem Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin stünden, sei dem Antragsteller die Anfertigung von Kopien verweigert worden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Herstellung von Kopien ab. Ein solches Begehren sei durch § 37 Abs 1 Z 11 MRG nicht ins außerstreitige Verfahren verwiesen, weil dort nur auf § 21 Abs 5 MRG Bezug genommen sei, nicht jedoch auf § 21 Abs 3 MRG. Der nach dem Gesetz bestehende Anspruch auf Herstellung von Kopien gegen Kostenersatz könne daher nicht in einem solchen Verfahren durchgesetzt werden.

Darüberhinaus sei dem Antragsteller ein rechtliches Interesse schon deshalb abzusprechen, weil er sich bei Einsicht in die Betriebskostenabrechnung und Belege des Jahres 1995 ohnedies Abschriften habe anfertigen können.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin, ihm gegen Kostenersatz Ablichtungen der Belege über die Hausbesorgervertretungskosten herzustellen und auszufolgen.

Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl WoBl 1993/62) stelle die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter auf seine Kosten Abschriften (Ablichtungen) von Betriebskostenbelegen anfertigen zu lassen, eine Nebenpflicht zur Abrechnungspflicht dar. Nur aus einem Redaktionsversehen sei eine Durchsetzung dieses Anspruchs nicht in den Katalog der durch Ordnungsstrafen erzwingbaren Verhaltensweisen des Vermieters (§ 20 Abs 4 MRG, auf welchen § 21 Abs 5 MRG verweise) aufgenommen worden. Verlange daher ein Hauptmieter im Zuge der Einsichtnahme in die Abrechnung die Herstellung von Ablichtungen auf seine Kosten, habe der Vermieter diesem Verlangen Zug um Zug gegen Kostenersatz nachzukommen (MietSlg 47.449), widrigenfalls er im fortgesetzten Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 11 MRG durch Ordnungsstrafen gemäß § 20 Abs 4 MRG vom Gericht dazu veranlaßt werden könne.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 nicht übersteige und - nach Zulassungsantrag durch die Antragsgegnerin -, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Zur maßgeblichen Frage, ob auch Bestätigungen über den Aufwand für Urlaubsvertreter als Belege der Betriebskostenabrechnung nach der Vorschrift des § 21 Abs 3 MRG den Mietern nicht nur zugänglich zu machen, sondern auch Abschriften davon herzustellen seien, liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Wegen der Vielzahl der in Frage kommenden Anlaßfälle, komme der Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zu.

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, der nicht berechtigt ist.

Die Rekurswerberin gesteht ihre grundsätzliche Verpflichtung, als Vermieterin auf Verlangen eines Hauptmieters von der Abrechnung oder den Belegen einer Betriebskostenabrechnung auf seine Kosten Abschriften oder Ablichtungen anfertigen zu lassen, zu. Damit folgt sie der in WoBl 1993/62 vom erkennenden Senat dargelegten Rechtsansicht, daß es sich bei dieser gesetzlich normierten Verpflichtung des Vermieters um einen essentiellen Bestandteil der Abrechnungspflicht handelt.

Die Revisionsrekurswerberin widerspricht allerdings dem Begehren des Antragstellers mit dem Argument, "Beleg" im Sinn des § 21 MRG könnte nur der Nachweis einer tatsächlichen Zahlung der Antragsgegnerin an den Hausbesorger sein, nicht jedoch einer Zahlung der Vertretungsentschädigung an Dritte. § 17 Abs 2 HBG sehe im übrigen auch keine Verpflichtung zur Ausstellung einer Bestätigung vor. Sei aber ein Hausbesorger nicht verpflichtet, seinem Dienstgeber einen schriftlichen Nachweis für geleistete Vertretungsentschädigung zu erbringen, könne sich das Kontrollrecht des Mieters auch nicht auf derartige Belege beziehen. Dem verlangten Recht auf Erhalt von Kopien solcher Bestätigungen stünden auch - nicht weiter substantiierte - datenschutzrechtliche Bedenken entgegen.

Die Antragsgegnerin begehrt daher, den angefochtenen Sachbeschluß im Sinne einer Antragsabweisung abzuändern, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage des Umfangs der Abrechnungspflicht bezüglich der aufgewendeten Hausbesorgervertretungskosten keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Dem Revisionsrekurs kommt aber im Ergebnis keine Berechtigung zu.

§ 37 Abs 1 Z 11 MRG verweist Streitigkeiten zwischen Bestandgeber und Bestandnehmern über die Legung von Abrechnungen (§ 20 Abs 3 und 4, § 21 Abs 5, § 24 Abs 3 und § 45 Abs 2 MRG) in das Außerstreitverfahren.

