OGH 5Ob122/58

OGH5Ob122/587.5.1958

SZ 31/76

Normen

HGB §118
HGB §166
HGB §338
HGB §118
HGB §166
HGB §338

 

Spruch:

Bei Streit über die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Kontroll- und Überwachungsrechte eines Gesellschafters ist der Anspruch auf Buch- und Bilanzeinsicht im Klagewege geltend zu machen.

Entscheidung vom 7. Mai 1958, 5 Ob 122/58.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

In der Klage wurde vorgebracht, die Klägerin sei als Schwester zu einem Fünftel die Erbin nach dem mit 8. Mai 1945 für tot erklärten Kaufmann Hugo S. Dieser sei zu 60% Mitinhaber der im Jahre 1946 zurückgestellten beklagten Firma gewesen. Der Übergang der Rechte auf die Klägerin als Miterbin sei auch hinsichtlich der Firmenbeteiligung von den übrigen Erben im Abhandlungsakt anerkannt worden. Um die hohen Kosten der Veröffentlichung im Handelsregister zu ersparen, habe sich die Klägerin nur als stille Gesellschafterin an der Firma beteiligt. Die beklagte Partei habe zunächst eine 12%ige Beteiligung der Klägerin grundsätzlich anerkannt, es aber abgelehnt, ihr Einsicht in die Bücher und Bilanzen zu gewähren. Auf die schriftliche Aufforderung der Klägerin vom 5. Oktober 1957, ihr den gebührenden Gewinn auszuzahlen, die gesetzlichen Überwachungsrechte einzuräumen, Abschriften der Bilanzen auszufolgen und Gelegenheit zu geben, deren Richtigkeit auf Grund der Bücher und Papiere zu prüfen, habe die beklagte Partei geantwortet, der Klägerin stehe keine Beteiligung an der Firma und daher auch kein Überwachungs- oder Kontrollrecht zu. Die Klägerin begehrt daher Verurteilung der beklagten Partei zur Mitteilung der Bilanzen hinsichtlich der Zeit vom 27. September 1950 bis 31. Dezember 1957 sowie zur Vorlage der Geschäftsbücher und Geschäftspapiere oder Verurteilung zur Duldung, daß die Klägerin die Richtigkeit der Bilanzen durch Einsichtnahme in die Bücher und Papiere prüfe.

Das Erstgericht hat nach Durchführung der ersten Tagsatzung und einer mündlichen Streitverhandlung sowie nach Entgegennahme der Klagebeantwortung und eines vorbereitenden Schriftsatzes das Verfahren für nichtig erklärt und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs der Klägerin Folge gegeben, den Beschluß der ersten Instanz aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund Abstand zu nehmen und das Verfahren fortzusetzen.

Das Rekursgericht stimmt mit dem Erstgericht darin überein, daß nach herrschender Rechtsprechung (insbesondere SZ. XXV 183) über den Anspruch eines stillen Gesellschafters ebenso wie über den eines offenen Gesellschafters oder eines Kommanditisten auf Bucheinsicht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei und daß dies somit auch für den von der Klägerin erhobenen Anspruch gelte. Es sei aber schon den bisherigen Schriftsätzen, insbesondere der Klagebeantwortung, zu entnehmen, daß die beklagte Partei auch die Gesellschafterqualität der Klägerin und ihre Teilhaberschaft überhaupt, ja sogar die Identität des Unternehmens bestreite. Diese Umstände könnten nur durch ein förmliches Beweisverfahren geklärt werden, zu welchem Zwecke der Außerstreitrichter gemäß § 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG. auf den Rechtsweg verweisen müßte. Es fehle daher ein verfahrensrechtlicher Anlaß, die Klägerin zu zwingen, den Klageanspruch beim Außerstreitrichter anhängig zu machen und sich erst von diesem auf den Rechtsweg verweisen zu lassen. Vielmehr müsse der Rechtsweg schon von vorneherein als zulässig angesehen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie schon die Untergerichte hervorgehoben haben, ist der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher, Geschäftspapiere und Bilanzen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen. Dies gilt jedoch nur für jene Fälle, in denen nach den Antragsbehauptungen lediglich dieses Kontrollrecht des Gesellschafters bestritten wird. So liegt der Entscheidung SZ. XXV 183 ein Antrag zweier Handelsgesellschafter an das Registergericht zugrunde, der Firma H. & Co. aufzutragen, ihnen Bucheinsicht zu gewähren. Auch in der Entscheidung SZ. IV 21 wurde die Geltendmachung des Anspruches auf Bucheinsicht in das Außerstreitverfahren verwiesen, "ausgenommen den Fall, daß der Bestand des Gesellschaftsverhältnisses selbst strittig ist". In dem der Entscheidung Rspr. 1933 Nr. 280 zugrunde liegenden Fall, der dem vorliegenden nahezu gleich ist, hat die zweite Instanz ebenso wie hier den Rechtsweg aus der Erwägung des § 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG. für zulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof hat diesen Gedankengang bloß deswegen als unrichtig bezeichnet, weil nur die rechtliche Beurteilung und nicht ein strittiger Tatbestand den Streitfall bildete und daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG. mangelten; deswegen sei eine Verweisung auf den Rechtsweg ausgeschlossen.

Im vorliegenden Fall wurde schon in der Klage vorgebracht, daß die beklagte Partei nicht nur die Überwachungs- und Kontrollrechte der Klägerin, sondern auch deren Beteiligung an der Firma bestreite. Auch in der Klagebeantwortung wird jegliches Beteiligungsverhältnis oder Gesellschaftsrecht der Klägerin in Abrede gestellt. Beide Teile haben hiezu umfangreiche Beweisanträge gestellt. Es sind also nicht nur die Kontroll- und Überwachungsrechte der Klägerin streitig, sondern das tatsächliche und rechtliche Verhältnis zwischen den Streitteilen in seiner Entstehung und seinem derzeitigen Bestand. Hierüber wird jedenfalls als Urteilsgrundlage zu entscheiden sein, wenn nicht außerdem eine der Parteien dies zum Gegenstand eines Zwischenantrages auf Feststellung machen sollte. Die Entscheidung eines derartigen, über die Frage des Anspruches auf Bucheinsicht hinausreichenden Urteiles gehört aber nicht mehr in das außerstreitige Verfahren, das nach § 1 AußStrG. grundsätzlich nur dann Platz greift, wenn es die Gesetze anordnen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes entspricht daher nicht bloß Zweckmäßigkeitserwägungen, wie der Revisionsrekurs meint, noch stellt sie es ins Belieben der Klägerin, das streitige oder das außerstreitige Verfahren zu wählen. Es kommt eben darauf an, was sich im Einzelfall nach dem Parteienvorbringen als strittig darstellt.

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