§ 21 Abs 3 MRG regelt die formalen Voraussetzungen einer vom Vermieter jährlich bis 30. 6. des Folgejahres vorzunehmenden Abrechnung, zu der, wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat, nicht nur die Auflage der Abrechnung und die Einsichtgewährung in die Belege gehört, sondern auch die Nebenpflicht des Vermieters, auf Verlangen des Hauptmieters von den Abrechnungen bzw Belegen auf Kosten des Mieters Abschriften (Ablichtungen) anfertigen zu lassen. Dies ist ein essentieller Bestandteil der Abrechnungspflicht, die nur aus einem Redaktionsversehen nicht in den Katalog der durch Ordnungsstrafen erzwingbaren Verhaltensweisen des Vermieters (§ 20 Abs 4 MRG) aufgenommen wurde. Diese Verpflichtung des Vermieters, die die Antragsgegnerin grundsätzlich nicht in Frage stellt, stellt einen Bestandteil der Abrechnungspflicht dar. Sind nicht alle in § 21 Abs 3 MRG geforderten Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abrechnung erfüllt, hat der Mieter die Möglichkeit, im Sinn des § 20 Abs 4 MRG den Abrechnungsanspruch durchzusetzen. Die Erzwingung einzelner Leistungen kann im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 11 im Sinn des § 20 Abs 4 MRG durchgesetzt werden. Das bedeutet, daß zunächst durch einen Titel die Verpflichtung zur Abrechnung (bzw der fehlenden Teile) zu schaffen ist, der dann gemäß § 20 Abs 4 MRG im fortgesetzten Verfahren durchzusetzen ist (vgl Würth in Entscheidungsbesprechung WoBl 1993, 83).

§ 21 Abs 1 Z 8 MRG zählt im Betriebskostenkatalog "den im § 23 MRG bestimmten Beitrag für Hausbesorgerarbeiten" auf. Dieser besteht aus den dem Hausbesorger gebührenden Entgelten und Ersätzen zuzüglich diverser anderer Kosten. Ersätze im Sinn des § 23 Abs 1 Z 1 MRG sind auch die als Ersatz konstruierten Entgelte des Vertreters bei Krankheit, Unfall und Urlaub des Hausbesorgers gemäß § 17 Abs 2 HBG (vgl Würth in Miet- und Wohnrecht20 Rz 3 zu § 23 MRG). Für die Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung ist es daher erforderlich, daß der Hauseigentümer nachweist, welche Zahlungen er nach dieser Bestimmung geleistet hat. Bei diesen Kosten kommt es wie ganz allgemein bei den Bewirtschaftungskosten auf die Rechnungslegung gegenüber dem Vermieter an. Nach der eindeutigen Regelung des § 17 Abs 1 HBG hat der Hausbesorger bei seiner Verhinderung auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. Er hat also das Entgelt des Vertreters zu berichtigen, dessen Ersatz wiederum er nach § 17 Abs 2 HBG von seinem Dienstgeber begehren kann. Zahlungen dieser Ersätze durch den Hauseigentümer sind Betriebskosten gemäß §§ 21 Abs 1 Z 8, 23 MRG. Sie sind daher in die Betriebskostenabrechnung aufzunehmen, die Belege hiefür sind den Mietern in der im Gesetz vorgesehenen Weise zugänglich zu machen und gegen Kostenersatz davon Ablichtungen für die Mieter herzustellen. Die von den Vertretern dem Hausbesorger ausgestellten Bestätigungen sind, weil sie rechtlich gesehen keine unmittelbare Zahlungspflicht des Hauseigentümers bewirken, hingegen nicht Teil der Belege der Betriebskostenabrechnung. Darin ist der Antragsgegnerin zuzustimmen.

Denkbar sind jedoch andere Formen der Berichtigung der Ansprüche der Urlaubs- und Krankenstandsvertreter, nämlich indem in Form einer Anweisung unmittelbare Geldflüsse vom Hauseigentümer an die Urlaubsvertreter erfolgen, womit derselbe rechtliche und wirtschaftliche Erfolg hergestellt wird, wie dies bei einer Vorgangsweise nach § 17 Abs 2 HBG der Fall ist. Die Vorinstanzen haben nicht festgestellt, wie im konkreten Fall der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1995 die Zahlungen erfolgten, wobei sich allerdings aus den im Akt erliegenden Urkunden Anhaltspunkte dafür finden lassen, daß eine unmittelbare Berichtigung der Ansprüche der Vertreter durch die Antragsgegnerin erfolgte. Das einer solchen Vorgangsweise zugrundeliegende Institut der Anweisung erzeugt aber wieder eine unmittelbare Zahlungspflicht der Antragsgegnerin. Weil damit derselbe rechtliche und wirtschaftliche Erfolg erzielt wird, wie im Fall einer Vorgangsweise nach § 17 Abs 2 HBG können auch solche Aufwendungen als Betriebskosten auf die Mieter überwälzt werden. Daraus resultiert allerdings die Verpflichtung der Antragsgegnerin diese Aufwendungen gegenüber den Mietern abzurechnen, in die entsprechenden Belege Einsicht zu gewähren und gegen Kostenersatz davon Kopien anzufertigen.

In diesem Sinn war die den Antragsgegnern vom Rekursgericht aufgelegte Verpflichtung zu präzisieren.

Ausgehend von dieser Klarstellung kommt dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte